Protocol of the Session on July 10, 2014

Tagesordnungspunkt 2

2. Lesung des Entwurfs

Gesetz zur Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes und des

Sächsischen Gesetzes zur Durchführung des Staatsvertrages

über den Rundfunk im vereinten Deutschland

Drucksache 5/14243, Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP

Drucksache 5/14689, Beschlussempfehlung des Ausschusses für

Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien

Es ist eine allgemeine Aussprache vorgesehen. Es beginnt die CDU-Fraktion. Danach folgen FDP, DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile der CDU-Fraktion das Wort. Herr Abg. Gemkow, bitte.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ihnen liegt der Gesetzentwurf zur Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes und des Sächsischen Gesetzes zur Durchführung des Staatsvertrages über den Rundfunk im vereinten Deutschland vor. Im Wesentlichen sollen hierdurch zwei Schwerpunkte geregelt werden. Wir wollen mit der Novellierung zum einen eine Verlängerung

der Verbreitungsmöglichkeit von Sendern im analogen Kabelbereich vornehmen. Bisher war gesetzlich vorgesehen, die Verbreitung analoger Signale am Ende dieses Jahres einzustellen. Mit der Neuregelung soll die Übertragungsmöglichkeit in analoger Technik bis zum Ablauf des Jahres 2018 verlängert werden. Das ist in verschiedener Hinsicht sinnvoll.

Die Verbreitung von digitalempfangsfähigen Endgeräten ist noch nicht so weit vorangeschritten, dass man auf die analoge Übertragungstechnik schon jetzt verzichten könnte. Gerade ältere Menschen haben häufig noch alte Röhrenfernseher oder Radiogeräte, die den digitalen Standard noch nicht unterstützen. Sie können dann keine

Programme mehr empfangen. Mit der vorliegenden Änderung wären noch einmal vier Jahre Zeit, Altgeräte zu ersetzen.

Genau diese Bitte haben auch die Kabelnetzbetreiber an uns gerichtet. Sie haben zwar prinzipiell ein Interesse an einer schnellen und vollständigen Digitalisierung ihrer Kabelnetze, damit sie den Zuschauerinnen und Zuschauern mehr Programme anbieten und ihre Angebote damit letztlich auch attraktiver gestalten können. Aber eine Abschaltung zum jetzigen Zeitpunkt würde große Versorgungslücken nach sich ziehen, da ein Großteil der Kunden dann überhaupt nicht mehr in der Lage wäre, ein Programm zu empfangen. Diese vier weiteren Jahren geben auch den Kabelnetzbetreibern die Gelegenheit ihren Kunden zu kommunizieren, dass sie ihre Altgeräte rechtzeitig ersetzen müssen. Insofern ist der jetzt gewählte Abschaltzeitpunkt nah genug, um das Ziel der Digitalisierung im Kabel in naher Zukunft zu erreichen, aber auch in ausreichender Ferne, um die Bürgerinnen und Bürger auf diese Änderungen vorzubereiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der zweite Schwerpunkt unseres Änderungsentwurfes betrifft unsere Lokalfernsehveranstalter. Diese kleinen lokalen und regionalen Fernsehveranstalter berichten aus den großen und kleinen Städten, aus den Dörfern, aus den Regionen direkt vor der Haustür. Sie nehmen dabei Themen auf, die sonst so niemand bearbeitet. Weder der MDR mit seinem großen Verbreitungsgebiet kann so in die Details hineingehen, noch die großen Zeitungen in Sachsen vermögen das. Aber diese vielen kleinen Sender in Sachsen, von denen wir momentan noch über 50 haben, schaffen das. Diese Landschaft ist deutschlandweit einmalig.

Aber diese Sender haben es schwer: Werbeinnahmen, die sie zur Refinanzierung brauchen, wandern ab, zum großen Teil in die neuen Medien. Unter diesem finanziellen Druck fällt es den kleinen Veranstaltern immer schwerer, qualitativ gutes Programm zu organisieren und die breite Programmgestaltung aufrechtzuerhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bekennen uns zu unseren lokalen und regionalen Fernsehsendern und wollen sie unbedingt erhalten.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Aus diesem Grunde enthält der Änderungsentwurf zwei Punkte, die der Förderung unserer lokalen Fernsehsender dienen. Einerseits sollen durch den Entwurf diejenigen Sender unterstützt werden, die sich auf den Weg gemacht haben, ihr Programm über DVB-T zu verbreiten. Die Kosten dieser Technik tragen bei einigen dieser Sender erheblich zum finanziellen Druck bei. Deshalb werden wir die Veranstalter, die über DVB-T verbreiten, von der Kostentragung der Signalzuführung entlasten. Ich will an dieser Stelle noch einmal klarstellen, dass das nicht für reine Kabelprogramme gelten soll.

