Protocol of the Session on September 29, 2009

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde sicher nicht der Einzige sein, der manchmal BBC schaut. Da gibt es immer eine sehr, sehr schöne Sache. Es wird nämlich „Prime Minister’s Questions“ – ich glaube, das ist immer mittwochs aller vier Wochen – aus dem Unterhaus übertragen. Wer das einmal gesehen hat, der weiß, wie lebendig und spannend das ist, wenn sich die Abgeordneten der Opposition und der Regierung gegenübersitzen und immer einer mit seinem Manuskript aufspringt. Dann stellt er kurz eine Frage, und darauf muss der Premierminister antworten. Ich glaube, das ist wirklich Parlamentarismus, so wie man ihn sich vorstellt, so wie man ihn sich wünscht.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Dort wird tatsächlich erprobt, ob der Ministerpräsident, der ja nach unserer Verfassung die Richtlinien der Politik zu bestimmen hat, auch wirklich sattelfest in den aktuellen Themen ist. Dabei kann sich auch der Oppositionsführer beweisen, ob er dem Ministerpräsidenten gewachsen ist.

Ich glaube, meine Damen und Herren, es würde uns sehr gut tun, wenn wir dieses lebendige Instrument auch im Sächsischen Landtag einführen würden. Herr Kollege Gerstenberg hat schon darauf hingewiesen, dass das im Freistaat Bayern, den Sie sich ja so oft zum Vorbild nehmen, mittlerweile so gemacht wird.

Sie haben sich dem Vorschlag verweigert, eine Ministerbefragung einzuführen. Wenn Sie schon Angst haben, dass Ihre Minister dieser Befragung vielleicht nicht

gewachsen sein könnten – wir werden ja morgen sehen, wer wieder aufgestellt wird –, so müssten Sie doch eigentlich sicher sein, dass Ihr Herr Ministerpräsident Tillich dem gewachsen ist. Ich bin mir sehr sicher, Herr Tillich, dass Sie sich dieser Probe sehr gern stellen würden.

Deswegen bitte ich: Stimmen Sie unserem Vorschlag zu. Wir haben auch dafür gesorgt, dass das auf eine Stunde begrenzt wird und die Fragen und Antworten kurz sind. Geben Sie sich einen Ruck. Ich glaube, es würde uns allen guttun.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Gibt es weiteren Redebedarf? – Kollege Herbst.

Von mir nur eine sehr kurze Gegenrede, Herr Präsident. – Herr Lichdi, Sie kennen sich vielleicht etwas in den Traditionen des britischen Parlaments aus; ich weiß nicht, wie sehr im Detail. Ich habe dort eine Weile gelebt. Ich kann Ihnen sagen: Alle Traditionen wollen Sie mit Sicherheit nicht übernehmen. Dass die Debatten dort interessant sind, liegt vielleicht auch an den Abgeordneten.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP, der CDU und der Linksfraktion)

Wir halten es nicht für notwendig, diesen Passus bei uns aufzunehmen.

Danke. – Gibt es weiteren Redebedarf? – Den sehe ich nicht. Wir können also über diese Drucksache 5/38, Änderungsantrag der Faktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist dieser Änderungsantrag bei einer Anzahl von Zustimmungen und Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zum § 55. Hierzu liegt uns die Drucksache 5/27, Änderungsantrag der NPD-Fraktion, vor; bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich persönlich mag freie Rede sehr.

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD – Heiterkeit bei der SPD)

Verehrte Kollegen, ich bitte Sie um Ruhe. Der Einbringer begründet gerade seinen Antrag.

Ich denke, wir haben im § 88 Abs. 1 eine klare Regelung, dass die freie Rede bevorzugt werden sollte. Eine weiter gehende Regelung als den § 88 Abs. 1, den wir noch beschließen werden, ist, denke ich, nicht nötig. Außerdem wäre das ein Eingriff in

das verfassungsrechtliche Prinzip, dass der Abgeordnete sein Mandat frei ausüben kann. Ich denke, es ist möglich, dass er auch zu einer Aktuellen Stunde ein Manuskript nutzt. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

Gibt es dazu weiteren Redebedarf? – Den stelle ich nicht fest. Wir stimmen über diesen Änderungsantrag ab. Wer ihm seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist dieser Änderungsantrag mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wir können nun über den § 55 abstimmen. Wer diesem Paragrafen in seiner unveränderten Form zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Die Gegenstimmen? – Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Eine Anzahl von Stimmenthaltungen. Trotzdem ist der § 55 – –

(Dr. Johannes Müller, NPD: Ein paar Gegenstimmen gab es bei unserer Fraktion!)

