Protocol of the Session on July 10, 2014

132 Millionen Euro gekürzt haben, nützt es jetzt nichts, noch einmal 20 oder 30 Millionen Euro dazuzugeben. Das ist so, als wenn Sie vorher einen Eimer herausnehmen und nachher eine Tasse hineinschütten; das ist Augenwischerei.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich wollen wir nicht, dass der Schülerverkehr, der Ausbildungsverkehr aus den Regionalisierungsmitteln finanziert, sondern originär als Landesaufgabe erkannt wird. Wir wollen die Zweckbindung der Entflechtungsmittel mit mindestens 25 % ÖPNV-Anteil festschreiben. Wir wollen einen Sachsentakt als langfristiges Ziel und einen einheitlichen Tarif. Wir wollen, dass gleiche Beförderungsbedingungen über die Grenzen der Verkehrsverbünde hinweg in Sachsen gelten.

All das hat dieser Minister nicht hinbekommen. Auch bei der Frage, über die diskutiert worden ist – Kollege Heidan hat es als große CDU-Strategie der nächsten Jahre angebracht –, die Zweckverbände zusammenzulegen, schauen wir einmal, was dabei herauskommt. Fünf Jahre lang ist trotz finanzieller Anreize nichts passiert.

Und, ja, wir wollen eine beitragsfreie Schülerbeförderung und ein Ausbildungsticket für unsere Kinder und Jugendlichen, die in Sachsen über Verbandsgrenzen hinweg überall hinfahren und an Sport-, Bildungs-, Kunst- und Kulturangeboten teilhaben können. Das wollen wir – und das will dieser Minister nicht. Wir wollen ein Mobilitätsticket für Einkommensschwache. Wir wollen zum Beispiel Schmalspurbahnen nicht länger aus den ÖPNVMitteln finanzieren.

Wenn Herr Schreiber hier wäre, würde er sofort aufspringen und einwenden: Wovon wollen Sie das alles bezahlen?

Wir haben heute um neun Uhr im Finanzausschuss mal locker 50 Millionen Euro nach dem berühmten Umgehungsparagrafen § 11 Abs. 4 Haushaltsgesetz für die Straßensanierung in den Kommunen bereitgestellt.

(Frank Heidan, CDU: Sie haben dem aber zugestimmt!)

Nicht, dass dagegen etwas zu sagen wäre, Herr Heidan. Erstens ist es ein Tropfen auf den heißen Stein; aber was ich damit sagen will: Das Geld ist ja vorhanden.

(Torsten Herbst, FDP: Das ist zusätzliches Geld!)

Warum wird es denn in diesem wichtigen Bereich gekürzt und nicht zur Verfügung gestellt?

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den LINKEN und den GRÜNEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

Ich finde, dass die heutigen zwei Debatten – die Bildungsdebatte, auch wenn Sie sie nicht mehr hören können; aber auch diese Verkehrsdebatte – eines charakterisieren: Sie charakterisieren die Verlierer der letzten fünf Jahre dieser Regierungspolitik. Der Bereich Bildung und der Bereich Verkehr sind die finanziellen Verlierer dieser Koalition – und letztendlich ist der Bereich Verkehr der Verlierer dieses Ministers.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, vereinzelt bei den LINKEN und der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Das war Herr Pecher für die SPD-Fraktion. – Kollege Herbst spricht jetzt für die FDP; bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei Frau Jähnigen war ich mir nicht ganz sicher, ob sie den Debattentitel verwechselt oder einfach das falsche Manuskript verwendet hat, denn sie wollte über ÖPNV und SPNV sprechen – Sachsens

Busse und Bahnen in der Sackgasse, schrumpfendes Angebot –; davon habe ich von Ihnen kein einziges Wort gehört, Frau Jähnigen.

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Dann müssen Sie besser zuhören!)

Ich sage eines dazu: Auch die 20. Wiederholung eines falschen Argumentes macht dieses nicht richtiger.

(Beifall bei der FDP und des Staatsministers Sven Morlok)

Um nur einmal auf das Thema Schrumpfung zu kommen: Die Zugkilometerleistung in Sachsen im Schienenpersonennahverkehr steigt von 32 auf 35 Millionen. Das ist keine Schrumpfung, sondern ein Zuwachs. Die Grundrechenarten sollten auch die GRÜNEN beherrschen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE – Zurufe von den LINKEN)

Mit den Grundrechenarten hat auch Herr Pecher so sein Problem. Wer eine Einmalinvestition gegen laufende Ausgaben jedes Jahr rechnet und behauptet, wenn man einmal etwas investiert, hätte man dieses Geld auch in den Folgejahren – Herr Pecher, da habe ich Zweifel, was Sie eigentlich als finanzpolitischer Sprecher der SPD auszeichnet.

