Protocol of the Session on June 7, 2007

die Debatte um die landespolitische Bilanz – ob wir eine gute Bilanz vorweisen können oder nicht oder ob diese, wie die Opposition sagt, mager ist – müssten nicht geführt werden. Prof. Porsch, das Einzige, was hier mager war, war Ihre Rede.

(Beifall bei der CDU)

Was wir seit dem 3. Oktober 1990 erreichen konnten, ist ein Ergebnis der politischen Veränderung, deren Samen zuvor gelegt worden waren.

(Zurufe der Abg. Dr. André Hahn und Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Genau genommen ist der Grundstein bereits mit der Annahme des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland gelegt worden. – Das gehört alles zur Regierungserklärung.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Halbzeitbilanz! – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Was ich sage, gehört zur Erwiderung auf die Rede meines Vorredners – –

Meine Damen und Herren, ich darf doch wohl um mehr Aufmerksamkeit bitten!

Ich will nicht weiter darauf eingehen, wenn Sie das so reizt, sondern zurückkehren in die Niederungen, die wir die Mühen der Ebenen nennen, die Sie nicht bereit sind mitzutragen. Hier gilt fleißige und beharrliche Arbeit, gepaart mit Weitsicht; denn nach wie vor gilt: Was der Mensch sät, das wird er ernten. Dass der Ministerpräsident in eindrucksvoller Weise auf die Erfolge hinweisen konnte, hängt damit zusammen, dass jetzt die Früchte reifen, deren Samen vor Jahren in die Erde gelegt wurden.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Ernten, um zu säen!)

Ich als einer, der von Anfang an mit dabei war und die meisten Debatten hier im Landtag miterlebt hat, weiß, wie uns immer wieder eingeredet werden sollte – auch immer von der linken Seite –, einen Teil des Saatgutes doch sofort zu verspeisen. Wir haben diesen Verlockungen weitgehend widerstanden.

(Zurufe von der Linksfraktion.PDS und des Abg. Dr. Jürgen Martens, FDP)

Nicht allen, aber wir waren keine Schönwettersegler, Herr Martens, wir haben uns auch in heftigen Stürmen bewährt. Wenn wir jetzt über schönes Wetter reden können, dann ist das ein Ergebnis der Arbeit, die wir damals unter schwierigen Bedingungen geleistet haben.

(Beifall bei der CDU)

Es hat sich ausgezahlt. Die Staatsfinanzen sind der unwiderlegbare Beweis dafür. Auch wenn man hier noch so tobt und sich noch so sehr ärgert, wenn es in Sachsen vorwärtsgeht: Die Menschen im Lande sehen die Dinge weitgehend realistisch.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Das werden wir bei den Wahlen sehen! – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Wir sind jedes Mal besser geworden!)

Das sagen Sie jedes Mal. Wir sind heute in der Lage, manches zu finanzieren, wozu andere Länder wegen hoher Zinslasten nicht in der Lage sind. Wir haben damit begonnen, Vorsorge zu treffen, damit wir auch für die

Zukunft gerüstet sind. Das ist der Samen, der wiederum in etlichen Jahren aufgehen und Früchte tragen wird.

Das Prinzip, meine Damen und Herren, ist nicht neu. Schon im Alten Testament ist die Geschichte von Joseph zu lesen, der als Sklave nach Ägypten verkauft wurde, dort aber zu hohen Ehren als Verwalter kam und in sieben fetten Jahren einen Teil des Getreides in staatliche Speicher bringen ließ.

(Zuruf der Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS, und Karl Nolle, SPD)

So hatte das Land in den mageren Jahren, Herr Nolle, genügend zu essen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Es konnte sogar noch Getreide an die Völker ringsum verkauft werden. – Ja, ich war etwas herausgefordert durch Ihren Zwischenruf, hatte ihn aber nicht verstanden. Ich bitte um Verzeihung.

(Karl Nolle, SPD: Ich hatte gesagt, Narren soll man nicht auf Eier setzen!)

Dann merken Sie sich das nur; ich weiß nicht, worauf Sie sitzen.

(Beifall bei der CDU)

Wir sagen, es kommt immer darauf an, an die Zukunft zu denken und an die Chancen künftiger Generationen, nicht nur an jetzt und heute und an sich selbst. Wenn wir schon einmal bei der Bibel sind – ich weiß, es ärgert manchen etwas –, dann erlaube ich mir an eine Geschichte aus dem Neuen Testament zu erinnern. Da gab es auch einen reichen Kornbauern, der sich Scheunen bauen ließ und Getreide im Überfluss speicherte. Sein Motiv war jedoch ein anderes. Er sagte sich, jetzt hat meine Seele Ruhe auf viele Jahre und ich kann es mir wohlgehen lassen.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Wegen einer einmaligen guten Ernte wollte er seine Aktivitäten einstellen. Heute würden wir sagen: wegen kurzzeitig sprudelnder Steuerquellen. In dem biblischen Gleichnis sagte Gott zu dem reichen Kornbauern: Du Narr – jetzt haben wir es wieder – und kündigte an, dass sein Leben bald zu Ende gehen würde. – So weit will ich mich jetzt nicht versteigen.

