Protocol of the Session on March 16, 2007

Bis heute werden in Ihren Reihen Straftäter wegen der Leugnung des Holocaust verurteilt, und bis heute fehlt von Ihrer Seite jegliche inhaltliche Distanzierung vom Nationalsozialismus und von Hitlerdeutschland.

(Jürgen Gansel, NPD: Wir distanzieren uns von diesem Geschwätz, Herr Schneider! Ihr Antrag, Herr Gansel, den Sie heute als Fraktion stellen, steht genau in diesem historischen Kontext. Sie versuchen bis heute, eine Revision der Geschichtsschrei- bung über die Zeit des Nationalsozialismus zu erreichen. Auch ausweislich des heutigen Antrages, den Sie hier mit keiner Silbe begründet haben, benutzen Sie das Hohe Haus ebenfalls für Ihre fremdenfeindlichen, antidemokra- tischen, autoritären und verfassungsfeindlichen Ziele. Dies lassen wir nicht durchgehen. (Beifall der Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU, sowie Torsten Herbst und Tino Günther, FDP)

Ihr heutiger Antrag trieft geradezu vor Antiamerikanismus und Antisemitismus. Sie setzen sich mit Ihrem Antrag – gerade weil es um die Iranische Republik geht – mit politischen Freunden derselben Gesinnung ins Bett. Sie setzen sich ins Bett mit solchen Leuten, die vor allem bis heute den Holocaust und die Schandtaten des Nationalsozialismus in Abrede stellen. Das muss man sich einmal überlegen.

(Beifall der Abg. Dr. Gisela Schwarz, SPD)

Meine Damen und Herren! Die Wahrheit ist die folgende: Das iranische Atomprogramm ist Gegenstand einer Reihe von Resolutionen der Vereinten Nationen, die der Sicherheitsrat bis heute verabschieden musste und die vom Iran bis heute – bis heute! – missachtet wird. Wenn es im Moment um die islamische Republik Iran geht, geht es nicht etwa – wie Sie unterstellen wollen –, um einen Angriffskrieg gegen den Iran. Es geht um nicht mehr, aber auch nicht weniger als das Bemühen der Staatengemeinschaft und damit natürlich auch der Bundesrepublik Deutschland, die Proliferation und damit die weitere Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern, und, meine Damen und Herren, hier stehen wir tatsächlich am Scheideweg. Dazu hätte ich gern von Ihnen ein Wort gehört. Es gelingt entweder der Staatengemeinschaft – und damit auch der Bundesrepublik –, den Iran und andere Staaten vom Spiel mit nuklearen Optionen fernzuhalten, oder aber wir erleben eine neue Runde nuklearen Wahnsinns mit unabsehbaren Konsequenzen.

(Jürgen Gansel, NPD: Beispiel Großbritannien!)

Darum geht es, Herr Gansel, und nicht um die wirren Gedanken, die Sie mit Ihrem Antrag heute mündlich verlautbaren ließen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Danke schön. – Die Linksfraktion.PDS hat keinen Redner gemeldet. Für die SPD ist bereits mit gesprochen worden. Die FDP? – Die GRÜNEN? – Die Staatsregierung? – Besteht noch einmal allgemeiner Redebedarf, Herr Dr. Müller? – Bitte schön. Sie haben auch noch das Schlusswort, das ist klar.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf die Entgleisungen von Herrn Prof. Schneider möchte ich von dieser Stelle aus nicht eingehen; ich möchte zum Thema sprechen.

In den deutschen Massenmedien und den Aussagen der politischen Klasse werden im schwelenden Atomkonflikt der Iran und sein Präsident Mahmud Ahmadinedschad als Aggressoren und als Wortbrüchige dargestellt, während der Westen angeblich nur die Einhaltung des internationalen Rechtes überwacht. Nichts könnte falscher sein. Die Wirklichkeit sieht völlig anders aus. In Wirklichkeit war es der UN-Sicherheitsrat, der sich von den USA unter Druck setzen und instrumentalisieren ließ und mit seinem Sanktionsbeschluss einen Tag vor Weihnachten die Weichen auf Krieg stellte.

