Protocol of the Session on December 12, 2006

(Beifall bei der FDP)

Herr Lichdi, Sie beschließen die Runde der Fraktionen. Der Abg. Lichdi von der Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorredner haben es des Öfteren gesagt, ich sage es auch noch einmal: Der Justizhaushalt ist einer der kleinsten, er

ist aber auch einer, der mit 35 % einen hohen Deckungsanteil bringt. Ich glaube, wir, die wir hier die Rechtspolitiker sind, sollten einvernehmlich dafür werben, dass dies in der Bevölkerung auch etwas bekannter wird. Das haben meine Vorredner getan, und ich will es auch gerne tun. Trotzdem haben wir keinen Grund zur Zufriedenheit; denn die Staatsregierung setzt unter dem Druck des Personalabbaus auf die Justiz, obwohl es sich bei der Justizgewährleistung ja wohl wahrlich um den härtesten Kern von Staatlichkeit handelt.

Es ist seit Jahren ein Skandal und de facto eine Rechtsverweigerung, wenn man beim Verwaltungsgericht eine Terminierung im Hauptsacheverfahren zwei Jahre nach Klageeinreichung bekommt. Herr Schiemann hat das Urteil des Verfassungsgerichtshofes zwar zu Recht angesprochen, allerdings, wenn ich den Haushalt bzw. den Abbauplan des Herrn Justizministers näher betrachte, sehe ich dort keine Konsequenzen. Der Justizhaushalt – darüber sollten wir uns in diesem Hause einmal einig werden – kann weder viel zur Sanierung beitragen noch diese ernsthaft beschädigen. Die Justiz verkraftet einen weiteren Stellenabbau nach dem Motto „Alle müssen sparen!“ – wir haben es heute gehört – nicht mehr, Herr Bräunig. Der Spardruck verstellt Herrn Mackenroth durchaus den Blick für die Bedarfszahlen. Herr Kollege Bartl, in diesem Punkt muss ich Herrn Mackenroth in Schutz nehmen; denn er hat uns tatsächlich ausführlich – ist hier leider erst am 20.11. auf unsere Anfrage im Landtag eingegangen – für jedes Amtsgericht, für jede Staatsanwaltschaft, für jedes Gericht die genauen Abbauzahlen vorgelegt.

Wir verkennen dabei nicht, dass der Stellenabbau zu circa 80 % über den Wegfall von Anwärter- und Referendarstellen erfolgt und die Abbauzahlen für Richter und Staatsanwälte vergleichsweise moderat sind. Dem liegt eine geschätzte Reduzierung der Geschäftsanfälle in den nächsten Jahren um 3 % zugrunde. Die Einzigen, die bei der Gerichtsbarkeit wirklich mit „erwachsenen“ Stellen bluten müssen, sind Schreibkräfte und Urkundsbeamte. Dort wird zurückgehender Bedarf mit der Bildung des gemeinsamen Mahngerichtes beim Amtsgericht Aschersleben zum Mai 2007 sowie der Bildung von Serviceeinheiten und besserer Ausbildung begründet. Diese Logik, Herr Staatsminister, ist für uns nicht untersetzt. Auf unsere Anfrage im Rechtsausschuss, ob der geplante Stellenabbau mit dem maßgeblichen Stellenabbausystem PEBB§Y vereinbar ist, antworteten Sie, mit einem schlichten „Ja“. Das können wir glauben oder nicht, nachvollziehen können wir es nicht. Wenn wir dann in den von Ihnen ausgereichten Unterlagen nachsehen, müssen wir feststellen, dass beim Verwaltungsgericht Dresden zwei Richterstellen abgebaut werden und dass beim Verwaltungsgericht Chemnitz eine Richterstelle abgebaut wird, und das – ich habe es angesprochen – bei diesen dermaßen langen Verfahrensdauern, die ich für Rechtsverweigerung halte.

