Protocol of the Session on July 9, 2014

Herr Schreiber, möchten Sie erwidern?

(Patrick Schreiber, CDU: Nein! Ich kriege ja keine Antworten auf meine Fragen!)

Das ist nicht der Fall. – Frau Herrmann.

Ich möchte auch die Möglichkeit einer Kurzintervention nutzen.

Bitte sehr.

Der Kollege Schreiber hat gesagt, dass alle Dinge gemeinsam berücksichtigt werden müssen und dass Frau Klepsch Anträge stellt, die sie finanziell nicht untersetzen kann. Ich finde es schade, dass es nicht möglich ist, Sachthemen zu diskutieren und gemeinsam eine Lösung für bestimmte Dinge zu finden, obwohl wir alle ganz genau wissen, dass zum Beispiel fehlende Angebote der Hortbetreuung für manche Kinder dazu führen, dass sie auf der Straße leben und dass uns das später sehr wohl Kosten verursacht, die sich aber in anderen Haushaltsstellen niederschlagen.

Deshalb bin ich der Meinung, dass man nicht alles, was man sich wünscht, sofort umsetzen kann, aber gemeinsam nach einer Strategie und Möglichkeiten suchen sollte, wie man die Situation verbessern kann und wie man zum Beispiel die fehlende Hortbetreuung oder die fehlende qualitative Betreuung in der Kita bei einem schlechten Personalschlüssel schrittweise verändern kann, und zwar

gemeinsam. Es muss unser gemeinsames Anliegen sein, das Geld später nicht in einer JVA oder anderswo auszugeben, sondern in der frühkindlichen Bildung, um den Kindern damit Chancen zu eröffnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Herr Schreiber, Sie möchten erwidern? – Bitte.

Vielen Dank, Frau Herrmann. Ich glaube, Frau Herrmann weiß sehr genau – auch Frau Klepsch weiß das sehr genau –, dass ich jemand bin, der für Diskussionen und Vorschläge immer offen ist. Ich bin es aber irgendwann leid, wenn man immer nur mit irgendwelchen Anträgen durch die Arena geführt wird, die nur öffentlichkeitswirksam sein sollen, weil Wahlkampf oder Zwischenwahlkampf oder sonst irgendetwas ist.

(Martin Dulig, SPD: Schon schwierig mit der Demokratie!)

Nein, Herr Dulig, das hat nichts mit Demokratie zu tun.

(Zuruf des Abg. Martin Dulig, SPD)

Nein. Das hat überhaupt nichts mit richtig zu tun. Frau Herrmann hat gesagt, sie wünscht sich, dass das möglich ist. Frau Herrmann weiß aus unserer alltäglichen Arbeit, dass dies möglich ist. Aber es wird eben nicht praktiziert. Es wird nicht gesagt: Lasst uns da einmal hinsetzen, wir unterbreiten jetzt einmal einen gemeinsamen Vorschlag, wie man das machen kann. – Nein, es werden Anträge mit Forderungen gestellt,

(Zurufe von den LINKEN und der SPD)

bezüglich derer Frau Klepsch ganz genau weiß, dass das so, wie sie es aufschreibt, populistisch und unrealistisch ist. Sie führt andere durch die Arena, die sich darüber Gedanken machen müssen, woher das Geld am Ende kommt. Das ist so.

(Zurufe von den LINKEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, in der Aussprache geht es weiter mit der SPDFraktion. Frau Abg. Dr. Stange, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich ganz herzlich bei den LINKEN für diese Große Anfrage bedanken, weil wir auf diese Art und Weise eine Reihe von Antworten zu einem Bereich bekommen haben, der bisher wenig beleuchtet worden ist: nämlich den Horten. Auch wenn die Antworten teilweise sehr lückenhaft sind und darauf hinweisen, dass wir einen dringenden Erkenntnisbedarf in diesem Bereich haben, so ist es doch, denke ich, eine wichtige Grundlage zur notwendigen Weiterentwicklung in dieser Trias zwischen Grundschule/Förderschule als Schulseite und Ganztagsangeboten

sowie Horten. Ich denke, dafür bieten die Fragen und Antworten eine Reihe von Hinweisen.

