Protocol of the Session on December 15, 2006

(Beifall bei der FDP)

Nur, Kollege Zais, wenn Mitarbeiter dies in schweren wirtschaftlichen Zeiten tun, dann haben sie auch einen Anspruch darauf, in wirtschaftlich besseren Zeiten, wenn es dem Unternehmen besser geht, am wirtschaftlichen Erfolg teilzunehmen. Genauso habe ich das verstanden.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Wir haben in Sachsen auch ein weiteres gewichtiges Problem, nämlich die Unternehmensnachfolge. Herr Minister Jurk, Sie haben ja im Rahmen des letzten Mittelstandsberichtes sehr deutlich diese Fakten herausgearbeitet und die Probleme aufgezeigt. Bis 2020 stehen hier in Sachsen 25 000 Unternehmen vor der Nachfolgefrage, mit Umsatz von 16 Milliarden Euro und 300 000 Arbeitsplätzen. Es ist sehr schwer, dann von null auf hundert einen Nachfolger zu finden. Die Probleme sind in Ihrem Bericht deutlich herausgearbeitet. Das sind ja auch Finanzierungsprobleme.

Wenn durch eine Mitarbeiterbeteiligung sukzessive der Anteil der Belegschaft am Firmenvermögen steigt, ist es auch hier, im Bereich der Unternehmensnachfolge, wesentlich einfacher, Lösungen zu finden, zum Beispiel, indem auch das Mittelmanagement verstärkt an Unternehmen beteiligt wird und eben nicht erst dann, wenn die Zeit der Unternehmensnachfolge ansteht. In diesem Zusammenhang sollten wir über das Thema Mitarbeiterbeteiligung und darüber, wie wir das als Staat unterstützen könnten, nachdenken.

(Beifall bei der FDP)

Auch das Thema Vermögensbildung ist für uns als Liberale ein sehr wichtiges Thema, denn wir sind der Auffassung, dass die Unabhängigkeit, auch die Freiheit des Einzelnen in dem Maße steigt, wie er über Vermögen verfügt und eben nicht auf staatliche Transferzahlungen angewiesen ist.

Ich möchte Ihnen nur einmal mitteilen, was die FDP bereits im Jahr 1971 in den Freiburger Thesen beschlossen hat: „Liberale Vermögensbildungspolitik zielt auf eine gleichmäßigere Vermögensverteilung, und zwar nicht durch einen einmaligen Akt der Korrektur bestehender Verhältnisse, sondern vielmehr durch die ständige Beteiligung breiterer Schichten, insbesondere am Zuwachs des Produktivvermögens.“ So weit die Freiburger Thesen der FDP von 1971.

(Beifall bei der FDP)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Morlok, glauben Sie tatsächlich – theoretisch mag das alles eine wunderbare Überlegung sein – ernsthaft, dass das eine Zauberformel für Sachsen sein kann, wenn wir es hier in Sachsen kaum mit existenzsichernden Löhnen zu tun haben? Wir haben nämlich bundesweit die niedrigsten Löhne und dann sollen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch auf einen Teil des Lohnes für den Konsum verzichten und ihn in die Mitarbeiterbeteiligung stecken. Halten Sie diese Idee tatsächlich für angemessen und realistisch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Sachsen?

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, Frau Dr. Runge, dass ein solches Modell kein Allheilmittel zur Lösung von irgendwelchen Problemen ist, sondern dass es auch in diesem Einzelfall darauf ankommt – mit Einzelfall meine ich sowohl das Einzelunternehmen als auch den einzelnen Mitarbeiter, die eine Unternehmensbeteiligung eingehen; das ist ja auch mit Risiken verbunden, ich werde im weiteren Verlauf darauf eingehen –, dass die Entscheidung freigestellt sein muss, ob sie die Risiken tragen möchten oder nicht. Das darf man als Staat nicht verordnen, aber auch nicht durch Tarifverträge festlegen; lediglich muss der Staat den Rahmen dafür schaffen, dass diese Dinge möglich werden. Ich meine sehr wohl, dass es in Sachsen Mitarbeiter gibt, die sich vorstellen könnten, solche Modelle in Anspruch zu nehmen.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Ich hatte auch das Thema Lohnzurückhaltung in den vergangenen schlechten Jahren angesprochen. Ich meine, es wäre durchaus denkbar gewesen, dass in einer Vereinbarung zwischen Mitarbeiter und Unternehmer in den letzten Jahren hätte vereinbart werden können, dass das Lohnniveau so ist, wie es war, dass aber ein gewisser Teil an Liquidität im Unternehmen bleibt und zusätzlich zu dem, was an Löhnen ausgezahlt wurde, eben als Mitarbeiterbeteiligung zur Verfügung steht. Das hätte man vereinbaren können, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen da gewesen wären. Davon würden die Mitarbeiter, die das gemacht hätten, heute profitieren. Das kommt auf den Einzelfall an. Ich warne davor, es als Allheilmittel zur Lösung irgendwelcher Probleme anzusehen. Im Einzelfall ist es sinnvoll und der Staat hat die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für diesen Einzelfall entsprechend zu gestalten.

