vertraglichen Vereinbarungen mit der Staatsregierung basiert und so auch den sächsischen Lebensmittelunternehmen einen entsprechenden Wettbewerbsvorteil am Markt verschaffen könnte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir folgende Vorbemerkung: Ich bin regelmäßig darüber irritiert, dass bei einer Aktuellen Debatte der Fraktionen mit einer Erklärung der Ministerin begonnen wird, und ich muss schon sagen: Wenn Sie eine Regierungserklärung wollen, müssen Sie eine Regierungserklärung anmelden und die Debatte dann, bitte schön, nicht als Aktuelle Stunde kennzeichnen.
Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion sieht drei Instrumente, um Fleischskandalen begegnen zu können: Das ist einmal eine Verbesserung der Lebensmittelkontrolle, die nicht nur stichprobenartig, sondern flächendeckend zu erfolgen hat.
Frau Deicke hat Recht, hierbei ist Sachsen bestenfalls Einäugiger unter den Blinden, und ich bin froh, dass Sie den Mut hatten, hier auch die Lebensmittelkontrolle in Sachsen und in den sächsischen Landkreisen zu kritisieren. Zweitens brauchen wir eine nachhaltige Produktion in der Landwirtschaft und faire Preise. Und – drittens – eine Verbesserung des Verbraucherschutzes.
Ich möchte mich auf den letzten Punkt konzentrieren, meine Kollegen werden mit weiteren Redebeiträgen folgen. Gammelfleisch ist nur ein Symptom für einen wirkungslosen Verbraucherschutz. Frau Deicke sagte es bereits: Wir haben hier vor einem knappen Jahr schon einmal über den letzten Fleischskandal gesprochen. Damals ging es um den 10-Punkte-Plan von Minister Seehofer. Darin hieß es beispielsweise, die EUzugelassenen Kühlhäuser wurden sofort und die anderen müssten in Verantwortung der Länder überprüft werden.
Seitdem ist eigentlich wenig passiert. Aber so weit kann es doch mit der Umsetzung des 10-Punkte-Planes nicht her sein: denn wenn es diese flächendeckende Kühlhauskontrolle gegeben hätte, hätte doch der Skandal längst vorher ans Licht gebracht werden müssen. Wenn wir heute über einen 13-Punkte-Plan sprechen, dann sehen wir, dass es im Grunde nichts anderes ist als der umetikettierte 10-Punkte-Plan vom letzten Jahr – ein weiterer Beleg dafür, dass seitdem nur wenig passiert ist.
Meine Damen und Herren! Eines muss nach diesem Skandal doch ganz deutlich sein: Die Namen der Gammelfleischverbreiter müssen offengelegt werden!
Es kann, meine Damen und Herren, nicht angehen, dass 40 Tonnen Gammelfleisch im Lager oder im Handel befindlich sind und die Verbraucherinnen und Verbraucher keine Chance haben, sich davor zu schützen. In anderen Ländern, in Irland oder in Großbritannien, wäre es undenkbar, dass man keine Auskünfte über die Verbreitung des Ekelfleisches bekommen würde. Auch in Schweden: Arbeitet dort ein Unternehmen „dreckig“, steht der Name am nächsten Tag in der Zeitung. Den Rest regelt der Markt von allein.
In Sachen Verbraucherschutz ist Deutschland bedauerlicherweise ein Entwicklungsland, und ich muss sagen: Dafür trägt die CDU die Hauptverantwortung.
Das Verbraucherinformationsgesetz der rot-grünen Bundesregierung ist am CDU-dominierten Bundesrat vor Jahren gescheitert. Auch in Sachsen gibt es keine entsprechenden Regelungen, weil Sie dem Gesetzentwurf der Linksfraktion zum Informationsfreiheitsgesetz nicht Ihre Zustimmung geben können. Auch beim Ländervergleich des VZBV schneidet Sachsen regelmäßig bedauerlich schlecht ab. Warum eigentlich dieses Zögern, wenn es darum geht, Ross und Reiter zu nennen? Frau Staatsministerin, ich bin schon etwas enttäuscht. Sie haben hier von der Allianz der Redlichen gesprochen, die Sie initiieren wollen. Ich erwarte von Ihnen die Ausgrenzung der Unredlichen, das ist das Gebot der Stunde!
