Protocol of the Session on January 25, 2007

Schon heute kann es den in den Grenzregionen lebenden Bürgerinnen und Bürgern passieren, dass ihnen ihr Auto buchstäblich vom eigenen Hof heruntergeklaut wird, einige Kilometer weiter nach Polen oder Tschechien gebracht wird und dort auf Nimmerwiedersehen verschwindet.

Die NPD wird es nicht hinnehmen, dass die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger so skrupellos dem Erweiterungs- und Integrationswahnsinn einiger Brüsseler EU-Bürokraten und ihrer Handlanger in den EUProtektoraten geopfert wird. Meine Damen und Herren! Wir werden immer wieder darauf hinweisen, wer die Verantwortung dafür trägt, dass Sachsen eben alles andere als sicher ist. Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis die Verantwortlichen für diese schamlose Politik zur Verantwortung gezogen werden.

Vielen Dank für diese Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort; Herr Dr. Martens, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Thema „Sachsen – europäisch und sicher“ lassen Sie mich eines sagen: Sachsen ist entgegen dem, was gerade gesagt worden ist, nicht unsicherer als andere Bundesländer. Sachsen ist in den letzten Jahren ziemlich sicher geworden. Die Kriminalitätsstatistik, die PKS für 2006, weist gerade in den Grenzregionen rückläufige Kriminalitätszahlen auf. Es ist nicht wahr, dass auf Sachsen eine Kriminalitätswelle zurolle, wie soeben behauptet worden ist, oder Sachsen ein Kriminalitätsimport ungeahnten Ausmaßes bevorstünde, wenn Grenzkontrollen wegfallen. Das ist falsch, das ist Panikmache und hilft nicht weiter.

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion.PDS)

Meine Damen und Herren! Wir wollen Europa, ein Europa mit möglichst wenig Grenzen, wir wollen aber zugleich auch ein sicheres Europa. Weniger Sicherheit ist mit uns nicht zu machen, wenn wir gleichzeitig mehr Europa wollen. Aber das schließt sich nicht gegenseitig aus. Es ist kein zwingender Zusammenhang, dass Europa weniger Sicherheit bedeutet.

Vorige Woche wurde in Dresden die Überführung des Vertrages von Prüm in den EU-Rechtsrahmen beschlossen. Das heißt, dass die Mitgliedsstaaten des Abkommens auch DNA-Daten und Fingerabdrücke grenzüberschreitend austauschen können, und zwar nur mit einem Treffer-/Nichttreffer-Abfragesystem, bei dem – unter Wahrung der Datenschutzbelange – festgestellt wird, ob überhaupt Erkenntnisse in anderen Ländern vorhanden sind. Dies halten wir für sinnvoll.

Zwischen Deutschland und Österreich ist es bereits getan worden. So gab es in österreichischen Beständen auf Anfragen deutscher Behörden 1 500 Treffermeldungen. Umgekehrt konnten österreichische Behörden 1 400 Datensätze in Deutschland feststellen, die den österreichischen Stellen bei der Aufklärung von Straftaten dienlich waren. Solche Zahlen beweisen eindrucksvoll, wie wichtig eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit gerade bei der inneren Sicherheit ist, meine Damen und Herren. Kriminalität macht nicht an Landesgrenzen halt, und auch die Grenzen – selbst mit Kontrollen – sind wenig geeignet, grenzüberschreitende Kriminalität zu verhindern.

Grenzkontrollen sind übrigens in vielerlei Hinsicht nicht unbedingt die beste Lösung zur Bekämpfung von Kriminalität. Kontrollen im Hinterland sind da wesentlich effektiver; denn auf Grenzkontrollen an einer bekanntermaßen festgelegten Linie kann man sich einstellen, auf Kontrollen im Hinterland kann man sich nicht einstellen. Deshalb ist für uns auch nicht die entscheidende Frage, ob Grenzkontrollen wegfallen oder nicht, sondern für uns ist die entscheidende Frage, ob die Kontrolldichte, wie sie

zusammengenommen zwischen Polizeikräften des Bundes und des Landes oder auch des Zolls in der Vergangenheit insgesamt in Sachsen vorhanden war, weiterhin aufrechterhalten bleiben kann.

