Es scheint uns folgerichtig, dass die Staatsregierung im uns vorliegenden Entwurf des Entwicklungsplans für den ländlichen Raum im Freistaat Sachsen für 2007 bis 2013 zu der folgenden Einschätzung kommen musste – ich zitiere –: „Es scheint momentan nicht realistisch, die selbst gesteckten Ziele zu erreichen.“ Wie auch?, muss man sich fragen, wenn man die Politik wie in den vergangenen Jahren verfolgt.
Was für uns als Linksfraktion sehr erstaunlich ist, sind die Schlussfolgerungen der Staatsregierung aus dieser Einschätzung. Anstatt jetzt richtig zu powern, um das Ziel vielleicht doch noch zu erreichen, wird im Entwicklungsplan das selbst gesteckte Ziel einfach aufgegeben, Herr Schmidt. Die Staatsregierung gibt das selbst gesteckte
Ziel auf. Es ist ganz anders, als Sie vorhin versucht haben uns weiszumachen, dass das Ziel eben nicht aufgegeben wird. Das bedeutet in Zahlen: nur zirka 10 000 Hektar neue ökologisch bewirtschaftete landwirtschaftliche Fläche bis 2013. Das ist für uns, wie ich gestern schon sagte, einfach nur lächerlich und ein Unding.
Für die Linksfraktion ergibt sich aus der Art und Weise, wie der ökologische Landbau in den nächsten sieben Jahren gefördert werden soll, noch ein ganz anderes Problem und eine ganz andere Gefahr. Es ist aus dem Entwurf des Entwicklungsprogramms herauszulesen, dass gerade die großen Agrarbetriebe – also Agrargenossenschaften und -gesellschaften – nur noch gefördert werden sollen, wenn sie ihre gesamten Betriebe auf einmal auf Ökolandbau umstellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, ich gebe gern zu, dass man darüber geteilter Meinung sein kann. Aber genau bei dieser Verfahrensweise sehen wir eine ganz große Gefahr: dass diese Betriebe mit Sicherheit in die Arme der internationalen Saatgutkonzerne getrieben werden. Sie werden regelrecht gezwungen, ihre Zukunftsperspektive mehr und mehr im Anbau von genveränderten Nutzpflanzen statt im umweltverträglichen Ökolandbau zu sehen. Wie gesagt, es soll nur noch die Umstellung ganzer Betriebe gefördert werden. Wer aber von denen, die in Verantwortung für das Unternehmen, für die dort Arbeitenden und für die Dorfentwicklung stehen, wird die Umstellung eines 1 000-HektarBetriebes zum Beispiel im Ganzen auf einmal riskieren?
Das käme unter den derzeitigen sächsischen Bedingungen für den Ökolandbau unserer Meinung nach einer Selbstaufgabe gleich.
Einen Satz noch, denn es lohnt sich nicht, dies in der zweiten Runde zu sagen. – Deshalb muss zwischen Landwirtschafts- und Umweltministerium und den Wirtschafts- und Sozialpartnern über dieses Entwicklungsproblem, über diese Entwicklungsperspektive wie auch über andere ein umfassender und ergebnisoffener Dialog geführt werden.
Wo anders, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, als im Rahmen der Erarbeitung des Entwicklungsprogramms für den ländlichen Raum kann dieser Dialog erfolgreich geführt werden? Genau darum habe ich darüber bereits gestern ansatzweise gesprochen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, hat Anfang des Jahres gesagt – ich zitiere –: „Wir brauchen keine staatli
chen Vorgaben, wie groß der Anteil des Ökolandbaus sein soll. Die Verbraucher entscheiden an der Ladentheke, welche Produkte sie bevorzugen.“
In einer Zeit, in der ein Lebensmittelskandal den anderen jagt, haben sich die Verbraucher längst entschieden. Bioprodukte sind im wahrsten Sinne des Wortes in aller Munde. Der Umsatz von Bioprodukten steigt ständig und hat sich seit dem Jahr 2000 auf vier Milliarden Euro im Jahr 2005 verdoppelt. Allein 2005 ist der Umsatz um 15 % gestiegen. Laut Emnid-Ökobarometer von 2005 kaufen drei Viertel aller Konsumenten teils gelegentlich, teils regelmäßig Bioprodukte. Ein enormes Marktpotenzial auch für die sächsischen Bauern!
Die Freude über diese Entwicklung wird allerdings getrübt, wenn man die Kehrseite der Medaille betrachtet. Die starke Steigerung der Nachfrage, vor allem durch den massiven Einstieg der Discounter in den Biomarkt, kann durch in Deutschland erzeugte Biolebensmittel gar nicht mehr befriedigt werden. Die Importquote erhöht sich dadurch deutlich.
