Protocol of the Session on January 26, 2007

(Holger Zastrow, FDP: Warum ist das so spät, warum ist das so?)

Ich habe Ihnen doch gerade erklärt, dass das seine Zeit braucht. Das ist so.

(Holger Zastrow, FDP: Dann hätte man eher anfangen müssen! – Weitere Zurufe von der FDP)

Wenn das Gesetz nicht eher verabschiedet ist, kann man nicht anfangen. Außerdem sind bestimmte technische Voraussetzungen zu schaffen. Auch hierbei liegen wir, soweit von der KVS vorläufige Versorgungsaufträge vergeben worden sind, noch im Zeitplan.

Meine Damen und Herren der FDP, Sie haben richtig gehört und vielleicht können Sie meinem Redebeitrag folgen, um vielleicht noch die eine oder andere Information zu erfahren.

Wir standen nämlich, wie schon gehört,

(Unruhe bei der FDP – Glocke der Präsidentin)

zwischenzeitlich vor einem neuen Problem; Frau Nicolaus hat es angesprochen: Nicht für alle Regionen gab es sofort qualifizierte Bewerber. In Westsachsen gab es zunächst gar keine. Das war – Entschuldigung, Herr Zastrow! – nicht vorhersehbar. Vielleicht hätten Sie es voraussehen können. Wir nicht und auch die KVS nicht! Deshalb war ein zweites Ausschreibungsverfahren in der erforderlichen Form notwendig. Mittlerweile liegen nun zwei Bewerbungen vor und ich gehe davon aus, dass ein vorläufiger Versorgungsauftrag erteilt werden kann.

(Unruhe – Zurufe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, selbstverständlich tun wir alles, damit das Screening baldmöglichst flächendeckend beginnen kann. Eine schnelle Einführung darf aber nicht zulasten der Qualität gehen.

(Beifall der Abg. Margit Weihnert, SPD)

Deshalb bitte ich Sie heute noch einmal um Verständnis, denn es wäre am Ende niemandem geholfen. Ich darf Sie bitten, meine Damen und Herren von der Opposition: Lassen Sie diesen Populismus und verunsichern Sie unsere sächsischen Frauen nicht weiter! Wir suchen – so wie angekündigt – derzeit mit den Krankenkassen nach einer Lösung. Frau Herrmann hat es schon angesprochen, dass wir eine Übergangslösung bis zur endgültigen Einführung suchen. Wir sind im Gespräch und ich hoffe, dass wir schnell vorankommen.

Parallel, meine Damen und Herren, werden wir gemeinsam mit der KVS alles unternehmen, um die ScreeningEinheiten schnell zum Laufen zu bringen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich rufe zum Schlusswort auf; Frau Schütz, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beginnen also voraussichtlich im Herbst mit einer Screening-Einheit, wir sind dann auch noch lange nicht flächendeckend.

Frau Weihnert, zu Ihren Fragen: Jawohl, IKK und TKK sind mittlerweile ausgeschert. Sie haben jetzt selbstständig die Leistungen für ihre Kassenmitglieder angeboten. Allerdings hat das nichts mit dem Screening als solches, zu dem kostenlos eingeladen wird, zu tun, sondern hier können Kassenmitglieder diese Leistung in Anspruch nehmen.

(Beifall bei der FDP)

Sehr geehrte Frau Staatsministerin Orosz, Sie wissen, wie viel Angst Frauen vor Brustkrebs haben. Sie wissen, wie aufmerksam Frauen mögliche Therapieansätze verfolgen, und Sie wissen auch, wie ernsthaft Frauen Früherkennungsmöglichkeiten nutzen. Sie und die CDU/SPDKoalition haben mit Ihren Terminankündigungen sächsische Frauen getäuscht – schlimmer noch: Sie haben sie enttäuscht.