Jeder gut informierte internationale Beobachter weiß, dass die Regierung in Teheran der Forderung nach Einstellung ihrer Arbeiten an der Urananreicherung nicht nachkommen wird und nicht nachkommen kann, schon gar nicht unter dem Druck von Sanktionen. Es gibt für den Sicherheitsratsbeschluss nämlich nicht die allergeringste legale Grundlage. Wie alle Unterzeichnerstaaten des Atomwaffensperrvertrages hat natürlich auch der Iran das Recht zur Urananreicherung, und selbst iranische Kritiker des Präsidenten Ahmadinedschad stehen in dieser Frage hinter der Regierung.

Der Atomwaffensperrvertrag wurde und wird schon seit Jahrzehnten von anderen Nationen gebrochen, ohne dass dies die geringsten Folgen hätte. So treiben die USA schon seit einiger Zeit die Weiterentwicklung von Nuklearwaffen voran, was der Vertrag eindeutig verbietet. Das größte Skandalon des internationalen Rechtes ist allerdings das Atomarsenal Israels, das nach Experteneinschätzung bis zu 200 Atomsprengköpfe umfasst. Dieses israelische Nukleararsenal ist es, das den Atomwaffensperrvertrag zu einem wertlosen Stück Papier macht – nicht aber das Schließen des Urankreislaufes in einem Meiler im iranischen Natans – ein Vorgang, der laut Atomwaffensperrvertrag jeder Nation erlaubt ist.

Der unter dem Druck der USA herbeigeführte UNOBeschluss dient deshalb in der Hauptsache der propagandistischen Vorbereitung des von der US-Regierung gewollten Krieges. Wie vor dem Überfall auf den Irak soll der Welt weisgemacht werden, es gehe darum, einem Schurkenregime die Massenvernichtungswaffe aus der Hand zu reißen. Im Fall des Irans geht es um angebliche Pläne, Atomwaffen zu produzieren. Beweise für solche Pläne hat die Internationale Atomwaffenbehörde IAEA in drei Jahren intensiver Untersuchung nicht entdecken können, weshalb ihr der Fall entzogen und an die US-dominierte UNO delegiert wurde.

Nicht einmal die US-Regierung behauptet, solche Beweise zu besitzen. Die Sanktionen der UNO sollen lediglich die fehlenden Beweise ersetzen. Denn wenn es solche iranischen Pläne nicht geben würde, gäbe es auch keine Sanktionen, lautet die infame Logik. Aus der Strafe für gebrochene UNO-Sanktionen, die mit dem eigentlichen Thema der iranischen Uran-Anreicherung überhaupt nichts zu tun haben, soll die internationale Öffentlichkeit schlussfolgern, dass ein Vergehen des Irans vorliegen muss, mit dem sich wiederum ein neuer Krieg begründen

ließe; denn auch Artikel 7 der UN-Charta, der ein aggressives Vorgehen gegen Nachbarländer verbietet, wird vom Iran bekanntlich nicht verletzt.

Ich scheue mich nicht, dieses Vorgehen gegen den Iran als Intrige zu bezeichnen. Flankiert wird diese Intrige von einem gnadenlosen Propaganda-Trommelfeuer, das mit dem Ziel entfacht wird, das Ansehen des Irans und seiner Führung im Westen systematisch zu ruinieren. In der sogenannten westlichen Wertegemeinschaft soll der Iran als potenzielle Gefahr wahrgenommen werden. Die Wahrheit ist: Alle Gründe, die gegen das iranische Atomprogramm sprechen, sprechen auch gegen die Programme anderer Länder. Anreicherungsanlagen ermöglichen den Zugriff auf die Bombe; Plutonium, das im normalen Kraftwerksbetrieb anfällt, eröffnet die Bombenoption ebenfalls.

Selbst ohne die technischen Risiken und Nebenwirkungen der zivilen Nutzung von Atomkraft setzt eine gefahrlose Nutzung auch politische Stabilität über möglichst Tausende von Jahren voraus. Wenn dies je in einer Region möglich sein sollte, ist es immer noch nötig, jegliche kriminelle Energie, die aus dem Strahlenmaterial eine Gefahr für zahllose Menschen machen könnte, zu kontrollieren. In letzter Instanz bedingt die Atomwirtschaft immer eine mehr oder weniger massive staatliche Sicherheitspolitik und kann jederzeit als Argument oder Vorwand für Repressionen genutzt werden.