Die Orientierung an der Geschäftsanfallentwicklung erfolgt aber vorrangig aus Kostengründen. Diese missach

tet völlig, dass einzelne Geschäfte personalintensiv und langwierig sind. Beispielhaft – Herr Kollege Bartl hat zu Recht ein paar Beispiele genannt – erwähne ich hier die Forderung von Herrn Oberstaatsanwalt Schär, der kürzlich in der Presse eine Verstärkung der Abteilung Staatsschutz gefordert hat. Die notwendige Ermittlung und Zerschlagung von Strukturen im Bereich des Rechtsextremismus übersteigen die aktuellen personellen Kapazitäten. Eine punktuelle Verfolgung rechtsextremistischer Gewalt reicht nicht aus. In Sachsen existieren rund 40 rechtsextremistische Kameradschaften mit insgesamt etwa 1 000 Mitgliedern. Die Hälfte davon müsste wegen Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung überprüft werden. Wir haben ja dieser Tage gehört, dass im Tatkomplex SSS wieder eine erneute Anklage erfolgt ist, also offensichtlich wuchert es ja weiter. Hier handelt es sich tatsächlich und wirklich um eine Kernaufgabe des Staates. Ich denke, gerade hier können wir uns keine Strafverfolgungslücke leisten!

(Beifall bei den GRÜNEN und der FDP)

Ich frage mich nach wie vor, wie auch nur eine Stelle Einsparpotenzial im Strafvollzugsbereich zustande kommen kann. Der Fall „Mario auf dem Dach“ und mehr noch der Mord in der Leipziger Haftanstalt 2004 mahnen uns doch, dass der Personalschlüssel wohl nicht ausreicht. Der Verweis auf einen noch schlechteren Personalschlüssel in anderen Bundesländern beruhigt mich nicht wirklich. Weniger Personal kann keinesfalls eine Qualitätssteigerung, die doch nötig wäre, nicht einmal eine Qualitätssicherung erreichen. Ich halte es für untragbar, wenn die Staatsregierung den im Bundesvergleich geringen Haftkostenansatz im Freistaat Sachsen als Gradmesser für die Qualität des Vollzugs begreift, wie in einer Pressemitteilung dieses Jahres präsentiert wurde.

Ausdrücklich kritisiere ich auch den Kostenansatz für die Bezüge der planmäßigen Beamten im Ministerium, der die im Jahr 2005 verauslagten Mittel um nicht weniger als 2,5 Millionen Euro übersteigt. Auch nach den Erläuterungen der Staatsregierung auf unsere Anfrage bleibt der Eindruck, dass sich Herr Mackenroth dort wohl eine Verfügungsmasse schaffen möchte.

Zum Schluss möchte ich noch einen weiteren Kritikpunkt loswerden, der mich besonders ärgert. Die weiteren 100 000 Euro für das Prestigeprojekt mit der Bertelsmannstiftung zur sogenannten Bürokratiemessung halte ich für schlecht angelegt, zumal uns die Geschichte mit dem Quick-scan, die wir ja auch schon bezahlt haben, noch nicht vorliegt. Wenn ich an die Erfahrung mit dem Paragrafenpranger denke, kann ich mir nicht vorstellen, dass dort viel herauskommt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion.PDS und der FDP)

Danke schön. – Das waren die Fraktionen. Die CDU hat noch einmal Redebedarf angezeigt. Herr Schiemann, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich entschuldige ich mich bei den Rechtsanwälten des Freistaates für die Verwechslung, die ich begangen habe. Sie war nicht beabsichtigt gewesen. Ich achte die Arbeit der Anwaltschaft als unabhängiges Organ der Rechtspflege im Freistaat Sachsen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Danke, Herr Schiemann. – Jetzt hat Herr Staatsminister Mackenroth die Gelegenheit, auf alles einzugehen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Justiz kostet jeden Einwohner des Freistaates Sachsen gut 6 Euro im Monat, so viel wie ein Pfund Dresdner Stollen. Für diesen vergleichsweise geringen Betrag stellt die sächsische Justiz ein umfangreiches Leistungspaket zur Verfügung, das vom in der Regel schnellen und effektiven Rechtsschutz bis zum sicheren Justizvollzug reicht. Darüber hinaus bieten wir einen vielfältigen Bürgerservice vom elektronischen Grundbuch über die Rechtsberatung bis hin zur Erteilung von Erbscheinen an.