In unserer Fraktion hat eine Frau angerufen, die Mitte dieses Jahres 70 Jahre alt wird. Die Krankenkasse übernimmt diese Kosten für die Mammografieuntersuchung ohne Verdachtsfall nicht. Sie hat gehofft, dass sie diese hochwertige und kostenlose Früherkennungsmaßnahme auch ohne diesen Verdachtsfall in Sachsen endlich nutzen kann – doch die Zeit läuft gegen sie. Alles wird nun davon abhängen, wie schnell die Voraussetzungen für die Einladung der Frauen geschaffen werden.

Ganz deutlich möchte ich noch einmal sagen: Es ist nicht unser Anliegen, mit der Angst der Frauen hausieren zu gehen und zu jonglieren. Es geht uns um politische Verbindlichkeiten und um das Vertrauen der Bürger in Gesetze.

(Beifall bei der FDP)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und sehr geehrte Damen und Herren der Staatsregierung, Sie müssen Vertrauen zurückgewinnen. Sie müssen einen verbindlichen Zeitplan vorlegen, der realistisch ist. Sie müssen darlegen, wann und wie das Mammografie-Screening im Freistaat Sachsen endlich starten kann. Nur so kann verlorenes Vertrauen zurückgewonnen werden.

(Beifall bei der FDP)

Sehr geehrte Frau Staatsministerin Orosz, im Interview am 22. Januar 2007 haben Sie eine schnelle Lösung angekündigt: Sie wollen durch Verhandlungen mit den Krankenkassen eine Übergangslösung schaffen. Ich halte dies für reichlich spät – ich hoffe trotzdem auf den Erfolg einer solchen Übergangslösung. Sie wissen, kaum etwas

ist schlimmer als die Diagnose Krebs. Im letzten Jahr haben wir hier im Sächsischen Landtag ein überwältigendes Zeichen gegen diese Krankheit gesetzt: Ohne Gegenstimmen haben wir das Gesetz zur Durchführung des Mammografie-Screenings beschlossen. Führen wir jetzt die Sache zu Ende. Die Zeichen von damals müssen nun endlich im Interesse der Frauen zum Erfolg führen. Stimmen Sie daher unserem Antrag zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe die Drucksache 4/7616 auf, und zwar zunächst den Punkt 1. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei mehreren Stimmenthaltungen und einer Reihe von Stimmen dafür ist Punkt 1 abgelehnt.

Ich rufe Punkt 2 auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür wurde Punkt 2 mehrheitlich abgelehnt.

Wer möchte dem Punkt 3 seine Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür wurde auch Punkt 3 mehrheitlich abgelehnt. Da alle Punkte abgelehnt worden sind, erübrigt sich die Gesamtabstimmung.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 8

Biologische Vielfalt im Freistaat Sachsen sichern

Drucksache 4/5527, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: GRÜNE, CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Ich erteile der Fraktion der GRÜNEN das Wort; Frau Günther-Schmidt, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mir einige Anmerkungen über die gestrige Diskussion zu unserer Großen Anfrage erlauben. Ich war enttäuscht und befremdet, wie Umweltminister Tillich gestern versuchte, von der Sachebene abzuweichen und auf der Beziehungsebene Attacken gegen meine Fraktion zu fahren.

Es gibt im Naturschutz des Freistaates klare Defizite; das haben Sie und die Kollegen der Koalition auch zugegeben. Diese Defizite müssen benannt werden, auch wenn Sie Erfolge im Artenschutz in Sachsen haben, die Sie gern kommunizieren. Das sollten Sie auch tun, denn Naturschutz braucht Öffentlichkeit.

Wir gehören zur Opposition und haben die Aufgabe, Fehler und Schwächen der Regierung öffentlich zu benennen, auch wenn die Versäumnisse und Fehler in die Amtszeit Ihres Vorgängers Flath fallen. Herr Tillich, Sie haben die schlichte Pflicht, sich an bestehende Gesetze und Verordnungen zu halten – insbesondere natürlich im Umwelt- und Naturschutzbereich. Dafür erhält Ihr Ministerium erhebliche Gelder vom Steuerzahler.

