Es handelt sich hier um eine besonders typische sogenannte Filetierung des zu zerschlagenden Unternehmens, aber um eine Filetierung, die nicht auf den Erhalt der wertvollsten und zukunftsträchtigsten Teile des Unternehmens hinausläuft, sondern auf den Aufbau einer marktbeherrschenden Stellung im Bereich der Endmontage von Preiswertfahrrädern. Die Herstellung von Fahrrädern zum Einkaufspreis von unter 100 Euro für den Verkauf in Baumärkten und Supermärkten ist nämlich der Schwerpunkt der Mifa AG. Hier hat sie bereits jetzt einen Marktanteil von 25 %, nachdem sie im Jahr 2000 bei nur 7 % Marktanteil lag. Durch den Erwerb der Marktanteile der Biria wird sich ihr Marktanteil auf mindestens 43 %
Nach der Definition des deutschen Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) bedeutet das, dass die Mifa AG eine marktbeherrschende Stellung erlangt. Nach Artikel 19 Abs. 3 GWB wird vermutet, dass ein Unternehmen marktbeherrschend ist, wenn es einen Marktanteil von mindestens einem Drittel hält. Welche Folgerungen aus einer durch Zusammenschluss erreichten Marktbeherrschung zu ziehen sind, ist in Artikel 36 Abs. 1 GWB festgelegt. Dort heißt es: „Ein Zusammenschluss, von dem zu erwarten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt, ist vom Bundeskartellamt zu untersagen; es sei denn, die beteiligten Unternehmen weisen nach, dass durch den Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten und dass diese Verbesserungen die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen.“
Unsere Aufforderung an die Staatsregierung ist: Stellen Sie einen Antrag beim Bundeskartellamt auf eine wettbewerbsrechtliche Überprüfung der von Lone Star und der Mifa AG geplanten Transaktionen und beantragen Sie gleichzeitig die einstweilige Aussetzung der Übernahme durch die Mifa AG, bis diese kartellrechtliche Prüfung abgeschlossen ist. Sprechen Sie bitte gleichzeitig – vielleicht noch einmal, falls es heute tatsächlich zum ersten Mal erfolgt sein sollte – mit der Geschäftsleitung, um eine Aussetzung der Schließung des Werkes Neukirch bis zur wettbewerbsrechtlichen Prüfung zu erreichen, und fädeln Sie Gespräche mit der Belegschaft und dem Betriebsrat der Biria und gegebenenfalls mit der IG Metall ein, um auch mit der Arbeitnehmerseite eine Perspektive für die Erhaltung des Neukircher Traditionsstandortes für den Fahrradbau zu erarbeiten.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bin auf die Darlegungen des Wirtschaftsministers gespannt.
Eine Richtigstellung, Herr Abg. Gansel. Wir haben heute Morgen nicht einem Antrag der NPD-Fraktion zugestimmt. Wir haben der Dringlichkeit zugestimmt.
Ja, aber das ist Ihnen nicht gelungen. Ob wir dem Antrag zustimmen, das wird der Verlauf der Debatte ergeben.
Ich rufe als Nächstes den Sprecher der CDU-Fraktion auf. Es spricht für die Koalition Herr Brangs von der SPDFraktion.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist mal wieder bezeichnend, die braunen Kameradinnen und Kameraden fabulieren wieder in ihren Hinterzimmern über ihre pathologischen Machtansprüche. Die Koalition hat schon lange
gehandelt. Es ist das ewig gleiche Bild. Man versucht mit den Ängsten der Menschen im Land Politik zu machen. Sowohl die Koalition als auch der Vertreter der Staatsregierung sind seit Langem im Gespräch mit den Vertretern von Biria, dem Betriebsrates und der IG Metall. Insofern ist das, was sie hier mit Dringlichen Anträgen und mit Kartell fabuliert haben, vollkommen neben der Sache. Ich möchte dazu einige Anmerkungen machen.
In der Vergangenheit hat es Gespräche gegeben zwischen der IG Metall, der geschäftsführenden Belegschaft – –
Herr Kollege Brangs, eine Frage: Wenn es stimmen sollte, dass sich die Staatsregierung schon seit Langem in Gesprächen mit der Geschäftsführung und dem Betriebsrat befindet, können Sie mir dann erklären, warum die Koalitionsfraktionen heute Morgen der Dringlichkeit des Antrags zugestimmt haben, wenn er angeblich so gegenstandslos ist und hier nur ein ideologischer Aufguss stattgefunden habe?
