Protocol of the Session on March 16, 2007

(Dr. Johannes Müller, NPD: Machen wir so!)

Ja. Aber Ihr Begehren ist legitim.

Erklärung zu Protokoll

Ein Antrag, wie man auf den ersten Blick meinen könnte, sehr lobenswert, da er der Erhaltung des Friedens dienen soll. Wie gesagt, auf den ersten Blick. Aber bei näherer Betrachtung wird uns der wahre Hintergrund des Antrages bewusst werden.

Fangen wir nun mit dem Land an, das angeblich mit der logistischen Hilfe des Freistaates Sachsen angegriffen werden soll. Es handelt sich hier um die Islamische Republik Iran, ein Land mit 70 Millionen Einwohnern. Der Islam ist Staatsreligion; der oberste Rechtsgelehrte, also Revolutionsführer, ist Seyyed Chamene. Er hat die uneingeschränkte Macht, ernennt die obersten Richter (allesamt Geistliche) und ist auch Oberkommandierender der Streitkräfte. Er wird vom Expertenrat auf Lebenszeit gewählt. Dieser wird wiederum aller acht Jahre vom Volk gewählt, wobei der Wächterrat die Kandidaten genehmigen muss. Das Staatsoberhaupt dieses Staates ist seit 2005 Mahmud Ahmadinedschad. Die Macht von Präsident, Regierung und Parlament ist jedoch stark beschränkt; denn alle zu wählenden Kandidaten und alle Gesetze müssen vom Wächterrat bestätigt werden. Zudem hat in allen Fragen der Revolutionsführer das letzte Wort.

94 Menschen wurden 2005 hingerichtet, darunter acht Minderjährige. Die Urteile wurden durch Steinigung, Enthauptung mit dem Schwert sowie Erhängen vollstreckt. Man kann also bei den hier genannten Tatsachen nicht davon ausgehen, dass es sich bei der Republik Iran um eine Demokratie nach unseren Vorstellungen handelt. Bei der NPD sieht man das sicher anders. Auch werden im Iran die Rechte anderer religiöser Gruppen mit Füßen getreten. Nicht zu vergessen ist die unterwerfende Rolle der Frau.

Was für die westliche Welt jedoch existenzbedrohend sein kann, ist das Rüstungs- und Atomprogramm des iranischen Staates. Seitdem der neu gewählte Präsident im Amt ist, gibt es eine Aufrüstung nie gekannten Ausmaßes. Modernste Waffentechnik wird aus Russland sowie China

importiert: größtenteils Raketensysteme, die eine Reichweite bis Israel haben. Neueste Entwicklungen können sogar Ziele in Europa erreichen. Dazu kommt die Unterstützung des weltweiten Terrorismus.

Kommen wir nun zum Atomprogramm des Irans. Nach den Worten des iranischen Präsidenten soll es dazu dienen, die Energieproduktion und deren Unabhängigkeit zu sichern. Das könnte man vielleicht einem rohstoffarmen Land wie Japan glauben, aber nicht einem der erdölreichsten Länder der Welt. Nein, meine Damen und Herren, die wahren Gründe sind andere. Der iranische Präsident spricht sie ja ganz offen aus. Er sagt zum Beispiel – ich zitiere –: „Das Regime, das Jerusalem besetzt hält, muss aus den Geschichtsbüchern eliminiert werden. Israel muss von der Landkarte getilgt werden.“

Wenn Israel einen Militärschlag gegen die Atomanlagen des Irans führen würde, wäre es auf jeden Fall ein Präventivschlag, der für die Existenz des Staates Israel unerlässlich wäre. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass der Staat Israel oder unser NATO-Partner USA irgendwelche Hilfe – in welcher Form auch immer – von uns erwarten – maximal moralische. Und ich hoffe, dass der Militärschlag schnell kommt, um diesen Irren zu stoppen, bevor er die Atombombe hat.

