Protocol of the Session on July 21, 2006

(Beifall bei der CDU und des Abg. Matthias Paul, NPD)

Es gibt viele Erhebungen darüber, wie Cannabis letztendlich wirkt. Auch nur Cannabiskonsum an sich kann am Ende zu schizophrenen Zuständen oder zu Depressionen führen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Die Alcopops!)

Es wird oftmals anders betrachtet, aber es ist so. Dafür gibt es Erhebungen. Es gibt auch viele Ärzte, die sich dazu bereits artikuliert haben.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Aber die Alcopops sind genauso gefährlich!)

Nein, Herr Prof. Porsch, ich will das nicht verniedlichen. Das haben auch schon Kollegen vor mir angesprochen. Es ist ganz klar. Es gibt aber auch Modelle, zum Beispiel in Schweden und Norwegen, mit denen versucht wurde, den Alkohol zurückzudrängen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Und wir lassen Alcopops zu!)

Auch das ist leider gescheitert. Aber auch die Freigabe von illegalen Drogen ist, zum Beispiel in Schweden oder in der Schweiz, definitiv gescheitert. Die Länder sind damit voll auf die Nase gefallen.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Matthias Paul und Klaus-Jürgen Menzel, NPD)

Ich möchte noch einige Worte dazu verlieren, weil es, was die Therapien anbetrifft, ein bisschen vermischt worden ist. Wir haben klare Unterschiede im Bereich der illegalen Drogen und im Bereich der legalen Drogen. Im Bereich der illegalen Drogen ist es oftmals so, dass die Krankenkassen für die Rehabilitationsmaßnahmen zuständig sind. Im Bereich der Alkohol- und Medikamentabhängigen sind zumeist die Rentenversicherungsträger zuständig. Es sind

also immer zwei Paar Schuhe und es sind auch getrennte Einrichtungen mit unterschiedlichen Ansätzen. Das haben wir hier im Freistaat Sachsen.

Es ist gesagt worden, dass im Bereich der von illegalen Drogen Abhängigen in der Suchtklinik in Großrückerswalde 50 % der Plätze von sächsischen Patienten belegt werden. Das hat Ursachen: Man stellt in diesem Bereich darauf ab, dass man die jungen Leute wohnortfern betreut bzw. therapiert, damit sie weit wegkommen von ihren jeweiligen Suchtmitteln bzw. von den Wohnstätten, in denen sie bisher gelebt haben, um ihren Lebensmittelpunkt zu verlagern, zumindest für eine gewisse Zeit, um Abstand zu gewinnen, um von den Drogen wegzukommen, um letztlich keinen Drehtüreffekt, wie hier schon vorgetragen, eintreten zu lassen.

Ich möchte noch eines klarstellen, ich hatte es eingangs gesagt: Es sind nicht nur die sozial Schwachen, die in diesen Suchtbereich hineinkommen, egal ob es der legale oder der illegale Bereich ist.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Es sind genauso Gymnasiasten, es sind studierte Menschen, es sind Beamte, es betrifft alle Schichten dieser Gesellschaft.

(Zuruf des Abg. Heinz Lehmann, CDU)

Das dürfen wir nicht vergessen. Alle diese Menschen bedürfen unserer Hilfe, damit sie wieder in den normalen Lebensalltag hineinkommen können. Es ist für all jene, die sich in einer solchen Schiene befinden, sehr schwer, wieder auf die normale Bahn zu kommen, um wieder ein normales Arbeitsleben aufnehmen zu können. Aber dafür wollen wir hier in diesem Hohen Haus Sorge tragen und darauf zielen auch unsere Anträge ab.

(Beifall bei der CDU, des Abg. Johannes Gerlach, SPD, und bei der Staatsregierung)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann Frau Staatsministerin Orosz, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Im Freistaat müssen wir derzeit von zirka 90 000 alkoholabhängigen Personen und von zirka 20 000 von illegalen Drogen Abhängigen ausgehen. Gerade unter den Jugendlichen ist, wie wir wissen und wie wir heute in den Redebeiträgen gehört haben, der Suchtmittelgebrauch ausgeprägt und leider auch steigend. Dabei sinkt das Einstiegsalter und die riskanten Konsummuster nehmen zu. Aber auch die nicht stoffgebundenen Süchte, wie Bulimie und Spielsucht, machen uns weiterhin Sorgen.

Um den Handlungsbedarf zu unterstreichen, hat sich die Sächsische Staatsregierung in der Koalitionsvereinbarung

dazu bekannt, das Netz der Beratungs- und Interventionsangebote auch weiterhin stabil zu sichern und dabei alle Formen der Prävention zu stärken.