Entschuldigung. Ich habe diese Gegenstimmen nicht gesehen. Ich stelle also fest: Der § 55 ist mehrheitlich angenommen worden mit Stimmenthaltungen und einigen Gegenstimmen.

Wir kommen jetzt zu § 56. Hierzu liegt uns die Drucksache 5/28, Änderungsantrag der NPD-Fraktion, vor.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte in der Einführungsrede bereits angesprochen, dass wir keine weiteren Einschränkungen der Fragemöglichkeiten für Kleine Anfragen haben möchten.

Danke. – Weiteren Redebedarf stelle ich nicht fest. Wir können über diesen Änderungsantrag abstimmen. Wer ihm seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Die Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist dieser Änderungsantrag der NPDFraktion mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zur Drucksache 5/36 Nr. 12, Änderungsantrages der Fraktion DIE LINKE. Kollege Bartl, bitte.

Danke, Herr Präsident. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen eine Änderung des § 56 Abs. 3, der jetzt in diesem Absatz im ersten Satz folgenden Wortlaut hat: „Zulässig sind nur Anfragen“ – es geht um Kleine Anfragen der Abgeordneten – „über Angelegenheiten, die in den Verantwortungsbereich der Staatsregierung fallen.“

Diese Regelung ist nach unserer Auffassung mit dem Wortlaut und dem Sinngehalt von Artikel 51 der Sächsischen Verfassung nicht vereinbar. In Artikel 51 steht – das will ich noch einmal zitieren –: „Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen haben die Staatsregierung oder ihre Mitglieder im Landtag und in

seinen Ausschüssen nach bestem Wissen, unverzüglich und vollständig zu beantworten.“ Die Kommentierung dazu, in dem Fall von Bernd Kunzmann, Michael Haas, Harald Baumann-Hasske, sagt zu dem entsprechenden Artikel 51: „Fragen der Mitglieder des Landtages führen aufseiten der Staatsregierung zu der Rechtspflicht, diese zu beantworten.“ Die Geschäftsordnung des Landtages kann als parlamentarisches Innenrecht die Staatsregierung nicht zu Antworten zwingen. Deshalb muss das in der Verfassung geschehen. Als Nächstes steht in der Kommentierung – das ist gesicherte Rechtsprechung –: „Weder das ‚Ob’ noch das ‚Wie’ der Beantwortung steht im Ermessen der Verpflichteten.“ Vielmehr müssen Sie nach bestem Wissen, ohne schuldhaftes Zögern und ohne sachfremde Außerachtlassung von Tatsachen antworten. Es kann nicht möglich sein, dass die Staatsregierung oder der Präsident anfangen zu zensieren, welche Anfragen den Verantwortungsbereich der Staatsregierung betreffen und welche nicht. Das ist mit Gewissheit mit allen Rechtsprechungsgrundsätzen unvereinbar.

Die Regelung, die wir vorschlagen, ist exakt die, die in der Geschäftsordnung des 1., 2., 3. und 4. Landtages stand, zuletzt in § 60 Abs. 6. Dort steht, dass bei einer Anfrage von rein lokaler Bedeutung der Präsident den Mitgliedern des Landtages empfehlen kann, sich mit einem Abgeordnetenanschreiben an das zuständige Staatsministerium zu wenden. Aber hier hineinzuschreiben, dass es Anfragen zulässiger und unzulässiger Art gibt und dass letzten Endes Präsident oder Staatsregierung entscheiden, greift definitiv in das Recht der Abgeordneten aus § 55 ein und ist aus unserer Sicht direkter Verfassungsbruch.