Im Entwurf, wie er uns nun vorliegt, wird der Sächsischen Landesmedienanstalt die Ermächtigungsgrundlage eingeräumt, lokale und regionale Fernsehsender zu fördern. Die

Förderung soll dazu beitragen, diese Sender so weit zu stützen, dass eine Aufrechterhaltung des Sendebetriebes möglich ist und eine qualitativ gute Programmgestaltung aufrechterhalten werden kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Sinne unserer sächsischen Lokalfernsehveranstalter bitte ich Sie herzlich um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die FDPFraktion spricht nun Herr Abg. Herbst.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben Wort gehalten. Lange wurde auch in der Versammlung der Landesmedienanstalt – Herr Gerstenberg weiß das – darüber diskutiert, ob es uns als Koalition aufgrund des ambitionierten Zeitplans überhaupt gelingen könne, diesen Gesetzentwurf rechtzeitig zur Beschlussfassung in der alten Legislaturperiode vorzulegen. Das ist uns gelungen. Dafür sage ich herzlichen Dank sowohl an die CDU als auch an die Oppositionsfraktionen, die dieses Verfahren möglich gemacht haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Im Wesentlichen beschließen wir heute drei Punkte:

Erstens. Die analog verbreiteten Programme in Haushalten mit Kabelanschluss können weiterhin empfangen werden. Das bedeutet beispielsweise, ältere Hi-FiAnlagen müssen nicht zum Jahresende verschrottet, sondern können bis 2018 weiter genutzt werden.

Zweitens. Wir senken den Aufwand für die lokalen TV-Sender zur Einspeisung ihres Programms bei den Kabelanbietern.

Drittens. Die Landesmedienanstalt wird erstmals ermächtigt, den lokalen TV-Sendern bei den Verbreitungskosten finanziell unter die Arme zu greifen.

Für einige hier im Plenum mögen das alles eher kleinere Themen sein. Aber, meine Damen und Herren, für die lokalen TV-Anbieter und ihre immerhin 640 000 Zuschauer in Sachsen ist dieses Gesetz wichtig. Unsere Koalition kümmert sich nicht nur um die vermeintlich großen Themen, sondern auch um viele kleine Probleme, eben auch mit diesem Gesetz.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Die Erhaltung der regionalen Medienvielfalt ist angesichts der Digitalisierung eine enorme Herausforderung. Wir sehen bei Regionalzeitungen, aber eben auch bei regionalen und lokalen Fernsehsendern, dass die bisherigen Geschäftsmodelle gewaltig unter Druck stehen.

Ich sage aber auch: Regionale Meinungsvielfalt ist uns wichtig. Die regelmäßigen Analysen, die die Landesmedienanstalt in Auftrag gibt, beispielsweise die „Funkanalyse des ortsnahen Fernsehens in Sachsen“ aus dem Jahr 2014, zeigen das Interesse der Sachsen am Lokalfernsehen. Ich

bin davon überzeugt, dass gerade in einer globalisierten Welt das Interesse der Bürger an dem, was vor ihrer eigenen Haustür und in ihrer Heimat passiert, wächst.

Allerdings ist der wirtschaftliche Rahmen für die Fernsehanbieter äußerst herausfordernd. Denn die Werbeerlöse sinken, wie vom Kollegen Gemkow bereits angesprochen, während Personal- und vor allem Technikkosten steigen. Wenn wir uns die wirtschaftliche Gesamtsituation anschauen, dann sehen wir, dass rund 80 % der in Sachsen zugelassenen Sender derzeit rote Zahlen schreiben.

Nun kann man argumentieren, das sei eine normale Marktentwicklung, diese Umbrüche gebe es immer. Ich sage aber aus unserer Sicht: Wir halten es für bedenklich, wenn es in vielen Regionen nur noch ein einziges täglich erscheinendes aktuelles Medium zur Meinungsbildung gibt, meist die lokale Tageszeitung. Medienvielfalt ist und bleibt eine wichtige Voraussetzung für eine freiheitliche und aufgeklärte Gesellschaft.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dazu tragen die 57 sächsischen Fernsehanbieter im Lokalbereich bei. Übrigens sind es mehr als in jedem anderen Bundesland. Wir bauen den Unternehmen eine wirtschaftliche Brücke, allerdings ohne den Markt zu verzerren. Denn wir wollen keine Einflussnahme auf redaktionelle Inhalte. Es geht nur um die Unterstützung der technischen Verbreitungskosten. Wir ermöglichen, dass zugelassene Anbieter regionaler und lokaler Fernsehprogramme bei der Verbreitung ihres Programms durch die Landesmedienanstalt erstmals unterstützt werden dürfen.

Jetzt fragt vielleicht der eine oder andere, warum das bisher nicht schon passiert. Die Antwort: weil es im Gesetz so ausdrücklich bisher nicht vorgesehen ist. Die Landesmedienanstalt hat jetzt den Auftrag, ein geeignetes und rechtssicheres Modell zur entsprechenden Förderung zu entwickeln.