Diesem Problem kann nur entgegengewirkt werden, wenn die Hemmnisse, die eine Steigerung der Produktion von ökologischen Lebensmitteln in Deutschland verhindern, abgebaut werden. Es ist deshalb vor allem notwendig, die ökologische Erzeugung von Lebensmitteln unter konkurrenzfähigen Bedingungen zu ermöglichen und Nachteile auszugleichen. Ökobauern nehmen höhere Kosten und geringere Erträge in Kauf, die sich beim Verkauf nicht immer kompensieren lassen. Die dem Erzeuger gezahlten Preise liegen in Sachsen sogar bis zu 20 % unter dem Bundesdurchschnitt. Da die Preissituation die Nachfrage und die Konkurrenzsituation auf dem Markt bestimmt, haben angehende Ökobauern gegenwärtig keinen leichten Einstieg.
Deshalb ist aus unserer Sicht eine Förderung sowohl der Anbauverfahren als auch der Marketingmaßnahmen unbedingt erforderlich. Das ist übrigens keine neue Forderung unserer Fraktion. Für uns hat der Ökolandbau gegenüber der konventionellen Landwirtschaft wesentliche Vorteile. Bereits in der Vergangenheit haben wir die Unterstützung für den ökologischen Landbau immer wieder angemahnt. Ich verweise zum Beispiel auf unseren Antrag in der letzten Legislaturperiode, in dem die SPDFraktion einen Kurswechsel zugunsten des ökologischen Landbaus gefordert hat.
Die Behauptung der GRÜNEN, mit Eintritt der SPD in die Regierungsbeteiligung sei die Landwirtschaftspolitik drastisch schlechter geworden, weisen wir entschieden zurück. Wenn Sie damit den Rückgang der Fördermittel meinen – dieser entspricht dem allgemeinen Rückgang der verfügbaren Mittel.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat sich im Jahr 2001 zum Ziel gestellt, bis 2010 die Fläche des Ökolandbaus in Gesamtdeutschland auf 20 % auszuweiten. Sachsen hat sich dabei etwas zurückhaltend gezeigt und im Landesentwicklungsplan das Ziel aufgestellt, bis 2009 10 % der Fläche ökologisch zu bewirtschaften. Doch von diesem Ziel hat sich die Sächsische Staatsregierung tatsächlich weit entfernt. 10 % der Landesfläche für den ökologischen Landbau sind möglich, wenn es gewollt ist.
Ich möchte es vermeiden, heute eine Bewertung der verschiedenen Anbauformen vorzunehmen. Ich bin der Meinung: Ob ökologisch oder konventionell – beides hat seine Berechtigung.
Was ich aber keinesfalls nachvollziehen kann, sind die derzeitigen Argumente der Staatsregierung. Die Gründe, die Sie anführen, um zu beweisen, dass 10 % für den ökologischen Landbau unrealistisch seien, haben Sie letztendlich selbst zu verantworten. Es wurde bereits gesagt: Im Entwurf des Entwicklungsprogramms für den ländlichen Raum wird als Ziel eine Fläche von 3,2 % der Nutzfläche in Sachsen bis zum Jahr 2013 angestrebt. Durch die Aussetzung der Umstellungsförderung vom Jahr 2005 haben wir anderthalb Jahre verloren. Nur als Beispiel: Unser Nachbarland Brandenburg hat die 10-%-Marke schon längst erreicht. Sachsen soll bis 2013 brauchen, um auf 3,2 % zu kommen.
Der Biomarkt boomt – das haben Sie, Herr Staatsminister Tillich selbst gesagt. Sie haben auch gesagt, dass sich ein beginnender Preiskampf abzeichnet. Das ist durchaus richtig. Ist es denn bei der konventionellen Landwirtschaft anders? Das sehe ich zumindest nicht so. Sie können uns erklären, ob Sie einen Unterschied sehen – ich persönlich sehe keinen.
Den drohenden Preisverfall allerdings als Argument heranzuziehen, um die ökologische Landbewirtschaftung zu bremsen, ist absurd. Man sollte sich einmal mehr Gedanken darüber machen, wie der Preisverfall der Produkte gestoppt werden kann – zum Beispiel durch eine stärkere Bindung an die Region. Das Vertrauen des Verbrauchers ist bekanntlich höher, wenn die Produkte einen Bezug zur Heimat haben, und er ist dann unter Umständen bereit, einen gewissen höheren Preis für die Produkte zu bezahlen. Damit kann dem Preisdruck unter Umständen wirksam begegnet werden. Das setzt aber voraus, dass wir in Sachsen erst einmal genügend Fläche und genügend Ökobauern haben.
Die Umstellungsförderung ist also die Voraussetzung für eine gute Entwicklung der Branche. Eine Studie des Bundesministeriums hat deutlich gezeigt, dass das größte Hemmnis für den Ökolandbau darin besteht, dass es strukturelle Defizite in der Branche gibt, weil zu wenige Akteure daran beteiligt sind. Abhilfe kann nur durch eine
Sicherung der finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen für den Ökolandbau geschaffen werden. Diese Studie der Bundesregierung fordert dabei explizit die Sicherung der staatlichen Förderung für umstellungswillige Betriebe.
Biolebensmittel sind längst keine Nischenprodukte mehr. Bio ist mittlerweile ein tatsächlich ernst zu nehmender Wirtschaftsfaktor geworden. Wir als NPD-Fraktion sehen im Ökolandbau eine Chance, die unbedingt auch in Sachsen genutzt werden sollte. Die Kombination von ökologischem Landbau und Heimatbezug ist dabei eine ideale Möglichkeit, um diesen Markt nachhaltig zu sichern.