Kollege Piwarz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Bartl, ich kann zu Ihren Ausführungen in Bezug auf den § 56 Abs. 3 nicht wirklich einen Widerspruch entdecken. Wir regeln ganz deutlich, dass nur die Anfragen zulässig sind, die in den Verantwortungsbereich der Staatsregierung fallen, denn wir fragen ja nur die Staatsregierung. Deshalb ist das nur eine logische Ausformulierung dessen, was Inhalt der Kleinen Anfragen ist. Das haben wir nur klar und deutlich dort hineingeschrieben. Insofern bedarf es Ihres Antrages nicht und wir werden ihn deshalb ablehnen.

Danke. – Kollege Lichdi, möchten Sie das Wort ergreifen?

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss gestehen, ich kann den Antrag überhaupt nicht nachvollziehen und muss dem Kollegen Piwarz recht geben.

(Christian Piwarz, CDU: Nein!)

Doch, natürlich.

(Stefan Brangs, SPD: Können wir das mal festhalten? – Heiterkeit bei SPD und CDU)

Wir sind sehr froh, dass die Überlegungen innerhalb der Koalitionsfraktionen, den Bereich der Kleinen Anfragen einzuschränken, indem eben sogenannte Anfragen von lokaler Bedeutung ausgeschlossen werden sollten, gerade nicht in den Entwurf von CDU und FDP aufgenommen wurden. Wenn die Koalitionsfraktionen hineinschreiben, dass Anfragen nur den Verantwortungsbereich der Staatsregierung betreffen dürfen, dann ist das eigentlich überflüssig, weil das eine reine Selbstverständlichkeit ist.

(Beifall des Abg. Geert Mackenroth, CDU)

Es ist völlig klar, dass die Staatsregierung natürlich nur über ihren Verantwortungsbereich antworten kann.

Wie weit geht denn der Verantwortungsbereich der Staatsregierung? Was ist dabei ausgeschlossen? Ausgeschlossen ist dabei der explizit judikative Bereich, außerdem explizit Bundesangelegenheiten ohne Einwirkungsmöglichkeiten des Freistaates Sachsen, also außenpolitische, verteidigungspolitische oder sonstige Dinge. Damit ist aber auch eingeschlossen, dass zum Beispiel kommunale Angelegenheiten, insofern die Staatsregierung dort über die Gesetzgebung oder sonstige Förderdinge hineinregieren kann, weiterhin zulässiger Gegenstand von Kleinen Anfragen sein können.

Herr Kollege Bartl, ich kann es Ihnen nicht ersparen: Ihr Antrag Nr. 12, betreffend § 56 Abs. 3, Neufassung, ist eine Verschlimmbesserung. Wenn man das so aufnimmt, könnte der Verdacht entstehen, dass Kleine Anfragen mit rein lokaler Bedeutung – Frage: Was ist das überhaupt? Es ist nicht bestimmbar. – nicht zu beantworten wären. Von daher bitte ich, den Antrag der Linken abzulehnen und dem Antrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Kollege Bartl, Sie haben noch einmal das Wort.

Kollege Lichdi, es wäre allenfalls eine Re-Verschlimmbesserung, denn es ist exakt der Wortlaut, wie er in der Geschäftsordnung des 4. Sächsischen Landtages stand. Warum muss dieser Satz hinein, wenn wir erst Erläuterungsbedarf haben? Zumindest ein Teil der Leserinnen und Leser kann ihn so auslegen, dass jemand zensieren kann, welche Anfragen zulässig sind und welche nicht.

(Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE: Das ist verfassungswidrig! – Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Klar ist das verfassungswidrig, das ist doch meine Rede.

Wir teilen die Position von Herrn Lichdi nicht, denn diesem Satz „Zulässig sind nur Anfragen über Angelegenheiten, die in den Verantwortungsbereich der Staatsregierung fallen“ folgt ein weiterer: „In anderen Fällen kann sich der Abgeordnete mit einem Abgeordnetenschreiben direkt an das zuständige Ministerium wenden. § 52 Abs. 1 gilt entsprechend.“ – Es wird ja selektiert.

Deshalb meinen wir sehr wohl, dass unser Antrag berechtigt und notwendig ist und dass nur diese Formulierung – wir denken nicht, dass dies durch die Staatsregierung rechtsmissbräuchlich gehandhabt würde – die Verfassung einhält.