Protocol of the Session on May 9, 2007

zung mit dem Thema wichtig, auch um klarzustellen, wo die Steuerpflichtigkeit der Aufwandsentschädigung des Friedensrichters beginnt und wo ihre Grenzen sind.

Im Sächsischen Schiedsstellengesetz ist bisher neben der Reisekostenerstattung und dem Auslagenersatz geregelt, dass die Entschädigung der Friedensrichter durch Satzung nach § 21 Abs. 1 der Sächsischen Gemeindeordnung zu regeln ist. Es handelt sich insoweit um eine gemeindliche Aufgabe; die Verantwortung liegt bei der Gemeinde. Danach kann bestimmt werden, dass eine Entschädigung für den Zeitaufwand gewährt wird, falls ein Verdienstausfall entsteht. Die aufgrund einer solchen Satzungsbestimmung gezahlte Entschädigung ist im Sinne der entsprechenden Regelungen des Einkommensteuergesetzes nicht steuerfrei. Als steuerfreie Einnahmen gelten nämlich nur Beträge, die dazu bestimmt sind, Aufwendungen abzugelten, die steuerlich als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar wären. Dies gilt demnach nicht bei Entschädigungen für den Zeitaufwand.

Der neue Verweis auf § 21 Abs. 2 der Sächsischen Gemeindeordnung soll nunmehr klarstellen, dass auch eine pauschale Aufwandsentschädigung gezahlt werden kann. Bei aufgrund von Gesetzen gezahlten Pauschalen kann ein Drittel der Pauschale bzw. ein Betrag von 154 Euro als steuerfreier Anteil angenommen werden. Sofern diese pauschale Aufwandsentschädigung nicht über 154 Euro im Monat liegt, wäre sie damit im vollen Umfang steuerfrei. Ich hoffe für die Friedensrichter, dass sich diese Neuregelung insgesamt als vorteilhaft erweisen wird.

Friedensrichter muss auch werden können – das möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich betonen –, wer arbeitslos oder Hartz-IV-Empfänger ist, ohne dass diese Bürger finanziell benachteiligt oder aus dem gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt werden.

Genauso setze ich darauf, dass die Entschädigung der Friedensrichter in der Praxis nicht generell und von vornherein von den zuständigen sächsischen Landes- oder damit beauftragten kommunalen Behörden auf eventuelle SGB-II-Mittel angerechnet wird. Diese Anrechnung ist auch gesetzlich so nicht vorgesehen. Nach Sozialgesetzbuch II sind Einkünfte wie die Entschädigung der Friedensrichter nicht auf das Arbeitslosengeld II anzurechnen – das möchte ich ausdrücklich betonen –, soweit sie einem anderen Zweck als diese Leistungen dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach SGB II nicht gerechtfertigt wären. Nach den einschlägigen Ausführungsbestimmungen ist diese Prüfung entbehrlich, wenn die Einnahmen einen Betrag in Höhe einer halben monatlichen Regelleistung und damit 172,50 Euro nicht übersteigen. Das entspräche dem, was einem Hartz-IV-Empfänger zusteht und nicht weggenommen werden darf. Aber auch wenn die Mittel über den hälftigen Regelleistungen liegen, muss noch eine Prüfung erfolgen. Diese Position wurde auch von der Staatsregierung in der Diskussion zum Gesetzentwurf geteilt. Ich hoffe nur, dass die sächsischen Lan

des-, aber auch die kommunalen Behörden entsprechend dieser Vorschrift handeln.

Lassen Sie mich abschließend die Gemeinden nochmals bitten, die Arbeit der Friedensrichter besser als bisher zu unterstützen. Friedensrichter, die zum Rechtsfrieden in den Gemeinden beitragen, müssen für ihren Aufwand entschädigt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie, der Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses Ihre Zustimmung zu geben, und bedanke mich ganz herzlich für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich erteile der Linksfraktion.PDS das Wort. Herr Bartl, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Schiemann, ich kann mich selten einer Bitte von Ihnen verschließen, aber wir können es auch dieses Mal nicht übers Herz bringen, zuzustimmen. Ich erkläre es gleich.