Meine Damen und Herren der NPD-Fraktion, wir in diesem Hause haben Sie durchschaut. Sie machen es uns allerdings mit diesen Anträgen auch leicht. Sie handeln nach dem Motto „Der Feind meines Feindes ist mein Feind“; und da Sie antisemitisch eingestellt sind, kann ja nur der Iran Ihr Freund sein und Israel Ihr Feind. Ich hoffe weiter auf so plumpe und entlarvende Anträge, damit wir Sie weiter vorführen können und die Sachsen merken, dass Sie ein Unfall in der Parlamentsgeschichte waren.

Ihren Antrag lehne ich selbstverständlich ab.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 11

Sachsen familienfreundlicher machen – Eltern einen Rechtsanspruch auf Kinderkrippenplätze geben!

Drucksache 4/8184, Antrag der Fraktion der FDP

Die einreichende Fraktion in Gestalt des Fraktionsvorsitzenden Zastrow hat das Wort. Danach die gewohnte Reihenfolge, die wir kennen. Bitte, Herr Zastrow.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Besser als zu dieser Debatte kann es eigentlich gar nicht passen. Sie hat wirklich lange durchgehalten, aber ich darf Ihnen mitteilen, dass meine liebe Kollegin Kristin Schütz nun endlich in den wohlverdienten Mutterschutz gegangen ist

(Beifall bei der FDP und des Abg. Mirko Schmidt, fraktionslos)

und in drei Wochen einen hoffentlich kräftigen und gesunden Nachwuchs zur Welt bringen wird. Deswegen gestatten Sie mir bitte, dass ich heute einspringe und sie hier vorn vertreten darf.

(Stefan Brangs, SPD: Gewisse Ähnlichkeit ist vorhanden! – Heiterkeit)

Herr Brangs, ich hoffe, dass Sie mir das noch mal erklären. Ich weiß nicht, für wen das jetzt kein Kompliment war.

Meine Damen und Herren! Sachsen ist spitze,

(Beifall der Abg. Rita Henke und Frank Kupfer, CDU)

sogar richtig spitze, zumindest dann, wenn es um die Betreuung unserer Kinder geht. Wir haben mit die meisten Kindergartenplätze von allen. Es gibt ein paar ostdeutsche Länder, die noch ein wenig besser sind, aber im Vergleich zu den alten Ländern sind wir ganz weit vorn. Das Gleiche gilt für die Kinderkrippenplätze. Die meisten Kinder haben wir leider nicht, aber wie Sie sehen: Wir arbeiten daran.

(Rita Henke, CDU: Sie auch? – Frank Kupfer, CDU: Wer ist „wir“?)

Meine Familienplanung verrate ich Ihnen jetzt noch nicht. Sie werden es rechtzeitig erfahren. – Die Rahmenbedingungen für mehr Kinder in Sachsen sind gar nicht mal so schlecht. Deswegen können wir vielleicht heute sagen, dass wir noch nicht die meisten Kinder unter den bundesdeutschen Ländern haben.

Es ist wahr, wir haben in Sachsen traumhafte Zustände, wenn wir uns mit Westdeutschland vergleichen. Für 33,5 % aller null- bis dreijährigen Kinder stehen Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung. Das ist ungefähr das Fünffache dessen, was beispielsweise das Land Nordrhein-Westfalen anbietet. Wie so oft, meine Damen und Herren, sind die Menschen aber schneller als die Politik. Während wir noch über den demografischen Wandel

philosophieren und das Aussterben von uns Sachsen befürchten, üben sich die Menschen in Aktivität. An immer mehr Stellen in Sachsen erleben wir einen kleinen, aber sehr feinen Baby-Boom.

Was vor wenigen Jahren, glaube ich, die allerwenigsten für möglich gehalten haben: Es gibt wieder Orte in Sachsen – gar nicht so wenige –, die sich nach Jahren des Schrumpfens über einen durchaus sichtbaren Bevölkerungszuwachs freuen dürfen. Das reicht in saldo natürlich noch nicht aus. Aber in Dresden beispielsweise ist im September letzten Jahres erstmals der Bann gebrochen worden. Seither gibt es in der Landeshauptstadt nämlich nicht nur einen Bevölkerungszuwachs – Sie wissen, wir haben im letzten Jahr in Dresden die Halbe-MillionGrenze endlich wieder geknackt –, sondern es gibt sogar einen Geburtenüberschuss. Das heißt, wir haben in Dresden seit September letzten Jahres mehr Geburten als Sterbefälle.

