Damit bin ich an einem kleinen Kritikpunkt am FDPAntrag. Dort geht es nur um einen Rechtsanspruch der Eltern. Uns geht es um einen Rechtsanspruch des Kindes. Genau die Denkweise, die hinter den Zugangskriterien in Sachsen steht – arbeitslose Mütter brauchen keine Krippen –, zeigt, dass es hier nicht nur um Wortklauberei geht. Die Kritik bezieht sich auf die Überschrift; dem eigentlichen Text kann man voll und ganz zustimmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht zuletzt dieser Antrag selbst beweist, dass man doch etwas bewegen kann, wenn man nur oft genug darüber spricht. Noch im September 2004 hat Kollegin Schütz von der FDP – ich hätte es ihr gern persönlich gesagt – zu einem Gesetzentwurf meiner Fraktion, der Ausweitung des Rechtsanspruches für den Besuch einer Kita, erklärt: „Wir halten eine Forderung nach einem grundsätzlichen Betreuungsanspruch von neun Stunden ab Geburt für unangemessen.“ Es freut mich, dass die FDP ihre Meinung geändert und unsere damalige Forderung aufgegriffen hat. Auch bei der CDU scheint sich in letzter Zeit einiges zu bewegen. Zugegeben, noch nicht bei allen, aber darüber haben wir gestern ausführlich hier im Hause diskutiert. Wir jedenfalls werden dem Antrag zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Familienpolitik scheint es große Schnittmengen zwischen der FDP und der SPD zu geben. Ich nenne noch einmal die Ziele der SPDLandtagsfraktion, obwohl ich das gestern schon getan habe: den Rechtsanspruch ab dem zweiten Lebensjahr bis zum Ende der Grundschule. Das geht über das hinaus, was die SPD im Bund fordert: die Kita, das heißt die gesamte Kindergartenzeit, schrittweise gebührenfrei zu stellen und die begonnene Qualitätsoffensive weiterzuführen. Gegen dieses Ziel spricht nichts.
Wir haben das in unserem Koalitionsvertrag festgeschrieben. Als es noch die Koalition zwischen CDU und FDP im Bund gab, wurde das Kinder- und Jugendhilfegesetz novelliert, in dem es auch um den Rechtsanspruch geht.
Ich weiß ziemlich sicher, dass sich die FDP auf Bundesebene eben nicht für die Erweiterung des Rechtsanspruches für den Krippenbereich eingesetzt hat.
Natürlich kann ich Sie als Opposition verstehen. Ich würde auch versuchen, die Koalitionspartner mit ihren unterschiedlichen Meinungen sozusagen aufeinander zu hetzen.
Aber wir haben im Koalitionsvertrag ein Gesamtkonzept geschrieben und uns dabei auf die Qualitätsoffensive konzentriert, auf die Qualität der frühkindlichen Bildung,
darauf, dass Bildung, Erziehung und Betreuung in dieser Reihenfolge im Kita-Gesetz umgesetzt wurden. Wir haben dieses Konzept im Doppelhaushalt 2005/2006, im Kita-Gesetz und auch im Doppelhaushalt 2007/2008 umgesetzt. Meine Kollegin hat darauf hingewiesen.
Natürlich spricht vieles für einen Rechtsanspruch, der auf Bundesebene geregelt wird. Aber auch da ist es so, dass das Finanzierungskonzept im Moment nicht vorliegt. Wir werden schauen müssen, was das für Sachsen bedeutet. Deswegen können wir uns im Moment dazu noch nicht äußern. Eine Regelung auf Bundesebene hätte den Vorteil, dass die Wahlmöglichkeiten bundesweit geregelt würden. So hätten Eltern, egal in welchem Bundesland sie leben, eben auch eine größere Wahlfreiheit.
Wir wollen gemeinsam das Angebot an Kinderbetreuung von der Krippe über Kindergarten, Hort und Tagespflege erhalten. Wir sind auf einem guten Stand. Sowohl die sächsischen Kommunen als auch das Land setzen sehr viel Geld dafür ein. Wir wollen dies weiter ausbauen. Das wissen Sie und das erkennen Sie an dem Doppelhaushalt, den wir verabschiedet haben. Auch er unterstreicht deutlich, dass die geplante Erhöhung der Zahl der Krippenplätze in Sachsen auf einem guten Stand ist.