Der vorliegende Gesetzentwurf hat verschiedene Regelungsinhalte, die in ihrer Masse durchaus ihre Berechtigung haben. Im Wesentlichen geht es um Änderungen aus der bisherigen Handhabung des Gesetzes heraus sowie um Änderungen infolge veränderter bundesrechtlicher Regelungen zum Zustellungsrecht, zur Zivilprozessordnung, zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz und zum Justizvergütungs- und entschädigungsgesetz wie auch um einige durchaus zu begrüßende Regelungen, die die Anerkennung von Gütestellen im Sinne des § 749 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung betreffen. Solange wir uns auf diesem Terrain der quasi weithin unpolitischen Rechtspolitik bewegen, geht der Gesetzentwurf in Ordnung. Dies gilt auch bezüglich der damals durch entsprechenden Änderungsantrag der Koalition im federführenden Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss wieder gestrichenen Änderungsregelung, die der Entwurf der Staatsregierung betreffs § 19 Abs. 2 vorsah und wonach die Regelung, dass die Sorben im sorbischen Siedlungsgebiet das Recht haben, vor den Schiedsstellen sorbisch zu sprechen, gestrichen werden sollte, allein weil dies bereits – so argumentierte jedenfalls die Staatsregierung in der Begründung – in § 9 Abs. 1 des Sächsischen Sorbengesetzes geregelt sei.

Wir stehen insoweit völlig auf dem Standpunkt der Koalition, dass die Regelungen im Sächsischen Sorbengesetz nicht den Sinn und Zweck haben, Regelungen zum Schutz und zur Förderung der sorbischen Minderheit in anderen Rechtsvorschriften – hier: im Gesetz über die Schiedsstellen – wegzulassen oder zu ersetzen. Die immer wieder erfolgende Betonung des Schutzes und der Förderung auch unserer sorbischen Minderheit ist in jedem Falle berechtigt.

Wo der Sachverstand wieder aussetzt und der Respekt vor der Verfassungskonformität der hier zu beschließenden

Gesetze aufhört, ist die bekannte Baustelle MfSBelastung und DDR-Systemträger. Die jetzt geltende Fassung des Sächsischen Schiedsstellengesetzes besagt in § 4 Abs. 4 Nr. 4: „Friedensrichter soll nicht sein, wer... für das frühere Ministerium für Staatssicherheit oder Amt für Nationale Sicherheit tätig war.“

Absatz 5 der geltenden Fassung ist wie folgt formuliert:

„Bei ehemaligen Mitarbeitern oder Angehörigen in herausgehobener Funktion von Parteien und Massenorganisationen, der bewaffneten Organe und Kampfgruppen sowie sonstiger staatlicher oder gemeindlicher Dienststellen oder Betriebe der ehemaligen DDR, insbesondere bei Abteilungsleitern der Ministerien und Räte der Bezirke, Mitgliedern der SED-Bezirks- und Kreisleitungen, Mitgliedern der Räte der Bezirke, Absolventen zentraler Parteischulen, politischen Funktionsträgern in den bewaffneten Organen und Kampfgruppen, Botschaftern und Leitern anderer diplomatischer Vertretungen und Handelsvertretungen sowie bei Mitgliedern der Bezirks- und Kreiseinsatzleitungen wird vermutet, dass sie die als Friedensrichter erforderliche Eignung nicht besitzen.“

Es werden also Funktionsgruppen aufgezählt, die die jüngeren Kollegen in diesem Haus überhaupt nicht mehr kennen; sie müssten schon intensiv in systemnahe Literatur der nun seit 16 Jahren verblichenen DDR abtauchen.

Der letzte Satz des Abs. 5 lautet dann: „Diese Vermutung kann widerlegt werden.“ Das bedeutet, die Funktionsträger können unter Umkehr der Beweislast nachweisen, dass sie als Friedensrichter doch geeignet sind.

§ 4 Abs. 6 der geltenden Fassung verpflichtet den Friedensrichter, Bewerber oder Vorgeschlagenen, gegenüber der Gemeinde schriftlich zu erklären, dass Ausschlussgründe, etwa eine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit oder in systemnahen Funktionen, nicht vorliegen, und seine Einwilligung zu erteilen, „Auskünfte zu den Ausschlussgründen des Abs. 4 Nr. 3 und 4 und des Abs. 5“, also der funktionsbedingt vermuteten Nichteignung, „beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes einzuholen“.

Die Staatsregierung hat, als sie sich darüber hermachte, die notwendigen Änderungen des Sächsischen Schiedsstellengesetzes anno 2006/2007 zu analysieren, begriffen, dass diese ohnehin kühne, sprich von Beginn an verfassungswidrige, weil nämlich dem Homogenitätsprinzip widersprechende Norm, die staatliche Überprüfung auch auf Friedensrichter zu erstrecken, nicht mehr haltbar ist. Deshalb hat die Staatsregierung in Nr. 5 des Änderungsgesetzes vorgeschlagen, dass im § 4 Abs. 6 über die schriftliche Erklärung des bzw. der Betreffenden hinaus, nicht für das MfS gearbeitet zu haben, alles andere gestrichen wird, das heißt, eine Einverständniserklärung zur Überprüfung nicht mehr abverlangt werden darf.