Ja, es muss eine bessere Strafverfolgung geben; aber es ist klar, dass es auch in der Verantwortung der Länder liegt, dass diese Strafverfolgung nicht in dem Maße stattgefunden hat, wie es erforderlich gewesen wäre. Es ging einfach viel zu lange darum, die Wirtschaft vor den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu schützen, statt umgekehrt.
Ich denke, wir müssen die schwarzen Schafe benennen! Es ist schön, dass sich die Länder jetzt überhaupt bereit erklärt haben, dem dringend notwendigen Verbraucherinformationsgesetz zuzustimmen. Aber es muss dringend nachgebessert werden. Wir wollen einen Informationsanspruch gegenüber privaten Unternehmen. Die Behörden müssen aktiv und nicht nur reaktiv informieren. Sie müssen zu dieser Information gezwungen werden. Wir brauchen also keine Sollbestimmung im Gesetz, sondern eine verbindliche Verpflichtung. Die Informationsverbote müssen reduziert werden. Das darf kein Freibrief für Informationsverweigerung sein.
Meine Damen und Herren! Der Landtag hat in seiner letzten Debatte dazu einen Antrag der Koalition besprochen, in dem es um eine zügige Verabschiedung des Verbraucherinformationsgesetzes ging. Damals antworteten Sie, Frau Orosz, – Zitat: „Zudem sollten auch Informationspflichten der Unternehmen Gegenstand eines solchen Gesetzes sein.“ – Ich erwarte von Ihnen also, dass Sie bei der zuständigen Sitzung im Bundesrat für diese Informationspflicht der Unternehmen eintreten und eine Nachbesserung des gegenwärtigen Verbraucherinformationsgesetzes gemeinsam mit den Ländern MecklenburgVorpommern und Berlin beantragen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Debatte – Sie werden mir diesen Eindruck nicht übel nehmen – wird bei einem unbeteiligten Beobachter und insbesondere bei den Verbrauchern im Freistaat einen schalen Beigeschmack hervorrufen – nicht nur wegen des unappetitlichen Themas. Denn, meine Damen und Herren, was macht man – und was machen insbesondere Sie von den etablierten Parteien –, wenn das Kind wieder einmal in den Brunnen gefallen ist? Man entwickelt Aktionismus, erlässt im Schnellschussverfahren ganze Bündel von Maßnahmen und feiert sich dann möglichst zeitnah selbst als Retter in der Not, zum Beispiel mit einer solchen Debatte hier im Hause.
Auf immerhin 13 Punkte haben sich die Minister von Bund und Ländern in der letzten Woche geeinigt: Mehr Kontrolleure soll es geben, jede erkennbare Lücke soll geschlossen werden, ließ sich der Bundesverbraucherschutzminister vernehmen, und sogar die Kontrolleure sollen künftig wieder geprüft werden, ob die neuen Standards auch eingehalten werden.
Das ist alles schön und gut, meine Damen und Herren, aber man fragt sich wieder einmal: Warum muss das Kind erst in den Brunnen fallen, bis alles nach strengeren Kontrollen ruft, von denen ein paar erfahrungsgemäß zur Publikumsberuhigung dann auch umgesetzt werden? Tun Sie doch nicht so, als wäre dieser Gammelfleischskandal der erste Lebensmittelskandal, den wir erleben! Seit Jahren jagt doch ein Skandal den anderen. Da können Sie zurückgehen bis in die Achtzigerjahre, als es in den alten Bundesländern mit dem sogenannten Separatorenfleisch schon einmal fast buchstäblich die gleiche Konstellation gab wie jetzt. Damals ging es darum, dass alle möglichen unappetitlichen Zutaten in Fleisch- und Wurstwaren hineingemischt wurden, bis hin zu Knorpel, Knochen und Hautresten, die beim Schlachten anfallen. Das war, wie gesagt, vor 20 Jahren. Aber in den 20 Jahren seither haben wir doch regelmäßig neue Lebensmittelskandale und -skandälchen erlebt, und immer wieder bietet sich dem Verbraucher das gleiche klägliche Bild: zuerst hektischer
Aktivismus auf allen Kanälen, und nach ein paar Wochen folgt die Routine, bis das gleiche Trauerstück beim nächsten Mal wieder von vorn beginnt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist doch der eigentliche Skandal: diese unglaubliche Gleichgültigkeit dem Verbraucher und der öffentlichen Gesundheit gegenüber, dieses stillschweigende Eingeständnis des Gesetzgebers, dass es – allen gesetzlichen Hygiene- und Kontrollvorschriften zum Trotz – immer wieder Schlupflöcher für schwarze Schafe gibt, die auf schlichtweg verbrecherische Weise die Volksgesundheit ihren Profitinteressen unterordnen.