Außerdem senken wir die Hürden zur Programmeinspeisung. Ein kleiner Lokalfernsehanbieter hier in Sachsen muss sein Signal nicht mehr nach Bayern bringen, um es dort einzuspeisen, sondern die TV-Anbieter können künftig kostenfrei in die Anlage in Sachsen einspeisen. Kein Anbieter darf die Lokalfernsehveranstalter davon abhalten.

Darüber hinaus haben wir auch die Bürger im Blick. Dass die Übertragungsmöglichkeit für analoge Rundfunkprogramme – das klingt vielleicht etwas technokratisch – nicht zum Jahresende abgeschaltet wird, hat einen tieferen Hintergrund. Die bisherige Regelung sah vor, dass ab dem 1. Januar des folgenden Jahres nur noch digitale Signale empfangen werden dürfen. Wer zu Hause eine ältere Anlage hat, hätte damit zum Jahresende quasi Elektroschrott gehabt. Das betrifft immerhin rund 90 Kabelanlagen mit Tausenden Haushalten in Sachsen. Ich denke, das ist eine konkrete Verbesserung für die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Unser Gesetzentwurf unterstützt das deutschlandweit einzigartig vielfältige LokalTV-Angebot hier in Sachsen und schafft einen konkreten Nutzen für die Bürger. Ich bitte Sie deshalb ganz herzlich um Zustimmung.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Für die Linksfraktion spricht nun Herr Neubert;.bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie oft Sie Gelegenheit haben, Lokalfernsehen zu schauen. Ich gönne es mir ab und zu einmal. Das Schöne ist, dass man nicht auf die Zeit achten muss. Die Programme werden praktisch in Endlosschleifen angeboten. Zwischen den großen Werbeblöcken für die lokale Wirtschaft, Wetter, Verkehrsnachrichten und den offenen oder kaschierten Wahlkampfauftritten lokaler CDU-Größen versuchen ein paar Leute auch noch, ein redaktionelles Programm mit lokalen Inhalten und Bezügen und mit journalistischem Anspruch zu produzieren.

Der Erfolg ist dabei von Ort zu Ort unterschiedlich, insgesamt aber leider nicht so, wie man es sich wünschen würde. Es ist so etwas wie die elektronische Ausgabe der wöchentlichen Kostenlos-Zeitung: Man blättert mal durch und gut. Wenn man dann aber selbst einmal zum Gegenstand der Berichterstattung des lokalen Fernsehsenders geworden ist – und so geht es den Kollegen von der CDU sehr viel öfter als mir –, bemerkt man in den Rückkopplungen, wie viele Menschen doch irgendwann Zeit finden, beim lokalen Fernsehen vorbeizuschauen. Es scheint also ein gewisses Publikumsinteresse nach der Fernsehkamera auf dem eigenen Marktplatz oder im eigenen Rathaus zu geben, und das ist auch absolut legitim.

Mit der heutigen Gesetzesänderung sollen die Betreiber solcher lokaler Fernsehsender, die oft an der Grenze ihrer wirtschaftlichen Existenz lavieren, aus den Mitteln der Landesmedienanstalt unterstützt werden können. Im Interesse einer vielfältigen und bürgernahen Medienlandschaft ist dieses Anliegen begrüßenswert. Allerdings gibt es mindestens drei Gründe für eine kritische Betrachtung. Da ist zum Ersten die Frage nach gewissen Mindestanforderungen an das journalistische Niveau der ausgestrahlten Fernsehprogramme. Wenn etwas aus Rundfunkbeiträgen bezahlt werden soll, muss es dafür auch eine gewisse Qualität geben. Niemand verlangt dabei ernsthaft, dass die gleichen Qualitätskriterien wie bei den öffentlichrechtlichen Anstalten gelten, aber Mindestanforderungen sollte es schon geben. Es darf nicht dazu kommen, dass im Wesentlichen die Ausstrahlung von Werbung öffentlich subventioniert wird – egal ob es jetzt die Werbung für den Fleischer oder die Werbung für den Bürgermeister ist. Das gilt auch, wenn die SLM nur Verbreitungskosten und natürlich keine Programmkosten übernimmt.

Insofern begrüßen wir ausdrücklich den Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und werden ihm zustimmen.

Zum Zweiten stellt sich die Frage: Woher werden überhaupt die Mittel genommen, mit denen die lokalen Fernsehanbieter künftig von der SLM unterstützt werden sollen? Vielleicht muss ich daran erinnern, dass die Landesmedienanstalten einen Teil der Rundfunkbeiträge der Bürger verwalten und bewirtschaften. Die werden bekanntlich demnächst nicht mehr. Im Gegenteil, sie sollen demnächst sinken. Wir alle begrüßen das. Aber das hat natürlich auch die Konsequenz, dass man Geld, das man nicht mehr einnimmt, auch nicht ausgeben kann.