Protocol of the Session on December 10, 2004

der Jugendweihefeiern an der „Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald“ durchführen.

(Widerspruch der Abg. Caren Lay, PDS)

Doch so einfach ist deutsche Geschichte leider nicht; denn gerade der Vergleich beider deutscher Diktaturen zeigt, dass sich die grundlegenden Denkstrukturen gleichen – unabhängig von ihrer Ideologie. Daher ist es notwendig, den Jugendlichen zu zeigen, dass weder Antifa noch freie Kameradschaften der Weg sind, ihre eigenen Ideen zu verwirklichen.

(Beifall bei der CDU)

Wir als CDU-Fraktion setzen uns dafür ein, dass die Werte unserer politischen Ordnung verstärkt in den Vordergrund der Jugend- und Bildungspolitik treten. Erst wenn wir wieder vermitteln, was die Würde des anderen oder Meinungsfreiheit bedeuten, können wir der NPD die verlogene Maske vom Gesicht reißen.

Wir haben hier eine Partei, deren Fraktionsvorsitzender mit dem Elan eines Barrikadenkämpfers für die parlamentarische Demokratie kämpft.

(Lachen des Abg. Holger Apfel, NPD)

Aber im stillen Kämmerlein zeigt er sein wahres Gesicht.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Er hat es heute gezeigt!)

Oder wie ist es zu verstehen, Herr Apfel, wenn es im Beschluss des NPD-Bundesvorstandes vom 19. September 2004 heißt, „entscheidender Fehler in der Konstruktion der nationalen Nachkriegsbewegung sei der Umstand, dass sich nationale Parteien zu stark am Parlamentarismus orientiert hätten“? Heißt das im Umkehrschluss, dass sich die NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag dem Kampf gegen die parlamentarische Demokratie widmen wird? Wie ist es zu verstehen, Herr Apfel, dass Sie gestern das Fehlen einiger Abgeordneter mit deren Desinteresse am Parlament gleichsetzen und selbst im Stadtrat von Dresden regelmäßig mit Abwesenheit glänzen?

(Holger Apfel, NPD: Das ist eine Lüge, Herr Rohwer! Da sollten Sie andere aus dieser Runde auch mal fragen!)

Heißt das, dass Sie sich die Mandate wie einen Mantel aussuchen,

(Holger Apfel, NPD: Typisch CDU, Lügen und Halbwahrheiten!)

der Ihnen gerade am besten passt?

(Holger Apfel, NPD: Billig!)

Wer die Politik des Ministerpräsidenten als asozial brandmarkt, sollte aufpassen, dass dieser Vorwurf nicht auf ihn selbst zurückfällt. Wie kann man ruhigen Gewissens im Parlament Politik machen, wenn man diese Institution überhaupt nicht ernst nimmt?

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur wer seine Werte kennt und davon überzeugt ist, kann sie offensiv nach außen vertreten und dafür werben oder sie verteidigen. Die Auseinandersetzung sowohl mit dem Nationalsozialismus als auch mit dem Sozialismus ist die Grundlage für die Rückbesinnung auf unsere Werte. Nur so werden wir von den Jugendlichen ernst genommen, denen Werte wieder wichtig sind.

Das haben die Rattenfänger von der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen und den Jungen Nationalen schon lange begriffen. Über Werte wie Tugend und Treue wollen sie, ihrem großen Vorbild folgend, einen Staat errichten, in dem diese Werte für ein menschenverachtendes System benutzt werden. Diese instrumentalisierende Deutungsmacht dürfen wir den Apfels, Leichsenrings sowie ihren Helfershelfern und biederen Gesinnungsgenossen nicht überlassen und wir dürfen es nicht zulassen, dass uns Linksextremisten den Stolz auf unser Land austreiben möchten.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb muss in unserem Land endlich wieder von uns demokratischen Politikern ein Satz offen ausgesprochen werden: Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein!

(Beifall bei der CDU – Lachen und höhnischer Beifall bei der NPD – Zuruf von der NPD: Stimmenfang!)