Zu einem erfolgreichen Therapiekonzept gehören – und es ist mir wichtig, das zu unterstreichen – integrative Arbeits- und Wohnprojekte. Aber auch Arbeit und Beschäftigung sind wichtige Faktoren bei der Bewältigung einer Suchterkrankung und wesentliche Voraussetzungen für eine dauerhafte Suchtmittelabstinenz.

(Beifall der Abg. Christine Clauß, CDU)

An dieser Stelle möchte ich darauf verweisen, dass vor allem die berufliche Integration der Betroffenen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Das heißt, ohne ein starkes Engagement von Wirtschaft, Handel und Handwerk werden wir hier auf Dauer nicht vorankommen.

Noch einmal zurück zur Koalitionsvereinbarung. In ihr sind die wichtigsten Arbeitsziele der Suchthilfe formuliert, wir haben es heute schon mehrfach gehört. Sie lauten: Prävention, Früherkennung, Frühintervention und Nachsorge. – Diese Ziele lassen sich erreichen, wenn das Netz der Einrichtungen der Suchthilfe entsprechend gesichert und stabil gestärkt wird, wenn also die Suchtberatungs- und Behandlungsstellen, die Fachstellen für Suchtprävention und andere auch weiterhin qualitativ gute Arbeit leisten können.

Es ist in der Tat richtig, Frau Klinger, dass es dazu auch einer finanziellen Absicherung bedarf. Aber von der Mitverantwortung aller in der Gesellschaft – Frau Schütz hat es richtigerweise angesprochen – können wir nicht abgehen, sondern wir müssen immer wieder appellieren, dass jeder, egal an welchem Platz er Verantwortung trägt, in diesem Bereich aktiv und mit seinem Vorbild agieren muss.

Meine Damen und Herren! Suchtprävention steht im Mittelpunkt der sächsischen Suchthilfe. Frau Nicolaus hat gerade noch einmal auf diese Schwerpunktsetzung hingewiesen, die ich unterstreichen möchte. Suchtprävention heißt vor allem, so früh wie möglich mit Aufklärung und Information bei Kindern und Jugendlichen und parallel natürlich auch bei deren Eltern zu beginnen. Suchtprävention heißt aber auch, jene, die potenziell gefährdet sind, stark zu machen, ihre Ablehnung gegen Drogen oder zumindest ihre Nachfrage nach Drogen zu reduzieren und ihnen dafür Angebote zur Stärkung zu unterbreiten.

Im Zentrum unserer Aufmerksamkeit und Arbeit stehen deshalb die potenziellen Risikofaktoren für den Suchtmittelgebrauch und vor allem die frühzeitige und kontinuierliche Förderung von Lebens- und Gesundheitskompetenzen.

Suchtprävention beginnt, wie gesagt, bereits in den Kindergärten. Es gibt eine Vielzahl von Projekten in sächsischen Einrichtungen, die bereits seit Jahren erfolgreich laufen. Gleiches gilt für unsere sächsischen Schulen. Wichtig ist, dass wir diese Arbeit mit Nachdruck weiterführen und sie in Freizeitangeboten, an Arbeitsstellen und in öffentlichen Bereichen unserer Städte und Kommunen

ausweiten und dort unter allen Beteiligten mit einem nachhaltigen, festen Platz stabilisieren.

Die Umsetzung von Prävention spiegelt sich in zahlreichen Maßnahmen wider. Ich darf hier nur auszugsweise darauf verweisen, dass wir bei der Formulierung der sächsischen Gesundheitshilfe einen Hauptschwerpunkt auf Prävention gesetzt haben. Zu nennen ist hier das Gesundheitsziel „Gesund aufwachsen“. Dort haben wir eine Vielzahl von solchen Entwicklungsmodalitäten eingebaut, die sowohl Kindern, Erziehern und Lehrern als auch Eltern helfen sollen, genau diese Entwicklung zu begleiten und selbst davon zu profitieren.

Ein anderes Gesundheitsziel: Reduktion des Tabakkonsums. Auch hier gilt es, weiter im gesamtgesellschaftlichen Bereich zu arbeiten und alle Beteiligten einzubinden. Wir haben auf Arbeitsebene in meinem Haus bereits ein konzertiertes Aktionsbündnis geschlossen mit einer Vielzahl von Fachleuten, Verantwortungsträgern, aber vor allen Dingen auch mit den Kostenträgern. Solche Bündnisse und das Umsetzen der Gesundheitsziele kosten eine Menge Geld. Ich denke, das ist allen klar; und ich bin froh und dankbar, dass wir zum einen im Haushaltsentwurf eine Position neu aufgenommen haben und dass uns zum anderen die Kostenträger engagiert unterstützen.