(Beifall bei der FDP)

Noch einen Punkt zum Thema Vermögensbildung: Wir müssen auch sehen, dass in der alten Bundesrepublik im Bereich Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand in den vergangenen Jahren sehr großzügig, also in den Vorwen

dejahren, verfahren worden ist. Da ist ja einiges geschehen. Das gibt es ja alles nicht mehr. Das ist alles abgeschafft worden. Wir sollten aber in Sachsen – in einem Land, in dem es aufgrund der historischen Situation gerade relativ wenig persönliches Vermögen gibt – darüber nachdenken. Wir sollten uns insbesondere dafür einsetzen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Vermögen bilden können. Das halte ich für einen ganz wichtigen Punkt.

(Beifall bei der FDP)

Ich weiß sehr wohl, dass die Probleme beim Thema Mitarbeiterbeteiligung vielschichtig sind. Ich werde im Laufe der Debatte noch darauf eingehen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Wer verfügt denn über das Vermögen?)

Darüber ist noch zu sprechen, Herr Prof. Porsch. Darauf werden wir auch noch in der Debatte eingehen. Wir müssen das differenziert sehen, aber ich meine, der Staat muss den Rahmen so schaffen, dass das effektiv dort auch geleistet werden kann.

(Beifall bei der FDP)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort. Herr Pietzsch, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte etwas mehr Struktur in die Debatte bringen. Für den Zuhörer war das wenig verständlich, was Sie hier geboten haben.

Individuelles Eigentum ist eine wesentliche Grundlage persönlicher Freiheit und Vorsorge und damit auch eine tragende Säule der sozialen Marktwirtschaft. Eine breite Streuung des Eigentums vorrangig beim Wohneigentum und beim Produktivvermögen festigt unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen ist ein Grundpfeiler der Gerechtigkeit in der sozialen Marktwirtschaft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es zahlt sich aus, wenn aus Mitarbeitern Mitunternehmer werden. Die heutige Aktuelle Debatte greift ein Thema auf, das seinen Ursprung bei zwei der größten Ordnungspolitiker des vorigen Jahrhunderts hat.

Ludwig Erhard sagte: „Eine Vermögenspolitik der sozialen Marktwirtschaft beteiligt alle durch Vermögensbesitz an den Unternehmen. Ihr Ziel ist eine Gesellschaft von Teilhabern.“

Der große christlich-soziale Denker Oswald von NellBreuning wusste damals, dass Eigentum eine der Quellen – Familien und Arbeit gehören auch dazu – der Autonomie, also der Selbstständigkeit, der Würde und der Unabhängigkeit des Menschen ist. Er sagte: „Die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital ist Garantin für die Erhaltung unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung.“

In den zurückliegenden Jahren nach der friedlichen Revolution haben vor allem wir hier in den neuen Län

dern uns in den Diskussionsprozess eingebracht. Viele Untersuchungen zeigen: Die Menschen sind verunsichert, jeder dritte Arbeitnehmer hat Angst um seinen Arbeitsplatz.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Aus gutem Grund!)

Deshalb müssen wir um mehr Vertrauen, um neues Vertrauen kämpfen und dafür die Voraussetzungen schaffen. Wir können Veränderungen nicht aufhalten, aber wir sollten auch in Zeiten der Globalisierung das Miteinander von Unternehmen und Mitarbeitern fördern.

