Protocol of the Session on January 22, 2008

(Unruhe bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion unterstützt die Dringlichkeit und die Behandlung des Antrages heute im Plenum. Wir halten es für dringend erforderlich. Ich kann durchaus auch aus eigener Erkenntnis – wie Sie ja wissen – zur Aufklärung beitragen.

Herr Lehmann, Ihre selbstlosen Bekenntnisse zur sächsischen Polizei nutzen angesichts der Exzesse,

(Lachen bei der CDU)

die sich die Polizei nicht nur, aber auch anlässlich dieses Einsatzes geleistet hat, überhaupt nichts.

Es sollte auch im Interesse der Koalitionsfraktionen sein, hier endlich einmal zur Kenntnis nehmen, dass systematisch die Rechte der Abgeordneten des Sächsischen Landtages nicht beachtet werden.

Bitte zur Dringlichkeit sprechen.

Sie können meiner Rede entnehmen, dass zum wiederholtem Male die Polizei den Ausweis, den wir alle bei uns tragen und der uns berechtigen soll, durch Polizeisperren zu kommen, nicht beach

tet hat. Stattdessen sind beispielsweise ich und auch andere Kollegen rüde und gewalttätig behandelt worden.

(Zuruf des Abg. Heinz Lehmann, CDU)

Herr Lehmann, dass Sie das freut, kann ich gut verstehen. Das hat aber nichts mit demokratischer Kultur und demokratischer Selbstbestimmung eines Parlaments zu tun. Sie demaskieren sich hier. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bringe ich die Dringlichkeit des Antrages der Linksfraktion, Drucksache 4/10949, über die Berichterstattung des sächsischen

Innenministers über den Polizeieinsatz vom 15. Januar zur Beendigung der Baumbesetzung auf einer Zufahrtsstraße für die geplante Waldschlößchenbrücke in Dresden zur Abstimmung. Wer der Dringlichkeit zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist die Dringlichkeit mehrheitlich abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Ich frage, ob es weitere Anträge zur Tagesordnung gibt. – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Damit kommen wir zur Tagesordnung selbst.

Aufgerufen ist der

Tagesordnungspunkt 1

2. und 3. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Neuordnung der Sächsischen Verwaltung (Sächsisches Verwaltungsneuordnungsgesetz – SächsVwNG)

Drucksache 4/8810, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 4/10839, Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Es beginnt die CDU-Fraktion. Danach folgen Linksfraktion, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung.

Meine Damen und Herren! Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte die Fraktion der CDU, das Wort zu nehmen. Herr Bandmann, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das heute zur abschließenden Beratung und Beschlussfassung anstehende Reformprojekt zur Funktionalreform bildet den Rahmen dafür, dass sich unser Freistaat weiter zu einer modernen und leistungsfähigen Region in Europa entwickelt.

In den letzten Wochen und Monaten haben viele Beratungen, Gespräche und Anhörungen im Sächsischen Landtag stattgefunden. Die mitberatenden Fachausschüsse und der federführende Innenausschuss haben eine Beschlussempfehlung auf den Weg gebracht, die uns allen vorliegt. Für die Koalition ist das Reformprojekt „Verwaltungs- und Funktionalreform“ nach wie vor das wichtigste Projekt dieser Legislaturperiode. Der Wille, dieses anspruchsvolle Ziel zu erreichen und umzusetzen, ist ein deutliches Zeichen für die Handlungsfähigkeit der Koalition von CDU und SPD im Freistaat Sachsen.

Ich darf erinnern: Im Mai 2007 ist dem Sächsischen Landtag der Entwurf der Staatsregierung zugeleitet worden. Seit diesem Zeitpunkt sind wir Herr des Verfahrens.

Die Gesetzentwürfe waren Gegenstand einer mehrtägigen Sachverständigenanhörung in der ersten Septemberwoche des vorigen Jahres. An dieser haben mehr als 70 Sachverständige teilgenommen und zu den Fragen und

Einwänden Rede und Antwort gestanden. Zusätzlich haben uns zahlreiche Briefe mit Anregungen, Vorschlägen, aber auch Kritik erreicht. Abgeordnete wurden in die Regionen eingeladen und haben sich vor Ort ein persönliches Bild verschafft, um den Meinungsbildungsprozess so objektiv und das Ergebnis so offen wie möglich zu gestalten.

Die CDU-Fraktion hat gleichfalls in Regionalkonferenzen für das Reformprojekt geworben und auch vor Ort mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutiert.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Ohne Erfolg!)

Der Innenausschuss hat allein in 19 Sitzungen, davon zahlreichen Sondersitzungen, beraten. Auf die mitberatenden Fachausschüsse und die Gremien hatte ich bereits hingewiesen. Uns liegen in über 15 großen Ordnern Stellungnahmen von Organisationen, Verbänden, Institutionen, Bürgerinnen und Bürgern vor.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Die meisten sind ablehnend!)

Herr Hahn, es reicht, wenn Sie einfach mal zuhören. Das ist in der Schule ganz gut angezeigt. Damit bei Ihnen die letzten Irritationen beseitigt werden, sollte das auch hier helfen.

(Beifall bei der CDU – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Keine Ahnung!)