Wörtlich heißt es in der Gesetzesbegründung der Staatsregierung: „Diese Verpflichtung zur Erteilung der Einwilligung, Auskünfte beim BStU einzuholen, wird aufgeho

ben. Der Gesetzgeber war seinerzeit“, seinerzeit hieß 1999, als das Gesetz gemacht worden ist, „davon ausgegangen, dass den Gemeinden in analoger Anwendung der Regelungen für die ehrenamtlichen Richter (§§ 20 Abs. 1 Nr. 7b und 7f, 21 Abs. 1 Nr. 7b und 7f des Gesetzes über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemali- gen Deutschen Demokratischen Republik [Stasi-Unter- lagen-Gesetz – StUG]) bereits ein eigenes Auskunftsrecht gegenüber dem BStU zustehe“.

Dies trifft in Anbetracht des abschließenden und restriktiven Charakters der Befugnisse nach dem StasiUnterlagen-Gesetz jedoch nicht zu. Rechtsstellung, Aufgaben und Befugnisse der ehrenamtlichen Richter unterscheiden sich wesentlich von denen der Friedensrichter nach dem Sächsischen Schiedsstellengesetz, sodass es für eine Analogie an der erforderlichen Vergleichbarkeit fehlt.

Ferner gehört der nach dem § 3 ehrenamtlich tätige Friedensrichter nicht zu den sonstigen im öffentlichrechtlichen Amtsverhältnis stehenden Personen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6a und Nr. 7b, § 21 Abs. 1 Nr. 6a und Nr. 7f Stasi-Unterlagen-Gesetz, denn die Paragrafen sind die Ermächtigung für die Birthler-Behörde, Auskunft zu erteilen.

Die Staatsregierung sagt definitiv „nicht“, was heißen will, an der Überprüfung von Friedensrichtern bzw. Bewerbern oder Vorgeschlagene für dieses Amt hat es von Anfang an gemangelt, weil Friedensrichter nicht gleich den ehrenamtlichen Richtern behandelt werden dürfen. Es gab nie eine Grundlage. Man hat es aber trotzdem seit 1999 regelmäßig getan. Es gab also immerhin sieben Jahre lang ein Gesetz mit verfassungswidriger Norm. Bislang – was wir auch im Falle des Friedensrichters des lieben Friedens willen hingenommen haben.

Wenn aber die CDU/SPD-Koalition in der abschließenden Beratung des Gesetzentwurfes im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss qua Änderungsantrag forderte, den Entwurf der Staatsregierung wieder abzuändern und bei der jetzigen Fassung zu bleiben, also praktisch wie bisher weiter abzufordern, dass der betreffende Bewerber als Friedensrichter oder bei einer erneuten Kandidatur immer die Zustimmung einholen zu lassen, also qua Änderungsantrag der alte Zustand wiederhergestellt werden muss, ist einfach Schluss mit lustig. Jetzt geht es schlicht nicht mehr, obgleich die nun handgreifliche Rechtswidrigkeit, sprich Verfassungswidrigkeit, dieser Regelung wenigstens im Maßstab der nunmehrigen Fassung des StasiUnterlagen-Gesetzes im federführenden Ausschuss von verschiedenen Seiten – dankenswerterweise von der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, beide, weiß der Himmel, nicht unter Verdacht, Schutzmächte des Ministeriums für Staatssicherheit oder seiner ehemaligen Mitarbeiter zu sein – gebracht worden ist.

Auch der Juristische Dienst hat ziemlich deutlich erklärt, dass schlichtweg diese Vorschrift im Gesetz nicht geht; trotzdem blieb die Koalition auch nach gehöriger Auszeit beratungsresistent. Recht ist, was CDU und SPD in

Sachsen für Recht halten. Man muss schon sagen, es ist nicht mehr zu fassen, Kollege Schiemann, der Sie ein eifriger Verfechter der Sächsischen Verfassung sind, wie Sie im 15. Jahr deren Annahme mit Verfassungsrecht und Verfassungsrechtsprechung umgehen lassen, wenn es die Generalpolitiker Ihrer Fraktion für politisch opportun halten. Das ist tatsächlich ein Punkt, bei dem ich mehr oder weniger nicht begreife, warum sich hier der Rechtspolitiker Schiemann nicht durchsetzen kann.