(Beifall des Abg. Heinz Lehmann, CDU)

Wir wissen: Der internationale Wettbewerb macht zur Schaffung von Arbeitsplätzen immer öfter Standortvereinbarungen und betriebliche Bündnisse erforderlich, oft mit Zugeständnissen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das kann man nicht aufhalten. Aus meiner Sicht ist es umso wichtiger, dabei die Teilhabe der Beschäftigten sicherzustellen. Die eine Seite darf nicht den Eindruck haben, dass sie über den Tisch gezogen wird. Wer in schlechten Zeiten auf Lohn verzichtet, muss in guten Zeiten auch am Gewinn beteiligt werden.

(Beifall der Abg. Dr. Gisela Schwarz, SPD, und Holger Zastrow, FDP)

Statistiken zeigen: Kapitaleinkommen sind in den letzten 50 Jahren um das Vierzehnfache, Arbeitseinkommen nur um das Vierfache gestiegen. Darum sollten wir alles tun, dass auch Arbeitnehmer über Kapitaleinkommen verfügen. Deshalb wächst auch die Bedeutung von erfolgsabhängigen Entgeltbestandteilen, von Gewinnbeteiligungen und von Beteiligungen am Kapital der Unternehmen.

Es ist wissenschaftlich belegt, dass Mitarbeiterbeteiligung zu einer höheren Produktivität führt und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit von Betrieben erhöht. Sie kann die Eigenkapitaldecke von Unternehmen stärken. Das macht Arbeitsplätze auch vor ausländischen Investoren sicherer.

Mitarbeiterbeteiligung ist auch für Mittelständler gut. Denn wer keinen Nachfolger hat, kann das Unternehmen so in die Hände der Mitarbeiter geben. Vor allem fördert die Mitarbeiterbeteiligung das gegenseitige Vertrauen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Sie erhöht die Motivation und stärkt die Bindung der Mitarbeiter an ihr Unternehmen. Sie könnte zu einer neuen wirtschaftlichen Verbundenheit werden, die dazu beiträgt, dass alle für mehr Arbeit, Sicherheit und Wohlstand an einem Strang ziehen, und das am gleichen Ende und in die gleiche Richtung.

Andere Länder sind den Weg der Beteiligung der Arbeitnehmer bereits erfolgreich gegangen. Bei uns profitieren nur 10 % der Beschäftigten von der Mitarbeiterbeteiligung. In Frankreich sind es 23 % und in Großbritannien

30 %. Wie Sie sehen, haben wir erheblichen Nachholbedarf.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die ChristlichDemokratische Arbeitnehmerschaft hat in den vergangenen Jahren immer wieder ihre Vorstellungen präzisiert. Umso mehr bin ich erfreut, dass die Zustimmung zu dieser christlich-sozialen Idee wächst. Auch in Sachsen haben wir dafür geworben, wenn auch nur mit geringem Erfolg. Auf Initiative der CDU-Landtagsfraktion hatte der damalige Wirtschaftsminister Kajo Schommer 1997 eine Umfrage unter 50 Unternehmen in Sachsen gestartet mit der Frage, ob und wie sie sich eine Mitarbeiterbeteiligung in ihrem Unternehmen vorstellen können.

Damals haben 26 Unternehmen Interesse bekundet und letztendlich elf Unternehmen an diesem Projekt zur Mitarbeiterbeteiligung teilgenommen. Auch wenn das nicht der große Durchbruch war bzw. noch nicht sein konnte, so hat es dennoch gezeigt, dass es sich lohnt, die unterschiedlichsten Modelle auszuprobieren. Nur so ist es möglich, die Basis für eine erfolgreiche Gesetzesinitiative auf der Bundesebene zu schaffen. Im zweiten Teil meiner Rede werde ich noch näher darauf eingehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile der Linksfraktion.PDS das Wort, Herrn Zais.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Risikominimierung für Unternehmer!)

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Mit Vergnügen nehme ich die Debatte über die Mitarbeiterbeteiligung und die Investivlöhne zur Kenntnis, die die FDP und der Bundespräsident erneut und aktuell in die Öffentlichkeit bringen.

Herr Morlok, es ist mir aber lieber, wie Thomas Pietzsch hier erklärt hat, dass eine große Offenheit da ist und danach die Bedingungen gesehen werden, unter denen wir diese Modelle auch in Sachsen vorangetrieben haben. Aufgrund der dumpfbackigen Kritik von Ihnen, Herr Herbst, bei der ersten Debatte im Januar, als Sie eine Kampagne gefordert hatten, die wir abgelehnt haben,