Die im Haushaltsentwurf hierfür veranschlagten Ausgaben in Höhe von 511 Millionen Euro im Jahre 2007 und 526 Millionen Euro im Jahr 2008 werden dabei – das ist schon gesagt worden – zu rund einem Drittel aus selbstverdienten Verwaltungseinnahmen finanziert. Mit voraussichtlich 182 Millionen Euro Verwaltungseinnahmen erwirtschaftet die Justiz damit 42 % der gesamten Verwaltungseinnahmen des Freistaates Sachsen, obwohl ihr Anteil am Gesamthaushalt lediglich bei 3,1 % liegt.

Trotzdem hat natürlich die anhaltend schwierige Haushaltslage auch auf die Justiz erhebliche Auswirkungen. Auch wenn sich nach dem Ergebnis der NovemberSteuerschätzung die Einnahmen positiv entwickeln werden, zwingen uns doch die stetig steigenden Ausgaben in allen Bereichen bereits seit Jahren zu immer neuen Anstrengungen, um dem Verfassungsauftrag der Justiz im Rechtsstaat auch weiterhin gerecht werden zu können. Es ist Aufgabe des Ihnen vorliegenden Doppelhaushaltes, den schwierigen Spagat zwischen dem allgegenwärtigen Gebot der Sparsamkeit einerseits und der Erfüllung des Justizgewähranspruchs des Bürgers andererseits zu bewerkstelligen.

Vorrangig die Umsetzung des von der Staatsregierung beschlossenen Stellenabbaukonzeptes 2010 stellt die sächsische Justiz fraglos vor eine große Herausforderung, bietet aber andererseits natürlich auch Chancen insbesondere im Hinblick auf Verschlankung und Modernisierung.

Wir werden in der sächsischen Landesverwaltung bis zum Jahre 2010 insgesamt 6441 weitere Stellen abbauen, von denen im Ergebnis 833 Stellen im Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz zu erbringen sind. Die

übrigen Stellen, Herr Abg. Bartl, fallen auf bereits bewerkstelligte Stellenabbaukonzepte früherer Jahre. Von diesen 833 Stellen entfallen – das ist schon gesagt worden – 350 Stellen auf Rechtsreferendare, 63 Stellen auf Anwärter. Neben dem Landesbeauftragten für die Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes mit einer Stelle und dem Ausbildungszentrum Bobritzsch mit drei Stellen ist das Ministerium selbst betroffen, Herr Lichdi. In meinem Haus werden acht Stellen abgebaut. Im Vollzug sparen wir weitere 163 Stellen ein. Die Gerichte und Staatsanwaltschaften werden mit insgesamt 245 Stellen beteiligt sein. Hiervon entfallen verhältnismäßig wenige, nämlich 46, auf den höheren Dienst, 177 auf den mittleren, 22 auf den einfachen Dienst. Der gehobene Dienst ist wegen der bereits jetzt bestehenden Unterbesetzung vom Stellenabbau nicht betroffen.

Insgesamt wird – das ist keine Frage – der Stellenabbau schwierig. Viele fragen sich: Wie können wir eigentlich mit weniger Personal die Funktionsfähigkeit der Justiz und des Vollzuges bei schon jetzt hoher Belastung sicherstellen? Wir stellen gegenwärtig bei den Staatsanwaltschaften und in allen Gerichtsbarkeiten außer bei der Sozialgerichtsbarkeit einen in der Gesamtschau nicht unerheblichen Rückgang der Eingangszahlen fest, und wir gehen auch mit Blick auf die prognostizierte demografische Entwicklung im Freistaat davon aus, dass die Geschäftszahlen in den nächsten Jahren wohl kaum ansteigen werden. Meine Verantwortung für die Funktionsfähigkeit der sächsischen Justiz gebietet es indes, nicht nur auf einen Rückgang der Verfahrenszahlen zu vertrauen.

