Ich kann diese Not momentan nicht erkennen und es ist nicht verfassungskonform, beschlossene Strukturmodelle in den Mixer zu geben und dann irgendein Konglomerat vorzulegen. Aber genau das wollen Sie.
Wenn Sie anstatt der Bürgermeister und Landräte gesonderte Rats- und Kreistagsvorsitzende in den Räten und Kreistagen schaffen wollen – welchen zwingenden Vorteil diese Lösung hat, ist nicht erkennbar.
Auch was die Verkürzung der Wahlperiode für Bürgermeister, Landräte und Beigeordnete auf fünf Jahre bringen soll, ist nicht schlüssig begründet. Gerade in einer bestimmten Kontinuität der Arbeit ist es doch gegeben, dass vor Ort Projekte aufgegriffen, umgesetzt und auch beendet werden können. Was also spricht tatsächlich inhaltlich fundiert gegen eine Amtsdauer von sieben Jahren? Diese Frage haben Sie uns nicht beantwortet. Im Gegenteil, wenn Sie vergleichen – Herr Schowtka hat das bereits betont –: In anderen Bundesländern ist die Dauer der Amtsperioden noch viel länger. Eine häufigere Wahl mit Demokratieplus zu verwechseln führt Sie auf den Holzweg, denn gerade im kommunalen Raum gelten andere Maßstäbe.
Gleichzeitig ist es ein Denkfehler in Ihrem Gesetzentwurf, wenn Sie zwar häufig von Kommunalparlamenten sprechen, dies aber in Wahrheit keine Legislativen sind. Auch darauf hat Dr. Friedrich bereits hingewiesen. Deshalb gefährden Sie die kommunale Selbstverwaltung mit Ihrem vorgelegten Entwurf.
Ich gehe mit der Idee mit, nochmals zu überprüfen, wie wir die Kontroll- und Einflussmöglichkeiten kommunaler Vertretungsorgane stärken können. Das kann man aufgreifen. Ihr Gesetzentwurf ist dafür ungeeignet.
Die Größe der Kreistage haben wir schon besprochen. Ich finde es niedlich, dass Sie heute nunmehr einen Änderungsantrag zu einem Gesetz einbringen, das wir gestern beschlossen haben, und damit es sich ändert, noch zwei Kreistagessitze dazugesetzt haben. Es gibt jetzt eine gute Möglichkeit, funktionsfähige Kreistage zu haben. Auch dafür ist Ihr Gesetzentwurf einschließlich des Änderungsantrages – obwohl ich weiß, dass Sie ihn noch nicht eingebracht haben – entbehrlich.
Gleichzeitig haben wir gestern eine neue Vorschrift zur Fraktionsrechtsstellung geklärt. Dies war wichtig, ist jetzt sehr gut verankert und die kommunalen Vertretungsorgane können vor Ort viel daraus machen.
Ob Bürgermeister in Kreistagen sitzen dürfen, ist gestern auch geklärt worden. Eine Frage, mit der Sie gern versuchen, die Koalition auseinanderzubringen, ist das Wahlalter. Es soll vorkommen, dass man in der Koalition zu bestimmten Sachfragen unterschiedliche Meinungen hat. Das ist auch in Sachsen der Fall. Es ist und bleibt der Fall, wie beispielsweise beim Wahlalter. Wir werden gemeinsam um Lösungen ringen. Wenn das momentan nicht möglich ist, dann diskutiert man an dieser Stelle nicht.
Dafür haben wir an anderen Punkten und vielen anderen Schnittstellen immer eine Lösung gefunden. Auch das Wiederholen dieser Frage bringt nichts Neues in diesem Parlament.
Summa summarum: Dieser Gesetzentwurf ist nicht nur fachlich unklar, verfassungsrechtlich bedenklich, er ist vor allen Dingen auch entbehrlich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tendenz läuft die sächsische Landespolitik auf eine Schwächung der Kommunen finanziell sowie verwaltungs-, raumordnungs- und demokratiepolitisch hinaus. Durch den sogenannten vertikalen Gleichmäßigkeitsgrundsatz im kommunalen Finanzausgleich wird seit Jahren eine ungerechte Finanzmassenverteilung zuungunsten der Kommunen praktiziert. Mittels der Verwaltungsreform sollen die Landkreise durch die Übernahme von weisungsgebundenen Pflichtaufgaben zum verlängerten Arm der Exekutive degradiert werden. Jede Aufgabe, wie etwa die Planung des ländlichen Raumes, die als staatliche Weisungsaufgabe übernommen wird, wird praktisch der unabhängigen Bearbeitung durch den Kreistag entzogen.
nicht mehr wie bisher von 1 268, sondern nur noch von 746 Kreisräten vertreten werden. 522 Kreistagsmandate werden einfach gestrichen. Das sind mehr als vier von zehn Mandaten. Ein Kreisrat wird 4 012 statt der derzeit 2 319 Einwohner zu vertreten haben. Die demokratische Repräsentanz der Bürger auf Kreisebene wird um über 40 % hinter die Repräsentation auf Landesebene und in den kreisfreien Städten zurückfallen.
