Protocol of the Session on March 16, 2007

Ich erinnere an unsere Initiative vom letzten November, in der es um den Fremdsprachenunterricht ab Klasse 1 ging. Das war aus meiner Sicht eine eindeutig kinderfreundliche Maßnahme. Es hätte damals einer Entscheidung bedurft – der Kultusminister hat uns das bestätigt –, um dieses Ziel zu erreichen, und zwar hätte es 200 neue Grundschullehrer in Sachsen geben müssen. Laut Schätzung des Ministeriums hätten diese etwa 10 Millionen Euro gekostet. CDU und SPD waren nicht bereit, das Geld für dieses aus unserer Sicht sehr wichtige Projekt zur Verfügung zu stellen. Das Geld hätten Sie gehabt. Sie hätten es sogar mehr als einmal gehabt, Sie haben nur die Prioritäten anders gesetzt. Sie haben damals gesagt: Nein, diese Maßnahme ist uns nicht wichtig. Ihnen ist es zum Beispiel wichtiger, 23 Millionen Euro Steuermehreinnahmen – ich habe das heute früh schon einmal gesagt – in das Staatsweingut Schloss Wackerbarth zu stecken oder gar 60 Millionen Euro an die SAB zu geben. Das ist eine Prioritätensetzung, meine Damen und Herren, die wir für falsch halten.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der Linksfraktion.PDS)

Durch einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz muss der Staat, müssen also auch Sie hier im Land wesentlich mehr Geld in die Hand nehmen. Sie müssen dieses Geld zur Verfügung stellen, und das kann durchaus bedeuten, dass Schloss Wackerbarth – wie jedes andere Privatunternehmen auch – mit dem auskommen muss, was es im Moment hat. Das Geld steht zur Verfügung. Sie müssen die Kapazitäten im Voraus schaffen. Sie können sich nicht mehr um die Bereitstellung notwendiger Gelder herumdrücken.

Das, meine Damen und Herren, ist für uns eine echte Investition in die Zukunft. Dafür bitten wir Sie um Ihre Zustimmung.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der Linksfraktion.PDS)

Die CDU-Fraktion in Person von Frau Nicolaus. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu Ihrem Antrag, Herr Zastrow: „Sachsen familienfreundlicher machen – Eltern einen Rechtsanspruch auf Kinderkrippenplätze geben!“ Da frage ich mich wirklich: Eltern wollen Sie einen Rechtsanspruch auf Kinderkrippenplätze geben? Ich denke, dass die alle älter als drei Jahre sind; davon gehe ich aus. Es hätte also heißen müssen: „den Kindern“ – also den Null- bis Dreijährigen – „einen Rechtsanspruch geben“.

(Holger Zastrow, FDP: Frau Nicolaus!)

Ich denke, das kann kein Mensch beschließen.

Bei der Begründung geht es weiter holterdiepolter. Da steht etwas von unterschiedlich gelebten Familienmodellen. Dann geht es weiter mit einem Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz. Das ist aus meiner Sicht alles zusammengesammelt. Vielleicht war Kristin Schütz nicht da, sonst wäre dieser Antrag nicht so formuliert worden.

(Holger Zastrow, FDP: Sie hat es geschrieben!)

Das haben mit Sicherheit Sie geschrieben. So haben Sie es auch vorgetragen.

(Holger Zastrow, FDP: Darum kümmere ich mich nicht!)

Jetzt gebe ich Ihnen noch einen kleinen Nachhilfekurs. Ich schätze unsere Ministerin und auch das Ministerium sehr. Aber das Geld, von dem Sie gesprochen haben, das für die Kindergarten- und Kinderkrippenplätze zur Verfügung gestellt wird, hat das Hohe Haus beschlossen. Ich kann mich gut daran erinnern, dass Sie dem nicht zugestimmt haben. Sie wollten also das Geld gar nicht? Das ist wirklich bedauerlich. Das liegt vielleicht daran, dass Sie bei bestimmten populistischen Anträgen so viele Annoncen schalten müssen oder dass Sie nicht alles mitbekommen, weil Sie am Halbtagsparlament festhalten.

Ich stehe einer Gemeinde von 1 500 Einwohnern vor. Wir haben in diesem Jahr 22 eigene Einschüler. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Außerdem wurden in diesem Jahr schon neun Kinder geboren.

Das kommt natürlich nicht von allein. Man muss ein familienfreundliches Umfeld schaffen.

(Holger Zastrow, FDP: Darum geht es!)

Nur dann fühlen sich die Familien in den Kommunen wohl und es kommen Kinder zur Welt. Ich will damit sagen, dass das gesamte Umfeld stimmen muss. Es hängt nicht allein an den Krippenplätzen.