Ich habe nicht gesagt, dass wir etwas gegen die Dringlichkeit des Antrags haben, sondern ich habe gesagt, dass das, was Sie diesem Antrag angefügt haben, bereits erledigt ist oder im Moment bearbeitet wird. Es gibt seit dem Bekanntwerden der Pläne zur Schließung konkrete Gespräche mit Vertretern der Koalition, dem Betriebsrat, der IG Metall und dem SMWA. Nichts anderes habe ich gesagt. Was das eine mit dem anderen zu tun hat, kann ich gar nicht richtig nachvollziehen.
Noch einmal: Es hat Gespräche gegeben. Es ist in der Tat so gewesen, dass es heute vor Ort eine Zusammenkunft auf Initiative der IG Metall gegeben hat. Daran haben der Landrat, der Geschäftsführer der Biria Bikes, der Bürgermeister, Kollege Schiemann und ich teilgenommen. In diesem Zusammenhang gab es eine Reihe von Diskussionspunkten, die wir versucht haben zu erörtern. Richtig ist, dass es im Moment einen Konflikt in der Frage des Interessenausgleiches gibt. Das ist richtig. Aber ich denke, da muss das Signal ganz klar vom Landtag kommen, dass wir Lone Star nicht aus ihrer sozialen Verantwortung entlassen dürfen.
Wir können nicht zulassen, dass ein Unternehmen, dass im großen Stil das, was im Vorfeld durch öffentliche Förderung realisiert worden ist, aufgekauft hat, sagt, es
hat mit all diesen Folgen nichts zu tun. Insofern ist es richtig, denke ich, dass der Betriebsrat sagt, wir werden uns an dieser Stelle auf harte Verhandlungen einlassen.
Eine Aufklärung für die NPD: Der Sozialplan – ein Blick in das Tarifvertragsgesetz oder Betriebsverfassungsgesetz erleichtert die Rechtslage –, ein Sozialplan wird nicht zwischen Staatsregierung und Betrieb verhandelt, sondern zwischen Betriebsrat und Arbeitgeberseite. Das ist also eine reine Frage der Sozialpartner. Deshalb war Ihr Hinweis auf den Sozialplan und das SMWA vollkommen deplatziert.
Es wurde noch einmal angesprochen, inwieweit man das Thema Unternehmensberater und Unterstützung bei Ausgründungen auf den Weg bringen kann. Dabei sind gute Ansätze erkennbar. Es ist deutlich geworden, dass die Vertretung des Gesellschafters noch einmal ihre ablehnende Position überdenken will. Wir haben klargemacht, dass aus landespolitischer Sicht – das ist notwendig und richtig – alles unternommen werden muss, einen neuen Investor zu finden, damit wir den Standort in Neukirch in den jetzt bestehenden Gebäuden erhalten können. Ich hoffe, dass wir neue Konzepte finden werden, damit die Produktion – in welcher Form auch immer – fortgesetzt werden kann.
Heute haben wir vereinbart, dass wir in einer solchen Situation nicht von Feiertagen reden. Alle Vertreter haben angemerkt, sie sind bereit, jegliche Form der Unterstützung dem Werk und seinen Beschäftigten zukommen zu lassen. Wir werden also auch an den Feiertagen versuchen, alles daranzusetzen, dass neuen Investoren der Einstieg möglich gemacht wird. Deshalb hoffe ich, dass wir so schnell wie möglich den Beschäftigten in der Region ein positives Signal setzen können.
Zum Schluss noch eine Anmerkung zum Kartellrecht. Das ist für mich der absolute Beweis dafür, dass dieser Antrag nichts anderes als eine Nebelkerze ist. Wer sich mit dem Thema Kartellrecht auseinandersetzt, muss feststellen, dass es sich bei den Betrieben Biria und Mifa um zwei Fahrradproduzenten handelt, die deutschlandweit einen Marktanteil von 30 % besitzen. Kartellrechtliche Betrachtungen kann man aber nicht deutschland- oder sachsenweit anstellen, sondern sie sind mittlerweile europaweit oder global vorzunehmen. Insofern ist das, was hier versucht wird – nämlich zu konstruieren, dass man über das Kartellrecht angeblich etwas beeinflussen könne –, vollkommen deplatziert und trifft überhaupt nicht den Kern des eigentlichen Problems.
