Was mir noch ganz wichtig ist, um den Bogen zu schließen: Wenn diese Brücke denn gebaut wird, abgesehen davon, ob sie schön oder hässlich ist, dass sie viel Geld kostet, wissen wir alle. Das hat Gründe. Darüber will ich jetzt auch nicht reden. Aber ich sage eines: Diese Brücke zieht Verkehr, bündelt Verkehr anders, als er jetzt gebündelt ist. Es werden sich die Hauptverkehrsströme in Dresden ändern. Das hat Folgen. Das heißt, die Stadtentwicklung wird in der Folge davon anders verlaufen, als sie jetzt verläuft. Da bin ich bei dem Punkt: Das ist der Eingriff in die gewachsene historische Substanz, in die Stadtstruktur von Dresden. Das ist das, wo ich verstehe, was gemeint ist, beim Welterbe, nicht diese ewig dehnbaren und immer wieder neu interpretierbaren Zahlen. An die glaube ich nicht mehr.
Noch zwei Sätze zu Vorrednern. Herr Zastrow: Nicht die Politik hat die Notbremse gezogen, habe ich schon gesagt. Jetzt füge ich die zweite Hälfte des Satzes an: Es hat eine Mehrheit in Dresden gegeben, die in einer Wahlperiode den Brückenbeschluss gefasst hat. Das war 1995/96. Dann war sie nicht in der Lage, das umzusetzen, eine ganze Wahlperiode lang nicht.
Dann hat es eine neue Mehrheit gegeben, die war richtig konservativ: FDP und CDU. Die hat fünf Jahre lang einen Oberbürgermeister gehabt, der die Brücke wollte.
Sie hat alle Dezernenten gestellt, die die Brücke wollten. Sie hat eine richtig stabile Mehrheit in Dresden gehabt. Nach diesen fast zehn Jahren steht die Brücke immer noch nicht.
Dann hat diese Mehrheit keinen anderen Ausweg mehr gewusst, als sozusagen mit verlogenen, erpresserischen Mitteln einen Bürgerentscheid zu gewinnen und jetzt zu sagen: Das ist der Status quo. Ich sage: Das ist er nicht. Er kann es bleiben, aber das möchte ich erst einmal wissen.
Ich sage nur: Wer fünf Jahre lang nicht in der Lage ist, so etwas umzusetzen, der soll auch die Finger davon lassen.
Das Allerletzte. Herr Apfel, es tut mir Leid. Irgendwie musste es ja kommen mit den 4 %; es ist zu verlockend. Aber ich sage Ihnen auch: Wenn man sich mit Umfragen und dergleichen beschäftigt, dann weiß man, dass 6 %, wenn man die Fehlerquote solcher Umfragen berücksichtigt, nicht mehr als 4 % sind.
(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Uwe Leichsenring, NPD: Aber die Tendenz macht es, Herr Weckesser!)
Herr Prof. Biedenkopf hat immer gesagt: Es kommt nicht darauf an, Umfragen zu gewinnen, sondern Wahlen zu gewinnen. – Dabei sollten wir bleiben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe noch 128 Minuten Zeit, ich könnte also noch sehr lange reden. Aber ich kann Sie beruhigen, ich werde nicht so lange sprechen. Aber die Wortmeldung von Herrn Weckesser hat mich schon noch einmal herausgefordert. Das gebe ich ehrlich zu. Man muss ein paar Dinge klarstellen. Auch das, was Frau Hermenau gesagt hat.
Herr Weckesser, Sie haben eines in Ihrer Reihe vergessen: Es hat vor dem Bürgerentscheid zwischendurch noch eine Stadtratswahl gegeben. Dann hat es eine neue Mehrheit im Stadtrat gegeben, das ist korrekt.