(Beifall des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Sicher ist das ein wichtiger Punkt. Aber wir haben in diesem Hohen Hause nicht nur die Millionen für das KitaInvestitionsprogramm eingestellt, wir haben vieles mehr getan. Ich bin sehr dankbar, dass man uns hier im sozialen Bereich gefolgt ist.

Vielleicht haben Sie es nicht gelesen, weil das bei den Halbzeitparlamentariern problematisch ist, aber wir haben zum Beispiel für die Erzieherinnen noch einmal nachgelegt. Die Erzieherinnen erhalten eine Stunde pro Woche pro Gruppe pro Kindergartenjahr zum Beispiel für den Sächsischen Bildungsplan, für das Frühwarnsystem und vieles mehr. Darin sind wir als Freistaat Sachsen einmalig, dass wir dies den Einrichtungen und den Erzieherinnen einräumen können. Das ist nur ein Punkt.

Wir haben das Vorschuljahr eingeführt, meine sehr verehrten Herren von der FDP-Fraktion. Aber das ist bestimmt alles total an Ihnen vorbeigegangen. Wir haben eine gute Vernetzung zwischen Kindergarten und Grundschule. Hierbei sind wir „spitzenmäßig“. Das macht viel aus, was die Familienfreundlichkeit betrifft. Das nehmen die Eltern wahr. Wir können stolz darauf sein, dass dies so passiert. Auch der vorschulische Bereich ist elternbeitragsfrei – das möchte ich in den Raum stellen.

Das, was Sie skizziert haben – dass es nur an den Krippenplätzen hänge und dass keine Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorhanden sei, muss ich zurückweisen. Sicher ist Dresden – das will ich Ihnen gern zugestehen – ein Einzelfall, Leipzig auch. In den großen Städten gibt es Probleme. Aber hier ist viel passiert.

Wir bezuschussen die Tagesmütter ebenso wie die Krippeneinrichtungen. Wir haben keine Krippeneinrichtungen im eigentlichen Sinne, sondern wir haben gemischte Einrichtungen, die Kindertageseinrichtungen, von denen die Krippenplätze ein Bestandteil sind. Viele, vor allem die großen Städte, haben für die Null- bis Dreijährigen auf die Tagesmütter zurückgegriffen. Antje Hermenau ist jetzt nicht da; sie hat dieses Mittel für sich in Anspruch genommen. Ich selbst – das habe ich gestern bereits vorgetragen – habe das auch bei meinem kleinen Sohn getan. Das funktioniert hervorragend. Sicher muss man erst einmal schauen, ob man sofort eine Tagesmutter bekommt. Aber ich glaube nicht, dass eine Mutter zu Hause bleiben muss, weil sie keinen Platz gefunden hat. Ich denke, das haben Sie jetzt in den Raum gestellt, weil man das in der Stadtratssitzung so diskutiert hat.

(Zuruf des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Ich will nicht sagen, dass wir keinen Nachholbedarf hätten. Wir arbeiten daran und haben ein Konzept, das wir kontinuierlich entwickelt haben. Darauf können wir stolz sein und das lasse ich mir von Ihnen nicht madig machen!

(Holger Zastrow, FDP: Das habe ich nie gemacht, Frau Nicolaus!)

Noch etwas zu Ihren Ausführungen zum Rechtsanspruch auf Bundesebene: Auch dieser wäre aus unserer Sicht wünschenswert. Aber ich denke, das muss der Bund selbst

entscheiden. Der Bund muss uns auch sagen, wie es finanziert wird; denn bei einem Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, der im SGB VIII festgeschrieben ist, gibt uns der Bund keine müde Mark. Das ist so. Momentan haben wir eine Drittelfinanzierung: ein Drittel Land, ein Drittel Kommune, ein Drittel Eltern. Wenn der Bund den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz beschließt, dann verlange ich von diesem Rednerpult aus, dass der Bund das auch durchfinanziert. Es kann nicht sein, dass nur wir die Lasten tragen.

(Dr. Jürgen Martens, FDP: Lasten?)

Wir haben uns dazu bekannt, dass wir seitens des Freistaates ein Drittel finanzieren. Das wollen wir weiterhin tun, aber wir können es nicht in der Gesamtheit finanzieren. Wenn wir als Land den Rechtsanspruch beschließen, müssen wir es in Gänze durchfinanzieren. Das muss man eindeutig sagen. Wir haben nicht nur 33 % Krippenbetreuung, Herr Zastrow, sondern wir haben 43 %. Sie hätten richtig nachlesen müssen!