Ich möchte dennoch einen Schritt zurückgehen. Ein Teil der Abgeordneten hier im Haus kann sich vielleicht noch erinnern – man kann es auch recherchieren –, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass der Hort von der Schule getrennt worden ist. Meines Wissens war es 1993, also kurz bevor die Förderschulen von anderen Betreuungsmaßnahmen getrennt wurden, als der Hort von der Grundschule getrennt wurde.

Als im Jahre 2004 die Ganztagsangebote durch das Bundesprogramm dazukamen, hatten wir sozusagen einen Grundstock in allen östlichen Bundesländern. Nur in Thüringen ist es damals gelungen, den Hort beim Kultusministerium bzw. beim Bildungsministerium zu belassen und damit auch die Personalhoheit über die Erzieherinnen und die Lehrerinnen und Lehrer und die Gesamtstruktur in einer Hand zu behalten, was es Thüringen heute leichter macht, Ganztagsschulen zu organisieren: weil sie nämlich das eine mit dem anderen gut kombinieren konnten.

Das war in Sachsen – auch in den anderen neuen Bundesländern – nicht mehr so ohne Weiteres möglich. Dennoch war der Hort immer – das vergessen einige, wenn wir unsere positive Bilanz bei GTA im bundesweiten Vergleich darstellen – der Grundstock für das, was wir heute so positiv darstellen.

Was mich ein wenig ärgert – bzw. was die Anfrage noch einmal deutlich gemacht hat –, ist: Wir sind leider stehen geblieben. Wir haben es nicht geschafft, die Möglichkeiten, die wir haben – auf der einen Seite der Hort über die Kinder- und Jugendhilfe, auf der anderen Seite die Schule und die kostenfreien GTA-Angebote –, miteinander zu verzahnen und ein einheitliches Konzept daraus zu machen. Es ist heute der Kooperationsbereitschaft der verschiedenen Partner geschuldet, ob es gelingt, eine gute Kooperationsvereinbarung im Interesse der Förderung und Entwicklung der Kinder hinzubekommen oder nicht. Es ist der guten Hortleiterin, die mit der Schulleiterin gut kooperieren und kommunizieren kann, geschuldet.

Leider hat uns die Antwort der Staatsregierung nicht aufzeigen können, wie das mit den Kooperationsvereinbarungen aussieht. Es gibt zwar grundsätzlich den Anspruch, dass sie auf den Weg gebracht werden sollen; wie viele es aber tatsächlich gibt, wissen wir nun leider nicht. Es wäre schön, wenn man das einmal nachschieben könnte.

Wir sind also halbherzig geblieben. Wir haben einen Bildungsplan geschaffen, der sich erfreulicherweise nicht nur auf den frühkindlichen Bereich konzentriert, sondern so, wie es auch die Experten vorgeschlagen haben, bis zum zwölften Lebensjahr reicht. Nur leider wurde bei der Evaluierung des Bildungsplans und bei der Schulung der Erzieherinnen und Erzieher übersehen, dass der Bereich der Horte in diesen Bildungsplan einzubeziehen ist. Das heißt, es gibt keine gemeinsamen Schulungen für den

Hort, die Grundschule und – übrigens – die Förderschule in dem Bereich.

Es gibt auch keine Evaluierung für den Hort. Der Evaluierungsbericht zum Bildungsplan hat den Hort ausgeschlossen. In der nachfolgenden Beratung und auch in der Stellungnahme der Staatsregierung ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Evaluierung der Umsetzung des Bildungsplans für den Hort noch nachgeholt werden muss. Es wäre wichtig, dass dieser Auftrag noch folgt.

