Für die Eingruppierung in ein Lebensalter gab es Gründe. Diese Gründe haben etwas mit der Entwicklung und Qualifizierung der Personen zu tun. Wir haben die Strafmündigkeit bei 14 Jahren angesiedelt. Es ist aus der Studie des Sozialministeriums des Freistaates Sachsen von 2005 zitiert worden. Mich wundert, warum nicht alle Seiten zitiert wurden, die wichtig erscheinen.
Unter Punkt 4 finden Sie „Mitwirkung und ehrenamtliches Engagement in der Gesellschaft“: „Das Engagement sächsischer Jugendlicher in Vereinen, Verbänden, sonstigen Organisationen und Gruppierungen ist seit 2003 nur geringfügig gestiegen. 35 % aller Befragten engagieren sich in irgendeiner Art und Weise, davon 26 % in Vereinen der unterschiedlichsten Art. Die 100 befragten Jugendlichen haben wie folgt geantwortet. Die wichtigsten Felder sind Sport mit 63 %, Jugendarbeit und Jugendhilfe 13 %, Feuerwehr 9 %, Religion und Kirche 9 %, Musik 12 %, Politik 5 %, soziale Arbeit und soziale Hilfe 6 %, Natur und Ökologie 4 %, Heimatpflege 3 % und Computerarbeit ebenfalls 3 %.“
Eines will ich für die CDU-Fraktion deutlich darlegen: Wir brauchen die Spontaneität und das ehrliche Engagement der jungen Generation auf all diesen Ebenen, so wie es im Gutachten angesprochen ist.
Wir brauchen eine sächsische Jugend, die Fragen stellt, die sich mit der Entwicklung unseres Landes befasst, die bereit ist, Verantwortung zu übernehmen.
In Gesprächen mit Jugendlichen wurde mir immer wieder gesagt: Ihr Erwachsenen sorgt für eine gute Schulausbildung. Gebt uns Chancen auf dem Lehrstellenmarkt. Unterstützt uns dabei, unsere Freizeit sinnvoll zu gestalten. Unterstützt Sportvereine, Kunst und Kultur, Jugendtheater, Naturschutzvereine, das soziale Engagement, und schützt uns.
(Vereinzelt Gelächter bei der FDP – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)
Schützt uns und gebt uns euren Rat gegen Extremismus und Drogenkriminalität. Lasst uns mit diesen Fragen nicht allein. – Das treibt junge Leute um. – Helft unseren Eltern, wenn sie keine Arbeit haben. Das Thema Arbeit steht bei jungen Leuten an erster Stelle, auch bei denjenigen, deren Eltern Arbeit haben. Sie sorgen sich trotzdem darum, dass die Eltern der Kinder, die keine Arbeit haben, endlich politisch eine Antwort bekommen. Kümmern Sie sich darum, Sie von der FDP-Fraktion!
Das sind einige Forderungen Jugendlicher, die mir immer wieder vorgetragen worden sind. Auch die Politik interessiert Jugendliche. Jugendliche sind für viele Fragen des Lebens offen und engagiert. Desinteresse kann ich bei der jungen Generation nicht feststellen.
Eine Anmerkung sei erlaubt. Desinteresse hat Kollege Prof. Dr. Schneider aus den Begründungen der Gesetzentwürfe der Linksfraktion.PDS und der FDP-Fraktion zitiert. Beide eingereichten Entwürfe begründen ihre Gesetzesinitiative mit Desinteresse für Politik bei der jungen Generation. Ich finde dieses Desinteresse überhaupt nicht.
Die heutige Jugend – nun komme ich auf Ihren Zynismus, Herr Kollege Zastrow – ist nicht schlechter als Generationen vorher. Wir waren auch einmal jung und haben unsere Streiche gemacht.
Schulausbildung, Berufsausbildung, Chancen auf dem Arbeitsmarkt – das treibt Jugendliche um. Früher sind Jugendliche mit 14 Jahren von der Schule gegangen, haben drei Jahre gelernt und sind mit 17 Jahren in das
Arbeitsleben entlassen worden. Schauen wir uns doch einmal an, wie lange die Ausbildungszeiten jetzt sind! Wann kommt jemand von der Schule? Mit 17, 18 Jahren. Wann ist die Lehrausbildung beendet? Wann findet jemand eine Arbeit? Wann ist das Studium beendet?
(Widerspruch bei der Linksfraktion.PDS – Freya-Maria Klinger, Linksfraktion.PDS: Wir wollen das Wahlalter absenken!)
Die Frage der Selbstständigkeit bei der Entscheidung von Jugendlichen spielt dabei eine Rolle. Der frühere 17-Jährige war schon mit Arbeit konfrontiert. Jetzt ist es anders. Wir haben zu lange Ausbildungszeiten. Kümmern Sie sich darum, dass wir kürzere Ausbildungszeiten haben, dann wird auch das Problem eher zu lösen sein!
Ich verweise an dieser Stelle auf das Protokoll der Anhörung, und zwar für diejenigen, die sich hier so aufregen, nur weil jemand eine andere Position vertritt. In der Anhörung – Herr Kollege Zastrow, Sie können das im Protokoll nachlesen, auch wenn Sie nicht da gewesen sind – hat Herr Prof. Dr. Horn deutlich gemacht: Wer die Senkung des Wahlalters propagiert, ist nicht der bessere Demokrat.