Die NPD-Fraktion fordert deshalb, die Umstellung weiter zu fördern und an dem Ziel festzuhalten, in Sachsen bis 2009 tatsächlich 10 % der Fläche ökologisch zu bewirtschaften.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der ökologische Landbau zeichnet sich durch eine besonders umweltverträgliche, ressortschonende und tiergerechte Wirtschaftsweise aus. Er trägt damit zu einer nachhaltig bewirtschafteten und vielfältigen Kulturlandschaft bei. Gleichzeitig schafft und erhält auch der ökologische Landbau Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und in den ländlichen Regionen. Produkte und Dienstleistungen des ökologischen Landbaus genießen eine zunehmende Wertschätzung und werden am Markt immer mehr nachgefragt. Dazu sagen wir: zum Glück! Das beste Argument ist die Nachfrage am Markt. Der sächsische bzw. der deutsche Konsument kauft zum Glück lieber eine Schrumpelmöhre statt einer Hochglanzgurke, und das finden wir gut so.
Aber schauen wir uns einmal die Ausmaße des ökologischen Landbaus an. Der Anteil der nach den Kriterien der EU-Biomarktverordnung ökologisch bewirtschafteten Fläche an der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland lag Ende 1999 bei 2,6 %. Bewirtschaftet wird diese Fläche von rund 10 000 Ökobetrieben. Aktuell sieht es nicht viel anders aus.
Im Sächsischen Landesentwicklungsplan von 2003 wird der Flächenanteil des ökologischen Landbaus mit 2 % ausgewiesen. Dieser Anteil soll nun bis zum Jahr 2009 auf 10 % steigen. Zur Realisierung dieser Zielsetzung wird dargestellt, dass die Betriebe unter anderem in ihrem Bestreben nach Flächenaufstockung zu unterstützen sind.
Vor dem Hintergrund dieser Aussage verwundert mich die Antwort der Staatsregierung auf meine Kleine Anfrage zum Thema ökologischer Weinbau in Sachsen. Auf meine Frage zur Bewertung von Ausmaß und Umfang bekam ich als Antwort – Zitat: „Mit einem Anteil von 1,95 % ökologisch produziertem Wein an der Ertragsfläche liegt
Sachsen unter dem bundesweiten Durchschnitt von 2,53 %. Das entspricht einem Minus von 20 %. Aufgrund der vorhandenen Flächenausstattung im Verhältnis zu anderen Weinbau treibenden Ländern in Deutschland ist der erreichte Stand als ausreichend zu betrachten.“
Sehr geehrter Herr Minister Tillich, lassen Sie doch die Winzer selbst entscheiden, ob sie den Wein ökologisch produzieren wollen oder nicht. Aber lassen Sie die im Landesentwicklungsplan dargestellten Flächenaufstockungen zu. Im Rahmen des Forschungsprojektes „Ausweitung des ökologischen Landbaus in Deutschland – Voraussetzungen, Strategien, politische Optionen“ wurde vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft in einem Zeitraum von drei Jahren erfasst, was Verbraucher hier erwarten. Dabei kam heraus, dass der Bereich der frühzeitigen Wissensvermittlung im Bereich ökologischer Landbau als staatliche Förderung der Ausbildung mit Ökosektor von vielen Bürgern erwartet wird.
Die Beratungsangebote allgemein haben in den letzten 15 Jahren eine deutliche Ausweitung und Professionalisierung erfahren. So ist eine wichtige Bedingung für die flächenhafte Ausdehnung einer neuen Landbaumethode – wie dem ökologischen Landbau –, dass diese mit dem Wissen der Landwirte einhergeht. Der größte Einfluss auf das Wissen der Landwirte wird eben dabei der beruflichen Bildung – sprich: der Aus- und Weiterbildung – zugesprochen. Mit ihr wird das Fundament für die kompetente Bewirtschaftung eines Betriebes gelegt. Das gilt natürlich auch hier in Sachsen. In der Bildungsarbeit sehen wir Liberalen künftig durchaus Schwerpunkte.
Das Ganze ist also ein Entwicklungsprozess in der Landwirtschaft selbst, der allenfalls durch die Regierung begleitet werden kann. Rahmenbedingungen müssen passen, aber es ist und bleibt eine Entscheidung des Landwirtes selbst, für welche Landbaumethode er sich letztendlich entscheidet. Ökologischer Landbau oder konventionelle Landwirtschaft spukt dabei bei vielen linken und grünen Köpfen als Alternative zwischen umweltgerecht und nicht umweltgerecht herum, und das ist es eben nicht. Diese These ist schon im Kern falsch, denn es geht um die grundlegend verschiedenen Anbausysteme. Auch konventionelle Landwirtschaft kann umweltgerecht arbeiten und ökologisch sein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt gesehen, dass seitens der Landesregierung bei diesem Thema mit dem sächsischen Landesrecht nach Willkür verfahren und Vertragsbruch begangen wird, und das muss hier diskutiert werden,