1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Regelung der Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte der Seniorinnen und Senioren am gesellschaftlichen Leben im Freistaat Sachsen (Sächsisches Seniorenmitwirkungsgesetz)
Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen, daher spricht nur die einreichende Linksfraktion. Herr Abg. Dr. Pellmann, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst eine Vorbemerkung. Ich bin sehr erfreut darüber, dass sich der Saal gerade bei diesem Gesetz langsam füllt. Ich bin auch sehr erfreut über die Mobilität der Abgeordneten und die Bewegung im Saal – aus dem einfachen Grund, weil es mir erleichtert, die Brücke zu bauen. Ich wünsche mir diese Bewegung und diese Mobilität auch für unsere älteren Menschen in Sachsen.
Zu unserem Gesetz selbst. Zunächst zur Vorgeschichte: Im Jahre 2001 hatte der Bundesvorstand der Volkssolidarität die Bitte an die damalige Bundesregierung geäußert, für die Bundesrepublik Deutschland ein Seniorenmitwirkungsgesetz zu verabschieden. Die damalige Bundesregierung hat dieses Ansinnen der Volkssolidarität durchaus nicht abschlägig beschieden. Passiert ist dennoch nichts; und auch die neue Bundesregierung, die inzwischen bekanntlich so neu nicht mehr ist, hat sich bis jetzt noch nicht zu diesem wichtigen Problem geäußert.
Deshalb war zu überlegen, ob – so wichtig es wäre – es nur um eine bundesgesetzliche Regelung gehen kann oder ob es nicht auch möglich wäre, ein solches Gesetz auf Landesebene zu erarbeiten und dann möglichst zu verabschieden. Dabei kam uns das Bundesland Berlin zuvor – es war einmal vor Sachsen; das soll selten sein, aber es kommt eben vor. Berlin hat vor Jahresfrist genau ein solches Gesetz verabschiedet, was uns dann letztlich in unseren eigenen Bestrebungen, einen solchen Entwurf vorzulegen, bestärkt hat.
Die Erarbeitungsphase war durchaus nicht so, wie man es vielleicht bei manchem Gesetz gern hätte: Juristen werden am Schreibtisch beauftragt, etwas vorzulegen. Wir haben im September vergangenen Jahres Seniorenverbände, Wohlfahrtsverbände und Vertreter von Gewerkschaften in die Fraktion eingeladen und dort sozusagen den Auftakt gegeben. Bereits damals kam eine Reihe von Vorschlägen. Wir haben dann den ersten Entwurf dieses Gesetzes an 100 Interessenvertretungen des Freistaates Sachsen versandt, und ich muss Ihnen sagen – das mag bereits ein Vorgriff auf die künftige Debatte sein –: Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Gesetz, welches ich Ihnen heute einbringen darf, das die „Basis“ älterer Menschen geschrieben hat;
denn immerhin gingen bei uns seit Dezember vergangenen Jahres Stellungnahmen von 50 Vertretungen von Senioren, von Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbänden ein. Diese 50 Stellungnahmen beinhalteten weit über 200 Vorschläge, sodass man mit Fug und Recht behaupten kann: Es ist ein Gesetz aus einer Bewegung heraus entstanden.
Welche Ziele verfolgen wir? Sachsen ist bekanntlich jenes Land mit der bereits heute ältesten Durchschnittsbevölkerung. Es besteht hier also – möglicherweise noch vor allen anderen Bundesländern – die Notwendigkeit, uns genau darauf einzustellen; und wir waren der Meinung, es genügt nicht, wenn man das in vielen Appellen fast täglich wiederholt, sondern wir sollten in dieser Richtung etwas gesetzlich bewirken. Es geht darum, dass wir mit diesem Gesetzentwurf die Rahmenbedingungen für das selbstbestimmte Wirken älterer Menschen im Freistaat verbessern und einheitlicher gestalten wollen. Wenn ich sage „Interessenvertretung“, dann meine ich nicht in erster Linie, dass Seniorinnen und Senioren im Freistaat etwa Sonderrechte für sich in Anspruch nehmen würden oder wollten. Nein, sie wollen gleichberechtigt und gleichrangig am gesellschaftlichen Leben teilnehmen; aber sie wollen ihre Interessen auch durchsetzen. Ich darf Sie auf ein Stichwort aufmerksam machen: Es ist schon nötig, dass sich ältere Menschen auch wehren; denn wir wissen: Wenn die Politik so weiter betrieben wird, wird mindestens ein Viertel der älteren Menschen 2020 in Altersarmut sein; und dagegen muss man sich wehren.
Wir wollen selbstverständlich mit unserem Entwurf nicht alles neu schreiben. Wir wollen auch an Bewährtes anknüpfen und nicht etwa etwas abschaffen. Lassen Sie mich deswegen auf einige wenige Inhalte und Splitter eingehen. Wir haben im Entwurf verankert, dass es in den Landkreisen und den dann noch verbliebenen kreisfreien Städten Seniorenvertretungen geben muss
und dies nicht dem Gutdünken der Vertretungen vor Ort allein überlassen werden kann. Genau darin bestärken uns alle Stellungnahmen.
Das Nächste, das wir gern geregelt haben wollen: Wir meinen, dass es in den kreisangehörigen Gemeinden Seniorenvertretungen geben kann, die – selbstverständlich dann mit Beratungsrecht – an den Sitzungen der Gemeindevertretungen und deren Ausschüssen teilnehmen.
Wir wollen auch auf Landesebene nicht etwa die zwei Gremien abschaffen, die es gegenwärtig gibt; aber wir wollen sie klarer regeln.