Dies ist die entscheidende Frage, nicht die Frage der Grenzkontrollen an sich, sondern die Frage der Kontrolldichte auch im Hinterland. Hier ist das Land in der Verantwortung, der Bund ebenfalls; aber das ist die Frage, die das Land mit dem Bund auszuhandeln hat. Es ist zunächst die Verantwortung des Landes – dabei bleibe ich auch –, die innere Sicherheit zu gewährleisten. Natürlich ist es hilfreich, wenn auch die Bundespolizei mithilft, die Kontrolldichte aufrechtzuerhalten. Wir wünschen uns, dass diese Kontrolldichte, wie sie bisher von der Bundespolizei gewährleistet wurde, auch weiterhin in Sachsen gewährleistet wird.

Meine Damen und Herren! Es gibt, wie gesagt, Möglichkeiten, die im Zuständigkeitsbereich der Staatsregierung liegen, und wir begrüßen es, wenn sich die Staatsregierung weiterhin dafür einsetzt, diese Sicherheitsdichte aufrechtzuerhalten. Die bloße Forderung nach Grenzkontrollen ist eine Scheindiskussion, an der wir uns wohl nicht beteiligen werden. Wir werden jedoch sehr sorgfältig darauf achten, ob Sachsen tatsächlich weiterhin diesen hohen Sicherheitsstandard, den es schon erreicht hat, auch in Zukunft beibehalten kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der Linksfraktion.PDS)

Ich erteile der Fraktion der GRÜNEN das Wort. Herr Lichdi, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich frage mich schon, was diese Debatte heute früh soll.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Darauf gibt es keine Antwort!)

Mir ist es vor allem auch aus Ihrem Redebeitrag, Herr Schiemann, nicht ganz klar geworden – sosehr ich es begrüße, dass Sie sich jetzt auch dem Themenbereich des Klimawandels zuwenden. Hierbei warten wir aber auf Taten, nicht nur auf verbale Bekenntnisse. Ich frage mich schon, was das soll. Wenn man in die Presse der letzten Tage und Wochen schaut, kann man ahnen, worum es geht: Es geht, wie es Herr Kollege Kosel bereits angesprochen hat, darum, dass Innenpolitiker und Minister der Staatsregierung fortgesetzt – ich erinnere mich noch, Anfang 2005 hat Herr de Maizière damit angefangen – in der Öffentlichkeit das Bild erwecken, als ob der Wegfall der Grenzkontrollen und die Einführung des Schengen-Systems zur Tschechischen und polnischen Republik eine Sicherheitsgefahr für Sachsen bedeuten würde. Deshalb ist es mir wichtig, noch einmal zu sagen: Wir als bündnisgrüne Fraktion freuen uns darüber, dass Polen und Tschechien der Europäischen Union beigetreten sind.

(Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD und der FDP)

Aus dem Beitrag von Herrn Schiemann wurde mir dies nicht so ganz deutlich, sage ich Ihnen ganz offen. Natürlich bedeutet dieser Beitritt auch, dass die Grenzkontrollen in absehbarer Zeit aufgehoben werden. Das steht jetzt an und muss vollzogen werden, natürlich nur, wenn die Bedingungen erfüllt sind, das ist völlig klar und selbstverständlich. Mir ist aber nicht bekannt, dass es dabei irgendwelche Probleme gäbe. Jedenfalls habe ich das von Ihnen, Herr Staatsminister, oder von Ihnen, Herr Bandmann, nicht vorgetragen gehört. Daher frage ich mich: Was soll diese Debatte?

