Natürlich müssen auch diese langen männlichen Lebensmuster im Ausbildungsprozess und im Wissenschaftssystem reduziert werden, zum Beispiel durch eine Neugestaltung des Qualifikationsweges. Wir brauchen natürlich auch zur Kontrolle und Sicherung der Durchsetzung dieser Maßnahmen die institutionelle Stärkung von Frauenbeauftragten an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen, und es geht eben nicht nur um Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte in Personalangelegenheiten, sondern um Eingriffs- und Beteiligungsrechte, zum Beispiel in Berufungsverfahren, aber auch im Haushalt und Ähnlichem.
Sie hörten sicher schon – ich hatte es vorhin auch erwähnt –, wie Berufungsverfahren zum Teil aussehen. Sie wissen, dass gerade, wenn es um die Besetzung von Stellen mit hohem Status geht, nicht vordergründig Leistung entscheidet, sondern ein gewisser Kodex, den derjenige, der die Stelle will, mit demjenigen, der die Stelle vergibt, gemeinsam haben sollte. Deshalb muss es notwendig sein, dass Berufungskommissionen paritätisch besetzt sind.
Noch ein Vorschlag, der fast kostenneutral ist: die förderparitätische Besetzung der Hochschulgremien. Damit hätten wir weniger Professoren, wir hätten mehr Mittelbau, mehr Studierende und andere Hochschulangehörige. Dies würde die Frauenbeteiligung auch schon erhöhen.
Parallel dazu brauchen wir natürlich auch Maßnahmen auf dem Gebiet der Vereinbarkeit von Familie und Studium bzw. Professuren und Promotion. In der „Zeit“ habe ich folgendes Zitat gefunden: „Die Universität scheint eine verhütende Wirkung zu haben. Der Optimismus, Kinder zu haben, sinkt proportional zur Studienzeit und kommt vollends ins Wanken, sobald die Wissenschaft zum Arbeitgeber wird.“
Es wurde hier bereits einiges zur schwierigen Situation von Studierenden mit Kind oder auch von Promovierenden gesagt. Noch krasser ist die Situation, wenn es um eine berufliche Karriere an einer Hochschule geht. Ich möchte das jetzt abkürzen und Ihnen nur ein Beispiel von einer Frau aus den USA nennen, die dort gearbeitet hat. Sie sagte: Auf Forschungsreisen jedoch musste sie niemals verzichten. Sie hat ihre Kinder stets mitgenommen. In den USA beantragte ihr Ehemann die Elternzeit. In Oxford meldete sie ihr ältestes Kind in der Schule und das
jüngste im Universitätskindergarten an. Egal, wann man die Betreuung brauchte, stets stand ein Bus am Hochschultor, nahm die Kinder in Empfang und brachte sie zu jeder gewünschten Zeit auch wieder dorthin zurück.
Ja, meine Damen und Herren, so kann es sein, wenn es gesellschaftlich gewollt ist. Die Politik muss hierfür jedoch Impulse geben und nicht nur schöne oder mahnende Worte finden. Der Antrag der GRÜNEN unterstützt dies, deshalb wird die Linksfraktion.PDS ihn auch unterstützen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich eigentlich den Worten meiner Vorrednerinnen vom Grundanliegen her anschließen. Der Antrag der GRÜNEN ist sinnvoll; denn der Anteil der Frauen ist nach wie vor – gerade die Frauen, die auch im Wissenschaftsbereich tätig sind, wissen das – im Wissenschaftsbereich unterrepräsentiert. Es muss etwas getan werden, um dies zu ändern. Ich denke, dazu sitzen wir hier, um gerade solche Problemlagen zu diskutieren.
Es wurde bereits gesagt, dass sich der Frauenanteil an der Gesamtbevölkerung mit dem der Männer in etwa die Waage hält. Im Jahrgang 1980 waren das zirka 46 %. Der Anteil der Abiturientinnen liegt sogar bei 60 %, das heißt, mehr als die Hälfte erreicht im Endeffekt die Hochschulzulassung.
Dieses Verhältnis ändert sich im Wissenschaftsbereich jedoch umso drastischer, je höher das Qualifikationsniveau der Frauen ist; denn bei den Professorinnen liegt der Anteil dann nur noch bei 14 %, und ich denke, dies sind schon dramatische Zahlen, über die man nachdenken sollte.
Ich selbst habe an der Technischen Universität Freiberg gearbeitet und natürlich auch dort einmal geschaut – in etwa wusste ich es – und kaum eine Frau als Professorin gesehen, aber ich dachte, ich schaue einmal, wie die Zahlen sind. 2003 gab es in Freiberg 104 Professorenstellen, davon waren drei mit Frauen besetzt, und das ist natürlich Wahnsinn. Das ist im Endeffekt in Chemnitz nicht anders. Hier gibt es 157 Professorenstellen, von denen 14 mit Frauen besetzt sind.