Mit gezielter Prävention bemühen wir uns gemeinsam und meiner Meinung nach mit einer neuen Stärke, vielen Kindern und Jugendlichen die Last und die Krankheiten des Rauchens zu ersparen und ihnen somit einen gesunden Start ins Leben zu ermöglichen. Wichtige Maßnahmen in diesem Kontext sind heute angesprochen worden, zum Beispiel die Verankerung im Kita-Gesetz. Wir waren die Ersten in Deutschland – inzwischen ist Bremen gefolgt –, die ein generelles Rauchverbot in Kitas im Gesetz formuliert haben. Sie kennen die umfangreiche und seit Jahren erfolgreiche Informationskampagne zum plötzlichen Säuglingstod.

Ein weiterer Schwerpunkt ist derzeitig in der Tat die Schaffung von rauchfreien Schulen. Sie kennen dazu den Kabinettsbeschluss, der mit der Zweijahresfrist, die nächstes Jahr im Sommer beendet ist, den Anspruch erhebt, dass mindestens 75 % der sächsischen Schulen rauchfrei sein müssen. Frau Nicolaus hat schon darauf hingewiesen. Wir liegen im Moment bei 40 %. Hierfür ist in den nächsten Wochen und Monaten auch noch ein Stück Anstrengung auf den Weg zu bringen.

Ein weiterer aktueller Erfolg ist aus meiner Sicht: Ich habe am 31. Mai des Jahres bereits sechs sächsische Krankenhäuser bzw. Rehabilitationseinrichtungen die Zertifikate zur Erfüllung des Kodex der europäischen Netzwerke rauchfreier Krankenhäuser gemeinsam mit der Krankenhausgesellschaft übergeben können. Auch im Krankenhausbereich sind wir auf dem Weg zu dem bewusst gemeinsam gestalteten Ziel rauchfreier Krankenhäuser.

Meine Damen und Herren! Für die Gestaltung wirksamer Hilfesysteme sind in der Tat verlässliche Daten notwendig, auch wenn sie sehr schwierig in den teilweisen

Grauzonen zu erreichen sind. Aber die sächsischen Suchtberatungs- und Behandlungsstellen beteiligen sich aktuell – gezielt gefördert auch durch eine Maßnahme des sächsischen Sozialministeriums – an statistischen Auswertungen im Rahmen der deutschen Suchthilfestatistik sowie am Jahresbericht der Sächsischen Landesstelle gegen Suchtgefahren. Diese Untersuchungen liefern uns jährlich Informationen zum Beispiel zur Entwicklung der Klientenzahlen, zu Konsummustern, zu Diagnosen sowie zu relevanten soziodemografischen Daten und dienen als gute Basis für die zukünftige Arbeit.

Darüber hinaus bemüht sich mein Haus derzeit um sachsenweite bzw. regionalspezifische Daten zu durchgeführten Präventionsmaßnahmen. Die Daten werden auf der Grundlage des bundesweiten Erfassungssystems erhoben, um die vielfältigen Präventionsmaßnahmen auch quantitativ abbilden und daraus die notwendigen Schlussfolgerungen für weitere Maßnahmen ziehen zu können.

Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, kann ich das Anliegen des Antrages, pro Legislaturperiode einen sächsischen Suchtbericht vorzulegen, nur ausdrücklich unterstützen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zu den Schlussworten. Es beginnt die Fraktion der CDU. Frau Nicolaus, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte mir das Schlusswort fast sparen können, denn ich kann Einvernehmlichkeit feststellen. Das ist sehr schön.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Ja, nicht ganz zu beiden Anträgen. Sie wollten unseren ja nur noch einmal verifizieren, aber dazu wird Herr Gerlach noch einmal sprechen und unsere Position darstellen.

Wir sehen mit diesen Anträgen, wenn wir sie dann beschließen werden, einem Suchtbericht entgegen, aus dem wir die entsprechenden Schlussfolgerungen für die weitere Vorgehensweise ableiten können. Vieles ist schon im Freistaat Sachsen passiert, aber wir wollen natürlich die Sucht- und Drogenhilfe weiterentwickeln. Unser aller Ziel ist es, die Suchthilfe im Freistaat Sachsen weiter auszubauen und den Menschen, die in eine solche Situation – aus unterschiedlichen Ursachen heraus – geraten sind, wieder ein eigenbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Ich lade Sie ganz herzlich ein, unseren Anträgen zuzustimmen, damit wir diese heroischen Ziele umsetzen können.

Ich frage die Fraktion der SPD: Wird noch das Schlusswort gewünscht? – Es wird nicht