Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf 1. Gesetz zum Bürokratieabbau im Freistaat Sachsen – Begrenzung kommunaler Baumschutzsatzungen an den Innenausschuss – federführend – und an den Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft zu überweisen. Wer dem Vorschlag der Überweisung an diese Zuschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Überweisung beschlossen und wir beenden den Tagesordnungspunkt 12.
Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Es spricht daher nur die Einreicherin. Herr Abg. Lichdi, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir stellen Ihnen heute einen Gesetzentwurf zur Änderung des § 59 des Sächsischen Wassergesetzes vor, in dem es um die Wasserversorgung der Kommunen geht.
§ 59 regelt in Ausführung der bundesrechtlichen Rahmenvorschrift des § 1a Abs. 3 des Wasserhaushaltsgesetzes den Vorrang der ortsnahen Wasserversorgung vor der Fernwasserversorgung. Mir ist es sehr wichtig, auf diesen Punkt hinzuweisen. Es gibt einen bundesrechtlich vorgegebenen Vorrang der ortsnahen Wasserversorgung, an den wir uns dringend zu halten haben.
Warum besteht der Grundsatz der ortsnahen Wasserversorgung? Diese ist im Grundsatz zuverlässiger und sicherer. Der Grundsatz der Ortsnähe dient zugleich dem verantwortungsvollen Umgang mit örtlichen Wasserressourcen. Wenn die Versorgung ortsnah erfolgt, besteht auch ein örtliches Interesse am Schutz des örtlichen Wasserdargebots in Qualität und Quantität. Daher ist eine ortsnahe Wasserversorgung so zu verstehen, dass zunächst die Wasserressourcen der Umgebung für die Versorgung der Bevölkerung zu nutzen sind. Eine Nutzung weiter entfernter Wasservorkommen kommt nur dann und so weit in Betracht, wie eine ortsnähere Versorgung qualitativ und quantitativ nicht ausreicht.
Das Regel-Ausnahme-Verhältnis mündet in einem Optimierungsgebot im Sinne einer möglichst ortsnahen Versorgung. Eine mögliche oder mit zumutbarem Aufwand wiederherstellbare Ortsnähe der Wasserversorgung begrenzt aufgrund des Schutzes ökologischer Ressourcen auch die Berücksichtigung wirtschaftlicher Faktoren.
Es besteht kein Zweifel am Bestehen dieser Grundsätze. Wenn dies aber so ist, dann muss der Staat sich auch die Handlungsmöglichkeiten verschaffen, um sie wirksam durchzusetzen. Genau dies bezweckt unser Gesetzentwurf, der die im Jahr 2004 gestrichene Anzeige- und Genehmigungspflicht wieder einführt. Regelungsbedarf ergibt sich aus der Notwendigkeit der überörtlichen Koordination, wenn sich der Träger der Wasserversorgung gegen eine ortsnahe Versorgung entscheiden möchte.
Anlass für diesen Gesetzentwurf sind die Pläne der Stadtwerke Chemnitz, eine Wasserleitung für circa 38 Millionen Euro nach Tschechien zu bauen. Zwar wird jetzt in Chemnitz beschwichtigt, es ginge nur um Prüfungen, nichts sei entschieden, die Wasserleitung würde privat finanziert.
Auf die entscheidende Frage der GRÜNEN-Stadträtin Giegengack in der Stadtratssitzung, ob und wie denn die Kosten auf die Chemnitzer Bürgerinnen und Bürger umgelegt werden würden, antwortete Herr Barthel von den Stadtwerken Chemnitz nicht. Ansonsten höre ich durchaus sehr merkwürdige Argumente. Herr Langer von der PDS meint, die Privatisierung von Wasser sei normal in der Marktwirtschaft, und begibt sich damit in Gegensatz zum Chemnitzer PDS-Abgeordneten Zais. Frau
OB Ludwig meint, dass sich nur die FDP sachkundig gemacht habe. – Ausgerechnet! Nicht sachkundig waren also ihrer Ansicht nach in der letzten Landtagsdebatte nicht nur meine Wenigkeit, sondern auch Prof. Mannsfeld von der CDU, Herr Staatsminister Tillich und die Parteigenossin von Frau Ludwig, Frau Dr. Deicke, die mit uns in der Einschätzung übereinstimmen, dass die Leitungspläne der Stadtwerke nicht nur aus der Sicht des Landes, sondern auch aus Sicht der Chemnitzer Bürgerinnen und Bürger ein totales Sinnlosprojekt sind.
