Protocol of the Session on September 29, 2009

Am ersten Redebeitrag hat sich schon gezeigt, dass sich die Zeichen etwas geändert haben, nicht nur die Regierungskonstellation betreffend; sondern es gibt auch den gemeinsamen Wunsch, dass wir zu einer Debatten- und Diskussionskultur finden, die davon geprägt ist, sich

inhaltlich hart auseinanderzusetzen, aber persönlich respektvoll im Umgang miteinander bleiben. Das wäre auch der Wunsch von CDU und FDP für die künftigen Debatten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich danke auch den Parlamentarischen Geschäftsführern der demokratischen Fraktionen, dass wir im Vorfeld über diese Geschäftsordnung gesprochen haben und es viele sinnvolle Ergänzungen und Anregungen aus der Opposition gab. Das stärkt die Geschäftsordnung. Das können Sie mir glauben, denn ich war schon 2004 dabei. Es war heute anders als damals, sodass sich jetzt auch Beiträge der GRÜNEN, der Linksfraktion und der SPD in der Geschäftsordnung wiederfinden. Für Ihre Beiträge bedanke ich mich nochmals.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Normalerweise ist eine Geschäftsordnungsdebatte eher eine Insiderdebatte. Die wenigsten Abgeordneten werden in der laufenden Legislaturperiode wissen, was im § 81 oder im § 110 geregelt ist.

Meine Damen und Herren! Keine Frage, ein Landtag braucht klare Spielregeln für den Umgang miteinander, wenn man im Wettstreit ist und manches hart ausfechten muss.

Wir wissen auch, dass von der Geschäftsordnung und von unserem Verhalten die Außenwirkung und das Außenbild des Landtages abhängen. In diesem Bereich haben wir gemeinsam eine Verantwortung und Pflicht, alles dafür zu tun, dass die Würde dieses Hohen Hauses gewahrt ist und dass sich die Außenwirkung verbessert. Auch das wäre der Wunsch, den wir für diese neue Legislaturperiode haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Mein Kollege Piwarz ist auf ein zentrales Element der neuen Geschäftsordnung bereits eingegangen. Wir wollen die Auseinandersetzung hier im Parlament unter den Augen der Öffentlichkeit aufwerten. Dazu gibt es verschiedene sinnvolle Instrumente, die sich jetzt in der neuen Geschäftsordnung befinden. Eines ist die Straffung der Sitzungen. Wir haben in der Vergangenheit erlebt, dass Quantität nicht immer mit Qualität gleichzusetzen ist. Wir haben erlebt, dass eine Debatte um 22:13 Uhr nicht immer eine Bereicherung für das Land und erst recht nicht für die Öffentlichkeit ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Es tut diesem Parlament auch gut, wenn wir uns bemühen, hier keine Vorleseübungen zu veranstalten. Dafür gibt es den bundesweiten Vorlesetag. Wir werden uns bemühen, frei zu sprechen und auf die Argumente unserer politischen Mitbewerber einzugehen. All das trägt dazu bei, dass die Öffentlichkeit unsere Debatten mit größerem Interesse verfolgt.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Mit dem Ziel, die Parlamentsdebatten aufzuwerten, haben wir auch verschiedene Mängel geheilt. Wer die letzten fünf Jahre erlebt hat, konnte sehen, dass die Geschäftsordnung an vielen Punkten unklar war, dass man sie zumindest in verschiedene Richtungen auslegen konnte. Wir haben mehr Klarheit geschaffen.

Wir haben damit auch die Rechte der kleineren Fraktionen gestärkt. Ich erinnere nur an die Antwortfristen für Kleine Anfragen und an die Beantragung von Ausschussanhörungen. Das hat in vielen Ausschüssen geklappt, bei manchen aber auch eine Riesendiskussion ausgelöst. Es gibt für die Tagesordnungen der Ausschüsse klare Regelungen, auch wann die Einladung zu versenden ist. All das trägt dazu bei, dass wir fairere Regeln für den Umgang miteinander finden.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als letzten Punkt spreche ich noch eine Neuerung an, die diesem Parlament sehr gut zu Gesicht steht und uns von vielen anderen Landtagen in Deutschland unterscheidet. Wir werden als erster Landtag in unserer Geschäftsordnung einen Beauftragten für Generationsgerechtigkeit und Demografie verankern. Das ist ein Punkt, der uns sehr wichtig war; denn er ist ein Zeichen an die junge Generation und an die kommenden Generationen, dass diejenigen, die hier sitzen, auch die Interessen der Jüngsten in unserem Land vertreten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Diese Regelung ist zudem ein Ergebnis der EnqueteKommission „Demografischer Wandel“. Diejenigen, die das Vergnügen hatten, darin mitzuarbeiten, sehen, dass sich hier etwas tut und nicht nur geredet wird.