Das erste Gremium, die Landesseniorenvertretung, soll in erster Linie aus entsandten Vertretern der Seniorenvertretungen der kreisfreien Städte und der dann größeren Landkreise bestehen. Auch der Seniorenbeirat soll selbstverständlich weiter bestehen; aber es soll deutlicher geregelt werden, wer dort Mitglied wird. Es soll sozusagen ein Expertengremium in eigener Sache sein.
Zu den Seniorenbeauftragten: Hier haben wir eine „Steigerung“. In den Gemeinden kann es Seniorenbeauftragte geben, in den Kreisen soll es sie geben, und auf Landesebene muss es sie geben.
Außerdem sind wir – das wird Sie vielleicht nicht überraschen – mit der gegenwärtigen Lösung, dass es einen Seniorenbeauftragten bei der Sozialministerin gab oder gibt – das war nicht mehr so genau zu entnehmen –, nicht einverstanden.
Wir meinen, das Ziel, dass ältere Menschen ihre Interessen auf Landesebene mehr artikulieren müssen, gebietet es geradezu, den Landesseniorenbeauftragten, wenn wir ihn künftig haben werden, durch den Landtag zu wählen und ihn beim Landtag anzusiedeln. Demzufolge wollen wir, meine Damen und Herren – vielleicht ist schon jemand bereit, für diese Funktion zu kandidieren –, dass die oder der Landesseniorenbeauftragte ein Mitglied des Landtages ist.
Damit würden wir ein angemessenes Zeichen setzen und die Notwendigkeit deutlicher artikulieren, dass mehr für ältere Menschen und deren Interessenvertretung auch auf Landesebene getan werden muss.
Im Übrigen, meine sehr verehrten Damen und Herren, wünsche ich mir in den nächsten Wochen und Monaten zu unserem Gesetzentwurf eine angeregte Debatte. Ich schließe mit der Bemerkung: Ich erwarte, dass dieser Gesetzentwurf dann auch angenommen wird. Für Veränderungswünsche und Vorschläge sind wir dankbar, aber der Gesetzentwurf sollte schon deshalb angenommen werden – damit kehre ich zum Ausgangspunkt zurück –, weil er aus der Feder von Dutzenden von Seniorenvertretungen des Freistaates Sachsen stammt und nicht nur aus unserem geistigen Horizont erwachsen ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zur Regelung der Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte der Seniorinnen und Senioren am gesellschaftlichen Leben im Freistaat Sachsen an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend – federführend –, an den Innenausschuss und an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Wer dem Vorschlag der Überweisung an diese Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist das einstimmig so beschlossen und der Tagesordnungspunkt 15 beendet.
Bewertung gemäß § 44 Abs. 7 des Gesetzes über die Wahlen zum Sächsischen Landtag in Verbindung mit § 1 Abs. 7 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Sächsischen Landtags
Meine Damen und Herren, die Behandlung der Drucksache 4/9167 erfordert gemäß § 44 Abs. 3 Satz 5 des Gesetzes über die Wahlen zum Sächsischen Landtag und gemäß § 1 Abs. 3 Satz 5 des Abgeordnetengesetzes den Ausschluss der Öffentlichkeit.
Die Öffentlichkeit kann gemäß § 77 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Antrag von mindestens zwölf Mitgliedern des Landtages mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder des Landtags ausgeschlossen werden. Ein entsprechender Antrag der Abgeordneten Dr. Fritz Hähle, Prof. Dr. Cornelius Weiss, Holger Zastrow und Antje Hermenau sowie anderer liegt in der Drucksache 4/9304 vor.
Zur weiteren Behandlung des Antrages auf Ausschluss der Öffentlichkeit muss ich gemäß Artikel 48 der Verfassung und gemäß § 77 Abs. 2 der Geschäftsordnung die Öffent
lichkeit bitten, den Saal zu verlassen. Im Saal dürfen nur die Mitglieder des Landtags, die Mitglieder der Staatsregierung und die für den ordnungsgemäßen Verlauf der Sitzung notwendigen Mitarbeiter der Landtagsverwaltung verbleiben. Das sind in dem Falle Herr Dr. Metz, Direktor, Herr Gey, Abteilungsleiter P kommissarisch, Herr Meinel, Referatsleiter PD 2, Herr Rittner, Bote ZD 4, und Herr Kleppsch, Technischer Mitarbeiter ZD 4.
Meine Damen und Herren, ich bitte jetzt um etwas Geduld, damit die Personen, die an dieser nicht öffentlichen Sitzung nicht teilnehmen dürfen, den Saal verlassen. Das betrifft auch den MDR. Das dauert etwa fünf Minuten. Ich bitte um etwas Geduld.
(Das Protokoll des nicht öffentlichen Teils der Sitzung wird gesondert vervielfältigt und verteilt.)
Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie darüber informieren, dass der Sächsische Landtag in nicht öffentlicher Sitzung folgenden Beschluss gefasst hat: Der Beschlussempfehlung des Bewertungsausschusses in der Drucksache 4/9167 wurde zugestimmt. – Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.
Die Tagesordnung der 83. Sitzung des 4. Sächsischen Landtages ist abgearbeitet. Das Präsidium hat den Termin für die 84. Sitzung auf morgen, Donnerstag, den 5. Juli 2007, 10:00 Uhr, festgelegt. Die Einladung und die Tagesordnung dazu liegen Ihnen vor. – Die 83. Sitzung ist damit geschlossen.