Infolge der Kreisreform wird es sicherlich zu einem verstärkten Gemeindesterben kommen, wodurch sich auch die Zahl der Gemeinderäte reduziert. Das dürfte von der Staatsregierung schon eingeplant sein. Dadurch werden die demokratische Repräsentation und damit das politische Gewicht der Landkreisgebiete generell stark zurückfallen, und zwar sowohl gegenüber der staatlichen Ebene – namentlich dem Landtag – als auch gegenüber den Bürgerschaften der verbliebenen kreisfreien Städte in der sogenannten Metropolregion Sachsendreieck.
Auf diese für die Überlebensfähigkeit unseres Flächenstaates und seiner Regionen gefährliche Entwicklung hat schon mein NPD-Fraktionskollege Dr. Müller in einem Schreiben an alle sächsischen Kreisräte vom Sommer 2007 hingewiesen.
Zur Eindämmung dieser Entwicklung ist zweifelsohne die Stärkung der Stellung unserer Kommunen und ihrer Bürgervertretung eines der geeigneten Mittel. Dazu gehören sowohl die Stärkung der Aufgaben als auch die Stärkung der demokratischen Struktur der Kommunen. Daher hat die NPD-Fraktion in diesem Zusammenhang zwei Gesetzentwürfe zur Stärkung der kommunalen Kompetenzen und zur Erweiterung der Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge, zum Beispiel bei der Energievorsorge, eingebracht.
Derselbe Wille zur Stärkung der Kommunen, der uns bei diesen Gesetzesinitiativen leitet, veranlasst auch die NPDFraktion, den vorliegenden Gesetzentwurf der GRÜNEN zu unterstützen. Es mag sein, dass die GRÜNEN eher von abstrakten demokratie-theoretischen Überlegungen geleitet sind als von der Notwendigkeit, die sächsischen Kommunen in ihrer Vielfalt zu erhalten. Das spielt aber in der Praxis keine Rolle. Denn eine gut funktionierende Gemeinde mit einem starken Bürgerengagement ist gleichzeitig auch vitaler und überlebensfähiger als ein Gemeinwesen, dessen Strukturen erodieren.
Umgekehrt sind in Gemeinden mit einer ausgeprägten Heimatverbundenheit und einem starken gemeinschaftlichen Überlebenswillen auch die demokratischen Strukturen von Hause aus gefestigter als etwa in Entleerungsgebieten.
Echtes Demokratiebewusstsein ist nur ein anderer Begriff für Heimat- und Gemeinschaftsbewusstsein; das Gleiche in Grün sozusagen, wenn ein kleines Wortspiel erlaubt ist. Es handelt sich um zwei Facetten ein und derselben Sache.
Was die Einzelheiten des GRÜNEN-Gesetzentwurfes betrifft, können wir in der Tendenz alle Vorschläge unter
stützen. Das vorgeschlagene Vertretungsverhältnis von einem Kreisrat je 3 500 Einwohner würden wir zwar lieber auf 1 : 3 000 festsetzen. Auf solche Feinheiten kommt es aber bei einem Gesetzentwurf der Opposition nicht an. Hier ist es nur wichtig, dass die grundsätzliche Notwendigkeit einer besseren demokratischen Repräsentanz signalisiert wird.
Auch die Verschiebung der Machtstrukturen in der Kommunalverfassung zugunsten der Räte und zulasten der Bürgermeister und Landräte trägt nach unserer Überzeugung zur Stärkung der Gemeinden und der Landkreise bei. Denn die Machtfülle dieser Amtsinhaber ist geeignet, die Tendenz zur Verstaatlichung der Kommunen zu verstärken, und wird umgekehrt durch diese Tendenz selbst verstärkt.
Das erweiterte Fraktionsbildungsrecht stärkt parteienunabhängige Gemeinderäte und ist deshalb ebenfalls zu begrüßen. Das Gleiche gilt für die erweiterten Initiativ- und Kontrollrechte, das Recht zur Akteneinsicht und die Möglichkeit zur Einsetzung eines kommunalen Untersuchungsausschusses. Eine Regelung in der Landkreisordnung, die bei kommunalisierten Aufgaben nach Maßgabe der Fachgesetze die Voraussetzungen dafür schafft, dass die jeweiligen Entscheidungsspielräume der Landkreise nicht ausschließlich vom Landrat, sondern eher vom Kreistag wahrgenommen werden können, ist angesichts der Zwitterstellung der Landräte zwischen Staat und Kommune ebenfalls äußerst sinnvoll. Sie dient zur Stärkung des kommunalen Teils der Landkreise gegenüber dem staatlichen Teil, was voll der Auffassung der NPDFraktion entspricht, weshalb die NPD-Fraktion diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung gibt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben es schon in den Ausschussberatungen gesagt: Der Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Ausweitung der Wahlrechte und zur Stärkung der Rechte der Kreis- und Gemeinderäte oder anderer Kommunalvertreter hat einige Punkte, die prinzipiell durchaus zustimmungswürdig sind.