Als Fazit würde ich sagen: Die Punkte 1 und 2 des NPDAntrags sind wie immer populistisch nicht zu überbieten und gehen aus unserer Sicht vollkommen am Thema vorbei. Punkt 3 ist erledigt durch die Praxis. Man könnte auch sagen: Thema verfehlt, setzen, Note 5!
Wird von der FDP-Fraktion das Wort gewünscht? – Entschuldigung, es kommt noch die Linksfraktion.PDS. Bitte schön, Herr Zais.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen der demokratischen Fraktionen! Das Fahrradwerk in Neukirch ist für die ostsächsische Wirtschaft wichtig wie viele der über 200 000 Firmen in ganz Sachsen.
Die Linksfraktion.PDS hat viele Kämpfe gegen drohende Schließungen in Sachsen geführt und dabei Erfolge, aber auch Niederlagen erleiden müssen. Eines haben wir immer getan: Die Aktivitäten haben wir immer vor Ort und mit den Belegschaften geführt. Auf diesen Unterschied lege ich sehr viel Wert.
Die NPD-Fraktion versucht zum wiederholten Male, die Sorgen und Nöte um die Arbeitsplätze in den Köpfen der Menschen für ihre demagogischen Ziele zu nutzen. Sie sind konzeptionslos, um solche Finanztransfers zu verhindern. Der Antrag hat keine Qualität im Kampf um den Erhalt oder die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen.
Die jetzige Debatte im Landtag ist untauglich, weil die Aktivitäten vor Ort mit Betriebsräten, Gewerkschaften, Abgeordneten und Regierung längst begonnen haben.
Erstens. Das Bundeskartellamt ist seit Dezember angefragt. Eine Antwort auf den Antrag steht aus. Einer Entscheidung sehen wir aufgrund der 30 % Marktanteile, die durch Mifa damit erreicht werden, mit Interesse entgegen. Die beabsichtigte Kapitelkonzentration wird das sicher nicht aufhalten.
Zweitens. Einen schriftlichen Betriebsstilllegungsbeschluss, wie in Ihrem Antrag gefordert, gibt es aus genannten Gründen bis heute nicht.
Drittens. Die Belegschaft und die IG Metall werden am Dienstag eine Belegschaftsversammlung durchführen und aufgrund dieser drohenden Schließung entsprechende Aktivitäten und Antworten finden.
Ihre Aufforderung, hier zu debattieren, ist durch die begonnenen Aktivitäten auch der politischen Akteure vor Ort nicht mehr nötig. Die NPD wird nicht gebraucht, um Arbeitsplätze zu verteidigen – auch auf diese Feststellung lege ich großen Wert.
Deshalb lassen Sie sich gesagt sein: Eine deutsche Arbeitsfront zwischen Ihnen und der IG Metall wird es nicht geben. Das sage ich Ihnen als IG-Metaller auch in Abstimmung mit vielen IG-Metallern vor Ort und im gesamten sächsischen Raum. Sie sind und werden kein Interessenvertreter der Belegschaften!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Brangs hat darauf hingewiesen, dass sich jetzt sehr viele Menschen – Frauen und Männer aus unserem Land – für dieses Unternehmen einsetzen. Herr Staatsminister Thomas Jurk, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie sehr zeitig und sehr schnell auf das Problem, das es bei Biria in Neukirch in der Oberlausitz gibt, reagiert haben.
Es ist unglaublich, wenn das Fondsunternehmen Lone Star eine Woche vor Weihnachten das Unternehmen schließen möchte. Das haben die Neukircher Mitarbeiter von Biria nicht verdient.
(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der Linksfraktion.PDS, der NPD und Beifall des Staatsministers Thomas Jurk)
Sie haben es deshalb nicht verdient, weil sie sich 15 Jahre für diesen Standort engagiert haben. Aus einem DDRUnternehmen, das nicht unbedingt gute wirtschaftliche Voraussetzungen hatte, haben sie mit ihrer Hände Arbeit sehr viel zu diesem Produktionsstandort beigetragen. Die Frauen und Männer – das hat man uns heute noch einmal deutlich gesagt – haben in den letzten Jahren auf Lohn in Größenordnungen verzichtet. Sie haben auf Lohn verzichtet, um diesen Standort zu erhalten.
Ich denke, dass wir nicht umhin können, deutlich zu machen, dass diese Art und Weise, ein Unternehmen aus unserem Land wegzuholen, nicht akzeptabel ist.