So wie es der Sächsische Verfassungsgerichtshof bereits analog den Normen des § 6 Abs. 3 Sächsisches Beamtengesetz mit klarer Relevanz auch mit § 4 Abs. 5 getan hat, einfach zu sagen, dass Friedensrichter nicht überprüfungsfähig sind und deshalb diese Norm einfach rechtswidrig ist und nicht standhalten kann.

Ich sage es mit einigen wenigen Sätzen: Wenn sich die Borniertheit auch heute nicht korrigieren lässt, wozu es auch noch einen Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gibt, wenn Sie also sehenden Auges eine eindeutig verfassungswidrige Norm in das Gesetz hineinschreiben bzw. dort belassen, so wie es die Beschlussempfehlung vorsieht, haben wir mit Gewissheit das nächste Stelldichein vor dem Verfassungsgericht. Das ist eine derartig klare Steilvorlage. Die Normenkontrollklage können wir nicht verlieren.

Die Kollegen bei Ihnen, Herr Schiemann, die der Auffassung sind, man muss nichts ändern, wenn es andere Gesetze gibt, die die Norm bereits für nicht anwendbar erklären, haben einfach nicht recht. Keine Ahnung hat, wer das behauptet. Es gibt eine ganz klare Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes, wo in mehreren Entscheidungen festgelegt worden ist, dass zum Rechtsstaatsprinzip gehört, dass die Rechtsklarheit auch dadurch gewährleistet ist, dass der „Rechtsunterworfene klar erkennen muss, was rechtens sein soll“, siehe zum Beispiel Band 1 Seite 353 Bundesverfassungsgerichtssammlung, Band 25 und Band 28 der Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes Bayern, Band 67 und Band 4, Seite 91 und 103 und dergleichen mehr.

Lange Rede, kurzer Sinn: Die Norm, wie sie jetzt im § 4 in den Abs. 4, 5 und 6 enthalten ist, verstößt nach unserer Überzeugung eindeutig gegen die Verfassung, ist also verfassungswidrig. Wir bitten darum, dem Änderungsantrag unserer Fraktion, der sich weithin mit dem der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN deckt und von ihnen eingebracht wird, auch zu entsprechen. Ansonsten beschließen Sie heute wieder ein verfassungswidriges Gesetz und bekommen auf dem sensiblen Feld der MfSProblematik eine erneute Niederlage vor dem Verfassungsgericht.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Ich erteile der Fraktion der SPD das Wort; Herr Bräunig, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ziel des Schlichtungs- bzw. Schiedsstellenwesens ist es, Streitigkeiten des täglichen Lebens durch eine gütliche Einigung der streitenden Parteien unbürokratisch und kostengünstig beizulegen. Das liegt nicht nur im Interesse der Justiz, die durch die Arbeit der ehrenamtlichen Friedensrichterinnen und Friedensrichter entlastet wird, sondern auch im natürlichen ureigensten Interesse derjenigen, die sich streiten; denn das ist zumindest meine Meinung – es ist allemal besser, sich gütlich zu einigen, als immer gleich den Klageweg zu beschreiten.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Herr Schiemann hat die Daten genannt. Mit Stand vom 31. Dezember 2006 gab es in Sachsen 346 Schiedsstellen, die für insgesamt 510 Gemeinden zuständig waren, sodass wir sagen können, es gibt nur wenige Gemeinden in Sachsen, die keine Schiedsstelle unterhalten.

Nun sind nach Angaben des Statistischen Landesamtes 2006 insgesamt 608 Schlichtungsverfahren durchgeführt worden. Wenn wir ein bisschen hin- und herrechnen, sind das statistisch gesehen gerade einmal zwei Schlichtungsverfahren pro Schlichtungsstelle. Dieses Verhältnis zeigt, dass die Schiedsstellen offensichtlich von der Bevölkerung noch nicht in dem Maße angenommen werden, wie dies wünschenswert wäre. Eine spürbare Entlastung der Justiz findet derzeit auch nicht statt.

