Protocol of the Session on March 16, 2007

Es gibt im Leben einer Frau kaum ein Ereignis, welches sich so fundamental auswirkt wie das der Schwangerschaft. Neben der Freude und dem Glück darüber, dass der langgehegte Wunsch nach einem eigenen Kind endlich in Erfüllung geht, kann eine Schwangerschaft aber auch Sorge, Angst und Unsicherheit auslösen, vor allem dann, wenn dies ungewollt eingetreten ist oder Konflikte in der Partnerschaft bestehen. Diese Ereignisse stellen die Schwangere vor eine ganz neue Situation. Es tauchen Fragen auf, Fragen bezüglich der Auswirkungen auf die Partnerschaft, auf das Risiko des Arbeitsplatzverlustes oder die Frage, ob man damit nicht überfordert ist.

In dieser Phase der Zerrissenheit stehen die Frauen – entweder allein oder zusammen mit ihrem Partner – vor dem Problem, sich entscheiden zu müssen. Es besteht die Gefahr, miteinander in Konflikt stehende Gefühle, Wünsche und Einschätzungen falsch gegeneinander abzuwägen. Insbesondere Zeitdruck oder mangelnde Erfahrung im Umgang mit Konflikten und deren Bewältigung machen es schwer, eine Entscheidung zu treffen, welche, im Nachhinein betrachtet, vielleicht anders getroffen worden wäre.

An dieser Stelle setzen die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen ein. Die dortigen Mitarbeiterinnen und

Mitarbeiter setzen sich intensiv mit allen Fragen zum Thema Schwangerschaft auseinander. Angefangen bei Fragen zur Sexualaufklärung oder Familienplanung, informieren sie die Schwangeren über die Pränataldiagnostik, insbesondere über die Vor- und Nachteile und die damit verbundenen möglichen Konsequenzen, und bieten ferner Beratung und Hilfe an, dass eigenverantwortlich und gewissenhaft eine Entscheidung für oder gegen die Fortführung einer Schwangerschaft getroffen werden kann.

Entscheidend sind die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen aber auch noch in einem anderen Zusammenhang, nämlich dem des sozialen Frühwarnsystems. Im November vergangenen Jahres fand in diesem Hohen Hause eine Aktuelle Debatte zur Einführung eines sozialen Frühwarnsystems in Sachsen statt. Ich denke, dass uns diese Debatte noch lebhaft in Erinnerung ist, sodass ich mir ein nochmaliges Eingehen darauf ersparen kann. Eingehen möchte ich jedoch noch einmal auf die angestrebten Ziele – die frühzeitige Erkennung der riskanten Entwicklung von Kindern und familiären Krisen, um eine Verfestigung der Problemlage zu vermeiden.

Gerade die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen bieten hier sehr gute Ansatzpunkte, sind sie es doch, welche in den meisten Fällen als Erstes von den Sorgen und Nöten erfahren und Beratung und Hilfe anbieten.

Weiterhin leisten sie auch in Kooperation mit dem Jugendamt, den Gynäkologinnen und Gynäkologen sowie den Hebammen einen wesentlichen Beitrag, um das im Freistaat Sachsen geplante Modellprojekt "Pro Kind" optimal umsetzen zu können. Ziel ist dabei die gesundheitliche Prävention bereits während der Schwangerschaft, die Förderung der kindlichen Entwicklung, die Stärkung der Erziehungskompetenz sowie die Unterstützung der eigenen Lebensperspektive der Eltern.

Der vorliegende Antrag setzt sich mit dieser Aufgabenerweiterung für die Beratungsstellen auseinander. Es soll deutlich werden, welche Auswirkungen insbesondere die Beteiligung und die Einbeziehung in das Frühwarnsystem für die Beratungsstellen haben, um auch in Zukunft ein optimal funktionierendes Frühwarnsystem in Sachsen zu gewährleisten.

Ich bitte Sie daher, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen.

Der vorliegende Antrag erwartet von der Staatsregierung einen Bericht zur Arbeit der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, denn eine zielführende Weiterentwicklung der Beratungsstellen ist unter den gegebenen Problemlagen nur schwer möglich. Hier ist erst einmal eine Analyse notwendig.

Die zahlreichen Probleme der Klientinnen sind – wie die Frauen selbst – sehr unterschiedlich.