Diese neue Mehrheit hat gesagt: Wir wollen die Brücke nicht bauen. – Erst das war die Grundlage, einen Bürgerentscheid durchführen zu können,
denn der Bürgerentscheid steht in der Verfassung und in der Sächsischen Gemeindeordnung genau deshalb – und deswegen haben wir es auch damals in der 1. Legislaturperiode in die Verfassung geschrieben –, weil wir verhindern wollten, dass, wie es zu DDR-Zeiten schon einmal
gewesen ist, gegen den Mehrheitswillen der Bürger in einer politischen Entscheidungskörperschaft entschieden werden kann. Damit eben die Bürger nicht warten müssen, bis wieder vier Jahre ins Land gehen und die nächste Wahl stattfindet, sondern damit sie in der Zwischenzeit entscheiden können.
Deswegen hat es den Bürgerentscheid gegeben. Aber jetzt einen Bürgerentscheid nach dem anderen durchzuführen, bis das Ergebnis der einen oder anderen Seite gefällt, dazu sagen die Bürger eindeutig: Ihr seid ja völlig verrückt.
Wenn wir die Wahlbeteiligung nicht weiter senken wollen, dann sollten wir uns vor weiteren Bürgerentscheiden in dieser Sache hüten.
Das Zweite ist: Ich hatte den Eindruck, dass Sie so tun, als ob überhaupt kein rechtsstaatliches Verfahren die Brücke in diesen Status gebracht hat, dass nämlich ein festgestellter Planfeststellungsbeschluss vorhanden ist.
Da hat es unwahrscheinlich viele Einspruchsrechte gegeben, da hat es viele Mitwirkungsmöglichkeiten im demokratischen Verfahren gegeben. Wir leben ja in Deutschland in einem demokratischen Rechtsstaat. Ich glaube, darüber sind wir uns schon noch einig. Die NPD stimmt dieser Einschätzung natürlich nicht zu, aber ansonsten sind wir uns im Hohen Hause sicher einig. Insofern ist das Verfahren, das hier vollzogen wurde, bis wir diese Brücke durch hatten, von vorn bis hinten rechtsstaatlich und demokratisch.
Das Nächste, das ich ansprechen wollte. Es ist gerade der Eindruck erweckt worden, als ob man sich irgendeinen Entwurf genommen und gesagt hätte: Das ist die Brücke und die bauen wir jetzt. – Das stimmt nicht. Es hat einen internationalen Realisierungswettbewerb gegeben, der über das Brückenbauprojekt entschieden hat. In diesem Realisierungswettbewerb hat eine internationale Jury getagt, die durch den Stadtrat eingesetzt worden ist und die entsprechend unabhängig war. Diese Jury hat die Entwürfe, die eingereicht wurden, gebilligt und für gut befunden. Den Vorsitz hatte kein Geringerer als Prof. Volkwin Marg aus Hamburg, der in diesem Jahr den Preis für Baukultur des Verbandes Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine bekommen hat, also nicht irgendjemand.
Den Zuschlag hat durch diese Jury ein über die Landesgrenzen hinaus anerkanntes Architekturbüro bekommen. In der Begründung zur Entscheidung für diesen Brückenentwurf steht, dass die besondere Stadtbildverträglichkeit der Grund war, diesen Entwurf auszuwählen. Warum die besondere Stadtbildverträglichkeit? – Natürlich wissen wir, dass wir uns an einer sensiblen Stelle des Elbtals befinden. Genau deswegen können wir dort keinen Hingucker bauen, wie eine Golden Gate Bridge oder eine große Teleskopbrücke, bei der die Fahrbahn mit Schrägseilen gehalten wird. Vielmehr geht es darum, eine möglichst flache Elbquerung zu bekommen, um diese Blickbeziehung so wenig wie möglich zu tangieren. Natürlich nicht, wenn ich unmittelbar neben dem Pfeiler stehe, das ist klar. Dann steht der Pfeiler vor mir. Aber sobald ich mich etwas höher bewege, beispielsweise an diesem berühmten Pavillon an der Bautzener Straße, sind die Blickbeziehungen in keiner Weise beeinträchtigt!
