Protocol of the Session on March 16, 2007

Wir alle, meine Damen und Herren, sind aufgefordert, die Vereine in ihren Bemühungen zu unterstützen. Ich möchte an dieser Stelle dem 1. FC Lok Leipzig für das danken, was er nach den Ausschreitungen für eine neue Vertrauensbildung getan hat. Die Sportler können am wenigsten für die Eskalationen. Es ist dabei gut zu wissen, dass sie sich auf die Solidarität anderer Sportler verlassen können.

Ich darf Ihnen zum Abschluss meiner Ausführungen von einem Erlebnis berichten, das ich am 24. Februar dieses Jahres in Belgern hatte. Dort fand die Landesmeisterschaft der E-Jugend statt. Für die Nicht-Fußballer: Das sind die zehn- und elfjährigen Jungen. Zur Eröffnung sind die Mannschaften angetreten. Die Jugendlichen des 1. FC Lok Leipzig haben eine Erklärung verlesen, wonach sie sich von den Gewaltausschreitungen distanziert haben, und sie haben dann ein Transparent ausgerollt, auf dem ihr Wille zu lesen war: dass Kinder ohne Gewalt in den Stadien Fußball spielen wollen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Dulig, SPD)

Das Besondere daran war für mich: Die Jungen des 1. FC Lok Leipzig sind aus dieser Riege ausgetreten und haben das Transparent entrollt. Gleichzeitig ist die Mannschaft von Chemie Leipzig mit zu den Spielern von Lok gegangen, und beide Mannschaften haben das Transparent ausgerollt. Dieses Bild, meine Damen und Herren, stimmt mich für die Zukunft hoffnungsfroh.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Dulig, SPD)

Ich erteile der Fraktion der SPD das Wort. Wird es noch gewünscht? – Dies ist nicht der Fall. Die Linksfraktion.PDS; Herr Dr. Hahn, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bild meines Kollegen Kupfer ist natürlich in der Tat schön, aber Sie kommen dennoch nicht umhin, dass wir konkrete Maßnahmen brauchen und diese hier festlegen müssen.

Es ist eben zu Recht darauf hingewiesen worden – auch in der Zwischenfrage –, dass die Jugendpauschale allein nicht ausreicht. Wichtig ist, dass die Kofinanzierung des Deutschen Fußballbundes über diesen Weg nicht in dem Maße zu erreichen ist, wie es erforderlich wäre.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Insofern hätte ich mir gewünscht, Herr Kollege Kupfer, dass Sie hier sagen: Ja, wir werden dafür sorgen, dass die benötigten 350 000 Euro für die Fanarbeit zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. Das wäre ein klares Wort gewesen. Leider habe ich es nicht gehört.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und der Abg. Holger Zastrow und Torsten Herbst, FDP)

Ich möchte noch einmal auf die Ereignisse in Leipzig zurückkommen. Der Sächsische Fußballverband hatte danach entschieden, am folgenden Wochenende wegen der gewalttätigen Ausschreitungen – insbesondere im Bezirksverband Leipzig – verschiedene Fußballspiele abzusagen. Ich bleibe dabei: Dieser Beschluss war eine Entscheidung mit Augenmaß, und anders als Herr Kupfer denke ich, es war richtig, dass der Verband nicht der Forderung von DFB-Chef Zwanziger gefolgt ist, sämtliche Fußballspiele in Sachsen abzusagen. Dies hätte wiederum überwiegend die Falschen getroffen, und es wäre nicht nachvollziehbar gewesen, warum ein lange geplantes Kreisligaspiel in der Lausitz wegen Krawallen in Leipzig ausfallen muss, wodurch insbesondere den kleinen Amateurvereinen völlig unnötige Kosten entstanden wären – zum Beispiel durch die Stornierung von vorsorglich georderten Bussen für Auswärtsspiele –, ohne dass sich diese Mannschaften oder deren Anhänger irgendetwas haben zuschulden kommen lassen. Eine solche Maßnahme wäre unverhältnismäßig.