Einige Fragen, die Sie, Herr Zastrow, angesprochen haben, muss ich an Sie als Kommunalpolitiker zurückgeben. Ich erinnere mich an die heftige Debatte, als Dresden als eine der ersten Kommunen in Sachsen die sogenannte Bedarfseinschränkung eingeführt hat. Ich weiß mit Sicherheit, dass die FDP dort nicht auf die Barrikaden gegangen ist.
Das Dresdner Vorgehen hat eine Welle von Finanzierungsänderungen bei den Kommunen ausgelöst. Ich erwarte von Ihnen, Herr Zastrow, dass Sie im Stadtrat von Dresden dafür sorgen, dass diese Bedarfseinschränkungen zurückgenommen werden.
Sie haben schon darauf hingewiesen, dass die Geburtenraten in Dresden und in Leipzig gestiegen sind. Das ist erfreulich und hat etwas damit zu tun, dass wir insbesondere in den Ballungszentren Zuzüge haben. Selbstverständlich muss hier auch die Verantwortung der Kommunalpolitik eingefordert werden.
Sie sprachen die Investitionen an. Wir wissen, dass es einen großen Investitionsstau gibt. Als wir in die Koalition eintraten, war der Titel Investitionen für den KitaBereich auf null gestellt. Wir haben hier eine gute Veränderung erreicht. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass Sie während der Haushaltsberatungen noch eine Aufstockung in diesem Titel gefordert haben.
Ich sagte bereits, dass wir ein Gesamtkonzept haben. Wir können daher in diesem Rahmen Ihrem Antrag nicht folgen. Was die Bundesebene angeht, sehen wir im Moment noch kein gemeinsames Finanzierungskonzept der Koalition. Darauf werden wir warten, um auch die Interessen Sachsens ordentlich vertreten zu können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden den Antrag „Sachsen familienfreundlicher machen – Eltern einen Rechtsanspruch auf Kinderkrippenplätze geben!“ selbstverständlich unterstützen. Wir selbst haben ja schon zahlreiche Initiativen eingebracht, so zum Beispiel die Drucksachen 4/4008, 4/5116 und 4/5233. Natürlich freut es uns, dass der NPD-Antrag in Drucksache 4/5116 von der FDP geradezu abgeschrieben wurde.
Ich denke, in dem Punkt Rechtsanspruch sind wir uns weitgehend einig. Deshalb möchte ich in Ergänzung der Debatte von gestern gern noch einmal auf das Thema Wahlfreiheit eingehen.
Die Wahlfreiheit zwischen häuslicher Erziehung und Fremdbetreuung ist in Sachsen weitgehend gegeben. Die Eltern können wählen, ob sie ihre Kinder in eine Einrichtung geben oder ob sie Elterngeld und Landeserziehungsgeld in Anspruch nehmen möchten. Aber diese Wahl beinhaltet ein finanzielles Ungleichgewicht. Die erwerbstätige Frau erfährt eine finanzielle Unterstützung durch die Subvention des Krippenplatzes. Die häuslich erziehende Mutter wird in Sachsen mit einem Minimalbetrag vor allem beim Elterngeld und beim Landeserziehungsgeld abgespeist, ohne auch nur eine Würdigung ihrer Erziehungsleistung zu erhalten.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Natürlich ist der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz zu begrüßen, aber Sie springen hier auf einen fahrenden Zug auf und vernachlässigen die schon angesprochene Gruppe der Eltern, die die häusliche Erziehung bevorzugt.