Das Gleiche gilt für die gemeinsame Fort- und Weiterbildung von Horterzieherinnen und -erziehern auf der einen Seite und Lehrerinnen und Lehrern auf der anderen Seite. Dringend notwendig ist, dass beide ein gemeinsames Verständnis von der Entwicklung von Kindern haben. Sinn und Zweck war es, Bildungspläne vom ersten oder vom nullten bis zum zwölften Lebensjahr zu schreiben. In den skandinavischen Ländern reichen sie sogar bis zum 18. Lebensjahr. Man hat ein gemeinsames Verständnis für alle, die in den Bildungseinrichtungen „am Kind arbeiten“, um es einmal ganz technokratisch auszudrücken. Da gibt es ein gemeinsames Bildungsverständnis und keine Hierarchisierung zwischen Lehrerin, Erzieherin und Sozialpädagogen oder Schulpsychologen. Unabhängig davon, ob man es als „Sonderbonbon“ bezeichnet oder nicht, ist das eine Hierarchisierung in unserem heutigen System. Man braucht ein gemeinsames Verständnis. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

Ich will noch einen Punkt aufnehmen – Annekatrin Klepsch hat schon ganz viel genannt –, der heute noch nicht geklärt ist und den wir beim Thema der Schülerbeförderung schon einmal angesprochen haben. Der Hort ist eine Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe, ein freiwilliges Angebot, und gehört somit nicht zur Schülerbeförderung. Die Schülerbeförderung endet in dem Moment, in dem der Regelunterricht endet. Das heißt, die Eltern müssen zusehen, wie sie ihre Kinder zum Hort bringen. Sicherlich gelingt das einigen Landkreisen ganz gut. Aber es gibt auch diejenigen, in denen es zunehmend zum Problem wird, wie Kinder von der Schule zum Hort kommen. Wir reden immerhin von Sechs- bis Zehnjährigen. Hier gilt es, dringend nachzuarbeiten.

Mit unserem Bildungsticket, in das man das mit einbeziehen kann, haben wir einen Vorschlag gemacht. Besser wäre es – damit bin ich beim letzten Punkt –, wenn wir in Sachsen – wir haben eine gute Situation, was die Zeitspanne der Ganztagsbetreuung anbelangt – aus der Trias Schule, GTA und Hort endlich eine Ganztagsschule und ein Gesamtkonzept machten.

(Beifall bei der SPD – Oh! von der CDU)

Wir hatten die Grundlagen dazu. Auch 1993, als das geändert wurde, habe ich niemanden gehört, der gesagt häte, die Verbindung zwischen Grundschule und Hort sei falsch und politisch gesetzt gewesen. Sie ist getrennt worden, weil es nicht gelungen ist, eine gemeinsame Finanzierung aus dem Sozialgesetzbuch auf der einen

Seite und dem Landesetat auf der anderen Seite zu organisieren. Das ist uns nicht gelungen. Thüringen hat es gemacht. Wir haben es nicht geschafft. Es wurde nicht gesagt, dass es falsch gewesen ist, das miteinander zu verbinden. Von daher sollten wir uns daran erinnern, dass wir eine Grundlage haben, an die man anknüpfen kann, wenn wir eine Ganztagsschule entwickeln.

Lassen Sie mich einen allerletzten Punkt nennen. Das hat mich wirklich ein wenig geärgert, weil ich dazu in den letzten Monaten immer wieder etwas auf dem Tisch hatte. Wir reden über das Thema Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Im Hort scheint das keine Rolle zu spielen. Genau zwei Modelleinrichtungen sind derzeit in die Umsetzung der Inklusion einbezogen. Es gibt keine Konzepte, wie wir den Hort selbst bei integrativen Schulkonzepten, die dem vorgelagert sind, in diesen Prozess einbeziehen. Hier ist dringender Handlungsbedarf gegeben, noch mehr als im Schulbereich selbst.

Absurd wird das Ganze, wenn wir Kinder an der Sprachförderschule in zwei Kategorien einteilen, wie in Dresden und Chemnitz geschehen, nämlich die Kinder, die unter SGB XII fallen und eine Eingliederungshilfe erhalten – sie werden früh abgeholt, nachmittags nach Hause geschafft und können auch in den Ferien den Hort kostenfrei besuchen –, und die Kinder, die nicht unter SGB XII fallen, aber durch das Kultusministerium bzw. die SBA einen Bescheid für die Förderschule Sprachförderung bekommen haben, also dort sein müssen, und einen kostenpflichtigen Hort besuchen, aber nicht in den Ferien und nicht so, dass sie ihn tatsächlich selber erreichen können oder von diesem Hort abgeholt werden. Das ist wirklich absurd.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Dafür gibt es bis heute leider keine Lösung.