Die Wahrheit ist, meine Damen und Herren der etablierten Parteien: Wer als Legislative wegschaut oder zumindest zögert – was man bei der Namensnennung wieder sehen kann – und wo die Judikative nicht alle ihre bestehenden Möglichkeiten ausreizt, macht sich mitschuldig. Man könnte an das bekannte Shakespeare-Zitat denken: „Ist dies Wahnsinn, so hat es doch Methode“, denn natürlich ist der jetzige Gammelfleischskandal genauso wenig ein Zufall wie die allermeisten anderen Lebensmittelskandale der letzten Jahre. Zu solchen Skandalen muss es doch geradezu zwangsläufig kommen, wenn in unserer Ernährungswirtschaft nicht der Verbraucherschutz oberste Priorität genießt, sondern die Profitinteressen der Erzeugerwirtschaft, der Futtermittelindustrie und der Wirtschaft überhaupt.
Der Skandal beginnt schon damit, dass die Fleischerzeugung im durchliberalisierten, grenzenlosen Europa längst genauso ein unkontrolliertes und faktisch unkontrollierbares Monopoly geworden ist wie alle anderen Wirtschaftszweige auch, die dem freien Markt ausgeliefert werden. Sie alle kennen die Geschichte vom Joghurtbecher, der zu seiner Herstellung durch halb Europa gekarrt wird, bis er endlich beim Verbraucher ankommt. Das geht in der Fleischerzeugung nicht anders zu, und es ist deshalb ein ausgesprochen rührender Versuch, diese Zustände dadurch in den Griff bekommen zu wollen, dass sich die Ministerrunde in der letzten Woche auf eine bessere Codierung von Lebensmitteln auf EU-Ebene geeinigt hat, die eine effektivere und schnelle Rückverfolgung ermöglichen soll. Aber das ist doch nicht der richtige Weg, meine Damen und Herren. Wir dürfen es nicht mehr hinnehmen, dass das Kind immer erst in den Brunnen fällt, damit man dann lauthals „Haltet den Dieb!“ rufen oder Verpackung eben besser rückverfolgen kann. Wir brauchen hier endlich grundsätzliche Weichenstellungen, weg vom Irrsinn grenzenloser unkontrollierbarer Wirtschafts- und Lebensmittelkreisläufe hin zu einem wirksamen Verbraucherschutz, wenn nötig auch gegen Brüssel.
Für die NPD-Fraktion ist dies eine Grundsatzentscheidung. Für uns ist der Schutz einheimischer Lebensinteressen nämlich nicht teilbar und auch nicht verhandelbar. Wir wären ein schlechter Anwalt unserer Mitbürger, wenn wir es nicht gerade in einem so hochsensiblen Bereich wie der Lebensmittelhygiene ernst meinten. Mit Schau
veranstaltungen wie dem in der letzten Woche beschlossenen Programm des Bundes- und der Länderminister wird sich die NPD-Fraktion jedenfalls nicht zufriedengeben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn in der deutschen Politik landauf, landab über die Qualität von Lebensmitteln gestritten wird, haben wir entweder Grüne Woche oder es wurde wieder einmal ein neuer Lebensmittelskandal aufgedeckt.
