Staatsregierung und Koalition, meine Damen und Herren, wissen seit zwei Jahren, dass Ende 2006 die Beschlussfassung eines neuen Doppelhaushaltes ansteht. Sie hatten also genügend Zeit, die aus Ihrer Sicht erforderlichen Gesetzesänderungen im normalen parlamentarischen Verfahren zu behandeln und zu beschließen. Ich gebe zu, einer hat es zumindest versucht und ich muss ihn auch einmal loben, und zwar Staatsminister Steffen Flath. Er hat einen Gesetzentwurf für die Schulen in freier Trägerschaft vorgelegt, mit dem er allerdings – und da ist es mit dem Lob auch schon wieder zu Ende – im Frühjahr grandios gescheitert war. Auf Druck der Betroffenen, der
Opposition und damals auch noch der SPD-Fraktion musste er seinen Entwurf zurückziehen. Doch Herr Flath ist hartnäckig und hat den zentralen Punkt, nämlich die geplanten drastischen Kürzungen bei den freien Schulen, insbesondere im berufsbildenden Bereich, durch die Hintertür des Haushaltsbegleitgesetzes wieder ins Parlament gebracht. Inzwischen ist leider die SPD-Fraktion einmal mehr eingeknickt und plötzlich bereit, die unverantwortliche Streichorgie mitzumachen.
Die im Haushaltsbegleitgesetz versteckten Änderungen an den geltenden Finanzierungsregelungen für die Schulen in freier Trägerschaft sind für die Linksfraktion.PDS der entscheidende Grund für die Ablehnung dieses Gesetzes. Wir hatten im November eine Aktuelle Debatte zu diesem Thema. Im Schulausschuss wurde erst vor wenigen Tagen ein Antrag der Linksfraktion.PDS abgelehnt,
Fakt ist – und das sollte man an dieser Stelle sagen –: Es war die CDU-Fraktion, die über Jahre hinweg den Ausbau von privaten und konfessionellen Schulen betrieben hat. Sie hat demzufolge auch zu verantworten, dass hierzulande deutlich mehr berufliche Schulen in freier Trägerschaft existieren als im bundesdeutschen Durchschnitt. Und es war die CDU-Fraktion, die zeitgleich zum Teil übergroße neue berufliche Schulzentren in den Kreisen gebaut hat, die künftig womöglich nicht mehr ausgelastet sind. Nun will man sich der freien Schulen entledigen nach dem Motto „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan“. Für uns ist so eine Vorgehensweise nicht akzeptabel.
Wir bleiben dabei, die freien Schulen sind kein Ballast, sondern eine Bereicherung unserer Bildungslandschaft. Was die beruflichen Schulen anbelangt, so sind mittelfristig Veränderungen notwendig. Solange die dort vorhandenen Ausbildungsplätze dringend benötigt werden – und das ist in den kommenden Jahren eindeutig der Fall, weil sich noch immer Tausende unversorgte Schulabgänger in Warteschleifen befinden –, so lange muss auch die Finanzierung dieser Bildungsangebote sichergestellt werden.
Ich denke, in der Sache sind die Argumente ausgetauscht. Staatsregierung und Koalition haben sich einmal mehr als unbelehrbar erwiesen. Uns bleibt daher nur, dieses Gesetz abzulehnen.
Wird von der SPD-Fraktion noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die NPD-Fraktion? – Herr Delle, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss mich kurz fassen, die Redezeit ist so gut wie vorbei.
Ja, Herr Dr. Hahn, Sie haben natürlich Recht, wenn Sie sagen, dass es jetzt unnötig ist, noch über das Haushaltsbegleitgesetz zu reden, nachdem alle Einzelpläne verabschiedet wurden. Wir haben am Dienstagmorgen unter anderem die Vorziehung des Haushaltsbegleitgesetzes gefordert. Sie haben dagegen gestimmt und ich frage mich, warum Sie sich jetzt darüber beschweren. Aber gut.
(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Ich habe nur etwas festgestellt und mich nicht beschwert! – Dr. Johannes Müller, NPD: Weil es von uns kam, ist doch klar!)
Ich möchte kurz unseren Antrag auf Einfügung eines neuen Artikels 15, Änderung des Sächsischen KitaGesetzes, vorstellen. Wir schlagen mit diesem Antrag vor, dass der halbtägige Besuch eines Kindergartens, also 4,5 Stunden pro Tag, für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren beitragsfrei werden soll. Das heißt, die Hälfte eines Tages soll kostenfrei werden und nicht, wie Frau Dr. Schwarz heute fälschlicherweise behauptet hat, der Besuch auf einen halben Tag gekürzt werden.