Meine Damen und Herren, diese Politik ist familienfeindlich und fördert in keiner Weise das soziale Miteinander. Bischof Mixa, der seine Vorstellungen zwar überspitzt präsentierte, damit aber die Diskussion über die Finanzierung erst anschob, hat völlig recht, wenn er dies sinngemäß als Abschiebepraxis bezeichnet und die Frauen dann als Gebärmaschinen ansieht. Die Hausfrau und Mutter ist bei der derzeitigen Politik und der einseitigen Favorisierung durch die Finanzierung in dieser Hinsicht wesentlich schlechter gestellt. Von einer echten Wahlfreiheit kann man also nicht sprechen. Die hätten wir erst erreicht, meine Damen und Herren, wenn Sie ernsthaft über unseren Vorschlag zur Einführung eines Müttergehalts nachdenken würden.
Den Rechtsanspruch festzuschreiben ist allerdings ein erster kleiner Schritt auf dem Weg zu einer echten Wahlmöglichkeit. Deshalb werden wir zustimmen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch in Sachsens Familienpolitik spiegelt sich die bundesweite Debatte der CDU um die künftige Familienpolitik wider. Einerseits sollen Familien und besonders junge Frauen in Ausbildung oder Beruf mit dem Bundeselterngeld dazu ermutigt werden, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Andererseits wollen sich Teile der CDU nicht von der Vorstellung lösen, dass es für Kleinkinder prinzipiell das Beste sei, ohne professionelle Betreuung in einer Kinderkrippe aufzuwachsen.
Darum geht es nicht! Natürlich kann das die Mutter, ich habe es selbst getan, aber darum geht es an dieser Stelle nicht.
Nun könnte man meinen, das spräche für die Wahlfreiheit, beide Lebensentwürfe würden gleichermaßen gefördert. Bei genauer Betrachtung klafft darin aber eine Lücke. Diese Lücke will die FDP mit ihrem Antrag schließen. Ohne einen Rechtsanspruch auf Krippenplätze ist zwar die Anzahl der Plätze, gemessen an Westdeutschland, hoch – darauf ist hingewiesen worden –, das hilft aber den Frauen, die nach einem Jahr Elterngeld ihre Ausbildung fortsetzen oder in den Beruf zurückkehren wollen, nicht. Sie brauchen keinen statistischen Krippenplatz, sondern eine ganz reale Betreuung für ihr Kind. Wahlfreiheit setzt ein Angebot an Kinderbetreuung voraus.
Die Bewertung beider Lebensentwürfe steht uns eben genau nicht zu. Wir dürfen Eltern auch nicht gegeneinander ausspielen. Die meisten Frauen mit Kleinkind – so der Siebte Familienbericht der Bundesregierung – wollen nicht 40 Stunden und mehr in der Woche arbeiten. Sie wollen aber den Kontakt zur Berufswelt und die Professionalität in ihrem Beruf nicht einbüßen. Deshalb arbeiten Mütter – und übrigens auch Väter – in Teilzeit. Dafür brauchen sie Angebote der Kinderbetreuung. Deshalb werden wir den Antrag der FDP unterstützen.
Wir möchten jedoch nicht verschweigen, dass dieser Antrag bei unserer Fraktion einiges Erstaunen ausgelöst hat. Haben wir in der Haushaltsdebatte Anträge der FDPFraktion verpasst? Ich glaube nicht.
Haben Sie, meine Damen und Herren – heute nur die Herren – von der FDP-Fraktion, mehr Mittel für die Kindertagesstättenbetreuung gefordert?
Auch eine Zustimmung zu unserem Antrag ist uns nicht in Erinnerung. Ohne zusätzliche Finanzen wird aber Ihr Rechtsanspruch auf Krippenplätze, den Sie fordern, nicht zu schultern sein. Bekanntlich sind Krippenplätze teurer als Kindergartenplätze. Mit der Einführung eines Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung für Kinder ab dem dritten
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gute Kinderbetreuung für die Jüngsten ist ein Angebot an Familien. Niemand wird gezwungen – es sei denn, durch die Lebensverhältnisse selbst –, das Angebot anzunehmen. Ausreichende Kinderkrippenplätze sind ein wirklicher Beitrag zur Wahlfreiheit der Lebensentwürfe. Im Internationalen Jahr der Chancengleichheit sollte das eine Selbstverständlichkeit sein.