Aus meiner Sicht ist der Antrag weder zielführend, noch entspricht er den jeweiligen Grundlagen. Schon von der Überschrift her ist er einfach falsch. Aber dazu werden Sie sich noch einmal äußern können.

Ich sage es noch einmal abschließend: Wir haben ein gutes Konzept, eine gute Finanzierungsgrundlage, ein gutes Betreuungssystem und eine Familienfreundlichkeit in Sachsen, die sich sehen lassen können; und das lassen wir uns von Ihnen nicht madig machen.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Herr Neubert, Sie sind schon auf dem Weg. Sie sprechen für die Linksfraktion.PDS.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorliegende Initiative ist richtig und wichtig, wenn auch nicht neu. Das ist der Dissens, Frau Nicolaus.

Nicht neu ist sie deshalb, weil es in diesem Hohen Haus in der letzten und in der laufenden Legislaturperiode zahlreiche Initiativen gegeben hat, die in die gleiche Richtung gegangen sind und zum Teil wesentlich genauer und konkreter waren. Allein meine Fraktion ist mehrfach mit Gesetzentwürfen und Anträgen für die Ausdehnung des Rechtsanspruches auf Krippenplätze vorstellig geworden. Hinzu kamen Initiativen der SPD, solange sie noch nicht in der Regierung war, und auch der eine oder andere Antrag von der FDP und den GRÜNEN.

Es gibt sicher Abgeordnete hier im Haus, die das Thema schon nicht mehr hören können, vor allem nicht zu fortgeschrittener Stunde am Freitag. Aber ich denke, das dürfen wir ihnen nicht ersparen; denn solange dieser Rechtsanspruch auch in Sachsen noch nicht Wirklichkeit geworden ist, muss er hier im Landtag immer wieder

eingefordert werden. Insofern ist der Antrag mehr als berechtigt.

(Beifall bei der FDP)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist keineswegs so, dass in Sachsen ohne einen solchen Rechtsanspruch alles zum Besten stünde. An der Stelle möchte ich auf Sie eingehen, Frau Nicolaus. – Frau Nicolaus?

(Kerstin Nicolaus, CDU: Ja, Herr Neubert? – Heiterkeit bei der CDU)

Frau Nicolaus, Sie haben ausgeführt, was in den letzten Jahren in dem Bereich getan wurde. Wir haben das häufig begrüßt.

(Kerstin Nicolaus, CDU: Aber nie zugestimmt!)

Wir haben an der einen oder anderen Stelle kritisiert, dass es nicht weit genug geht, aber man kann doch nicht den Inhalt des Antrages – nämlich die Ausdehnung des Rechtsanspruches – ins Verhältnis mit den anderen Dingen setzen. In diesem Antrag geht es um etwas ganz anderes.

(Beifall bei der FDP)

Wenn ich gerade bei Ihrem Redebeitrag bin: Ich wünsche mir – wir hatten es gestern schon –, dass wir als Sachsen in der Diskussion auf Bundesebene deutlich machen, dass wir die Mittel des Bundes für eine qualitative Weiterentwicklung im Kindertagesstättenbereich nutzen wollen, damit das Geld nicht nur in den Westen geht. Ich kann Sie nur bitten und auffordern, in die Kommunikation einzutreten.

Nach wie vor werden – das ist genau der Punkt, Frau Nicolaus – Kindern und damit deren Eltern Krippenplätze verweigert, zum Teil aus reinen Kapazitätsgründen. Es wurde die Situation vor allem in den drei Großstädten angesprochen. Aber nach wie vor werden Kinder in sächsischen Landkreisen – das scheint mancher geradezu verdrängt zu haben – ganz oder teilweise mittels Zugangskriterien aus der Krippenbetreuung ausgeschlossen. Das geschieht in aller Regel keineswegs aus Kapazitätsgründen, sondern aus simplen Kostengründen. Es handelt sich meist um die Kinder arbeitsloser oder teilzeitbeschäftigter Eltern. Deshalb muss spätestens an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass es eben nicht nur um das Recht der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gehen kann, sondern auch um das Recht der Kinder auf frühkindliche Förderung und Bildung gemeinsam mit anderen Kindern. Hierbei geht es um den gleichen Zugang zu Bildung.

Damit bin ich an einem kleinen Kritikpunkt am FDPAntrag. Dort geht es nur um einen Rechtsanspruch der Eltern. Uns geht es um einen Rechtsanspruch des Kindes. Genau die Denkweise, die hinter den Zugangskriterien in Sachsen steht – arbeitslose Mütter brauchen keine Krippen –, zeigt, dass es hier nicht nur um Wortklauberei geht. Die Kritik bezieht sich auf die Überschrift; dem eigentlichen Text kann man voll und ganz zustimmen.