Das konnte man sich mittlerweile auch im Visualisierungsgutachten anschauen. Herr Weckesser, Sie haben es noch einmal gesagt: Auch die Stadt, das städtische Vermessungsamt, hat ein Gutachten erstellt. Man kann sich virtuell an all die Stellen fahren lassen und dann ist das alles in 3-D-Simulation – das geht heutzutage mit der modernen Computertechnik – anzuschauen.
Es ist also in keiner Weise der Fall, dass hier etwas undemokratisch über die Bürger hinweggerollt ist oder dass sie nicht Bescheid gewusst hätten. Es ist lange diskutiert worden und erst dann ist entschieden worden – durch die Dresdner Bevölkerung.
Diese Brücke wird am Waldschlößchen gebaut werden und wir werden sie dort brauchen. Wir brauchen sie, um langfristig das Blaue Wunder zu entlasten, welches bekanntlich auch Teil des Welterbes und daher schützenswert ist. Sie wird gebraucht, um Verkehr um und nicht durch die Dresdner Innenstadt zu leiten.
So ist sie bereits Bestandteil des Verkehrskonzeptes der Stadt Dresden und in bereits vorhandene Verkehrsbeziehungen eingeplant. Das hatte ich vorhin schon einmal kurz ausgeführt. Aber ich hatte den Eindruck, dass es vielleicht nicht mehr jedem präsent war, deswegen wollte ich es noch einmal wiederholen.
Die Brücke ist Ergebnis dieses Architekturwettbewerbs und die Brücke ist eine normale Weiterentwicklung eines städtischen Landschaftsraums und keine Gefährdung. An jedem Fluss sind Brücken notwendig, sonst haben die Menschen ein Problem. Stellen Sie sich einmal vor, der Titel „Weltkulturerbe“ wäre dem Oberen Elbtal im Jahr 1800 verliehen worden. Wir hätten heute in Dresden nur eine einzige Brücke, nämlich die Augustusbrücke.
Ein anderes Beispiel hat Herr Zastrow schon angesprochen: die Frage, wie es beim Hochwasser im Jahr 2002 und vor allen Dingen in diesem Jahr im Frühjahr gewesen ist. Ich fand es übrigens sehr interessant,
dass es Herr Thierse geschafft hat, sein Interview genau an dem Tag zu veröffentlichen, an dem nach dem diesjährigen Frühjahrshochwasser die Dresdner endlich wieder ohne Stau fahren konnten, denn bis dahin war das Blaue Wunder gesperrt. Da hatte er ein ordentliches Timing. Dann wusste endlich jeder, dass er nicht wusste, wovon er sprach.
Einen Punkt möchte ich noch ansprechen: die Frage, ob wir nicht noch einmal neue Varianten aufstellen könnten. Ich glaube, das Misstrauen, diesen Weg zu beschreiten, kommt daher, dass diejenigen, die sagen, man könnte das tun – Frau Hermenau hat es heute wieder angesprochen, andere auch –, nicht hinzufügen, was am Ende die Konsequenz ist: Wir fangen wieder an, mindestens drei Jahre herumzuarbeiten. Wenn wir ein Komma im Planfeststellungsbeschluss verändern, dauert es wieder mindestens drei Jahre. Das ist die Realität.
Und genau das sagen Sie den Dresdnern nicht. Auch wenn Sie zum Beispiel über eine Tunnellösung diskutieren,
werden Sie damit überhaupt keine Verkehrsentlastung für die Bautzener Straße erreichen – das ist nämlich der Grund, weshalb die Brücke an dieser Stelle im Verkehrskonzept enthalten ist: die Bautzener Straße zu entlasten –, denn der Tunnel kommt hinter dem Regierungspräsidium und vor der Königsbrücker Straße heraus.