(Frank Kupfer, CDU: Das machen die Mannschaften in Leipzig genauso!)

Trotzdem wäre eine solche Maßnahme für ganz Sachsen in meinen Augen unverhältnismäßig gewesen und jeder muss wissen – Herr Kupfer, das wissen auch Sie –: Spielabsagen sind auf Dauer keine Lösung des Problems, im Gegenteil: Würden derartige Spielabsagen mehrmals erfolgen und mehrfach stattfinden, würde dies den Frust vieler vernünftiger Fans hervorrufen und die Gefahr von Auseinandersetzungen eher noch steigern.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Sehr richtig!)

Dennoch müssen wir die Fakten zur Kenntnis nehmen. Die Hooligan-Szene ist in den letzten Jahren in der Tat bedrohlich angewachsen. Die verantwortlichen Funktionäre in manchen betroffenen Vereinen haben viel zu lange weggeschaut und das Problem zu bagatellisieren versucht. Dies ist nach den Ausschreitungen von Leipzig nun offenkundig nicht mehr möglich, und ein Teil des Problems – Frau Herrmann hat darauf hingewiesen – sind unbestritten einige sogenannte Sicherheitsfirmen, die Schutzleistungen und Ordnerdienste anbieten. Dabei wird nicht selten der Bock zum Gärtner gemacht; denn wer selbst fest im rechten Lager verwurzelt ist, wird nicht gegen Gleichgesinnte vorgehen – weder bei ausländerfeindlichen Sprüchen noch bei gewalttätigen Auseinandersetzungen.

Inzwischen hat jedoch bei einigen Vereinen diesbezüglich ein Umdenken eingesetzt und es wurden vertragliche Bindungen zu derart dubiosen Securityfirmen aufgekündigt. Das, so meine ich, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Angesichts dessen – auch dies will ich mit aller Deutlichkeit sagen – ist es absurd und kontraproduktiv, wenn irgendwelche CDU-Hinterbänkler meinen, in Personalentscheidungen der Vereine eingreifen und zum Beispiel den Rücktritt des Geschäftsführers von Dynamo Dresden fordern zu müssen.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Des Innenministers!)

Wenn sich die Betroffenen auch nur halb so engagiert für die Freigabe des dringend benötigten Stadionneubaues eingesetzt hätten, bräuchten wir heute über manche Probleme vielleicht überhaupt nicht zu sprechen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Ich weiß, dass Dynamo Dresden wegen der DDRVergangenheit vielen CDU-Mitgliedern ein Dorn im Auge ist und einige hochrangige Vertreter nach der Wende versucht haben, den DSC zu protegieren. Aber irgendwann muss doch auch der Letzte mal zur Kenntnis nehmen, dass die Landeshauptstadt nur mit Dynamo Dresden auf absehbare Zeit in den bezahlten Fußball mit all den Werbeeffekten kommen kann.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Ich persönlich – um das klar zu sagen – wünsche auch dem DSC sportlichen Erfolg. Aber ich bitte Sie: Hören Sie auf mit der Diffamierung von Dynamo Dresden!

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Dr. Fritz Hähle, CDU: Wer macht denn das?)

Hören Sie auf, ein parteipolitisches Süppchen zu kochen!

(Marko Schiemann, CDU: Wer macht das?)

Also, Ihre Kollegen haben sich eingemischt in die Vereinsführung. Hören Sie auf, Kollege Schiemann. –

(Unruhe)

Fragen Sie doch mal den Kollegen Krauß, Herr Schiemann. – Aber ich werde jetzt zum Schluss kommen.

(Zuruf des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Ich bleibe dabei: Es ist bezeichnend, dass Herr Flath als Sportminister zu all dem weiter schweigt, anstatt sich mit der Sozialministerin auf die Freigabe der dringend benötigten Mittel zu einigen. Wer meint, einige hunderttausend Euro bei der Fanarbeit sparen zu können, der braucht sich nicht zu wundern, wenn er hinterher Millionen für Polizeieinsätze ausgeben muss. Für die Linksfraktion.PDS steht fest: Die Politik darf die Vereine nicht länger im Regen stehen lassen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Ich erteile der Fraktion der NPD das Wort. Herr Apfel, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die immer wiederkehrenden Behauptungen über Rechtsextremismus im Fußball haben mit der Wirklichkeit nichts gemein.