Wir haben bereits eine Vielzahl von Maßnahmen getroffen, um die Leistungsfähigkeit der sächsischen Justiz für die Zukunft nicht nur zu sichern, sondern auch auszubauen. Ich möchte beispielhaft moderne Organisationsformen nennen, wie etwa die 2007 geplante Beteiligung am zentralen Mahngericht mit Sitz in Sachsen-Anhalt oder unser Modellprojekt einer öffentlich-privaten Partnerschaft für Amtsgericht und Staatsanwaltschaft in Chemnitz. Hierher gehört auch die fortschreitende Einrichtung von Serviceeinheiten bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften, in denen die bisherige ineffektive Trennung zwischen Geschäftsstellen und Schreibkanzleien aufgehoben wird.

Der Zukunftssicherung dient schließlich auch das Personalentwicklungskonzept in der sächsischen Justiz ebenso wie ein schon heute außerordentlich attraktives Fortbildungsangebot für alle Laufbahnen. All dies lässt sich unter dem Oberbegriff des Qualitätsmanagements zusammenfassen.

Auch angesichts der jedenfalls im Ländervergleich derzeit eher großzügigen Personalausstattung der sächsischen Justiz bin ich optimistisch, dass die Justiz im Freistaat ihre Aufgaben auch in den nächsten Jahren in rechtsstaatlich gebotener Weise qualitativ wird erfüllen können.

Meine Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Entwurf enthält einige Neuerungen. Ich freue mich darüber,

dass wir in den nächsten beiden Jahren bei den Amtsgerichten Leipzig und Meißen einen Modellversuch zur Flexibilisierung der Ausgaben in der Hauptgruppe 5 durchführen können. Hintergrund ist die Tatsache, dass die gesetzlichen Pflichtaufgaben fast ein Viertel der gesamten Ausgaben der Justiz ausmachen. Diese Ausgaben beruhen vor allem auf bundesgesetzlichen Regelungen und waren daher in der Vergangenheit kaum zu beeinflussen. Mit dem Modellversuch wollen wir überprüfen, ob es nicht doch möglich ist, diese Pflichtaufgaben zumindest in Teilbereichen zu steuern. Bei beiden Modellgerichten setzen wir daher ganz gezielt Sparanreize – Herr Dr. Martens, nicht um Beweisaufnahmen zu ersparen oder notwendige Gutachten nicht einzuholen; das wird kein verantwortungsvoll handelnder Mitarbeiter in der Justiz tun.

Was wir aber machen wollen: Wir wollen beispielsweise Anreize dafür geben, dass Zeugen und Angeklagte gelegentlich mit einfachem Brief statt mit der wesentlich teureren Zustellungsurkunde geladen werden; und dagegen haben Sie unter Sparsamkeitsgesichtspunkten wohl auch nichts einzuwenden.

Einen weiteren Schwerpunkt im Einzelplan 06 bilden die für die kommenden Jahre geplanten Bauvorhaben in der Justiz. Hierzu nur so viel: Allein in den letzten fünf Jahren wurden im Geschäftsbereich des SMJus etwa 249 Millionen Euro in Neubauten und in den Erhalt der bestehenden Bausubstanz investiert. Zu den wichtigsten Bauvorhaben der nächsten Jahre zählen die Neubauten der Jugendstrafanstalt Regis-Breitingen und der Neubau des Amtsgerichtes Dresden in unmittelbarer Nachbarschaft zum Landgericht, die Sanierung des Schlosskomplexes in Grimma für die Unterbringung des Amtsgerichtes und der staatsanwaltschaftlichen Zweigstelle, die Sanierung des Amtsgerichtes Freiberg, die Fertigstellung des Amtsgerichtsgebäudes in Aue, der Neubau eines Haftkrankenhauses in der JVA Leipzig, der Neubau eines Hafthauses in Waldheim sowie umfangreiche Maßnahmen zur Erhaltung und Erweiterung des Standortes Torgau für den Justizvollzug. Und, Herr Dr. Hähle, im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen werden wir uns natürlich auch um die weitere Sicherung der Flachdächer in Vollzugsanstalten kümmern.