Dresden wächst also, Herr Porsch, auch Leipzig, Görlitz, Bautzen, selbst eine kleine Kommune wie Kirschau – immer mehr Orte in Sachsen. Hätte das vor ein paar Jahren jemand prognostiziert, dann wäre er mit Sicherheit – wahrscheinlich auch hier in diesem Hause – kräftig ausgelacht worden. Es ist eben doch ganz gut, dass der demografische Wandel nicht von Wissenschaftlern, sondern von den Familien gemacht wird, meine Damen und Herren.

Dieses Wachstum freut uns. Es hat der Politik aber auch ein vor Jahren kaum denkbares Problem gebracht. Denn die 33,5 % Krippenplätze, die wir für die bis zu Dreijährigen bereithalten, reichen nicht mehr aus. Wenn Sie beispielsweise in Dresden einen Krippenplatz suchen, dann ist es keine Selbstverständlichkeit, dass Sie ihn ohne Weiteres auch bekommen. Es ist vor allem keine Selbstverständlichkeit, wenn Sie den Wunsch hegen, einen Krippenplatz möglichst in der Gegend Ihres Wohnortes oder alternativ in der Gegend Ihres Arbeitsplatzes zu finden.

Es gibt nicht wenige Dresdner, die ich selbst kenne und die Mitarbeiter in meinem Unternehmen sind, die jeden Tag ungefähr eine Dreiviertelstunde durch diese Stadt fahren, um am anderen Ende der Stadt einen Krippenplatz zu bekommen. Ich denke, das ist ein Zustand, der nicht mit dem Anspruch der Vereinbarkeit von Beruf und Familie übereinstimmt.

(Beifall bei der FDP)

Das ist übrigens auch ganz gut mit Zahlen belegbar. Weil ich Stadtrat in dieser Stadt bin, gestatten Sie mir vielleicht, dass ich die Zahlen meiner Heimatstadt nehme. In Dresden fehlen zurzeit bereits – mit steigender Tendenz –

rund 450 Krippenplätze. Dazu kommt aktuell ein Bedarf von zusätzlich 800 Kindergartenplätzen; bis 2011 – so im Moment die Prognose – werden es sogar 1 350 fehlende Kindergartenplätze sein.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Hört, hört!)

Elterngeld und die kürzere Auszahlung des Landeserziehungsgeldes führen zudem sicher zu einem steigenden Bedarf an Krippenplätzen – und das, obwohl die Stadt ihre politischen Prioritäten längst in den Bereich der Schaffung neuer Krippen, überhaupt neuer KitaEinrichtungen sowie der Schulsanierung gelegt hat. Allein 820 neue Plätze hat die Stadt im Jahr 2006 in Hort, Kindergarten und Kinderkrippe geschaffen. Übrigens – daran will ich noch erinnern, weil es ein Antrag der FDP war, aber verabschiedet worden ist er mit den Stimmen der CDU und großen Teilen der Linksfraktion.PDS – wird die Stadt auch einen erheblichen Teil der Mehreinnahmen aus dem Verkauf der Dresdner Wohnungsbaugesellschaft für Krippen, Kitas und Schulen einsetzen.

Das heißt, Dresden und die meisten anderen sächsischen Kommunen erledigen ihre Hausaufgaben in diesem Bereich schon sehr gut und gehen oft bis an die Grenze ihrer finanziellen Belastbarkeit. Schauen Sie beispielsweise unsere Nachbarstadt Heidenau an; der fällt es bestimmt nicht leicht, 1,4 Millionen Euro für eine neue Krippe investieren zu müssen. Sie tut es trotzdem, und das ist auch gut so.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Staatsministerin Helma Orosz)

Ich weiß, dass die Staatsregierung aktiv geworden ist und sich dazu entschlossen hat, mehr Geld für Kinderkrippen zur Verfügung zu stellen.