Viele Gespräche drehen sich um finanzielle Fragen; die Vermittlung wirtschaftlicher Hilfen macht einen großen Teil der Beratungsarbeit aus. Aber es geht auch um gesundheitliche Probleme, eine schwierige Partnerschaft oder um Ängste der schwangeren Frauen.

Bundesweit gibt es seit Jahren eine wachsende Anzahl von Teenagerschwangerschaften, so auch in Sachsen. Es sind junge Mädchen, die diese Schwangerschaft oft nicht gewollt haben, sich aber immer öfter für dieses Kind entscheiden wollen.

Ähnlich erhält auch das Thema der Pränataldiagnostik, die Früherkennung von Krankheiten und Behinderungen des Kindes, eine zunehmende Bedeutung. Mehrere Untersuchungen werden von der Krankenkasse nicht mehr bezahlt.

Unter den Betroffenen sind auch Paare, die ein Kind durch künstliche Befruchtung bekommen wollen und die besondere körperliche und seelische Belastungen erleben.

Die Demografie, also die Berücksichtigung der sinkenden weiblichen Bevölkerungszahl, sollte in der Analyse definitiv in den Hintergrund geraten. Entscheidend muss bei dieser Berichterstattung sein, dass sie vor allem unter dem Gesichtspunkt der psychologischen Beratung und Begleitung von Schwangeren gesehen wird.

Dieser Beratungsbedarf ist wesentlich höher, von der Vielschichtigkeit der Problemlagen komplizierter und damit langwieriger. Dabei ist es oft nicht mit einem Beratungsgespräch getan. Die Frauen brauchen zum einen

eine psychologische Betreuung, zum anderen aber auch Unterstützung bei den zahlreichen komplizierten Finanzanträgen an Ämter und Stiftungen.

Sachsen möchte mehr Nachwuchs im Land. Sachsen muss deshalb auch weiterhin etwas für junge Familien, aber auch für alleinerziehende Muttis und für sehr junge Frauen tun, die sich für ihre Kinder entscheiden wollen.

Genau an dieser Stelle fängt die Kinderfreundlichkeit in unserem Land an. Schaffen und erhalten wir hier Bedingungen, die junge Muttis überzeugen, ihr Kind mit Liebe zu erwarten! Helfen wir diesen Frauen mit einer professionellen psychologischen Beratung und Begleitung in einer für sie schwierigen Zeit!

Weitere wichtige Bereiche sind die Vernetzung aller Leistungsträger, eine konzeptionelle und qualitätsgesicherte Arbeit. Gynäkologinnen und Gynäkologen, Hebammen, Ämter, Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Familien müssen mehr als bisher zusammenarbeiten. Diese Arbeit in ein Frühwarnsystem einzubinden muss eine Aufgabe vor Ort sein.

Die Statistiken zeigen, dass Landkreise und kreisfreie Städte nicht immer finanzielle Unterstützung für die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen leisten. Das sollte hinterfragt werden.

Das Land Sachsen muss aber auch weiterhin in ausreichendem Maße die Rahmenbedingungen für eine gute Arbeit schaffen. Das ist genau das, was wir in diesem Prozess für ein kinderfreundliches Sachsen von Beginn an tun müssen.

Um dies leisten zu können, müssen wir genau wissen, wo die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen die Problemlagen sehen. Um Rahmenbedingungen schaffen zu können, um zielführende Angebote im Land vorhalten zu können und um unsere vorhandenen finanziellen Mittel effektiv einsetzen zu können, benötigen wir eine tiefgründige Analyse, auf die wir uns stützen können.

Da jetzt auch die Zeitschiene realistisch ist, können wir diesem Antrag zustimmen.

Grundlage der heutigen Debatte und des Antragsanliegens der GRÜNEN ist die Umsetzung des § 2 Abs. 1 SchKG. Danach haben jede Frau und jeder Mann das Recht, sich unentgeltlich in Fragen der Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung sowie in allen eine Schwangerschaft mittelbar oder unmittelbar berührenden Fragen in einer hierfür vorgesehenen Beratungsstelle zu informieren und beraten zu lassen.