Zum Strafvollzug. Herr Dr. Martens, hier werden Sie ein Beispiel für die Gestaltungskraft dieser Koalition finden. Entgegen Herrn Bartl bin ich nicht der Auffassung, dass wir im Freistaat Sachsen trotz der Bedenken erregenden Überstundenanzahl auf dem Weg zum Verwahrvollzug einfachster Prägung sind; aber es wird im Freistaat auch künftig keinen der sogenannten Hotel- oder Kuschelvollzüge geben. Mein Haus erarbeitet derzeit in den letzten Zügen den Entwurf eines Strafvollzugsgesetzes mit Regelungen zum Erwachsenen- und Jugendstrafvollzug sowie zur Sicherungsverwahrung. Dabei sind wir außerordentlich sorgsam darauf bedacht, die Sicherheit der Bevölkerung mit der notwendigen Resozialisierung der Gefangenen in ein vernünftiges Gleichgewicht, in Einklang zu bringen. Die Verantwortung, die wir dabei

tragen, kennen wir. Herr Abg. Bräunig hat recht: Das wird nicht zum Nulltarif zu haben sein.

Ein wesentlicher Leitgedanke des Entwurfes wird die Stärkung der Selbstverantwortung der Gefangenen sein – Stichwort Chancenvollzug. Darüber hinaus können wir im sächsischen Strafvollzugsgesetz unsere innovativen und konsequenten Vollzugskonzepte für die Jugendlichen und Heranwachsenden genauso wie für die Erwachsenen dauerhaft festschreiben. Ich denke dabei an das Selbststellermodell, den dezentralen offenen Vollzug, den Ersttätervollzug in der JVA Waldheim und die Jugendsozialtherapie.

Jede diese Neuerungen wird auf ihre Vereinbarkeit mit unserem Anspruch an die Sicherheit des Strafvollzuges geprüft und muss sich am Sicherheitsniveau des sächsischen Vollzuges messen lassen, das nach wie vor hoch ist. Auch dazu eine Zahl, die für sich spricht: Seit sechs Jahren, meine Damen und Herren, hat es in Sachsen keinen einzigen Ausbruch aus dem geschlossenen Vollzug gegeben.

Was machen wir ansonsten mit den uns überantworteten Steuermitteln? Die Leistungsbilanz der sächsischen Justiz kann sich auch und gerade im Vergleich mit den übrigen Bundesländern in vielerlei Hinsicht sehen lassen. Wie Sie alle wissen, ist die Verfahrensdauer ein wesentlicher Gradmesser und nicht selten sogar im wahrsten Sinne des Wortes ein Standortfaktor. Wenn der Satz „Nur schnelles Recht ist gutes Recht“ zutrifft, dann erhält der Bürger in Sachsen in den meisten und gerade in den wichtigen Bereichen fürwahr gutes Recht. Bei der durchschnittlichen Verfahrensdauer in Zivilsachen belegen die sächsischen Amts- und Landgerichte sowie das Oberlandesgericht im Bundesvergleich jeweils den zweiten respektive dritten Platz.

Von hoher Bedeutung ist auch eine schnelle Verfahrenserledigung in Strafsachen. Die Strafe muss der Tat auf dem Fuße folgen. Die Zahlen für Sachsen widerlegen in großer Deutlichkeit das allzu oft in den Medien gezeichnete Bild einer „lahmen Justiz“. Die sächsischen Staatsanwaltschaften erledigen ihre Verfahren durchschnittlich innerhalb von etwa sieben Wochen und nehmen damit im Bundesvergleich den dritten Platz ein. Auch die Amtsrichter, bei denen 99 % aller Strafsachen angeklagt werden, arbeiten weitaus zügiger als die meisten ihrer Kollegen im Bundesdurchschnitt. Sie nehmen mit einer Verfahrensdauer von durchschnittlich 3,4 Monaten bei den Strafrichtern und 2,7 Monaten bei den Jugendrichtern den zweiten und dritten Platz unter den 16 Bundesländern ein.

Um der Vermutung zu begegnen, dass bei kurzen Erledigungszeiten hier im Freistaat Quantität vor Qualität gehen könnte: Aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit ist es mir zwar verwehrt, die Qualität von Urteilen zu bewerten; nicht verwehrt ist es mir aber, die Statistik des Bundesgerichtshofes zu zitieren. Hiernach werden die Urteile sächsischer Gerichte vom BGH seit Jahren deutlich seltener aufgehoben als die

Urteile der Landgerichte der allermeisten anderen Bundesländer.

Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle nicht verschweigen, dass die Erfolgsbilanz nicht ungetrübt ist. Es gibt Bereiche, in denen die sächsische Justiz nicht an der Spitze liegt. Sorge bereiten mir – darin stimme ich Ihnen, Herr Dr. Martens, vollkommen zu – die sächsischen Verwaltungsgerichte, bei denen ein durchschnittliches Hauptsacheverfahren trotz aller Anstrengungen – Stichwort Altfallvereinbarung – immer noch mehr als 19 Monate und damit ein halbes Jahr länger als im Bundesdurchschnitt dauert.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Das Hauptsacheverfahren! – Zuruf des Abg. Dr. Jürgen Martens, FDP)

Bedenken Sie, dass der Abbau der Altverfahren, an den wir uns in den letzten Jahren gemacht haben, die Statistik entsprechend beeinflusst, weil die Verfahren erst dann in die Statistik einfließen, wenn das Verfahren auch tatsächlich abgeschlossen ist.

Bedenklich aber ist der hohe Bestand an Altverfahren bei den sächsischen Verwaltungsgerichten. Deren Zahl wurde mittlerweile zwar etwas reduziert; das Ergebnis ist dennoch nicht befriedigend. Hier wird es auch in den kommenden Jahren nicht nur eines wachen Auges der zur Dienstaufsicht Berufenen, sondern auch gesteigerter Anstrengungen eines jeden Richters, einer jeden Richterin bedürfen. Mehr Stellen allein helfen nicht. Das Ziel schnelle Erledigung in hoher Qualität ist den Schweiß der Edlen wert; der vorgelegte Haushalt ermöglicht dies.

Meine Damen und Herren, im Freistaat haben wir ein dichtes rechtsstaatliches Netz geknüpft, mit dem Gerichte und Justizbehörden allein in der ordentlichen Gerichtsbarkeit circa 240 000 Verfahren und bei den Staatsanwaltschaften circa 270 000 Verfahren jährlich erledigen. Dieses Netz werden wir mit dem vorliegenden Entwurf des Doppelhaushaltes erhalten und stärken; die Sachsen können sich auch zukünftig auf ihre Justiz verlassen. Ich bitte Sie um Zustimmung zum Einzelplan 06.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD, des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS, und der Staatsregierung)

Danke schön; das war die Rede des zuständigen Ministers.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Beschlussfassung. Wir stimmen ab über den Einzelplan 06 – Staatsministerium der Justiz. Im Kapitel 06 01 gibt es keine Änderungsanträge. Wer diesem Kapitel folgen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wir machen die Gegenprobe. – Ich frage nach Stimmenthaltungen. – Bei zahlreichen Gegenstimmen wurde dem Kapitel mehrheitlich trotzdem gefolgt.

Meine Damen und Herren! Im Kapitel 06 02 gibt es drei Änderungsanträge der NPD-Fraktion. Herr Müller, hatte

ich Sie heute Morgen so verstanden, dass diese schon eingebracht worden sind?