Meine Damen und Herren! Man könnte noch über viele Details reden. Bei den zahlreichen Änderungsanträgen werden wir dazu die Gelegenheit haben, noch einmal Pro und Kontra ausführlich zu erörtern. Die Geschäftsordnung ist ein guter Anfang für eine Aufwertung unserer Parlamentsarbeit. Dass dies tatsächlich gelingt, ist Aufgabe aller. Dazu müssen wir unseren Beitrag leisten. Unsere Fraktion ist dazu bereit. Ich lade Sie dazu herzlich ein und bitte um Zustimmung zur neuen Geschäftsordnung.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank für Ihren Redebeitrag. – Als Nächster ergreift Kollege Tischendorf für die Linksfraktion das Wort, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorredner sprachen es schon an. Wie zu Beginn jeder Legislaturperiode müssen wir uns wieder mit der Geschäftsordnung beschäftigen, scheinbar rein formal. Aber aus meiner Sicht ist das doch ein wichtiges Dokument und eine Arbeitsgrundlage nicht nur für die Abge

ordneten, sondern auch für die Damen und Herren der Staatsregierung.

Im Laufe der Jahre wurde die Geschäftsordnung im Hohen Hause an vielen Stellen sinnvoll weiterentwickelt. Wir als Opposition haben uns in der Debatte intensiv daran beteiligt. Ich bedanke mich noch einmal für den Stil.

Trotzdem will ich darauf hinweisen: Bei aller Eile, die auf der anderen Seite zum Koalitionsvertrag stattfand, hatten wir bis Montag voriger Woche eher Schweigen im Walde zur Geschäftsordnung. Erst am Montagnachmittag hatten wir von den demokratischen Fraktionen die Einladung erhalten, uns über die neue Geschäftsordnung zu verständigen.

(Christian Piwarz, CDU: Wann haben Sie sie erhalten?)

Sie ging mir am Sonnabend 00:30 Uhr zu. Wir haben uns am Montagnachmittag zum ersten Mal im Kreis der demokratischen Fraktionen über die Geschäftsordnung unterhalten. Jedem war klar, dass man in dieser knapp zweistündigen Debatte nicht alle Probleme einvernehmlich klären kann.

Am Donnerstag haben wir uns noch einmal getroffen und die Abstimmung vorgenommen. Alle Beteiligten können sich bei unserer Alterspräsidentin bedanken, dass sie so weitsichtig war, uns die Zeit einzuräumen und wir uns gemeinsam einbringen konnten.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Danke schön.

Ich erwähnte schon, dass das Entgegenkommen der Koalition relativ schnell beendet war, als es aus machtpolitischer Sicht um ein Einlenken gehen sollte. Bedauerlicherweise wurde von den Koalitionsvertretern das Ziel, zukünftig nur noch zwei Plenartage anzusetzen, wie eine Heilige Kuh vor sich hergetragen. Dem sollte sich alles unterordnen. So soll es zukünftig möglich sein, Gesetzentwürfe ohne Überweisung in einen Ausschuss bereits in der 1. Lesung abzulehnen. Dann könnte zum Beispiel mit der Mehrheit des Hauses jegliche Gesetzesinitiative der Opposition sofort abgelehnt werden. Es gäbe keine sachgerechte Behandlung und auch keine Anhörung.

Des Weiteren hat die Koalition natürlich versucht, unter dem Deckmantel der zwei Tage von vornherein parlamentarische Möglichkeiten zu begrenzen, so zum Beispiel zwei Anträge, die auf die Tagesordnung dürfen, statt bisher drei. Bei dem Recht zur Behandlung von Großen Anfragen geht man mit ähnlicher Kahlschlagsmethode vor. Man hat nur noch eine Große Anfrage pro Sitzung nach dem Rotationsprinzip der Fraktionen. Da kann man sich ausrechnen, wann man das nächste Mal mit einer Großen Anfrage dran ist.

Ein noch viel schwerwiegenderer und nicht nur ein politischer, sondern auch ein rechtlicher Fehler – wir haben es ja heute schon praktiziert –, droht mit dem Herauslösen des Landtagspräsidenten von den Vizepräsi

denten bei der Berechnung der Stärkeverhältnisse der Stellvertreter. Nach der nunmehr vorgesehenen Regelung soll der Präsident von der stärksten Fraktion vorgeschlagen werden, wogegen wir nichts einzuwenden haben. Problematisch wird es aber, wenn nach der Wahl des Präsidenten bei der Wahl der Vizepräsidenten und der Ermittlung der hierfür maßgeblichen Stärkeverhältnisse das bereits ausgeübte Vorschlagsrecht für die Wahl des Präsidenten nicht angerechnet wird.

