Protocol of the Session on July 5, 2007

Länger gemeinsam zu lernen ist der strategisch notwendige Schritt, den die Schullandschaft in den nächsten zehn Jahren machen wird, und ich bin fest davon überzeugt, dass das so kommen wird.

In Sachsen? Jenseits der gesellschaftlichen und politischen Mehrheiten liegt nun nach über der Hälfte der Koalition ein Ergebnis vor, das uns mit Besorgnis erfüllt. Im nächsten Schuljahr werden ganze fünf Schulen in Sachsen Gemeinschaftsschulen sein: zwei, die schon seit über zehn Jahren in diesem Modell arbeiten, und drei neue.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Hört, hört! Wahnsinnig viel!)

Meine Damen und Herren! Ich möchte dazusagen: Jeder klassische Schulversuch kann mit zehn Schulen starten, und darum ist das Ergebnis rein zahlenmäßig, aber auch qualitativ zum Teil sehr enttäuschend, denn Gemeinschaftsschulen sollen in Sachsen kostenneutral und stellenneutral eingerichtet werden. Sie haben keine gesetzliche Grundlage.

Sie sagen, Gemeinschaftsschulen sollen von unten wachsen. Wir sagen, das ist richtig, aber auch das kann man anders machen. In Berlin haben sich jetzt 57 Schulen bereit erklärt teilzunehmen. In einer Modellphase werden 22 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um die Schulen auf diesem Weg zu unterstützen. Das ist politische Unterstützung eines Projektes und wir fordern Sie auf, in ähnlicher Weise in Sachsen zu verfahren.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Aber nicht nur, dass Sie das nicht ausreichend unterstützen, Sie legen den Schulen Steine in den Weg – auch das ist Anlass für diese Aktuelle Debatte –: sowohl der wissenschaftlichen Begleitung als auch den Schulen selbst.

Ich möchte auf das Beispiel Dresden-Pieschen zu sprechen kommen. Es findet sich dort eine motivierte Eltern- und Lehrerschaft, die bereit ist, sich auf den Weg zu machen. Was tun Sie? Die Schule hatte schon fast die Genehmigung. Sie haben jetzt die Absage bekommen, im nächsten Jahr Gemeinschaftsschule zu werden.

(Staatsminister Steffen Flath: Das stimmt nicht!)

Sie sagen, diese Schule könnte auch noch als Mittelschule funktionieren, und verlangen zusätzlich der Schule eine äußere Fachleistungsdifferenzierung ab. Das klingt jetzt ein bisschen technisch, aber, meine Damen und Herren, das bedeutet, dass in einer Schule weiter verschiedene Bildungsgänge und verschiedene Abschlüsse Grundlage der Unterrichtsorganisation sein sollen. Wir sagen, das steht im absoluten Gegensatz zum längeren gemeinsamen Lernen. Wir wollen ein integriertes Lernen und keine Fachleistungsdifferenzierung.

Ich unterstelle Ihnen, dass es kein Zufall ist, dass Sie diese Schule als Mittelschule starten lassen wollen, denn genau damit wird die Grundidee des längeren gemeinsamen Lernens untergraben. Gerade die gymnasialinteressierten Eltern entscheiden sich auf diese Art vielleicht nicht so leicht für eine Gemeinschaftsschule, die erst eine Mittelschule ist. Ich unterstelle Ihnen, dass das kein Zufall ist, sondern Sie genau auf diese Art und Weise die Idee untergraben wollen.

Es war eine schwere Entscheidung für meine Fraktion, die wir doch für einen flächendeckenden Einstieg in längeres gemeinsames Lernen stehen, ob man die Gemeinschaftsschule innerhalb eines CDU-geführten Kultusministeri

ums als Modellversuch unterstützen kann. Wir müssen feststellen: Dieses CDU-geführte Kultusministerium versucht auf der Arbeitsebene, was die Beratung und Auslegung von KMK-Richtlinien, die Unterstützung und die Beratung angeht, alles, um die Schulen zu verhindern. Sie brüskieren die SPD. Sie verunsichern die Partner. Wir sagen Ihnen, stehen Sie zu dem Modellversuch, denn sonst kann es geschehen, dass wir in einigen Jahren immer noch mit weniger oder zehn Schulen dastehen. Das wäre ein Ergebnis, mit dem sich sowohl der Kultusminister als auch die Koalition nicht sehen lassen können.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Bitte zum Schluss kommen.

Meine Kollegin Cornelia Falken wird auf diese Punkte noch näher eingehen.

Für uns ist deutlich: Die bildungspolitische Kaiserzeit hat noch kein Ende und wenn Sie, liebe Kollegen von der SPD, das nicht stärker einfordern, dann betrachten wir die Einführung der Gemeinschaftsschulen in Sachsen mit großer Sorge.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort. Herr Colditz, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in den letzten Monaten mehrfach über das Thema Gemeinschaftsschulen in diesem Hause diskutiert, ohne dass daraus neue Erkenntnisse erwachsen sind. Auch aus Ihrem Redebeitrag sind keine neuen Erkenntnisse erwachsen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion:... der CDU-Fraktion!)

Herr Kollege Porsch, ich finde es langsam unerträglich, dass wir Debatten, die wir dann noch aktuell nennen, zu einem Sachverhalt führen, zu dem eigentlich klare inhaltliche Vorgaben und Vorstellungen existieren.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Von wem?)