Ich bin gespannt, ob es der PDS und der SPD gelingt, ihre internen Meinungsverschiedenheiten beizulegen. Wir haben den Eindruck, die Verantwortungsträger in Chemnitz beschwichtigen und betreiben den Bau der Wasserleitung weiter. Daher besteht Handlungsbedarf, um dem Freistaat die Werkzeuge in die Hand zu geben, dieses Projekt und damit nutzlose und kostentreibende Sinnlosinvestitionen zu verhindern. Vor dem Hintergrund des Grundsatzes der ortsnäheren Wasserversorgung ist die Fernwasserversorgung oder genauer gesagt eine ortsfernere Wasserversorgung eine im Einzelfall begründungspflichtige Ausnahme.
Unser Gesetzentwurf ist gegenüber der geltenden Fassung gestrafft und auf die wesentlichen Gesichtspunkte der Versorgungssicherheit, der Wirtschaftlichkeit und des Ressourcenschutzes beschränkt. § 59 Satz 2 Nr. 1 unseres Entwurfs hält an dem Grundsatz fest, dass eine örtliche oder bestehende überörtliche Versorgung nur durch Fernwasserbezug ergänzt werden darf, wenn ein ortsnäherer Wasserbezug qualitativ oder quantitativ nicht ausreicht, um die Versorgung der Bevölkerung und der Unternehmen wirtschaftlich zu gewährleisten. Die Regelung greift damit einen Vorschlag der Staatsregierung auf, auch bestehende wirtschaftliche Fernwasserbezugssysteme zu schützen.
Nummer 2 erlaubt den Ausgleich des Mangels einer ausreichenden ortsnäheren Versorgung unter zwei Voraussetzungen: Zum einen muss die ortsfernere Versorgung sicher sein und zum Zweiten hat der Träger nachzuweisen, dass die ortsfernere Versorgung auch unter Berücksichtigung einer zumutbaren Wiederherstellung ortsnäherer Wasservorkommen wirtschaftlicher ist. Zum Dritten darf die Versorgung aus ortsferneren Quellen nicht zu einer Beeinträchtigung des Natur- und Wasserhaushaltes im zusätzlichen Herkunftsgebiet führen.
Nummer 3 legt den allgemeinen Grundsatz der jeweils ortsnäheren Versorgung aus der Sicht eines Schutzes ökologischer Ressourcen fest. Auf eine ortsfernere Versorgung darf erst übergegangen werden, wenn auf der ortsnäheren Stufe eine Beeinträchtigung des Natur- und Wasserhaushaltes zu besorgen wäre, die nicht durch wirtschaftlich zumutbare Anstrengungen zur Wiederherstellung und Reinhaltung der Wasserkörper beseitigt werden könnte.
Wirtschaftliche Zumutbarkeit der Wiederherstellung ist dann anzunehmen, wenn die ortsnähere Versorgung aus wiederhergestellten Wasserkörpern langfristig genauso
wirtschaftlich ist wie die zulässig angestrebte ortsfernere Versorgung. Die Regelung nimmt damit den Gedanken einer Verknüpfung zwischen Zulässigkeit der Fernwasserversorgung und Sanierung auf, der bereits im Gesetzentwurf der SPD-Fraktion in der 1. Legislaturperiode verfolgt worden war.
Stichwort Deregulierung: Diese Sach- und Rechtsmaterie hat exemplarische Bedeutung über den Einzelfall hinaus. Sie illustriert nämlich die Haltlosigkeit einer populistischen Bürokratie- und Deregulierungsdebatte, wie sie seit Jahren von interessierter Seite geführt wird – leider auch vom Justizminister.
Der Fall des § 59 Sächsisches Wassergesetz zeigt, dass die vorschnelle Abschaffung von Anzeige- und Genehmigungserfordernissen im Jahre 2004 heute revidiert werden muss. Die Koalitionsfraktionen sind sich mit uns in dieser Grundeinschätzung einig, sonst hätten sie nicht einen Tag nach uns einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt, der im Anschluss an meine Rede vorgestellt wird. Dieser Fall zeigt, dass die Anzeige- und Genehmigungsvorbehalte in der Regel sehr gut mit der Durchsetzung von Allgemeinwohlinteressen begründet sind
es ist sehr laut! – und dass Deregulierung durch Abschaffung von Genehmigungsvorbehalten sehr oft nichts anderes als den Verzicht auf die Wahrnehmung und Durchsetzung von Allgemeinwohlinteressen bedeutet. Dieser Fall zeigt auch, dass die Abschaffung von Genehmigungsvorbehalten zugleich dem finanziell und wirtschaftlich Starken Macht zulasten des Schwachen verschafft, der Staat also seine Schutzfunktion zugunsten der Schwachen aufgibt. Stattdessen geht es nicht um platte Deregulierung, sondern um gute Regulierung. Gute Regulierung bedeutet die Herausarbeitung und klare Benennung der maßgeblichen Gesichtspunkte. Gute Regulierung bedeutet die Formulierung klarer Entscheidungskriterien und eines klaren Entscheidungsprogramms für die Verwaltung.