(Zuruf der Abg. Kerstin Nicolaus, CDU)

Statt 15 Millionen Euro sind es jetzt, glaube ich, 20 Millionen Euro pro Jahr, die das Land für KitaProjekte in Sachsen als Kofinanzierung zur Verfügung stellt. Das ist eine gute Sache und zeigt, wie wir in Sachsen über dieses Problem denken. Allerdings – und damit möchte ich auf die Kleine Anfrage meines Kollegen Falk Neubert mit der Drucksache 4/5691 verweisen – haben wir in Sachsen einen Kita-Sanierungsbedarf in Höhe von sage und schreibe 264 Millionen Euro. Das ist nur die Sanierung. Beim Neubau haben wir in Sachsen einen Bedarf von mehr als 121 Millionen Euro. Damit sind die 20 Millionen Euro, die wir zur Verfügung stellen, am Ende wirklich nur ein Tropfen auf den heißen Stein und aus Sicht der FDP eindeutig viel zu wenig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Warum ein Rechtsanspruch? Ich will es Ihnen ganz klar sagen. Wir als FDP vertrauen nicht darauf, dass der Staat am Ende, wenn es um die Wurst geht, tatsächlich die Prioritäten für mehr Familien- und Kinderfreundlichkeit in diesem Land richtig setzt – weil wir nicht daran glau

ben, dass der Staat im Zweifel wirklich freiwillig mehr für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf tut.

(Staatsministerin Helma Orosz: Sie sind doch für weniger Staat!)

Frau Orosz, wenn Sie sagen, dass die Kommunen daran schuld sind, dann sage ich Ihnen als Dresdner Stadtrat, dass wir das maximal Mögliche tun. Ich denke aber, dass Kinderfreundlichkeit nicht nur eine Aufgabe der sächsischen Kommunen sein kann, sondern dass sich der Freistaat Sachsen als Land, aber auch die Bundesrepublik viel stärker als bisher daran beteiligen müssen. Das ist unsere Forderung.

(Beifall bei der FDP)

Die Kommunen haben das längst erkannt. Sie investieren in ihre eigene Zukunft, und zwar bis an ihre finanzielle Belastungsgrenze. Hier im Sächsischen Landtag habe ich nicht immer den Eindruck, dass die Prioritätensetzung richtig vorgenommen wird. Ich will Ihnen nur ein kleines Beispiel nennen. Meine Kollegen werden das sicher nachher ergänzen.

Ich erinnere an unsere Initiative vom letzten November, in der es um den Fremdsprachenunterricht ab Klasse 1 ging. Das war aus meiner Sicht eine eindeutig kinderfreundliche Maßnahme. Es hätte damals einer Entscheidung bedurft – der Kultusminister hat uns das bestätigt –, um dieses Ziel zu erreichen, und zwar hätte es 200 neue Grundschullehrer in Sachsen geben müssen. Laut Schätzung des Ministeriums hätten diese etwa 10 Millionen Euro gekostet. CDU und SPD waren nicht bereit, das Geld für dieses aus unserer Sicht sehr wichtige Projekt zur Verfügung zu stellen. Das Geld hätten Sie gehabt. Sie hätten es sogar mehr als einmal gehabt, Sie haben nur die Prioritäten anders gesetzt. Sie haben damals gesagt: Nein, diese Maßnahme ist uns nicht wichtig. Ihnen ist es zum Beispiel wichtiger, 23 Millionen Euro Steuermehreinnahmen – ich habe das heute früh schon einmal gesagt – in das Staatsweingut Schloss Wackerbarth zu stecken oder gar 60 Millionen Euro an die SAB zu geben. Das ist eine Prioritätensetzung, meine Damen und Herren, die wir für falsch halten.