(Marko Schiemann, CDU: Nachlesen!)

Offensichtlich soll diese Debatte innenpolitischen Zwecken dienen, sie soll nämlich Herrn Buttolo als Law-andOrder-Minister weiter profilieren. Möglicherweise ist dies wieder der Versuch einer untauglichen Strategie gegenüber der NPD, deren Beitrag, den sie hier abgeliefert hat, völlig indiskutabel ist.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kosel hat es ebenfalls bereits angesprochen, dankenswerterweise auch Frau Weihnert: Wenn wir uns die Statistiken ansehen, stellen wir schlicht und ergreifend fest, dass sich diese hochgeredete Bedrohung, die es dort angeblich gibt, nicht real in den sächsischen Zahlen wiederfindet. Ich spare mir jetzt, es im Einzelnen aufzuführen; ich denke, jeder Innenpolitiker kann es sich leicht zuführen.

Ich frage mich schon: Welche politische Funktion hat das Ganze? Wir haben in den letzten Wochen erlebt, dass sich Herr Staatsminister Buttolo in Fragen des Bleiberechtes sehr, sehr hartleibig geäußert hat und sich in der gestrigen Debatte über die Videoüberwachung als neuer Beckstein von Sachsen – oder ich weiß nicht, wie – profilieren wollte.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Offensichtlich braucht er das aus innenpolitischen Gründen. Ich finde es schon bemerkenswert, Herr Buttolo und Herr Bandmann, wie Sie hier dermaßen frei von irgendwelchen sachlichen Anhaltspunkten oder Sachverhalten agieren, und ich sage Ihnen: Damit werden Sie der europäischen Verantwortung, die wir in Sachsen haben, nicht gerecht. Ich erinnere mich sehr gut – der Eine oder der Andere wird es gelesen haben –, in dieser oder in der vorigen Woche stand ein Bericht in der „Sächsischen Zeitung“, wie denn so die Beziehungen der einzelnen sächsischen Parteien zu ihren Partnerparteien in der Tschechischen Republik seien. Dazu war ein sehr interessanter Satz zu lesen: dass die ODS und die KDU, die jetzt wieder die Regierung bilden – es sind, glaube ich, die Partnerparteien der CDU –, die Sächsische Union als Bremse wahrnehmen, insbesondere bezüglich des Themas Schengen sowie des Themas Arbeitnehmerfreizügigkeit.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Was? – Kopfschütteln des Abg. Heinz Lehmann, CDU)

Meine Damen und Herren, ich hätte mir gewünscht, dass Sie in der heutigen Debatte vielleicht einmal zur Sachlichkeit zurückgekommen wären und sagen, wo Sie denn eine zusätzliche Bedrohungslage sehen und warum Sie davon ausgehen, dass die Tschechische und die polnische Republik angeblich nicht in der Lage seien, das Schengen-System ordnungsgemäß umzusetzen. Das wäre eine ehrliche Debatte gewesen und vielleicht, Herr Staatsminister, haben Sie noch Gelegenheit, etwas mehr „Butter bei die Fische“ zu geben.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion.PDS)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort. Herr Bandmann, bitte.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Die drei B: Beckstein, Bandmann, Buttolo! – Heiterkeit bei der Staatsregierung)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die bevorstehende Erweiterung des Schengen-Raumes stellt alle Beteiligten vor eine große Herausforderung. Mit der Aufnahme neuer Mitgliedsstaaten in die Europäische Union sind wir von unserer ursprünglichen geografischen Randlage in die Mitte Europas gerückt. Diese Veränderung stellt aber auch die Verantwortung des Staates heraus, die Freiheit und Sicherheit unserer Bürger zu gewährleisten. Mit aller Deutlichkeit ist daher darauf hinzuweisen, dass nach dem Schengener Durchführungsübereinkommen die Aufhebung der Personenkontrollen an den EU-Binnengrenzen durch einen einstimmigen Beschluss des EU-Rates der Justiz- und Innenminister erst dann möglich sein soll, wenn zuvor nach einer Evaluierung durch die bisherigen Schengen-Staaten festgestellt wurde, dass alle EUSicherheitsstandards von dem jeweiligen Beitrittsland vollständig übernommen wurden, dauerhaft praktisch angewendet werden und es zu keinen Sicherheitsnachteilen im erweiterten Schengen-Gebiet kommt.