Das zeigt schon, dass gerade an Technischen Universitäten noch Etliches zu tun ist. Das allein damit zu begründen, dass Frauen sowieso nicht so gern Technik und Naturwissenschaften studieren würden, ist albern, denn auch hier forschen und arbeiten Frauen wie in anderen Bereichen. Man muss natürlich darüber nachdenken, welche Gründe dazu führen, dass sich die Entwicklung so vollzieht, und wie man diese Gründe beheben kann. Wenn
man nach Dresden und Leipzig schaut, stellt man fest, dass auch dort das Verhältnis nicht wesentlich anders ist.
Es stellt sich natürlich die Frage, ob allein die mangelnde Förderung dafür verantwortlich ist, dass wesentlich mehr Männer promovieren, habilitieren und im Endeffekt auch eine Professur innehaben. Ich denke, dass dem nicht so ist.
Eine weitere Frage ist, ob es wirklich nur die Familienplanung ist, die die Frauen davon abhält, in höhere Qualifikationsstufen einzusteigen. Ich denke, die Zahlen, die Frau Hermenau hier genannt hat, haben das doch eigentlich deutlich gemacht. Im Alter bis zu 42 Jahren sind mehr als 50 % – so habe ich es verstanden – kinderlos. Gut, da könnte man sagen: Okay, ob Kinder oder nicht, trotzdem müssten sich doch dann mehr Frauen als Professorinnen in diesen Gremien wiederfinden. Das ist aber nicht so. Es ist also nicht allein die Kinder- oder Familienplanung, die die Frauen davon abhält, auch andere Qualifikationsstufen als die der Promotion – selbst da sind wir mit Frauen nicht besonders reich gesegnet – anzustreben.
Bei der Suche nach Antworten kann man verschiedene Dinge finden. Meine Kollegin Frau Werner hat bereits auf einiges hingewiesen. Es gibt einen Forschungsbericht des interdisziplinären Frauenforschungszentrums der Uni Bielefeld, der sich gerade mit dieser Problematik beschäftigt. Er hat die Unterrepräsentanz von Frauen bei Promotionen zum Inhalt. In diesem Bericht wird festgestellt, dass die vorhandene und nachgewiesene wissenschaftliche Leistungsfähigkeit vieler Frauen an den Universitäten zunächst nur einmal festgestellt werden muss. Selbst daran scheitert es. Man zweifelt also daran, dass Frauen als Wissenschaftlerinnen genauso leistungsfähig sind wie Männer.
Viele sagen auch, man solle nicht ständig darauf verweisen, dass Frauen spezielle Fördermaßnahmen nötig hätten; denn das würde implizieren, dass Frauen doch nicht so leistungsfähig wie Männer seien. Ich meine aber, dass wir darauf hinweisen müssen, denn die Situation ist heute leider so, wie ich sie gerade dargestellt habe.
Was fehlt den Frauen im universitären Bereich, damit die über lange Zeit etablierte Missachtung bisheriger tatsächlicher wissenschaftlicher Leistungen von Frauen überwunden wird? Wir wollen nicht gefördert, wir wollen nur nicht gehindert werden – so drücken es viele Wissenschaftlerinnen aus. Tatsächlich gibt es kaum einen anderen Berufszweig – Frau Werner sagte es schon –, in dem die Bildung von Koalitionen und Seilschaften für die Karriere so entscheidend ist wie im Wissenschaftsbereich.
Selbst der Wissenschaftsrat teilt mit: „Unterstützungssysteme sind mitbestimmend für die Chance, um Weiterempfehlungen, Publikations- und Vortragsangebote zu erhalten. Ermutigung und Unterstützung haben auch Einfluss auf die Erreichbarkeit von Forschungsgeldern und sonstigen Ressourcen.“
Für Frauen erweist sich der Zugang zu jahrzehntelang gewachsenen männlich dominierten Netzwerken und informellen Unterstützungssystemen als besonders schwierig. Aber gerade Karrieren werden eben durch soziale Netzwerke vermittelt. Durch die Nichtbeteiligung der Wissenschaftlerinnen an diesen sozialen Netzwerken reproduziert sich die Unterrepräsentation von Frauen immer wieder. Die Ausschlussmechanismen gegenüber Frauen werden umso wirksamer und deutlicher, je einflussreicher und besser dotiert die Positionen sind, wie auch der Wissenschaftsrat feststellte.
Gerade darum ist es im Wissenschaftsbereich besonders wichtig, dass Frauen ihre eigenen Netzwerke etablieren und sich stärker als bisher in bestehende Netzwerke einbinden. Doch das Ganze ist nicht so einfach. Ich denke, viele Frauen versuchen dies, aber im Endeffekt kann man sich nicht allein auf die Männer verlassen.