Die Höhe des dadurch entgangenen Beitrags pro Kind und Monat soll von der Gemeinde in Abstimmung mit dem Träger der Kindertageseinrichtung und dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe festgesetzt werden. Für jedes mindestens halbtägig betreute Kind erhält der Kindergarten von der Jugendhilfe den festgelegten Betrag erstattet. Hierfür hatten wir im Einzelplan 08 eine Aufstockung von 75 Millionen Euro im Jahr 2007 und 76,6 Millionen Euro im Jahr 2008 beantragt. Bei der Schätzung des Mittelbedarfs sind wir von 125 000 Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren und einem durchschnittlichen Kostensatz von 10 Euro monatlich für den halbtägigen Kindergartenbesuch ausgegangen. Ich denke, damit wären wir auf der sicheren Seite gewesen. Dieses Geld sollte uns für eine Maßnahme zur Verbesserung der Situation der Kinderfamilien wert sein. Die Maßnahme wäre bezahlbar gewesen, und sie genießt zudem eine ziemlich allgemeine Befürwortung, nicht nur von der NPD, sondern auch von Ihren Parteien, meine Damen und Herren von CDUFraktion bis Linksfraktion.PDS. Schließlich haben sich in letzter Zeit alle Parteien für einen kostenlosen Kindergartenplatz ausgesprochen. Unser Antrag ist ein erster Schritt in diese Richtung.
Trotz allem bitte ich Sie, meine Damen und Herren, wer es ehrlich meint, kann mit gutem Gewissen unserem Änderungsantrag auf Einführung eines neuen Artikels 15 zum Haushaltsbegleitgesetz zustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion mag durch harte Verhandlungen innerhalb der Koalition einige Verbesserungen im Artikel 7 des Haushaltsbegleitgesetzes erreicht haben. Trotzdem wird uns hier kein wirklich gutes Gesetz vorgelegt. Dieses Gesetz, das im Grunde doch der Zielrichtung des im Frühjahr gescheiterten Privatschulgesetzes entspricht, wird erhebliche Einschnitte, vor allem bei den freien Berufsschulen, mit sich bringen, die in dieser Form weder notwendig sind noch tatsächlich gewollt sein können. Sie nehmen billigend in Kauf, von den Betroffenen mit Verfassungsklagen überzogen zu werden. Die Zuschüsse werden nach Ablauf der Übergangsfrist für so viele Schulen so niedrig sein, dass ein Schulbetrieb allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen heraus nicht mehr möglich sein wird. Das verletzt den Grundsatz der Gleichbehandlung von Schulen in freier und in öffentlicher Trägerschaft. Wir wissen, dass Sie genau das wollen. Sie wollen die freien Schulen, von denen Sie immer wieder sagen, es gäbe zu viele davon, nämlich 24 % der berufsbildenden Schulen, reduzieren, nachdem diese als nützlicher Mohr ihre Schuldigkeit getan haben.
Daran ändert auch das Lippenbekenntnis von Herrn Colditz am gestrigen Tag nichts, in dem er den Willen zum Bestand und zur Weiterentwicklung der Schulen in freier Trägerschaft betont hat. Sie haben gestern zum wiederholten Male festgestellt, dass nach Ihrem Eindruck die Mehrzahl der etablierten Träger zur Neuorientierung bereit seien. Ich frage mich aber, ob der Mehrzahl der Träger überhaupt eine Chance zur Neuorientierung bleibt, denn die von Ihnen immerhin ins Gesetz aufgenommenen Übergangsvorschriften ändern nichts an der Tatsache, dass unter den dann in Kraft tretenden Bedingungen die Führung insbesondere berufsbildender Schulen in freier Trägerschaft schlicht nicht mehr möglich sein wird. Sie verschieben den Zeitpunkt des Todes quasi nur nach hinten. In Ihren Begründungen für dieses Gesetz taucht immer wieder das Argument auf, dass an den vollzeitschulischen Ausbildungsstätten am Bedarf vorbei ausgebildet werde. Als Nächstes werden die Köche angeführt, die nicht in Sachsen, sondern in ganz Europa arbeiten.
Dieser Gesetzentwurf wird der Zielstellung nicht gerecht, die Berufsausbildung entsprechend einer wie auch immer gearteten Bedarfsorientierung neu auszurichten. Statt dessen gehen Sie mit dem Rasenmäher über die gesamte freie Schullandschaft und erwischen nicht nur den Wildwuchs, den es immer geben wird, sondern auch die nützlichen Pflanzen, die Sie in den Jahren zuvor aus gutem Grunde gehegt und gepflegt haben. Was die in Sachsen ausgebildeten und später in ganz Europa arbeitenden jungen Leute betrifft, so kann ich hier wirklich keinen Nachteil sehen; es sei denn, es wäre Ihnen lieber, die Kosten für diese jungen Menschen von Anfang an bei den Sozialkassen zu verorten.
