In Sachsen gibt es derzeit lediglich zwei „Schulen mit besonderem pädagogischem Profil/ Gemeinschaftsschulen“. Laut Aussagen des Ministeriums lägen im Moment ganze elf Anträge von Schulträgern für die Durchführung dieses Projekts vor.
Meine Fraktion – das habe ich schon mehrmals ausgeführt – steht dem Projekt Gemeinschaftsschulen sehr kritisch gegenüber. Dabei kann man mit uns sicherlich über ein gemeinsames Lernen bis zum 6. Schuljahr reden.
Viele Forschungsergebnisse zeigen, dass unser Bildungssystem im internationalen Vergleich zurückfällt. Gemeinschaftsschulen sind bei der Überwindung der Bildungskrise sicher nicht der Weisheit letzter Schluss. Es mag übrigens sein, dass die CDU das auch so sieht und einen anderen Weg will, aber sie kann sich offensichtlich nicht durchsetzen. Gemacht wird im Freistaat, was die SPD im Herzen trägt. Vom Verstand will hier offenbar niemand reden.
Meine Damen und Herren! Letztlich ist die immer wieder inszenierte Schulreformdebatte ein Scheingefecht. Auch wenn es in diesem Antrag um rechtsverbindliche Bestimmungen geht, ist es wieder einmal eine Schulreformdebatte. Weiterhelfen wird uns das aber nicht.
Es steht außer Frage, dass Bildungsmängel, die vielen Schülerinnen und Schülern das Leben schwer machen, in den ersten Lebensjahren entstehen, in denen die Kinder in Kindergärten oder Grundschulen gehen. Es bleibt deshalb die Frage: Wie sollen die Ursachen von Bildungsmängeln in der Kindergarten- und Grundschulzeit durch Gemeinschaftsschulen im weiterführenden Schulwesen beseitigt werden? Wie soll angesichts der Lehrersituation ein differenzierter Unterricht gewährleistet werden? Denn nur das würde einen Sinn machen. Hier hilft der Ruf nach Gemeinschaftsschulen nicht weiter.
Mit Gemeinschaftsschulen werden lediglich die Bildungsmängel gleichmäßig verteilt. Das kann aber nicht im Sinne des Erfinders sein. Da sich die Koalition allerdings
für diesen Weg entschieden hat, müssen nun auch die formalen und materiellen Voraussetzungen geschaffen werden. Das ist Aufgabe der Staatsregierung.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muss zugeben, die Umsetzung des Schulversuches für ein längeres gemeinsames Lernen ist extrem holprig. Die aktuelle Anzahl der Gemeinschaftsschulen ist kein Ruhmesblatt und liegt sicher unter den Erwartungen vieler, einschließlich der SPD-Fraktion.
Ich habe ihn mir durchgelesen. Da ist mir ein Wort aufgefallen, das symptomatisch für diesen Antrag ist. Dieses Wort lautet „Ausregeln“. Mit einem Ausregeln wird die Situation nicht automatisch besser, aber auf jeden Fall bürokratischer.
Mehr Vorschriften, meine Damen und Herren, bedeuten mehr Bürokratie, sie bedeuten weniger Autonomie für die Schulen. Das ist genau das Gegenteil von dem, was unsere Fraktion will.
Wir haben im Landtag einen Antrag der FDP-Fraktion beschlossen, der die Leitlinien für den Schulversuch bewusst breit fasst. Am Ende ist all das, was notwendig ist, geregelt und lässt genügend Freiräume für die einzelnen Schulen, ihr Konzept zu entwickeln. Die Probleme liegen aus unserer Sicht woanders. Ich glaube, es fehlt ein Stück weit an Beratung und Unterstützung der Schulen. Für viele ist es einfach Neuland. Man kann nicht auf ein Konzept aus der Kiste zurückgreifen. Das bedeutet Aufwand. Für viele ist das zugegebenermaßen sehr schwierig. Hier muss die Staatsregierung aus unserer Sicht mehr tun, es sei denn, sie nimmt das Scheitern in Kauf.
Ich kann mir vorstellen, dass einige nicht so sehr daran interessiert sind, dass es zu mehr Gemeinschaftsschulen kommt. Aber das ist eine Sache, die die Koalition untereinander ausmachen muss.