Wer nun aber die Gefahren der Atomenergie allein im Iran bekämpft, der sorgt faktisch dafür, dass aus dem ohnehin schon asymmetrischen Nicht-Verbreitungsvertrag mit seiner Unterscheidung zwischen Atomwaffenstaaten und Nicht-Atomwaffenstaaten ein nukleares Apartheidregime wird. Neben Staaten mit Atomwaffen, die ihre eigenen Abrüstungsverpflichtungen ignorieren, gibt es angeblich zuverlässige Staaten, die anreichern und die Brennelemente verkaufen können, und als unterste Stufe diejenigen, die lediglich AKWs betreiben dürfen und abhängig von Lieferung sind. US-Präsident George W. Bush schlug in seiner Grundsatzrede im Februar 2004 genau ein solches nukleares Apartheidregime vor. Damit wird nukleares Faustrecht etabliert, was im Sinne der Erfinder liegen dürfte.

Ich fordere den Ministerpräsidenten Prof. Dr. Georg Milbradt dazu auf, diese Zusammenhänge offen und ungeschminkt bei seinem Israelbesuch anzusprechen. Herr Prof. Milbradt, machen Sie Ihren Gastgebern unmissverständlich klar, dass die Sächsische Staatsregierung und Sie um die Heuchelei wissen, die um den Atomwaffensperrvertrag und den Atomkonflikt mit dem Iran betrieben wird. Machen Sie Ihren Gesprächspartnern klar, dass deshalb aus deutscher und sächsischer Sicht eine Beilegung des Konfliktes nur durch einen offenen Dialog mit den arabischen Nachbarn Israels infrage kommt und dass natürlich auch die festgeschriebenen Rechte, die dem Iran aus dem Atomwaffensperrvertrag erwachsen, nicht mehr länger infrage gestellt werden können.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Gibt es seitens der Fraktionen daraufhin noch einmal Redebedarf? – Seitens der Staatsregierung ebenfalls nicht? – Dann hat die NPD das Schlusswort. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der von den USA und Israel gesuchte Konflikt mit dem Iran kann auch deshalb so leicht zu einem heißen Krieg eskalieren, weil die Medien ihrer Aufgabe einer neutralen Berichterstattung nicht nachkommen. Einseitig prozionistische Darstellungen dominieren den Diskurs!

Ein besonders krasses Beispiel ist die erste Ausgabe des „Landtagskurier“ 2007. Unter der Überschrift „Gäste in Zivil“ wird hier über den Besuch von israelischen Offiziersschülern im Landtag berichtet. Freimütig wird eingestanden, dass die Hälfte dieser Besuchergruppe bereits an Kampfhandlungen beteiligt war. Die Umgebung dieser Kampfeinsätze kann man sich leicht vorstellen. Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke gab letzte Woche einen kleinen Einblick in diese Zustände. Zitat: „Morgens in Yad Vashem die Fotos vom unmenschlichen Warschauer Ghetto, abends fahren wir ins Ghetto nach Ramala. Da gehen einem die Deckel hoch.“

(Zuruf des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Auch der Augsburger Bischof Walter Mixa sprach von einer ghettoartigen Situation, die an Rassismus grenze.

Diese überparteilichen Stimmen, meine Damen und Herren, machen deutlich, dass der Empfang der Offiziersschüler im Landtag nicht nur fragwürdig, sondern falsch war. Ich würde mich übrigens nicht so äußern, wenn eine Gruppe israelischer Schüler da gewesen wäre. Aber mit dem Besuch der Offiziersschüler am 27.11. hat der Landtag ganz deutlich Position für eine Kriegspartei im Nahen Osten ergriffen. Dies hätte nie passieren dürfen in einer Situation, in der vom Gazastreifen über Afghanistan bis zum Irak ein Krieg tobt, in dem die sogenannte westliche Wertegemeinschaft als imperialistischer Aggressor auftritt.