(Widerspruch des Abg. Rico Gebhardt, Linksfraktion.PDS – Karl Nolle, SPD: Kann denn die Junge Union hier nicht einmal helfen?)
Jetzt will ich Ihnen einmal Folgendes sagen: Sie müssen mir überlassen, welche Position ich vertrete. Für die stehe ich auch gerade. Vertreten Sie Ihre Position und stehen Sie für die gerade, aber fangen Sie nicht schon wieder so an wie zu DDR-Zeiten, wo jeder die Meinung dessen vertreten musste, der am lautesten gebrüllt hat.
Einige Bundesländer haben das Wahlalter für Kommunalwahlen gesenkt. Das ist das Recht derjenigen, die in diesem Land wohnen. Das möchte ich nicht kommentieren. Das ist aber kein ausreichendes Argument dafür – und ein anderes habe ich von den Rednern vorhin nicht gehört –, dass man auch im Freistaat Sachsen dieser Senkung folgen muss. Ob in den betroffenen Ländern – und jetzt komme ich zu der Frage – damit dem angeblich verbreiteten Desinteresse an Politik entgegengewirkt werden konnte, muss bezweifelt werden. Es gibt eine Aussage von Frau Merk, der ehemaligen Justizministerin in Niedersachsen, wonach erreicht wurde, dass sich jetzt mehr junge Leute engagieren. Das muss man durchaus überdenken, aber ansonsten gibt es keinen Nachweis dafür, dass das Problem, das man in diesen Ländern hatte, dass sich junge Leute nicht engagieren wollen, gelöst wurde. Ich habe deutlich gemacht, dass das im Freistaat Sachsen anders ist.
Ich bin überzeugt davon, dass dieser Vorstoß zu wenig ist, um die Fragen der jungen Leute zu beantworten. Ich unterstelle, dass Sie die eigentlichen Probleme der jungen Menschen damit nicht lösen werden.
Warum gelingt es anscheinend nicht mehr, Wissen über politische Zusammenhänge öffentlich zu machen? Das wiederum spricht dafür, Kinder und Jugendliche in Prozesse der politischen Willensbildung in der Kommunalpolitik und der Landespolitik stärker als bisher einzubeziehen. Auch die Landespolitik ist dabei gefordert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass dafür die Sächsische Verfassung geändert werden soll, möchte ich für die Koalition deutlich verneinen. Ermutigen wir die Jugendlichen des Freistaates Sachsen, in Schülervertretungen, Jugendorganisationen der Parteien, in Sport- und Kulturverbänden, in Vereinen und bei der Jugendfeuerwehr mitzuarbeiten und Verantwortung zu übernehmen. Nutzen werden die Meinung und die guten, vielleicht auch unbeliebten und unbequemen Fragen und Ideen Jugendlicher auf der kommunalen Ebene, aber auch in der politischen Willensbildung im Freistaat selbst. Beziehen wir die Kinder und Jugendlichen in die kommunalpolitische Willensbildung noch intensiver ein. Die gesetzlichen Grundlagen dafür hat bisher keiner meiner Vorredner gestreift bzw. kritisiert. Diese müssen wir nur besser nutzen. Geben wir den Jugendlichen mehr Chancen, nehmen wir Jugendliche mehr in die politische Willensbildung mit. Wir werden der Änderung der Sächsischen Verfassung nicht zustimmen.
Danke schön. – Für die SPD-Fraktion ist Herr Bräunig gemeldet. – Dann gehen wir der Reihe nach: Die NPD-Fraktion? – Nein. Die GRÜNEN? – Bitte schön, Frau Herrmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schiemann, das war heute nicht Ihre Sternstunde.
(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion.PDS und der FDP – Zuruf von der Linksfraktion.PDS: Richtig!)
Sie haben uns mit vielen Worten erklärt, warum Sie väterlichen Beistand den eigenen Ansprüchen von Jugendlichen an Gestaltung vorziehen. Das mag Ihre Ansicht sein, aber es gibt dazu weit mehr Ansichten. Vor allen Dingen haben Jugendliche dazu eine andere Meinung. Sie haben versucht, den Jugendschutz und die
Rechte von Jugendlichen gegeneinander zu stellen. Dieses Gegeneinander gibt es nicht. Jugendliche können sich sowohl in Vereinen als auch politisch engagieren. Es gibt keinen Ausschlussgrund nach der einen oder der anderen Seite, Herr Schiemann.
Unsere Fraktion teilt das Anliegen der FDP und der Linksfraktion.PDS, die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen grundsätzlich zu stärken. Die Frage ist aber, welche Formen geeignet sind, dieses Anliegen umzusetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! In einem aktuellen Artikel bringt es Hans-Peter Bartels auf den Punkt: „Demokratie vererbt sich nicht, sie muss von jeder Generation neu gewonnen werden.“ Kinder und Jugendliche müssen erleben können, dass sie ernsthaft an der Gestaltung ihrer unmittelbaren Umwelt beteiligt sind und etwas bewegen können.