Die Mehrheit der Stellungnahmen hat das Ziel der Reform unterstützt und nicht infrage gestellt. Ich mache an dieser Stelle deutlich, dass mit diesem Projekt bisher staatlich wahrgenommene und entschiedene Aufgaben übertragen werden.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Sehen Sie sich unsere Briefe an!)

Dezentralisierung bedeutet bei dieser Reform ganz klar Stärkung des ländlichen Raumes. Die Landkreise werden gestärkt. Die Aufgabenwahrnehmung und -entscheidung erfolgen ortsnah. Das Auslaufen des Solidarpaktes und die demografischen Veränderungen im Freistaat Sachsen führen zu geringerer finanzieller Ausstattung. Um diese Veränderungen aufzufangen und auch in Zukunft sicherzustellen, dass Investitionen weitergeführt werden, um mehr Menschen Arbeit zu bringen und gleichzeitig Dienstleistungen für den Bürger mit hoher Qualität anzubieten, ist dieses große Reformvorhaben notwendig.

Die CDU-Fraktion ist fest davon überzeugt, dass mit der Funktional- und Gebietsreform Entscheidungen für eine moderne und leistungsfähige Zukunft unseres Freistaates Sachsen getroffen werden. Unser Anliegen ist die Stärkung der kommunalen Ebene im Lande. Selbstverwaltung und Handlungsfähigkeit der kommunalen Ebene müssen auch in Zukunft gesichert bleiben.

An dieser Stelle danke ich allen, die ihren Beitrag dazu geleistet haben, dass wir vor der Verabschiedung dieses Reformprojektes stehen. Besonderer Dank gilt unserem Staatsminister Dr. Albrecht Buttolo, der mit seiner Mannschaft hier die entscheidende Vorarbeit geleistet hat.

(Beifall bei der CDU)

Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition und auch von der Opposition, danke ich für die konstruktive und überwiegend sachliche Diskussion.

Frau Weihnert, Ihnen persönlich als Vorsitzende des Innenausschusses meinen Respekt und meine Hochachtung für die souveräne Leitung der Sitzungen. Sie haben durch Ihr besonders geduldiges, aber auch konsequentes Handeln in der Sitzungsleitung dazu beigetragen, dass wir dieses Ziel erreicht haben.

(Beifall bei der CDU)

Dank sagen möchte ich den Damen und Herren von der Landtagsverwaltung. Hervorheben möchte ich den Juristischen Dienst, die Sekretariate der Ausschüsse, allen voran des Innenausschusses, und nicht zuletzt die Stenografen, die hier wirklich eine Marathonleistung hingelegt haben.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Ich möchte auch nicht vergessen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen zu danken, die hier wesentliche Hilfestellung gegeben haben.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Wir halten die Aufgabenübertragung und die im Gesetz geregelten Strukturen der Neuordnung für geeignet, die sächsische Verwaltung leistungsstark auszugestalten. Um die Diskussion im Innenausschuss aufzugreifen, gehen wir davon aus, dass mit der Reform die dauerhafte Funk

tionalität der sächsischen Verwaltung gewährleistet wird. Die Koalition ist sich völlig im Klaren darüber, dass dieses Projekt gesetzliche Vorgaben enthält, dass es aber bei der Ausgestaltung und Umsetzung auf das Mitwirken der Menschen in der Verwaltung ankommt. Aus diesem Grund hat das Gesetzgebungspaket an der Stelle zahlreiche Änderungen erfahren.

Über die Notwendigkeit der Funktionalreform bestand in den Beratungen im Innenausschuss weitestgehend Einvernehmen. Unbestritten bleibt, dass die über 235 derzeitigen Behörden und Einrichtungen des Freistaates in ihrer Anzahl nicht mehr zeitgemäß sind. Dies hat auch die Sachverständigenanhörung in diesem Saal unterstrichen. Es ist bereits jetzt abzusehen, dass sich die Rahmenbedingungen in den kommenden Jahren weiter verändern werden. Einstellen müssen wir uns auf einen weiteren Rückgang der Bevölkerung im Freistaat Sachsen. Der erfreuliche positive Anstieg des Altersdurchschnitts der Menschen im Freistaat Sachsen führt aber nicht dazu, dass wir zahlenmäßig mehr Menschen werden. Die nach wie vor geringe Geburtenrate steht dem entgegen, sodass es künftig auch zu geringeren Bundeszuweisungen aufgrund der geringeren Bevölkerungszahl kommt.

Darüber hinaus verändern sich die Prognosen und demzufolge die Mittel aus dem Solidarpakt II. Von circa 2,7 Milliarden Euro 2007 bis auf 557 Millionen Euro im Jahr 2019 werden die Solidarpaktzuweisungen abnehmen. Auch die europäischen Mittel werden drastisch abnehmen, da wir nicht mehr Höchstfördergebiet der EU sein werden. Wir meinen auch, dass unsere sächsischen Kommunen auf die sich in Europa abzeichnenden Veränderungen reagieren müssen, um künftig attraktive Standorte, insbesondere für die Wirtschaftsansiedlung, anbieten zu können.

Ausgangspunkt für die Reform war der gemeinsame Wille der Koalitionspartner CDU und SPD, in dieser Legislaturperiode die Zukunftsbedingungen für den Freistaat zu verbessern und damit die Verwaltungsorganisation auf den Prüfstand zu stellen. Es ist ganz wichtig für die Ausgangslage, dass es dabei keine Besitzstände für die davon betroffenen Ministerien gab.