Ich möchte zur Wiederholung noch einmal in Kurzform die Versäumnisse Ihres Hauses aufzeigen.

Erstens. Komplexe Versäumnisse bei der Umsetzung von Natura 2000.

Zweitens. Katastrophale Umsetzungsraten der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in Sachsen. Dem normalen Bürger wird durch die Verwaltung Druck gemacht, wenn er einen Baum nicht nachpflanzt, und größere Vorhabensträger versäumen hektarweise, Auflagen umzusetzen.

Drittens. Die kommunale Landschaftsplanung ist nicht geeignet, den vom Gesetzgeber vorgegebenen Biotopverbund zu realisieren.

Eine intakte biologische Vielfalt ist aber mittlerweile auch ein wichtiger Wirtschaftsstandortfaktor geworden – und dazu ein wichtiger für den ländlichen Raum, insbesondere unter den demografischen Bedingungen. Ich wiederhole noch einmal die Zahlen: Jährlich besuchen 290 Millionen Menschen die deutschen Naturschutzgebiete und kurbeln dort nicht unerheblich die regionale Wirtschaft an. Im Nationalpark Müritz erbrachten 2004 die circa 300 000 Besucher einen Bruttoumsatz von 13,4 Millionen Euro und einen Beschäftigungseffekt von 628 Arbeitsplatzäquivalenten. Im Naturpark Hoher Fläming schufen circa 300 000 Besucher eine regionale Wertschöpfung von 6,1 Millionen Euro im Jahr – der Beschäftigungseffekt entsprach 211 Arbeitsplatzäquivalenten.

Meine lieben Kollegen von der CDU aus dem ländlichen Raum: Nennen Sie mir ähnliche Wachstumsstabilisatoren in Ihren Regionen – Sie werden sie nicht finden.

Biodiversität ist mittlerweile ein wichtiger ökonomischer Faktor. Gern geben wir Ihnen einen Einblick in die uns vorliegende Studie des Bundesamtes für Naturschutz. Wir haben gestern über das Phänomen des Artensterbens gesprochen. Sowohl Minister Tillich als auch Prof. Mannsfeld gaben uns dabei recht. Sie stellten klar, dass das Artensterben in Sachsen nicht gestoppt werden konnte.

Der Verlust an Biodiversität ist nicht nur ein Problem unseres Landes; er stellt weltweit eine Bedrohung dar. Das hat man schon vor einiger Zeit auf dem internationalen Parkett erkannt und versucht, darauf zu reagieren. Deshalb wurde 1992 in Rio de Janeiro die Konvention über die biologische Vielfalt vorangebracht und von mehr als 150 Staaten unterzeichnet. Mittlerweile sind dem Übereinkommen 187 Staaten und die Europäische Union beigetreten. Zur Beachtung, meine Damen und Herren von der CDU: Mit federführend war damals die deutsche Bundesregierung.

In den meisten der Unterzeichnerstaaten läuft bereits die Ratifizierung. Die Bundesrepublik Deutschland liegt jedoch bei der Umsetzung im Vergleich zu den übrigen Unterzeichnern im hinteren Drittel, so die Angaben des Bundes für Naturschutz. Gemeinsam mit gesellschaftlichen Gruppen hat das BMU im letzten Jahr einen Entwurf für eine nationale Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt erarbeitet, der im September 2005 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Dieser befindet sich auf der Bundesebene zur Zeit in der Ressortabstimmung. Es ist zu erwarten, dass spätestens in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres ein überarbeiteter Entwurf zur Nationalen Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt den gesellschaftlichen Gruppen zur Stellungnahme vorgelegt wird.

Der ist auch dringend nötig, denn 2008 findet die 9. UNVertragsstaatenkonferenz zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Deutschland statt. Nichts ist peinlicher, meine Damen und Herren, da stimmen Sie mir sicher zu, als vor