(Heiterkeit bei der CDU – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Das soll heißen, es kommt nicht nur auf materielle Werte an.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Er soll was für die Armen tun!)

Ich will die religiöse Ebene nicht überstrapazieren,

Herr Lichdi, bitte nehmen Sie sich etwas zurück!

um den Widerspruch der Atheisten nicht allzu sehr herauszufordern. Es ist laut genug, was mich allerdings auch nicht beirren sollte, zu meinen Wurzeln und zu meiner Überzeugung zu stehen – und wenn Sie noch so schreien.

(Beifall bei der CDU)

Wer damit nichts anfangen kann oder will, dem empfehle ich das Buch von Michael Opoczynski, dem Moderator und Chefredakteur der ZDF-Sendung „WISO – Wirtschaft und Soziales“, mit dem Titel „Wunderland ist abgebrannt – Wie wir noch zu retten sind“. Das Buch beginnt mit einer bemerkenswerten Schilderung der Spaltung unserer Gesellschaft, deren Ursache in einem höchst unterschiedlichen Bildungsniveau der Bevölkerung zu suchen ist, gesamtdeutsch gesehen. Ich höre schon den Aufschrei – jetzt schreien Sie gerade nicht auf, aber Sie sollten es. Ich habe es vermutet.

(Heiterkeit bei der CDU – Zurufe der Abg. Andrea Roth und Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Sie müssten jetzt eigentlich sagen: Das haben wir schon immer gesagt. Ich hätte geantwortet: Ja, wir aber auch. Festzuhalten ist auf jeden Fall: Unser zweigliedriges Schulsystem hat es immerhin geschafft, dass in Sachsen der Bildungserfolg weit weniger von der sozialen Herkunft abhängig ist als in anderen deutschen Ländern.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Was nicht heißt, dass nicht noch viel zu tun wäre.

Dass wir den Schwerpunkt auf frühkindliche Bildung und verstärkte Anstrengungen in der Grundschule gelegt haben, ist auf jeden Fall richtig. Auch das wird sich auszahlen, wiederum nicht gleich heute, aber sehr wohl in einigen Jahren. Die Gegenwart bestimmt die Zukunft.

Da in der Gegenwart viel zu wenige Kinder geboren werden, wird die Zukunft zunehmend auch von den Älteren mitbestimmt werden. Es ist deshalb richtig, sich darauf einzustellen, ohne freilich die Bemühungen aufzugeben, jungen Familien Mut zu Kindern zu machen und die Bedingungen dafür weiter zu verbessern. Bis hier eine Trendwende eintritt und die Auswirkungen zu spüren sein werden – diese Zuversicht haben wir –, vergehen wiederum etliche Jahre, in denen wir das gestiegene Leistungsvermögen und den Leistungswillen der Älteren nutzen müssen und auch nutzen können.

Trotzdem wird sich die Arbeitswelt wie die Unternehmenswelt weiter verändern. Der technologische Fortschritt lässt sich ebenso wenig aufhalten wie die immer perfekter werdende internationale Arbeitsteilung. Hohe Löhne im Inland bei gleichzeitigem Anspruch auf billige Waren aus dem Ausland ist eine Gleichung, die nicht aufgeht. Immer mehr Menschen leben deshalb von staatlichen Transferleistungen, die im Wesentlichen von dem Drittel der Bevölkerung aufgebracht werden muss, das einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgeht.

Immer deutlicher wird, dass der Staat nicht alles leisten kann, weil er ja nur das verteilen kann, was er über Steuern und Abgaben einnimmt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Er verzichtet auf zu viele Einnahmen!)

Der größte Posten im Bundeshaushalt waren im Jahr 2006 mit 135 Milliarden Euro die Sozialausgaben. Das ist mehr als die Hälfte des Bundeshaushaltes von 260 Milliarden Euro. Das, meine Damen und Herren, gehört auch zum Einkommen der Bevölkerung. Das wird leider viel zu wenig wahrgenommen.

Der zweitgrößte Ausgabenblock sind die Zinsen mit 38 Milliarden Euro. Das ist ein knappes Drittel des Bundeshaushaltes. Das sind die Auswirkungen dessen, was in der Vergangenheit auf Kosten künftiger Generationen bereits verfrühstückt worden ist.

Die Verschuldung des deutschen Staates wächst trotz derzeit höherer Steuereinnahmen weiter.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Und warum senken wir die Körperschaftsteuer?)