Unsere sächsischen Bürgerinnen und Bürger verlangen vom Staat und von der EU Sicherheit. Das vereinte Europa muss den Bürgern dieses Sicherheitsgefühl vermitteln und diese Sicherheit garantieren.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Die CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages hält daran fest, dass allein die Einführung des Informationssystems SIS II und die damit verbundene Lesbarkeit biometrischer Pässe wichtigste Voraussetzung für den Wegfall der Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Polen sowie Tschechien ist. Die CDU-Fraktion steht auch dafür, dass Zwischenlösungen die eingetretenen Veränderungen beim Wegfall der Ausweis- und Personenkontrollen nicht genügend ersetzen. Die Erkenntnisse sind gewachsen. Als

der zuständige EU-Kommissar Frattini im April 2005 verlauten ließ, dass die polizeiliche Kontrolle an der deutsch-polnischen sowie der deutsch-tschechischen Grenze Ende 2007 wegfällt, sprach sich der damalige sächsische Innenminister Thomas de Maizière deutlich dagegen aus, und, meine Damen und Herren, da Sie immer wieder einmal die Zahlen anzweifeln: Die letzten Zahlen der PKS, die mir vom LKA für 2005 zugänglich sind, besagen:

In den Grenzgebieten zu Polen nahm die Zahl der Straftaten ohne Berücksichtigung ausländerrechtlicher Verstöße nach der EU-Osterweiterung zu. Grenze zu Polen: 13,9 %. Das ist die Zahl von 2005. Wenn ich jetzt höre, dass es für das Jahr 2006 besser aussieht, kann uns das freuen. Aber es ist nicht so, dass die Faktenlage nicht vorhanden ist. Herr Staatsminister Dr. Buttolo hat jüngst erneut deutlich gemacht – und dafür bin ich ihm dankbar –, dass im Zusammenhang mit dem Wegfall der Grenzkontrollen keine Sicherheitsdefizite tolerierbar sind.

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Im Rahmen der ersten deutschen Sicherheitskonferenz hob Herr Udo Hansen, der Präsident des Bundespolizeipräsidiums Ost, unmissverständlich hervor, dass die Einführung des Informationssystems SIS II in der Praxis zwingend notwendig sei. Er äußerte seine Zweifel hinsichtlich der technischen Umsetzung bei der Erweiterung des bestehenden SIS-Systems. Fazit: Kriminalität macht an den Grenzen nicht halt.

Ich möchte aber an dieser Stelle auch für die CDUFraktion noch einmal sehr deutlich hervorheben: Die CDU-Fraktion ist der Auffassung, dass die Binnenkontrollen auch künftig ihre Bedeutung behalten, auch wenn die EU-Außengrenzen weiter nach Osten verlagert werden.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir sind der festen Überzeugung, dass die Bundespolizei auch künftig ein unverzichtbarer Partner für die sächsische Landespolizei bleiben muss. Daran werden wir den Bund messen.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Um allen Missverständnissen von vornherein vorzubeugen, lassen Sie es mich – auch, damit es Herr Porsch hört – noch einmal in aller Deutlichkeit sagen:

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Die CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages begrüßt die Aufnahme der tschechischen und der polnischen Nachbarn in die Europäische Union und hat deren Aufnahme immer unterstützt.

(Beifall bei der CDU)

Die Entscheidung über die Schengen-Erweiterung darf aber nicht um jeden Preis erfolgen. Die jungen Demokra