(Gelächter bei der Linksfraktion.PDS)

So befragte „ZEIT online“ den Schiedsrichter des Fußballspiels vom 10. Februar in Leipzig. Auf die Frage, ob er mitbekommen habe, dass die Zuschauer extrem politisch motiviert waren, antwortete Ralf Schinköthe: „Noch nie.“

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich gestatte keine Zwischenfragen.

Weiterhin: „Ich habe zuvor weder rassistische noch politische oder diskriminierende Äußerungen mitbekommen. Es scheint, als wollten die Medien hier bewusst einen Popanz aufbauen.“

(Zurufe von der CDU)

So wird die Forderung nach Gewaltlosigkeit verbunden mit der Forderung nach einem antirassistischen Bekenntnis, obwohl die Ausschreitungen in Leipzig keinen sachlichen Zusammenhang erkennen lassen. Und überhaupt: Was Sie als Rassismus in den Stadien diffamieren, sind berechtigte Kritikpunkte vieler Fußballfans.

(Zurufe der Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE, und Martin Dulig, SPD)

Warum sollen die Fans nicht der Meinung sein, dass ein Neger in ihrer Mannschaft nichts zu suchen hat? Fußball ist auch Ausdruck von Heimatgefühl, und immer mehr Fans sind der Meinung, dass die Fußballakteure eben nicht mehr „ihre Jungs“ sind.

(Beifall bei der NPD – Martin Dulig, SPD: Sie sind ein Rassist!)

Die Fans sollen zu zahlenden Statisten degradiert werden, die Multikulti auf dem Rasen akzeptieren sollen. Nach den Gewaltausbrüchen in Italien, denen in einer Woche zwei Tote zum Opfer fielen, erklärte der Präsident der italienischen Profiliga Antonio Matarese – Zitat –: „Die Toten gehören zum System. Es tut mir leid, was geschehen ist, aber das Spektakel muss weitergehen.“

Meine Damen und Herren! Matarese sprach aus, was heute überall im Profifußball gedacht wird: Der Rubel muss rollen, auch wenn man dabei über Leichen gehen muss!

Es ist kein Zufall, meine Damen und Herren – und spiegelbildlich verhält es sich im Amateurfußball –, dass Lok Leipzig und bis dato auch Dynamo Dresden 16 Jahre nach der Wende noch immer in verrotteten Stadien spielen müssen. Beide Vereine konnten nur deshalb überleben, weil die Fans für sie echte Opfer bringen und viele ehrenamtliche Helfer mitarbeiten.

Warum dümpelt das Bruno-Plache-Stadion seit über 15 Jahren vor sich hin? Warum konnte im Vorfeld der Fußball-WM in Leipzig ein überdimensioniertes Zentralstadion mit Millionenaufwand entstehen, das bis heute völlig unzureichend genutzt wird? Ist den Sportfunktionären und den städtischen Verantwortlichen Lok Leipzig zu unabhängig und nicht willfährig genug? Ist es nicht so, dass in Leipzig die Funktionäre lieber den FC Sachsen ganz oben sehen würden und Lok Leipzig lieber heute als morgen beerdigen würden? Auch in Leipzig gibt es viele Funktionäre, die nur das große Geschäft wittern und den Sport benutzen wollen, um den großen Reibach zu machen. Lok Leipzig leistet auf ehrenamtlicher Basis Großartiges, gerade im Bereich der Jugendarbeit.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Nur, die Aufgaben sind so groß, dass alles nicht mehr nur auf ehrenamtlicher Basis bewältigt werden kann. Hier müssten wirklich dringend finanzielle Hilfen des Freistaates zur Verfügung gestellt werden.