Der Anspruch auf Beratung umfasst beispielsweise Informationen über bestehende gesetzliche Leistungen und Hilfen für Familien und Kinder, Vorsorgeuntersuchungen im Rahmen der Schwangerschaft – auch spezielle vorgeburtliche Untersuchungen –, soziale und wirtschaftliche Hilfen für Schwangere, Lösungsmöglichkeiten für psychosoziale Konflikte im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft und Hilfsmöglichkeiten für behinderte

Der Schwangerschaftsabbruch ist zwar rechtswidrig, aber laut § 218 StGB straffrei. Die Notwendigkeit gut funktionierender Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen wird nicht zuletzt durch diesen Fakt deutlich. Obwohl erfreulicherweise die Anzahl der Abtreibungen im Allgemeinen rückläufig ist, ist es keine Frage, dass diese Institutionen unsere volle Unterstützung erhalten müssen.

Menschen und ihre Familien. Darüber hinaus ist die Schwangere – bei Bedarf – bei der Geltendmachung von Ansprüchen, der Wohnungssuche, der Suche nach einer Betreuungsmöglichkeit für das zu erwartende Kind sowie bei der Fortsetzung ihrer Ausbildung zu unterstützen. Der Beratungsanspruch umfasst auch die Nachbetreuung nach einem Schwangerschaftsabbruch oder nach der Geburt eines Kindes.

Es geht eben nicht nur darum, dass die Bescheinigung über die Beratung von § 5 und § 6 des Gesetzes ausgestellt wird. Darauf aber beschränken sich häufig die Debatten zum Thema.

Es geht neben dem Schwangerschaftskonflikt um Sexualaufklärung, Familienplanung, Hilfen bei Schwangerschaft in besonderen Lebenslagen, unerfüllten Kinderwunsch, pränatale Diagnostik, finanzielle Hilfen, Partnerschaftskonflikte, die besondere Beratung für sehr junge Frauen (Teenagerschwangerschaften) und – ganz neu – um das Frühwarnsystem, welches frühzeitig auf besondere Problemlagen in Familien mit Kindern eingehen und vorsorgen soll. – Eine riesengroße Palette an Aufgaben, die den Nerv der derzeitigen familienpolitischen Debatten treffen. In den Beratungsstellen wird deutlich, warum sich junge Familien bzw. Frauen Kinder wünschen oder warum eben nicht. Eine differenzierte Betrachtung und Auswertung der Arbeit dieser Beratungsstellen kann also für uns in vielerlei Hinsicht von Interesse sein, und deshalb stimmen wir für den Antrag der GRÜNEN.

Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen haben den Auftrag, dort zu helfen, wo die Not groß ist. Eine ungewollte Schwangerschaft kann die gesamte Lebensplanung verändern. So ist es nicht verwunderlich, dass gut 71 % der Abtreibungen bei Frauen im Alter zwischen 18 und 34 Jahren vorgenommen werden. Es sind Schicksale von Menschen, die aufgrund ihres Alters oder der Lebenslage nicht die Möglichkeit sehen, ein Kind großzuziehen.

Neben der Beratung bei Schwangerschaftsabbrüchen nimmt vor allem die Begleitung von Schwangeren aus Risikogruppen zu. Ob Frauen, die in materieller Not leben, oder Frauen, die mit ihrer Schwangerschaft überfordert sind – all jene wenden sich an die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und erhoffen sich Hilfe. Erst im Januar gab es im Sächsischen Landtag eine Anhörung zum Thema Frühwarnsystem bei Kindesmisshandlung. Eine Vertreterin der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen hat eindrucksvoll geschildert, welchen Zulauf sie haben. Kaum eine Einrichtung ist näher an den Problemen von Schwangeren dran. Doch sie sind personell nicht in der Lage, den Beratungsbedarf abzudecken.

Die Problematik der Teenagerschwangerschaften und zunehmende soziale Probleme führen auch zu einer Veränderung in den Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen. Nachdem die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN ihren eigenen Antrag ändern möchte – und nur noch einen Bericht statt einer Evaluation verlangt –, kann ich Zustimmung empfehlen. Die zuvor geforderte Evaluation wäre in der Kürze der Zeit nicht möglich gewesen und völlig unangemessen.

Meine Damen und Herren! Damit ist auch die 75. Sitzung beendet. Ich darf Sie im Namen des Präsidiums für die 76. Sitzung am Mittwoch, dem 9. Mai 2007, 10:00 Uhr, einladen. Ich wünsche Ihnen ein sehr schönes, angenehmes Osterfest und ein Ende der Fastenzeit für den einen oder anderen. Danach sehen wir uns wieder.