Als Reaktion auf den jüngsten Fleischskandal, der zum wiederholten Male Sachsen erreicht hat, haben sich nun die Verbraucherminister der Länder mit dem Bund auf einheitliche Qualitätsstandards geeinigt. Dieser neue Maßnahmenkatalog ist, dem Problem durchaus angemessen, ein ganz klarer Fall von Umetikettierung. So wie jetzt altes Gammelfleisch in neuer Verpackung auf dem Markt auftaucht, hat Minister Seehofer sein super 10-PunkteSofortprogramm vom 30. November 2005 jetzt den Bürgern fast deckungsgleich als neue Wunderwaffe des Verbraucherschutzes verkauft. Minister Seehofer hat bereits im November 2005 mehr Sicherheit für die Verbraucher versprochen, hat beispielsweise die Verbesserung der Eigenkontrolle, die Überprüfung der Einführung von härteren Strafen, die Meldepflicht und die Verbesserung des Informationsflusses angekündigt.
Weil Herr Seehofer aber seine Hausaufgaben nicht gemacht hat, ist der Verbraucherschutz auf der Strecke geblieben und es muss wieder einmal nachgebessert werden. Der Bundesminister hat hier kläglich versagt. An dieser Stelle möchte ich den Minister zitieren: „Ganz offensichtlich hat die staatliche Lebensmittelkontrolle nicht funktioniert.“ So Minister Seehofer. In der Tat eine bemerkenswerte Wandlung in der Wahrnehmung, denn in der Sondersitzung des Verbraucherausschusses im Bundestag hatten sich Minister Seehofer und der bayerische Verbraucherschutzminister Schnappauf noch gegenseitig Versäumnisse und Fehler vorgeworfen, anstatt gemeinsam die Probleme zu lösen. Einer schonungslosen Fehleranalyse des Fleischskandals in Bayern war dieses Verhalten nicht dienlich. Die offenkundigen Schlampereien und Versäumnisse in Bayern wurden wieder einmal unter den Teppich gekehrt.
Was passiert parallel dazu im Freistaat? – Offensichtlich haben unsere Kontrollen nicht verhindern können, dass dieses Gammelfleisch im Freistaat im Raum Dresden und Freiberg auftaucht und auftaut. Ich wundere mich sehr, dass über diesen neuen Skandal von unserer sehr geehrten Ministerin Orosz in einer lapidaren PM am 05.09. zu lesen war: „Die aus Bayern gelieferten Wachteln waren
Es sind immer noch die Länder, die für die Umsetzung der Lebensmittelkontrollen selbst verantwortlich sind und natürlich auch für die Kontrolle der Kontrolleure. Es nützt den Verbrauchern nämlich gar nichts, dass so oder so viele Kontrollen im Freistaat durchgeführt werden, wenn letztendlich nur die Etiketten der Fleischpakete geprüft werden, aber nicht am Inhalt gerochen wird. Es ist und bleibt Länderaufgabe, die Lebensmittelkontrolle vernünftig personell und finanziell auszustatten und – ganz wichtig – mal darüber nachzudenken, ob durch ein Rotationsprinzip beispielsweise die Kontrolleure alle zwei Jahre in einen anderen Bereich wechseln sollten, um Abhängigkeiten zu vermeiden.
Auch sollten jetzt endlich knallharte Strafen verhängt werden bis hin zum Berufsverbot. Einige andere Bundesländer gehen außerdem bemerkenswerte Wege, über die wir nachdenken sollten. So hat beispielsweise der hessische Verbraucherminister eine Taskforce gegründet, die bei Verdachtsfällen schneller als bisher Maßnahmen koordiniert und zum Beispiel Kühlhäuser überwacht.
Auch findet die Forderung, die geplante Einführung der EU-Richtlinien zur Lebensmittelsicherheit in Deutschland jetzt vorzuziehen, durchaus unsere Zustimmung.
Noch ein Wort zum Schluss. Mein Tipp auch an die Kunden, Verbraucherinnen und Verbraucher: Kaufen Sie mit Bedacht und mit Blickkontakt beim Fleischermeister ein! Dort ist Qualität in Meisterhand und der Fleischermeister vor Ort wird Sie nicht betrügen.