Für die NPD möchte ich noch einmal betonen: Wir haben kein Interesse an einem Kampf der Kulturen, wohl aber an einem Aufstand der Kulturen gegen die liberalkapitalistische Monokultur.

(Beifall bei der NPD – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Besonders absurd sind für meine Fraktion Argumente, dass der Antrag hier im Landtag vielleicht nichts verloren habe. Dies verkennt, welchen Einfluss ein einzelner Politiker haben kann, wenn er nur entschlossen für seine Position kämpft. Schließlich war es allein der Bundestagsabgeordnete Dr. Peter Gauweiler, der mit Hilfe einer Verfassungsklage die Ratifikation der EU-Verfassung in Deutschland auf Eis legte.

Wenn die Staatsregierung bei einer auch nur indirekten deutschen Beteiligung an einem Überfall auf den Iran mit ähnlichen Schritten drohen würde, so wäre dies ein Paukenschlag, der auch in Berlin, Washington und Tel Aviv erhört würde. Wenn Deutschland entschlossen genug klarmachen würde, sich nicht an dem von den USA forcierten Kampf der Kulturen zu beteiligen, dann könnten Deutsche, die momentan im Nahen Osten einem hohen Entführungsrisiko ausgesetzt sind, auch wieder ruhiger leben.

Die Gefahr einer Eskalation der US-Kriege wird zu völlig neuen Koalitionen führen. Der linke Publizist Jürgen Elsässer schrieb dazu – Zitat –: „Das zweite wichtige Feld, wo nationale Souveränität erkämpft werden muss, ist die Militärpolitik. Dass die USA deutsches Territorium als Nachschubbasis für völkerrechtswidrige Kriege nutzen, dass die Air Base Ramstein als Luftdrehkreuz für US-Folterzüge missbraucht wird, ist ein himmelschreiender Skandal.“

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Meine Damen und Herren! Dem ist nichts hinzuzufügen. Man wird in den Abstimmungen sehen, ob die Abgeordneten von CDU, SPD, FDP, Linksfraktion.PDS und GRÜNEN – im Gegensatz zum Irakkrieg – dieses Mal den Mut finden, eine deutsche Kriegsbeteiligung zu behindern. Bei den Parteien, die im Bundestag vertreten sind, habe ich allerdings erhebliche Zweifel daran. Da dürfte Hopfen und Malz verloren sein.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Lassen Sie uns ein Signal hier aus dem Sächsischen Landtag senden, dass wir so eine Politik nicht mittragen.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Wir brauchen Sie nicht! Die Linken im Bundestag stimmen schon richtig! – Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 4/8187 zur Abstimmung. Wer der Drucksache zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei einer Reihe von Jastimmen und keinen Enthaltungen ist dieser Antrag mit übergroßer Mehrheit abgelehnt worden.

Herr Dr. Müller, möchten Sie noch einmal sprechen? Sie hatten vorhin zwischenzeitlich – – Ich gebe Ihnen noch einmal das Wort. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aufgrund der Entgleisung des Abg. Prof. Schneider möchte ich seitens meiner Fraktion eine Präsidiumssondersitzung beantragen.

(Gelächter bei der CDU – Unruhe)

Also noch einmal: Sie möchten eine Präsidiumssitzung?

(Unruhe)

Ja. – Bitte mal kurz Ruhe! – Da Prof. Schneider meine Fraktion als Reihe oder Riege von Straftätern betitelt hat und Sie keinen Ordnungsruf erteilt haben, möchte ich eine Sondersitzung des Präsidiums beantragen.

Gut. Und Ihre Fraktion steht dahinter?

(Zurufe von der NPD: Ja! Na klar!)

Dann ist das Ihr gutes Recht. Es ist aber an diesen Stellen Tradition, dass wir das Wortprotokoll alle gemeinsam einsehen, und das wird ungefähr anderthalb Stunden dauern. Dann könnte das am Ende der Tagesordnung sein, aber das ändert nichts an der Tatsache.

Erhebt sich Ihrerseits Widerspruch dagegen, dass wir in der Tagesordnung fortfahren?

(Dr. Johannes Müller, NPD: Machen wir so!)