Ich komme zum Schluss. Die Anfragen waren gut. Sie haben die Defizite aufgezeigt. Nutzen wir die Chance, aus den Horten, die wir noch flächendeckend haben, unseren Ganztagsangeboten und gemeinsam mit den Grund- und Förderschulen endlich ein gemeinsames Konzept zu erstellen, das einer Ganztagsschule Rechnung tragen kann.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat Frau Abg. Schütz das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meiner Rede voranstellen möchte ich, dass wir stolz darauf sein können: Sachsen ist in Vergleichen mit anderen Bundesländern stets spitze, was Bildung insgesamt angeht. Auch hinsichtlich der Qualität und der Anzahl der Betreuungsangebote in den Kindertageseinrichtungen im frühkindlichen wie auch im schulischen Bereich schneiden wir

immer wieder hervorragend ab. Um die Anzahl und die Qualität der Angebote in der Ganztagsbetreuung an Schulen beneiden uns zahlreiche andere Bundesländer. Dabei spielen nicht nur die Kindertageseinrichtungen inklusive der Horte eine herausragende Rolle, sondern letzten Endes auch die pädagogischen Ganztagsangebote an unseren sächsischen Grundschulen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schule und Hort tragen gemeinsam mit den Eltern die Verantwortung für Bildung und Erziehung unserer Kinder. Gerade die Grundschule schafft mit der Vermittlung grundlegender Kompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen die Grundlagen für ein erfolgreiches weiterführendes Lernen. Sie ist leistungsorientiert und richtet sich nach den Fähigkeiten des einzelnen Schülers. Gerade die ersten Jahre sind eine große Herausforderung. Das ist nicht nur bei der Schule so, sondern letzten Endes auch bei dem Übergang in den Hort.

Deswegen brauchen wir die hochwertige Hortbetreuung, die uns in der großen Anfrage auch bescheinigt ist. Dabei ist die enge Zusammenarbeit zwischen Kindertageseinrichtungen, der Grundschule und den Eltern erforderlich. Neben der organisatorischen Vernetzung von Horteinrichtung und Grundschule muss auch die inhaltliche Zusammenarbeit zukünftig weiter gestärkt werden. Denn Grundlage für die erfolgreiche Arbeit mit dem Kind muss neben der pädagogischen Professionalität ein kooperatives Miteinander aller an der Bildung und Erziehung unserer Kinder beteiligten Personen und Einrichtungen sein.

An dieser Stelle muss ich leider konstatieren, dass die Möglichkeiten zur Kooperation, zum Zusammenwirken von Lehrerinnen und Erzieherinnen im Hort verbesserungswürdig sind; denn noch immer begegnen sich nicht alle Akteure im Bildungsprozess der Kinder auf Augenhöhe. Hier müssen die Bemühungen der Staatsregierung noch viel stärker ansetzen. Nur durch die verbesserte Zusammenarbeit der Einrichtungen wird es möglich sein, die Qualität der Bildung und der Erziehung weiter zu verbessern. Man kann zwar die Bemühungen der Staatsregierung in den letzten Jahren als sehr groß bezeichnen, aber wir dürfen an dieser Stelle nicht nachlassen und müssen die Kooperation zwischen Schule und Hort weiter verbessern.

Frau Kurth, gestatten Sie mir auch im Namen meiner Kollegen zu sagen, dass wir uns an dieser Stelle von der Neuressortierung des Kitabereiches in das Kultusministerium tatsächlich mehr versprochen haben, mehr Engagement und Wertschätzung der Kindertageseinrichtung als Bildungseinrichtung, und zwar auch mit finanzieller Untersetzung.

Der Hort ist Lebens- und Lernort für die Kinder. Mit ihrer täglichen Arbeit entwickeln die Erzieherinnen in Sachsen die Persönlichkeiten unserer Kinder mit. Diese Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher in Sachsen kann man an dieser Stelle gar nicht hoch genug schätzen.