(Beifall bei der FDP und des Staatsministers Sven Morlok – Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)

Meine Damen und Herren, auch im ÖPNV kann man immer etwas verbessern, keine Frage. Aber er kann sich vielerorts richtig sehen lassen. Schauen Sie in diese Stadt, nach Dresden, und vergleichen Sie bitte einmal das Alter unserer Straßenbahn- und Busflotte, unsere Serviceangebote mit denen anderer deutscher Städte. Dresden steht im innerdeutschen Vergleich beim Flottenalter ganz, ganz oben. Das ist der Fakt, und nicht Ihr permanentes Gerede, dass alles schlimm sei, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und des Staatsministers Sven Morlok)

Das Umfrageinstitut Forsa hatte 2012 die Sachsen befragt, wie sie mit den Angeboten des ÖPNV zufrieden sind, und 70 % der Sachsen haben gesagt, sie sind „sehr zufrieden“ mit Bussen, Bahnen und sonstigen ÖPNV-Angeboten.

(Karl Nolle, SPD: So viele sind das doch gar nicht!)

Wenn 70 % zufrieden sind, kann doch nicht alles so schlecht sein, liebe GRÜNE. Klar ist noch Potenzial nach oben, aber Ihre Schwarzmalerei ist hier wirklich fehl am Platz.

(Beifall bei der FDP und des Staatsministers Sven Morlok)

In den sächsischen ÖPNV fließen pro Jahr

600 Millionen Euro. Das ist übrigens genauso viel, wie für Wirtschaftsförderung und Straßenbau zusammen – kein Pappenstiel.

Wir unterstützen die Verkehrszweckverbände nicht nur beim laufenden Betrieb mit rund 400 Millionen Euro pro Jahr, sondern investieren allein 2014 140 Millionen Euro in eine moderne Infrastruktur, in den Ausbau der Netze, in Bahnhöfe und Haltestellen, in moderne Fahrzeuge – sowohl Busse als auch Schienenfahrzeuge –, in Leitsysteme. Meine Damen und Herren, auch davon hängt die Attraktivität des ÖPNV ab.

(Beifall bei der FDP)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Herbst?

Aber gern doch.

Bitte, Herr Stange.

Vielen Dank, Kollege Herbst. – Kollege Herbst, Sie sprachen eben von den 600 Millionen Euro. Können Sie mir und dem gespannten Publikum verraten, wie viel davon explizit originär sächsisches Geld ist?

Nach der Reform des EisenbahnRegionalverkehrs stellt der Bund den Ländern bewusst die Regionalisierungsmittel bereit, und die geben wir hier eins zu eins, jeden Cent, für den ÖPNV aus. Darüber hinaus geben wir Landesmittel aus, die sich im Landesinvestitionsprogramm mit den 140 Millionen Euro befinden oder die beispielsweise in den Ausbildungsverkehr fließen. Wir legen also zusätzlich zu den Bundesmitteln in Sachsen ordentlich Geld obendrauf.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und des Staatsministers Sven Morlok)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage? – Bitte.

Ganz kurz nur zur Erhellung: Vielleicht nominal – wie viel ist es denn, was wir selbst als sächsisches Geld geben?

Es sind zum Beispiel im Ausbildungsverkehr – das wissen Sie auch – 3 Millionen Euro, die wir in den letzten Haushaltsverhandlungen aufgestockt haben. Wir haben im Investitionsprogramm im letzten Haushalt für die Anschaffung von Schienenfahrzeugen und Bussen Landesgeld draufgelegt. Ich habe nicht die genaue Summe im Kopf, aber es sind etwa 22 Millionen Euro, die insgesamt für Investitionen zur Verfügung stehen.

Es gibt auch EFRE-Mittel, europäische Fördermittel, die durch das Land kofinanziert werden. Der Topf ist also gut gefüllt und es kann wirklich nicht die Rede davon sein,

dass wir hier in Sachsen den ÖPNV kaputtsparen, Herr Stange.

(Beifall bei der FDP)

An dieser Stelle also keine Prozentzahlen.

An dieser Stelle empfehle ich, den Haushaltsplan zu lesen.

Meine Damen und Herren, wir bauen unsere Infrastruktur weiter aus. Schauen Sie sich das Dresdner S-Bahn-Netz an, schauen Sie sich das Chemnitzer Modell an, schauen Sie sich die Erweiterung des Mitteldeutschen S-BahnNetzes mit dem Herzstück City-Tunnel an. Das alles sind Maßnahmen, die die Angebote für Kunden nicht verschlechtern, sondern verbessern.

Ja, wir haben dazu eine andere Auffassung als die GRÜNEN. Wir sind nicht der Auffassung, es müsse das Ziel sein, leere Züge möglichst teuer zu bezahlen. Wir wollen das vorhandene Steuergeld so einsetzen, dass es den größten Kundennutzen erbringt, das heißt, dass die Menschen mit Bus und Bahn fahren, meine Damen und Herren. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns.