Protocol of the Session on November 17, 2006

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Da hat er recht!)

Ende des Zitats.

Ähnliche Bezugnahmen auf die kommunalen Entscheidungen gab es auch bei den anderen Rednern. Ich sage aber: Hacker und alle, die bewusst oder unbewusst Derar

tiges verlautbaren, lassen eben nur die tatsächliche Rechtslage außen vor.

(Zuruf von der SPD: Was?)

Denn da sind eben die entsprechenden Einnahmebeschaffungsgrundsätze nach § 73 der Sächsischen Gemeindeordnung, die die Kommunen grundsätzlich verpflichten, weithin alle erzielbaren Erlöse aus der Veräußerung und Veräußerbarkeit und Bewirtschaftung von kommunalem Eigentum zu realisieren.

Übersetzt auf den vorliegenden Fall heißt das: Alles, was an Grundstücken verscherbelt werden kann, ist zu verscherbeln. Was nicht verscherbelt wird, was nicht verkauft wird, ist nach dem Grundsatz „ortsübliche Pachthöhe“ zu verwerten. Die ortsübliche Pachthöhe ist eben dann nicht wie bislang die durch die Nutzungsentgeltverordnung bewirkte Deckelung von 30 bis 40 Euro pro Jahr, sondern dann reden wir über 30 Euro pro Monat. Der Freistellplatz kostet in Chemnitz, wenn ich ihn bei meiner Eigentumswohnung draußen miete, 30 bis 40 Euro. Das wird dann auch der Garagenplatz pro Monat kosten.

Was die Kommunen im Interesse des Bürgers und des Rechtsfriedens wollen, ist das eine, was ihnen die Gesetze oder die kommunale Aufsichtslage vorschreibt, das andere. Mit genau dieser Wahrheit fällt der Staatsminister des Innern auch ins Haus bzw. kommt er ungeschminkt heraus. Auf mein eigentlich an den Justizminister gerichtetes Schreiben vom 21. März 2006, in welchem ich vortrug, dass man im Befriedungsinteresse bezüglich der Garagenproblematik den gleichen Weg gehen sollte wie Mitte der Neunzigerjahre betreffs der an sich auch nach § 73 Sächsische Gemeindeordnung zwingend zu erhebenden Straßenausbaubeiträge, bei denen qua Erlass der Staatsregierung den Kommunen die Berechtigung zu Kulanzentscheidungen übertragen wurde, antwortete mir nämlich mit Schreiben vom 08.06.2006 der – eingeräumtermaßen – zuständige Innenminister Dr. Buttolo wie folgt. Es rentiert sich, dieses Schreiben zu verlesen, denn ich denke, Herr Kollege Dr. Martens, Kollege Lichdi, Sie werden das Problem auch erfassen.

Also: Herrn Klaus Bartl usw. Betreff: Ablauf von Schutzfristen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes privates Garageneigentum auf kommunalen Grundstücken, kommunalaufsichtsrechtliche Maßnahmen im Freistaat Sachsen; Schreiben vom 08.06.2006.

„Sehr geehrter Herr Abgeordneter, mit Schreiben vom 21. März 2006 hatten Sie Herrn Staatsminister Mackenroth um Prüfung geeigneter Maßnahmen gebeten, um zu verhindern, dass Gemeinden, die nach Ablauf der Schutzfrist des Schuldrechtsanpassungsgesetzes nach dem 31.12.2006 das Recht haben, sogenannte Garagenaltmietverträge ohne Gegenleistung entschädigungslos zu kündigen, von den Rechtsaufsichtsbehörden angehalten werden, dieses Recht auszuüben, über Änderungskündigungen Marktmieten durchzusetzen.

(Zuruf von der Linksfraktion.PDS: Hört, hört!)

Das Staatsministerium der Justiz hat Ihr Schreiben zuständigkeitshalber an mein Haus weitergeleitet. Nach Prüfung Ihres Anliegens sehe ich keine Veranlassung, auf die nachgeordneten Rechtsaufsichtsbehörden mit dem von Ihnen gewünschten Ziel einzuwirken. Die Gemeinden sind grundsätzlich gehalten, aus ihrem Finanzvermögen angemessene Einnahmen zu erzielen. Dies bedeutet für Grundvermögen, dass sich die Nutzungsentgelte an Marktmieten zu orientieren haben. Im Übrigen sehe ich auch keinen sachlichen Grund dafür, die betroffenen Garagennutzer über den 31. Dezember 2006 hinaus auf Kosten der Gemeinden und damit auf Kosten der anderen Gemeindebürger wirtschaftlich zu begünstigen. Das Interesse der Garagennutzer am Fortbestand der Altmietverträge wurde durch die Bemessung und mehrfache Verlängerung der Investitions- und Kündigungsschutzfristen aus meiner Sicht hinreichend gewahrt. Mit freundlichen Grüßen Dr. Albrecht Buttolo.“

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Wo er recht hat, hat er recht!)

Da sehen Sie einmal, was man alles so unterschiedlich über Recht denken kann.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Richtig!)

Das hängt mit der Biografie zusammen.

Abgesehen davon, dass Herr Dr. Buttolo schlicht die Unwahrheit sagt, oder eben null Kenntnis hat, wenn er behauptet, dass die Investitions- und Kündigungsschutzfristen für Garagen schon mehrfach verlängert worden seien. Das Gegenteil ist der Fall. Noch einmal: Das Gegenteil ist der Fall, auch wenn Sie es beim letzten Mal einfach weggeklemmt haben.

Der Einigungsvertrag mit völkerrechtlichem Charakter und Status hat gerade bestimmt, dass selbiges Eigentum an Garagen wie an Erholungsgrundstücken und an Eigenheimen von damaligen Bürgern der DDR im Zuge des Beitritts unangetastet bleibt. Im Einigungsvertrag bzw. in demselbigen umsetzenden Einführungsgesetz zum BGB – all das haben wir im März schon erörtert – war ausdrücklich verankert, dass in diesem Fall der Grundsatz „Gebäude folgt dem Boden“ umgekehrt wird, der § 94 BGB andersherum gilt, dass nämlich Artikel 231 § 5 Abs. 2 EGBGB gilt. Das steht nach wie vor im Gesetz. Lesen Sie einfach nach: Artikel 231 § 5 Abs. 2 EGBGB: „Das Nutzungsrecht an dem Grundstück und die erwähnten Anlagen, Anpflanzungen und Einrichtungen gelten als wesentliche Bestandteile des Gebäudes.“

Der Bundestag hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, das EGBGB zu ändern. Das EGBGB enthält nach wie vor diese Bestimmung. Sie ist nach wie vor da.

(Beifall der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS)

Erst das Schuldrechtsanpassungsgesetz 1994 hat über Nacht qua Bundestagsmehrheit den Einigungsvertrag restriktive die völkerrechtliche Vertragsabrede beseitigt

und stattdessen die übergreifenden Interessen der Bodeneigentümer nach Lesart des BGB gesetzt. Das war Vertragsbruch zum Nachteil der Ostdeutschen. Diesen Vertragsbruch – das ist richtig – hat das Bundesverfassungsgericht mit dem Urteil aus dem Jahre 1999 legitimiert. Dazu sage ich aber, dass dieses Urteil zumindest europarechtswidrig ist. Das werden wir mit Sicherheit später noch erfahren.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Bevor wir aber diese Baustelle eröffnen, geht es jetzt um eine ganz lebensnahe Entscheidung, um ganz vernünftige Wege, dem Konflikt die Spitze zu nehmen, indem Sie heute ganz einfach unserem Antragsverlangen zustimmen, dass die Staatsregierung qua geeignetem Rechtsakt in Anlehnung an die in den Jahren 1995 bis 2000 im Bereich der Erhebung der Straßenausbau- und Straßenbaugebühren geübte Praxis den Kommunen das Recht einräumt, im Rahmen ihrer Selbstverwaltungskompetenz selbst vernünftig darüber zu entscheiden, wie sie die Nutzungsverhältnisse an Garagen von vormaligen DDR-Alteigentümern fernerhin gestalten.

Den Kommunen soll es also überlassen sein, ob sie etwa in Anlehnung an die in den Jahren 1995 bis 2000 durch die Staatsregierung per Schnellbrief und Erlass des Innenministeriums sanktionierte Praxis des Umgangs mit den besagten Ausbaubeiträgen entscheiden, ob sie Nutzungsverträge mit Garageneigentümern nach den bisherigen Parametern oder leicht modifiziert fortsetzen oder die am 31. Dezember 2006 auslaufende Investitionsschutzfrist auf Antrag verlängern mit der Maßgabe, hieraus resultierende Entschädigungsansprüche bei Eigentumswechsel, oder ob sie dort, wo Kündigungen des Nutzungsverhältnisses gegenüber dem Garageneigentümer unumgänglich sind, weil die betreffende Fläche tatsächlich im überwiegenden Interesse der Gemeindebürger anders genutzt werden soll, zum Beispiel als Baugrundstück verwertet werden soll, zumindest eine angemessene Entschädigung in Höhe des Zeitwertes der Garagen zahlen.

Dies zu entscheiden soll den Gemeinden überlassen werden und es soll ihnen bei abgewogener Entscheidung im Interesse des Rechtsfriedens und des Interessenausgleichs nicht die Gefahr drohen, dass ihnen die Rechtsaufsichtsbehörde bei nächster Gelegenheit entweder die Haushaltsgenehmigung versagt oder die Gemeinden wegen Verstoßes gegen Grundsätze der Sparsamkeit und der wirtschaftlichen Haushaltsführung sowie der Einnahmebeschaffungsgrundsätze rügt oder in sonstiger Weise schurigelt.