Auch die Frage der Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre ist etwas, dem sicherlich die größte Anzahl der Fraktionen hier im Haus zustimmen kann. Die FDP hat das ja auch schon wie die Linksfraktion beantragt. Allerdings haben wir es auf das aktive Wahlrecht beschränkt und nicht auf das passive Wahlrecht ausgeweitet.
Kurz zum Einwand, der aus der Koalition von Herrn Schowtka hier vorgebracht wurde, das Wahlrecht ab 16 sei ungeeignet, weil sich niemand in diesem Alter wirklich für Politik interessiere. Das ist nicht wirklich überzeugend. Das sind die gleichen Argumente, die
Sie überzeugen nicht wirklich. Was uns allerdings überzeugt, das aktive vom passiven Wahlrecht zu trennen, ist die Frage der Haftungsfähigkeit von 16-jährigen Kommunalvertretern, die wir nicht sehen. Deswegen sagen wir auch: Ein passives Wahlrecht ist systemwidrig.
Was uns am Gesetzentwurf stört, ist die Verankerung des Untersuchungsausschussrechtes, die der anderen Interessenlage einer Kommunalvertretung, einer bürgerschaftlichen Kommunalvertretung nicht gerecht wird. Der Stadtrat, der Gemeinderat ist eben kein Parlament, und das Instrument des Untersuchungsausschusses könnte und wird auch in etlichen Fällen, davon gehe ich aus, benutzt, um kommunale Auseinandersetzungen parteipolitisch zu führen. Auch das ist etwas, was nicht unbedingt im Interesse dieser Organe liegt.
Die Herabsetzung der Wahldauer auf vier Jahre für Kommunalparlamente sowie die Amtszeit von fünf Jahren für Bürgermeister erachten wir ebenfalls als nicht sachgerecht. Hier wird die Kontinuität in Gemeinderäten beschädigt und beeinträchtigt. Die bisherige Amtsdauer hat sich bewährt. Wir wollen an ihr festhalten. Auch die Amtszeit von Bürgermeistern erachten wir als sachgerecht, ohne dass hier ein demokratisches Defizit zu befürchten ist.
Den Ausstattungszwang, den die GRÜNEN in der Gemeindeordnung verankert wissen wollen, halten wir ebenfalls für überflüssig. Gerade bei kleinen Gemeinden ist es nicht richtig vorstellbar, wie jeder Fraktion zwingend Sachmittel, etwa ein Fraktionsraum, zur Verfügung gestellt werden sollen. Das könnte in Gemeinden von etwa 3 000, 4 000 Einwohnern eher zu einer heillosen Belustigung führen, wenn jetzt jede Fraktion in dem kleinen Rathaus einen eigenen Raum bekommen soll. Da muss man sich überlegen, ob man hier nicht über das Ziel hinausgeschossen ist.
Schließlich noch etwas, was auch schon von anderen Rednern gesagt worden ist: Wir halten das in Sachsen gewählte Prinzip der Stellung des Bürgermeisters als Organ und als Vorsitzender der Kommunalvertretung für durchaus sachgerecht und für bewährt. Dieses auch in Baden-Württemberg angewandte Prinzip hat sich wirklich als hervorragend erwiesen und erscheint uns gegenüber diesen Elementen der norddeutschen Magistratsverfassung überlegen.
Das sind die wichtigsten Gründe, warum wir diesem Gesetzentwurf, so sehr wir auch Sympathie für Grundanliegen und einige Punkte haben, insgesamt nicht zustimmen können.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte die Antwort nicht schuldig bleiben. Auch durch die Wiederholung wird es nicht richtiger, wenn Sie uns unterstellen, dass wir einen Systemwechsel wollten, etwa die norddeutsche Ratsverfassung – –
Herr Friedrich, ich weiß nicht, wie Sie auf den Gedanken kommen, dass wir die Direktwahl und die Eigenschaft als Leiter der Verwaltung durch den Landrat bzw. den Bürgermeister infrage stellen wollen. In unserem Gesetzentwurf können Sie das nicht lesen.
Herr Schowtka und Herr Friedrich haben die Frage der Mitwirkung der Vertretungskörperschaften bei staatlichen Weisungsaufgaben angesprochen. Darauf gehe ich auch gern ein. Es ist leider so, dass die Staatsregierung und die Koalitionsfraktionen vorgestern und gestern staatliche Aufgaben mit einem vollständigen Weisungsrecht übertragen haben. Das bedauern auch wir sehr. Wir brauchen aber in der Gemeindeordnung und in der Landkreisordnung eine Vorschrift für den Fall, dass im Fachgesetz Spielräume im Weisungsrecht eröffnet werden, dass diese Spielräume nicht vom Landrat oder vom Bürgermeister allein ausgeübt werden, sondern dass sie vom Vertretungsorgan ausgeführt werden. Genau das – nicht mehr und nicht weniger – sieht unser Gesetzentwurf vor.
Wir können das Weisungsrecht in Fachgesetzen, hier in der Gemeindeordnung, nicht ändern. Herr Dr. Friedrich, das ist uns vollkommen klar. Ich habe den Eindruck, dass Sie unseren Gesetzentwurf doch nicht mit aller Sorgfalt studiert haben, wie er es vielleicht verdient hätte.