Juristisch – auch das ist von Herrn Colditz angesprochen worden – ist der Vorschlag der Linksfraktion.PDS problematisch. Wenn man Rechtsverbindlichkeit schaffen will,
muss man das Gesetz ändern. Aber es gibt im Moment keine politische Mehrheit, um das Gesetz zu ändern, auch wenn wir das als Fraktion anders sehen. Deshalb sagen wir, solange es diese Mehrheit nicht gibt: Lassen Sie uns den vorhandenen Freiraum ausfüllen, lassen Sie uns Initiativen unterstützen, die sich auf den Weg machen wollen. Wir wollen nicht, dass die Gemeinschaftsschule nur eine andere, weitere Form des Lernens ist. Sie sollte auf alle Fälle eine bessere werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die bildungspolitische Welt außerhalb Sachsens hat sich in den letzten Wochen und Monaten weiter gedreht. Am Wochenanfang war im „Spiegel“ zu lesen: „Dass deutsche Schüler schon nach der 4. Klasse auf drei Schularten verteilt werden, halten die EU-Bildungsminister für bedenklich.“ Frühe Auswahl untergrabe die Chancengleichheit. Deutschland wolle sich beim Schulsystem nichts vorschreiben lassen. Nur mit Mühe habe Deutschland im Ministerrat noch schärfere Kritik am gegliederten Schulsystem verhindern können. Die EU-Minister verweisen auf mehrere Studien, denen zufolge frühe Auswahlverfahren und die rigide Dreigliedrigkeit entweder negative oder bestenfalls neutrale Folgen für Effizienz und Gerechtigkeit in der Bildung hätten.
Wie die bildungsinteressierten Kollegen im Landtag sicher mit Interesse verfolgt haben, schwenken in letzter Zeit immer mehr Bundesländer, wenn auch zaghaft, in Richtung Gemeinschaftsschule. In Schleswig-Holstein ist man da auf einem guten Weg, in Berlin ebenso. Sogar in der Bayern-CSU kursiert ein Papier zur Hauptschule, in dem es unter anderem heißt: „Es muss eine wirklich große Reform dafür sorgen, dass diese Schulart eigenständig, aber mit der optimalen Passung für unsere Kinder gestaltet wird.“ Die Vorschläge der Bayern gehen übrigens vielfach weniger in Richtung Gemeinschaftsschule, sondern ähneln unserer Kritik an der Oberstufenreform. Dort wird zum Beispiel die Aufhebung der Jahrgangsstufen und die Einführung von Modulen gefordert. Es findet sich in dem Papier aber auch ein bemerkenswerter Satz: „Die Entscheidung, sich nach der Grundschule für die Realschule entscheiden zu müssen, kann für Schüler und Eltern guten Gewissens noch hinausgezögert werden.“ Das ist der Punkt, um den es geht.
Demgegenüber nehmen sich die Bemühungen der Sächsischen Staatsregierung eher kläglich aus. Ich habe den Eindruck, dass das Kultusministerium und seine Behörden ihre eigenen Leitlinien und Rahmen für Gemeinschaftsschulen bewusst unterlaufen, um am Ende des
Bei den bisher erteilten Genehmigungen für Gemeinschaftsschulen ist jedenfalls nicht klar, ob das Kultusministerium dem eigenen Anspruch einer auch inhaltlichen Neuausrichtung dieser Schulen überhaupt gerecht werden möchte.
Wenn ich im Haushaltsentwurf lese, welche Mittel für die wissenschaftliche Begleitung dieser Modellversuche vorgesehen sind, und mich umhöre, wie diese Leistungen bisher gehandhabt worden sind, kommen mir schon arge Zweifel an der Redlichkeit des koalitionären Vorhabens.
Ich gestehe, dass ich dem Antrag der Linksfraktion.PDS durchaus kritisch gegenüberstehe. Einerseits ist es natürlich richtig, dass man verlässliche Rahmenbedingungen und Sicherheit braucht, um innerhalb dieses Rahmens frei verantwortlich agieren zu können. Außerdem geht es darum, mögliche Willkürentscheidungen zu verhindern. Andererseits eröffnet aber die derzeitige recht eigenwillige Genehmigungspraxis auch Chancen. Wenn das Kultusministerium Schulversuche im Sinne einer Gemeinschaftsschule anerkennt, obwohl sie den Leitlinien zunächst nicht entsprechen, schafft das auch Präzedenzfälle, die Tore und Möglichkeiten eröffnen, auch andere Schulen zu genehmigen.
Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Doch. Frau Falken, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich mir die zweite Runde aufgrund der Zeit, die schon fortgeschritten ist, ersparen. Aber durch die Äußerungen, die ja aus den einzelnen Fraktionen gekommen sind, ist es schon notwendig, dass ich noch einmal darauf reagiere.
Herr Colditz, kommen wir zuerst zu Ihnen. Natürlich ist der Kultusminister verantwortlich und schuld daran, dass es nicht genügend Anträge gibt. Offensichtlich gibt es ja zurzeit gar keinen Antrag, denn die Anträge, die in der Kleinen Anfrage benannt worden sind, können nur aus dem vergangenen Jahr sein. Anders kann ich es mir nicht vorstellen. Wenn ich natürlich keine wissenschaftliche Begleitung und keine Unterstützung durch die Regionalschulämter gewähre, können auch nicht so viele Anträge eingehen. Das ist doch ganz logisch, denn wer will sich auf den Weg machen, wenn es nicht wirklich eine klassische, gute Unterstützung gibt? Einfach so aus dem Bauch heraus eine neue Schulart zu entwickeln von einer Schule von unten heraus ist natürlich sehr, sehr schwierig. Das funktioniert nur mit einer guten Begleitung. Die Anträge, die da sind, und der Antrag, der bereits genehmigt worden
ist, zeigen es ja ganz klar und eindeutig. Natürlich hat hier unser Kultusminister schon einen großen Anteil Schuld, dass es so aussieht, wie es aussieht.
Nun zu der Problematik, die Rechtsverbindlichkeit auszuregeln. Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht haben Sie es nicht gemerkt. Wir haben keinen Gesetzentwurf vorgelegt. Wir haben Sie als Staatsregierung aufgefordert, einen zu erarbeiten, den Sie natürlich dann möglicherweise in der einen oder anderen Richtung betrachten können. Damit habe ich gar kein Problem. Wenn Sie uns eine Ausregelung von einem Gesetz vorwerfen, das wir gar nicht vorgelegt haben, dann frage ich mich, was das soll. Das Schulgesetz existiert. Aber dafür haben doch die Schulen, die einen Antrag stellen und keine Genehmigung bekommen werden – denken Sie da an Schneeberg im vergangenem Jahr, was dort passiert ist, und schauen Sie, wie das heute in Schneeberg aussieht –, keine Rechtssicherheit. Das habe ich nur, wenn ich es im Gesetz habe. Nicht einmal eine Verordnung gibt mir eine Rechtssicherheit, sondern nur das Gesetz. Insofern sage ich mir: Ja, bitte, tun Sie es, legen Sie diesbezüglich etwas vor, und dann können wir wieder darüber reden!
Politische Mehrheiten muss ich jetzt noch benennen. Sie gibt es in diesem Landtag, das wissen wir alle. Wir müssen uns nur die Wahlprogramme ansehen, dann wissen wir ganz genau, dass es in diesem Landtag politische Mehrheiten geben müsste, ganz klar und deutlich – Herr Herbst, Sie wissen, was ich meine, das ist ganz klar, die anderen auch –, denn die Wahlprogramme haben das klar und deutlich vorgesehen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich denke, ich kann es kurz machen. Die Redebeiträge haben es deutlich gezeigt, dass die Linksfraktion.PDS wieder einmal unseren Koalitionspartner, die SPD, etwas ärgert und stichelt.
Frau Schüßler hat bei der CDU versucht, etwas zu sticheln. Machen Sie sich aber keine Sorgen, denn Bildungspolitik in einer Großen Koalition ist nicht ganz einfach. Das zeigen auch andere Länder, die das durchmachen. Dennoch haben wir das in zwei Jahren und fünf Tagen, wenn ich richtig gerechnet habe, hinbekommen. Wir haben schwierige Zeiten gemeinsam durchgemacht, und wir werden auch mit der Gemeinschaftsschule zurechtkommen.
Nun war noch die Frage von Dr. Hahn offen, mit wie viel Prozent ich mich einsetze. Ich setze mich jeden Tag zu 100 % für meine Aufgabe ein. Das ist von Tag zu Tag verschieden. Aber Herr Dulig, wenn ich an den letzten