Wir glauben, dass wir mit unserem Gesetzentwurf diesem Anspruch besser gerecht geworden sind als der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen, der gleich vorgestellt wird. Insbesondere glauben wir, dass die Koalitionsfraktionen den Schutz bestehender Fernwasserversorgungssysteme zu weit treiben, ohne sie zugleich an den Grundsatz der ortsnäheren Wasserversorgung zurückzubinden. Zudem erscheint unsere gesetzestechnische Verschränkung zwischen verfahrensrechtlichen und materiellrechtlichen Anforderungen eleganter und schlanker. Wir kommen mit wesentlich weniger Gesetzestext aus als die Koalitionsfraktionen. Das ist doch auch ein Ziel der Deregulierung.
Drittes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Wassergesetzes, Drucksache 4/9256, an den Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft zu überweisen. Wer dem Vorschlag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Gegenstimmen,
keine Stimmenthaltungen. Damit ist die Überweisung so beschlossen worden. Wir beenden den Tagesordnungspunkt 13.
Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums für eine allgemeine Aussprache vor. Es sprechen deshalb nur die Einreicherinnen, CDU und SPD. Für die CDU-Fraktion erhält Herr Abg. Heinz das Wort. Bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Sächsischen Wassergesetzes kann als konsequente Fortführung unserer Politik in Umsetzung des Antrages Fernwasserversorgung im Freistaat Sachsen verstanden werden.
Nach ausführlicher Debatte wurde dieser Antrag im MaiPlenum mit großer Mehrheit beschlossen. Im Gegensatz zur Einreicherin des vorhergehenden Antrages haben die Koalitionsfraktionen von Anfang an auf eine gesetzliche Regelung gebaut. In der bereits erwähnten Debatte im Mai-Plenum hat Herr Lichdi zu unserem Antrag noch behauptet – ich zitiere –: „Aber leider sind Thema und Zielrichtung Ihres Antrages nicht geeignet, das vorliegende Problem zu lösen.“
Nun liegt ein Gesetzentwurf der GRÜNEN vor, der ebenfalls das Anliegen unseres Antrages umsetzen will. Ich freue mich, dass Sie in diesem speziellen Fall so schnell gelernt haben.
Lassen Sie mich kurz auf unseren Gesetzentwurf zurückkommen. Nach Eingang der Stellungnahme der Staatsregierung haben sich die Koalitionsfraktionen sehr schnell auf eine Neuregelung des § 59 in der vorliegenden Form geeinigt. Danach soll die höhere Wasserbehörde ein Instrumentarium in die Hand bekommen, welches Fehlentwicklungen im Bereich der Wasserversorgung und insbesondere im Bereich Fernwasser verhindert. Dabei steht außer Zweifel, dass die Fernwasserversorgung in einzelnen Regionen des Freistaates sein muss. Das bedeutet vor allem, wenn man die Versorgung in einem Verbund organisiert, die besondere Verantwortung jedes einzelnen Mitglieds.
Mit dem Gesetzentwurf wird der Grundsatz des Vorrangs der ortsnahen Wasserversorgung deutlicher als bisher festgeschrieben und konkretisiert. Gleichzeitig enthält das Gesetz zwingende Versagungsgründe für den Bezug von Wasser aus nicht ortsnahen Wasservorkommen und setzt so § 1a Abs. 3 des Wasserhaushaltsgesetzes um.
Ziel ist, wie bereits mehrfach dargestellt, der Erhalt und die Sicherung der bestehenden ortsnahen Wasserversorgung im Freistaat, gleichzeitig aber auch der Erhalt der bestehenden Verbundsysteme, die aus Fernwasser gespeist werden. Ein geplanter neuer oder erweiterter Fernwasserbezug ist nach unserem Vorschlag dann zwingend durch die höhere Wasserbehörde zu versagen, wenn der Fernwasserbezug von einem bereits bestehenden Verbundsystem geboten und zumutbar ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn dadurch der dauerhafte wirtschaftliche Betrieb eines bestehenden Fernwasserverbundsystems im Interesse des Allgemeinwohles gesichert wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, so weit in aller Kürze zu unserem Änderungsgesetz. Ich freue mich auf eine interessante Diskussion im Ausschuss und bitte um Zustimmung zu den vorgeschlagenen Überweisungen.
Wir werden nun überprüfen, ob zugestimmt wird. – Das Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren, schlägt Ihnen vor, auch diesen Entwurf Drittes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Wassergesetzes an den Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft zu überweisen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Niemand. Wer enthält sich der Stimme? – Auch niemand. Damit ist die Überweisung beschlossen. – Wir beenden den Tagesordnungspunkt 14.