Versagen Sie unserem Antrag generell die Zustimmung, ist das gleichbedeutend mit der Positionsnahme der Mehrheit des Landtages für die Lesart des Innenministers. Nach ihr werden die Kommunen aufgefordert, Geld zu holen, wo Geld zu holen ist. Das ist nach unserer festen Überzeugung jedenfalls schlicht und ergreifend rechtspolitisch nicht vertretbar. Ob Ihnen, verehrte Kolleginnen

und Kollegen, das auf Dauer in Ihrem Wahlkreis verziehen wird, wagen wir zu bezweifeln.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Das war die einreichende Fraktion. Wir treten in die Debatte ein. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Bandmann.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Porsch, wie hieß es zu DDR-Zeiten? „Spitzbart, Bauch und Brille ist nicht des Volkes Wille!“ Das war der Ruf am 17. Juni 1953.

(Heiterkeit bei der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Das vielleicht zur Erinnerung.

Aber nun zu dem vorliegenden Antrag. Zunächst gilt es, die Position der CDU-Landtagsfraktion darzulegen.

Der Einreicher hat es wieder einmal geschafft, unter der Überschrift „200 000 Garageneigentümern in Sachsen droht Enteignung“ Verunsicherung im Lande zu verbreiten.

(Lebhafter Widerspruch bei der Linksfraktion.PDS)

Sie haben viel Staub aufgewirbelt, um die Bürger ohne Not zu verunsichern. Es gilt, die Garage in der Stadt zu lassen, um ein Sprichwort etwas abgewandelt zu formulieren. Schließlich geht es tatsächlich nur um das Auslaufen der Investitionsschutzfrist in § 12 Abs. 2 des Schuldrechtsanpassungsgesetzes. Ich glaube allerdings, dass Sie daran gar kein Interesse haben.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Wir haben ein anderes Interesse!)

Jeder konnte bereits am Mittwoch in der „Morgenpost“ hier in Dresden lesen, dass Sie eine namentliche Abstimmung über den Antrag beabsichtigen. Das zeigt wieder einmal ganz deutlich, dass Sie nur Populismus auf Kosten des Vertrauens der Bürger, und zwar der Bürger insgesamt im Freistaat Sachsen, in die Demokratie und den Rechtsstaat zum Ziel haben.

(Zurufe von der Linksfraktion.PDS)

Hätten Sie sich rechtzeitig informiert, die Presse gelesen und vielleicht in der Tat auch einmal ins Gesetz geschaut, dann hätten Sie unter redlichen Gesichtspunkten heute Ihren Antrag nicht gestellt.

(Beifall bei der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Die CDU-Fraktion wird sich nicht dafür einsetzen, dass der bisherige Rechtszustand weiter bestehen bleibt. Wir sind uns dabei der Brisanz des Themas durchaus bewusst. Die Nutzer der Grundstücke und die Garageneigentümer nutzen ein fremdes Grundstück und haben die darauf errichtete Garage oftmals selbst finanziert. Die Grundstückseigentümer auf der anderen Seite konnten über ihr

Eigentum nicht frei verfügen und erhielten im besten Fall ein geringes Nutzungsentgelt. Zurückzuführen ist dieser Umstand auf das Auseinanderfallen von Grund- und Gebäudeeigentum.

(Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS, tritt ans Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich gestatte keine Zwischenfrage.

(Unruhe bei der Linksfraktion.PDS)

Das war eine Spezialität des SED-Regimes, Herr Bartl. Dies trat mit der deutschen Wiedervereinigung wieder deutlich zutage. Nach 16 Jahren deutsche Einheit ist es legitim, einen Interessenausgleich herbeizuführen.

An dieser Stelle erlaube ich mir den Hinweis, dass das Bundesverfassungsgericht – Sie sind ja selbst darauf eingegangen – im Jahre 1999 dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung dieses Interessenausgleichs sehr enge Grenzen gesetzt hat, weil die bisherige Rechtslage eine sehr starke Einschränkung der Eigentumsrechte der Grundstückseigentümer bedeutete. Diese Regelung zum Auslaufen der Investitionsschutzfrist wurde bereits 2002 in das Schuldrechtsanpassungsgesetz aufgenommen. Dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts blenden Sie mit Ihren Antrag auf ein Moratorium schlichtweg aus. Es interessiert Sie überhaupt nicht. Sie gehen in der Begründung zu diesem Antrag nur am Rande darauf ein.

(Unruhe bei der Linksfraktion.PDS)