Für die SPD-Fraktion spricht der Abg. Martin Dulig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte von vornherein klarstellen, dass ich als jemand, der politisch denkt und handelt, als Sozialdemokrat politischen Extremismus und politische Gewalt ablehne, egal von welcher Seite.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Trotzdem möchte ich ganz klar sagen, dass ich keine Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremismus hier haben möchte; denn das relativiert an der falschen Stelle.

(Beifall bei der SPD, der PDS und den GRÜNEN)

Man muss sich mit Unrecht auseinander setzen, man muss sich mit Extremismus auseinander setzen, aber dann auch wirklich mit jedem Thema konkret. Ansonsten werden hier unzulässigerweise Opfer auch verhöhnt, weil sie relativiert werden, aufgerechnet werden. Das geht nicht.

(Beifall bei der SPD und der PDS)

Für mich ist das Problem ganz klar. Das Problem liegt ganz außen rechts.

(Beifall bei der SPD, der PDS und den GRÜNEN)

Für mich steht die Singularität des Holocausts außer Frage. Man kann sie auch nicht quantitativ mit anderen

Opferzahlen aufrechnen, sondern man muss sich mit solchen Formen qualitativ auseinander setzen und dann kann man nicht zu Gleichsetzung kommen.

Das, was ich in unserer Gesellschaft, was ich auch in Sachsen erlebe – und das erschreckt mich –, ist eine schleichende Normalisierung von rechtsextremen und rassistischen Einstellungen. Es ist inzwischen „in“, bestimmte Positionen zu haben, und es gibt zu wenig Leute, die widersprechen. Hier müssen auch wir ein klares Nein, ein klares „Stopp!“ sagen.

(Beifall bei der SPD, der PDS, den GRÜNEN und des Abg. Bandmann, CDU)

Was dahintersteckt, ist wirklich die Frage, ob der Wert Demokratie in unserem Land schon überall als Wert anerkannt ist. Ich glaube, dass eine friedliche Revolution und 15 Jahre in Demokratie zu leben nicht ausreichen, dass es automatisch so ist, dass Demokratie da ist und funktioniert. Vielmehr muss es nach wie vor in diesem Land eine ständige Aufgabe sein, um Demokratie als Wert zu kämpfen, gerade auch mit jungen Leuten, wenn man einmal das Erstwählerergebnis der NPD anschaut.

(Beifall des Abg. Mario Pecher, SPD)

Deshalb ist die Aufgabe für uns, eine demokratische Kulturarbeit hier in diesem Land zu unterstützen, eine demokratische Aufbauarbeit zu unterstützen. Wir haben auch in den Koalitionsvertrag aufgenommen, dass es notwendig ist – gerade auch unter dem Stichwort, das gestern in der Regierungserklärung genannt wurde, dass wir ein weltoffenes, tolerantes Sachsen sind –, dann auch Projekte und Initiativen zu unterstützen, die in diesem Bereich vor Ort tätig sind, dass wir eine Verbindung brauchen zwischen Jugendarbeit, Schule und Erwachsenenbildung. Denn das Problem ist kein Jugendproblem, da müssen wir auch aufpassen.

Es gibt viele Projekte, die in diesem Bereich seit Jahren tätig waren, leider in der letzten Zeit mit zu wenig Unterstützung vonseiten des Freistaats Sachsen. Zum Glück gab es Bundesprogramme, wie Civitas, Entimon und Xenos, und so sind insgesamt über fünf Millionen Euro nach Sachsen in diese Projekte geflossen. Aber wir haben in den Koalitionsgesprächen auch – das möchte ich klar sagen – sofort Übereinstimmung in der Auffassung gefunden, dass wir diese Arbeit mit einem Landesprogramm unterstützen müssen, um zu ermöglichen, dass diese Initiativen eine Kofinanzierungsleistung bekommen, damit sie mit ihren Angeboten hier in Sachsen arbeiten können.

Deshalb ist es richtig, dass wir mit einem eigenen Landesprogramm hier tätig werden. Dazu haben wir in der Koalition die Vereinbarung getroffen und dazu werden wir auch einen Änderungsantrag stellen. Das ist die Basis, auf der wir uns geeinigt haben, und dafür hoffe ich auch die Mehrheit zu bekommen.