Wir alle zusammen wissen, dass es immer eine Reihe von Jugendlichen geben wird, die im dualen System scheitern. Die freien Schulen sind diejenigen, die im Moment
auffangen, was das mehrgliedrige allgemeinbildende Schulsystem in Sachsen liefert. Ihr Artikel 7 zum Haushaltsbegleitgesetz ist nach unserer Meinung völlig verfehlt, vom Zeitplan her völlig daneben. Sie hätten normalerweise die Berufsfachschulordnung ändern müssen, wenn Sie bestimmte Berufe nicht mehr haben wollen. Deshalb werden wir dieses Gesetz ablehnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Sie zu dieser späten Stunde noch einmal aufrütteln und Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, dass in Artikel 12 dieses Haushaltsbegleitgesetzes der Gesetzentwurf zur Juniorprofessur steckt, obwohl er keinerlei direkten finanziellen Bezug zum gerade verabschiedeten Doppelhaushalt hat.
Die Frage nach dem Grund für die Schamhaftigkeit kann nur die Staatsregierung beantworten. Schämen Sie sich für den Inhalt des Gesetzentwurfes oder liegt es daran, dass Sie nach dem Brandbrief des Sprechers der Juniorprofessoren, Dr. Alexander Weiß, eine gesetzliche Regelung im Schnellverfahren auf den Weg bringen müssen? Sei es, wie es sei, Sachsen bleibt bundesweit schlicht Schlusslicht bei der Gesetzesregelung der Juniorprofessur, und jetzt sind wir eben bestenfalls ein schnelles Schlusslicht.
Bekanntlich ist aber schnell nicht automatisch gut. Das Verfahren dieses Artikelgesetzes ist auf jeden Fall nicht gut für die parlamentarische Arbeit, denn die Transparenz bleibt auf der Strecke. Da kann ich Herrn Hahn nur recht geben.
Schlecht sind aber auch die vielen inhaltlichen Lösungen des Gesetzentwurfes. Unsere Fraktion hat im Fachausschuss umfangreiche Änderungsanträge zu zehn Punkten des Gesetzentwurfes mit ausführlichen Begründungen vorgelegt. Sie sind im Ausschussbericht zu finden.
Da das Thema Juniorprofessur 2007 im Rahmen des neuen Hochschulgesetzes ohnehin wieder auf der Tagesordnung steht, verzichten wir auf eine nochmalige Behandlung im heutigen Plenum. Nicht verzichten wollen wir aber auf die Kritik, die wir an diesem Gesetzentwurf bereits geübt haben.
Es gilt im Allgemeinen das bereits im November-Plenum zum FDP-Entwurf Gesagte. Im Kern konzentriert sich unsere Kritik auf drei Punkte.
Zum Ersten kritisieren wir, dass die Habilitation und die darauf ausgerichteten Personalstellen beibehalten werden sollen und dadurch die Juniorprofessur als neues Projekt konterkariert wird. Das weltweit nahezu einmalige „Fossil Habil“, wie es der „Spiegel“ formulierte, soll offensicht
lich um jeden Preis am Leben erhalten werden, und sei es um den Preis des Zukunftsprojektes Juniorprofessur.
Zum Zweiten sind die unklaren Regelungen zur Evaluation zu kritisieren, die sich anderenorts, in anderen Bundesländern als deutlicher Hemmschuh erwiesen haben.
Zum Dritten und nicht zuletzt sind wir traurig darüber, dass der Sächsischen Staatsregierung die sächsischen Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren nicht einmal den Titel „Professor“ wert sind.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Erfolg des Projektes Juniorprofessur steht auf der Kippe. Das dürfte allen Interessierten spätestens im August dieses Jahres klar geworden sein, als „Die Zeit“ einen entsprechenden Artikel titelte: „Ein letzter Gruß“.
35 Juniorprofessoren aus Konstanz hielten im Oktober mit einer Erklärung gegen, die sie unter die Überschrift stellten: „Totgesagte leben länger“. Wir haben es in der Hand, hier in Sachsen mit einer Juniorprofessur zu diesem längeren Leben beizutragen. So wie die Staatsregierung und die Koalition aber die Juniorprofessur jetzt regeln wollen, werden die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler keinen attraktiven Weg zu einer unabhängigen Forschung und Lehre finden, und so wird auch die internationale Anschlussfähigkeit nicht hergestellt werden.
Unsere Fraktion wird ihre Stimme nicht für einen Beitrag zu einem letzten Gruß geben. Wir werden deshalb diesen Gesetzentwurf ablehnen.
Meine Damen und Herren! Dann kommen wir zu den Abstimmungen. Vorher frage ich Herrn Delle, den Berichterstatter des Ausschusses, ob er das Wort wünscht. – Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, über den Gesetzentwurf artikelweise abzustimmen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so verfahren.
Aufgerufen ist das Gesetz über Maßnahmen zur Sicherung der öffentlichen Haushalte 2007/2008 im Freistaat Sachsen. Wir stimmen auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in Drucksache 4/7157 ab.