Männer binden insbesondere hübsche Frauen so lange ein, solange sie nicht ganz nach oben streben. Aber sobald die Frauen eine wirkliche Konkurrenz darstellen, wird blockiert. Das muss man ganz einfach so sagen.
Deswegen finde ich es richtig, dass sich Frauennetzwerke bilden, dass sie sich aber auch der Politik bedienen. Dafür sind wir, denke ich, auch da. Ich halte das also für legitim. Eine verstärkte Unterstützung der Frauen durch politische Initiativen ist auf jeden Fall so lange gefragt, bis wenigstens ein Drittel des Senats mit Frauen besetzt ist. Wir haben vorhin das Beispiel der Berufungskommissionen gehört. Ich denke, man sollte wirklich etwas Zwang ausüben, um im Endeffekt das Ziel zu erreichen, das wir heute hier thematisieren.
Darum unterstütze ich die Forderung im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, im Zuge der Einführung von Globalbudgets und Zielvereinbarungen an den sächsischen Hochschulen ein neues Finanzierungsinstrument zur Unterstützung von Wissenschaftlerinnen einzuführen. Über diese Lenkungsmöglichkeit sollten wir uns noch intensiv austauschen.
Bezüglich der Bewertung der übrigen Punkte des vorliegenden Antrags schließe ich mich meiner Kollegin Frau Schöne-Firmenich an; sie hat einiges dazu gesagt.
Zu erwähnen wäre vielleicht noch, dass die derzeitige finanzielle Ausgestaltung des Haushaltstitels, in dem sich das Wiedereinstiegsprogramm befindet, der SPD-Fraktion zu verdanken ist, denn sie hat sich in den Koalitionsverhandlungen auch für die Ausgestaltung dieses Haushaltstitels eingesetzt. Deswegen können Sie sich auch darauf verlassen, dass sich die Koalition hierzu Gedanken machen wird.
Darum unterstützt die SPD-Fraktion das Anliegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vollinhaltlich. Wir
sehen aber noch darüber hinausgehenden Regelungsbedarf. Die Gesamtproblematik sollten wir im Zuge der Haushaltsdebatte diskutieren, aber, wie gesagt, einen Vorgriff derzeit vermeiden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Manchmal ist man ja auch schon für kleine Signale dankbar. Als ein solches interpretiert es die NPDFraktion, wenn sich nun auch die GRÜNEN vor dem Hintergrund der demografischen Katastrophe
zu familienpolitischen Vorschlägen bereit finden, die auf eine bessere Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Mutterschaft abzielen.
Offenbar bedarf es manchmal gewisser politischer Schläge auf den Hinterkopf, um selbst bei einer klassischen Verhinderer- und Verdrängerpartei wie den GRÜNEN das Denken zu befördern. Was mussten wir Nationaldemokraten uns in den letzten Plenarwochen nicht alles gerade an grüner Polemik anhören, als wir etwa unseren Antrag auf Einführung eines Müttergehaltes zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf ins Gespräch brachten!
Für deutsche Familien! Ich danke für die Klarstellung. Richtig! Ich kann es Ihnen auch fünfmal schriftlich geben.
Jetzt entdecken also auch die GRÜNEN den demografischen Notstand im Land. Sie entdecken, dass insbesondere junge Akademikerinnen, die vielleicht gerne Kinder hätten, von der Situation im Hochschul- und Wissenschaftsbereich eindeutig benachteiligt werden. Das klingt im grünen Antrag zwar noch etwas hektisch und in einzelnen Punkten überzogen. Warum muss man zum Beispiel ein Dual-Career-System zur Stellenvermittlung von Partnern neu zugezogener Wissenschaftlerinnen fordern? Halten die GRÜNEN etwa die Partner dieser Akademikerinnen für unfähig, sich selbst um einen Arbeitsplatz zu kümmern?
Aber alles in allem geht der grüne Antrag in die richtige Richtung, weshalb die NPD-Fraktion auch keine Schwierigkeiten hat, ihm zuzustimmen.
Im Übrigen sind die grünen Vorschläge so neu nun auch wieder nicht. Im Gegenteil, wenn man schon die Absicht
hat, etwas für Wissenschaftlerinnen mit Kinderwunsch zu tun, dann ist es doch das Nächstliegende, an der Situation am Arbeitsplatz und der ausreichenden Versorgung mit Kindertagesstätten anzusetzen. In diesem Zusammenhang weist die Antragstellerin ganz zu Recht auf das von der Hertie-Stiftung initiierte Programm hin. Es hätte allerdings auch genügt, einen Blick in die recht umfangreichen Handlungsempfehlungen zu werfen, die die NPDFraktion schon vor geraumer Zeit im Rahmen ihrer Mitarbeit in der Enquete-Kommission „Demografische Entwicklung“ vorgelegt hat, wo sich aber die grüne Fraktion nicht eingebracht hat.