Obwohl in der Vorberatung von CDU- und FDP-Fraktion an diesem Punkt stur behauptet wurde, dass eine solche Verfahrensweise durch die Sächsische Verfassung gedeckt sei, sagt diese genau das Gegenteil aus. Ich möchte Artikel 47 Abs. 1 zitieren: „Der Landtag wählt seinen Präsidenten und dessen Stellvertreter, die zusammen mit weiteren Mitgliedern das Präsidium bilden, und die Schriftführer.“ Ich füge hinzu, diese vorgeschlagene Neuregelung widerspricht zugleich § 15 Abs. 2 des Entwurfs der Geschäftsordnung, in dem bestimmt ist, dass bei der Besetzung des Präsidiums für die Feststellung des Stärkeverhältnisses der Fraktionen das Höchstzahlverfahren nach d’Hondt zugrunde zu legen ist. An dieser Stelle wollen die Koalitionäre wieder richtigerweise, dass der Präsident angerechnet wird, obwohl er nicht mitgezählt wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin gespannt, was die Koalition heute erklären wird, wie sie aus dieser rechtlich unhaltbaren Nummer wieder herauskommen will. So richtig lustig würde es mit der Debatte um den heißgeliebten Posten des 3. Vizepräsidenten werden, wenn es dem Steuerzahler nicht so teuer käme. Das muss ich unbedingt noch einmal ansprechen. Dazu will ich Ihnen einen längeren Abschnitt zitieren, um mir nicht so viel selbst ausdenken zu müssen: „Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem von CDU- und SPDFraktion! Wundert es Sie denn wirklich noch, warum immer mehr Menschen nicht zur Wahl gehen, warum sie sich der Politik verweigern oder warum am Ende die Politik gewählt wird, die Sie gar nicht haben wollen? Wofür brauchen wir diesen Posten? Wir brauchen ihn überhaupt nicht. Er verschwendet nur das Geld der Steuerzahler.“ Weiß jemand, von wem dieses Zitat ist? – Es ist von Herrn Zastrow. Ja, ich habe mich der Worte des Herrn Zastrow bedient.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion – Tino Günther, FDP, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Die hat er vor fünf Jahren von diesem Pult aus gesprochen. Damals konnten wir nach den richtigen Worten von Herrn Zastrow leider keinen krönenden Abschluss finden. Aber ich sage Ihnen: Bleiben Sie standhaft. Mit dem von uns heute eingebrachten Änderungsantrag und der Unterstützung der gesamten FDP-Fraktion werden wir gemeinsam den richtigen Worten von damals Taten folgen lassen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ja, gern sogar.

Bitte, Mikro 4.

Sehr geehrter Kollege Tischendorf! Würden Sie denn auf den 2. Vizepräsidenten aufgrund von Einsparungen verzichten wollen?

Wenn Sie sich ein bisschen bei d’Hondt auskennen, müssten Sie eigentlich wissen, wie das Verfahren geht. Ich glaube, Sie haben auch schon miterlebt, wie der 3. Vizepräsident in die Geschäftsordnung gekommen ist. Sie haben auch mit uns gemeinsam einen Antrag verfasst, dass das nicht notwendig ist. Aber es kann sein, Sie haben das schon wieder vergessen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Aber Sie verzichten nicht?

(Zuruf der Abg. Cornelia Falken, Linksfraktion)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In die gleiche Kategorie des Geldverschwendens muss wohl die angedachte Veredelung eines bestimmten, noch nicht bekannten Abgeordneten der Koalition einsortiert werden. Ich meine die Kunstkreation des Jahres, den Beauftragten für Generationengerechtigkeit und Demografie, der mittels Geschäftsordnung zum Leben erwachen soll. Diese Thematik ist eigentlich viel zu ernst, um sie in dieser Form zu behandeln. Die hier aus dem Hut gezauberte Variante für einen „Überabgeordneten“ soll also ohne rechtliche Grundlage auf die „gerechte Verteilung von Lasten und Vorteilen zwischen den jetzigen Generationen“ achten. Mal sehen, für wen dieser Versorgungsposten reserviert ist. Wir sind sehr gespannt. Wenn dann für den so vergeudeten Abgeordneten vielleicht noch ein Dienstwagen, eine kleine Diätenerhöhung sowie eine Geschäftsstelle herausspringt, hat sich die Kraftanstrengung sicherlich gelohnt, zwar nicht in der Sache, aber wenigstens für den Auserwählten.

Weniger interessant für die Regierungsfraktionen schien aber in der Vorberatung zur Geschäftsordnung der Vorstoß von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu sein, doch endlich denjenigen das Rederecht einzuräumen, die bereits auf gesetzlicher Grundlage dem Landtag regelmäßig Bericht erstatten.