Was sind denn nun die Gründe für die mangelnde Akzeptanz dieser Schiedsstellen? Das liegt vor allem darin, dass die außergerichtliche Streitschlichtung als sinnvolle Möglichkeit der Konfliktlösung nur wenigen Bürgerinnen und Bürgern überhaupt bewusst ist. Stattdessen – hier müssen sowohl die Justiz als auch die Anwaltschaft durchaus Selbstkritik üben – gibt es in Deutschland eine fast ausschließlich gerichtsorientierte Streitkultur. Leider ist die Mentalität, rechtliche Konflikte grundsätzlich vor Gericht auszufechten und allein durch rechtskräftiges richterliches Urteil beenden zu wollen, weit verbreitet. Ich glaube, dass ein althergebrachtes Selbstverständnis der Justiz durchaus zu dieser Streitkultur beigetragen hat.

Mir drängt sich zudem gelegentlich der Eindruck auf, als habe die Anwaltschaft auch deshalb Vorurteile gegenüber einer schnellen und kostengünstigen Erledigung vor einer Schiedsstelle, weil dies gebührentechnisch weniger lukrativ ist.

Kernfrage bei der Akzeptanz des Schiedsstellenwesens ist somit, wie dessen Attraktivität gesteigert werden kann. Der Schlüssel zum erfolgreichen Schlichtungswesen kann daher nur in einer allgemeinen Erhöhung der Akzeptanz des Schiedsstellenwesens bestehen. Hierzu ist es notwendig, dass das Verfahren und die Vorzüge deutlicher bekannt werden. Das Staatsministerium der Justiz hat mit seinem Faltblatt mit dem Titel „Schlichten ist besser als Richten“ einen Anfang gemacht. Die Kommunen, die Justiz und auch die Anwaltschaft sollten ihrerseits fortwährend auf die Chancen des gemeindlichen Schiedsstel

lenwesens hinweisen und beispielsweise regelmäßig die Sprechzeiten der Friedensrichter veröffentlichen. Gleiches gilt für die Vorteile des Schlichtungswesens, kostengünstig, schnell und vertraulich mit einem ortskundigen Friedensrichter die Probleme im Dialog zu lösen.

An dieser Stelle möchte ich betonen, dass unsere Schiedsstellen eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe wahrnehmen. Hier gilt es, insbesondere den ehrenamtlichen Friedensrichterinnen und Friedensrichtern zu danken, die ihren Teil zur Lösung zwischenmenschlicher Konflikte beitragen.

(Beifall bei der SPD und des Staatsministers Geert Mackenroth)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Ländern ist die Möglichkeit eröffnet, durch Landesgesetz zu bestimmen, dass die Erhebung einer Klage erst dann zulässig ist, wenn vor einer Gütestelle ein erfolgloser Schlichtungsversuch unternommen wurde. Von dieser Möglichkeit der sogenannten obligatorischen Streitschlichtung hat der Freistaat Sachsen, wie ich finde aus gutem Grund, bisher keinen Gebrauch gemacht, denn das Wesensmerkmal der Streitschlichtung ist die grundsätzliche Konsensbereitschaft der Streitenden. Es macht daher wenig Sinn, einen außergerichtlichen Einigungsversuch auch dann zur Pflicht zu machen, wenn dieser Weg offensichtlich keinen Erfolg verspricht und sich die Mentalitäten nicht gewandelt haben. Die Erfahrungen aus anderen Bundesländern zeigen, dass eine spürbare Entlastung der Justiz durch die obligatorische Streitschlichtung weithin ausgeblieben ist.

Um mit den Worten von Herrn Bartl zu sprechen: lange Rede, kurzer Sinn. Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf will die Koalition einerseits das bisherige Schiedsstellengesetz an geänderte bundesrechtliche Regelungen anpassen bzw. unklare und unpraktikable Regelungen ändern. Kernanliegen sind ferner – das hat Herr Schiemann schon angesprochen – gesetzliche Regelungen zu den Voraussetzungen und dem Verfahren für die Anerkennung von Gütestellen nach § 794 ZPO, die bisher fehlten. Mir bleibt, um Zustimmung für unseren Gesetzentwurf zu bitten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und des Staatsministers Geert Mackenroth)

Die NPD-Fraktion erhält das Wort. Herr Petzold, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Anpassungs- und Vereinfachungsbestimmungen des Gesetzentwurfes bezüglich der Schiedsstellen in den Gemeinden sind nach Auffassung der NPDFraktion vernünftig und zustimmungsfähig. Wir gehen davon aus, dass dies auch für den neu eingeführten Teil II des Schiedsstellengesetzes gilt, in dem der rechtliche Rahmen für die Gütestellen auf der Grundlage des § 794 Zivilprozessordnung festgelegt wird.