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Porsch! Sowohl im Koalitionsvertrag als auch in den gemeinsamen Leitlinien und Rahmenvereinbarungen haben sich die Koalitionsfraktionen auf die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen und auf deren Stellung im Schulsystem verständigt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sehen Sie!)

Auch noch so viele Debatten ändern daran nichts.

Eine vielleicht gewünschte Perspektive, die sich im Ersatz unseres doch an sich leistungsfähigen Schulsystems durch Gemeinschaftsschulen darstellt, wird es mit uns nicht geben, meine Damen und Herren.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte schön.

Herr Kollege Colditz, habe ich Sie jetzt recht verstanden, dass Sie mit Ihrer Äußerung kundgetan haben, dass, wenn sich die Koalition auf etwas geeinigt hat, die Opposition gefälligst den Mund zu halten hat und sich nicht mehr zu Wort melden braucht?

Kollege Porsch, selbstverständlich können Sie sich zu Wort melden. Ich muss Ihnen aber dabei sagen, dass Ihre Vorstellungen nicht unsere Vorstellungen sind.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Denunzieren Sie die Opposition nicht!)

Wir scheren uns einen feuchten Kehricht, Ihren Vorstellungen zu folgen. So einfach ist das.

Gemeinschaftsschulen, meine Damen und Herren, laufen als Schulversuche mindestens sechs Jahre und können bei belegbarem Erfolg dann weiterlaufen.

Frau Kollegin Bonk, dass Schulversuche quantitativ begrenzt sind, dass wir dort nur eine überschaubare Anzahl von Schulen einbeziehen, ist meines Erachtens seit 17 Jahren eine Selbstverständlichkeit und stellt sich auch im Zusammenhang mit Gemeinschaftsschulen nicht anders dar.

(Beifall der Abg. Rita Henke, CDU)

Damit, meine Damen und Herren, ist klargestellt, dass Gemeinschaftsschulen in das vorhandene Schulsystem integriert sind und dementsprechend letztlich auch vergleichbare Vorgaben des staatlichen Schulsystems erfüllen müssen.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Bitte, Frau Bonk.

Herr Kollege Colditz, weil Sie von Schulversuchen gesprochen haben: Stimmen Sie mir zu, dass üblicherweise an Schulversuchen zumindest zehn Schulen beteiligt sind und dass wir dies bislang unterschreiten und noch nicht einmal die Hälfte erreicht haben? Und wie sehen Sie die Perspektive für die nächsten Jahre?

Frau Kollegin Bonk, mit sechs Schulen sind wir schon nah an zehn dran. Ich habe nirgendwo gelesen, dass festgeschrieben ist, dass an einem Schulversuch zehn Schulen beteiligt sein müssen. Ich gehe bei der überschaubaren Zahl von sechs Schulen davon aus, dass das durchaus eine vernünftige Anzahl ist.

Was die Perspektive anbelangt, darüber lassen Sie uns reden, wenn wir die Ergebnisse dieses Modellversuches vorliegen haben. Dann können wir über Perspektiven sprechen.

Meine Damen und Herren! Die Vergleichbarkeit gilt insbesondere für die KMK-Vereinbarung hinsichtlich der Bildungsziele und auch der nationalen Bildungsstandards. Die Personalzuweisung richtet sich nach den aktuellen Schülerzahlen, die an den anderen Schulen ebenfalls gelten. Auch das ist klargestellt.

Die Bestimmungen des § 4a des Schulgesetzes gelten bezüglich der Schülerzahl und der Zügigkeit analog den Bestimmungen für Mittelschulen.

Klargestellt, meine Damen und Herren, ist außerdem, welche konzeptionellen Vorstellungen bei der Antragstellung durch die Schulträger zu erbringen sind. Diese Vorgaben sollen die Vergleichbarkeit, aber auch die Anschlussfähigkeit und die Abschlussorientierung der Gemeinschaftsschulen realisieren. Frau Kollegin Bonk, das hat nichts mit dem Aufbau von Hürden zu tun. Das ist ganz einfach eine Notwendigkeit im Sinne der Schüler, die an diesen Schulen beschult werden.

Gerade hinsichtlich dieser konzeptionellen Forderungen, meine Damen und Herren, entsteht aber oft Konfliktpotenzial, weil gesetzte Vorgaben durch die Antragsteller eben nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Schließlich sind gerade an diesem Punkt Antragstellungen in der jüngeren Zeit auch gescheitert. Ich verweise nur auf das Problem in Pieschen; Kollege Rohwer wird darauf noch inhaltlich eingehen. Es kann meines Erachtens nicht sein, dass auf der Grundlage eines unzureichenden Konzeptes jetzt gewissermaßen die Genehmigung erzwungen werden soll. Das kann nicht der richtige Weg der Verständigung sein.

Meine Damen und Herren! Mit diesen Vorgaben ist die Stellung der Gemeinschaftsschule genauso wie deren Perspektive im Schulsystem klargestellt. Diskussionsbedarf kann sich nur dann ergeben, wenn man mit der Einrichtung dieser Angebote eine generelle Neustrukturierung unserer Schullandschaft anstrebt. Das ist aber mit uns auch in Ansätzen so nicht zu machen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Bitte.