(Beifall bei der SPD, der PDS, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Für die NPD-Fraktion spricht der Abg. Gansel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie werden sicherlich Verständnis dafür haben, dass wir in dem Antrag der PDS bestenfalls einen geschmacklosen Scherz sehen können. Es wird den Menschen in diesem Land nämlich kaum zu vermitteln sein, warum in Zeiten grassierender sozialer Not ein personeller Wasserkopf aufgeblasen werden soll, der zudem nur den einzigen Sinn und Zweck hat, von den wirklichen Problemen im Freistaat abzulenken und den Hass einer kleinen Gruppe asozialer Jugendlicher, die hier ganz unverhohlen als Vorzeigedemokraten dargestellt werden, mit staatlichen Geldern hochzupäppeln und insgesamt die nationale Opposition als einzige Vertreterin des Volkes zu diffamieren. Wozu sonst soll der Antrag der PDS gut sein? Es hat beinahe etwas Rührendes, wie hier versucht wird, mittels pathologischer Bedrohungsszenarien einen nebulösen Rechtsextremismus zum Popanz aufzubauen, während zu den tatsächlichen Herausforderungen in diesem Land von Ihrer Seite kaum Konstruktives kommt. Kein einziger Arbeitsplatz würde entstehen, kein einziger Euro in Sachsen würde neu investiert, ja, nicht einmal an den Ergebnissen der Pisa-Studie änderte sich irgendetwas, wenn man Ihren abstrusen Kulturkampfplänen Glauben schenken und dieses Haus Ihrem Antrag zustimmen würde.

Meine Damen und Herren! Die hier von der PDS geforderte Rechtsextremismusbekämpfung – und hier sollten insbesondere die Kollegen von der CDU ihre Ohren spitzen – ist ein uralter Taschenspielertrick aus der antifaschistischen Mottenkiste. Das Praktische ist, dass sich die geforderte Antifa-Keule, die mit dem Geld des sächsischen Steuerzahlers finanziert werden soll, praktisch gegen jeden aus dem Hut zaubern lässt, der sich nicht vor den antifaschistischen Karren spannen lässt. Das sind heute vielleicht Rechtsextremisten bzw. das, was die SED-Nachfolgepartei für diese hält, und morgen können es schon ganz gewöhnliche, biedere, konservative, bürgerliche Patrioten sein, die ins Kreuzfeuer antifaschistischer Hysterie geraten.

Denken Sie, meine Kollegen von der CDU, an Ihren ExBundestagskollegen Martin Hohmann. Wie schnell – das zeigt das Beispiel Hohmann – kann man in dieser Republik zum rechtsradikalen Buhmann werden, wenn man mal eine Äußerung tätigt, die durch den unseligen Zeitgeist nicht abgedeckt ist! Martin Hohmann konnte sich in seiner grenzenlosen Naivität gar nicht so schnell umschauen, wie er von bestimmten Kreisen, die hier besagte Geldmittel fordern, in die rechtsradikale Ecke abgeschoben war. Das kann morgen auch jedem von Ihnen passieren. Es handelt sich nämlich hier um die immer gleiche, altbewährte antifaschistische Salamitaktik.

Zuerst kommen die Rechten dran, dann die etwas weniger Rechten und zum Schluss sind die Konservativen dran, die politisch abserviert werden. Das ist übrigens auch der Grund, warum Sie, meine Damen und Herren von der CDU – und das stellen mittlerweile auch Ihnen wohl gesonnene Philosophen und Publizisten fest – vor über 20 Jahren die kulturpolitische Bedeutungshoheit in

diesem Land eingebüßt haben. Sie hatten nie den Schneid, der politischen Linken auch nur etwas an Überzeugungskraft entgegenzusetzen. Deswegen sind Sie kulturpolitisch gegenüber den 68ern in die Defensive geraten.

Wie gesagt: Heute sind die Rechten dran, morgen die weniger Rechten und übermorgen die Konservativen. Da müssen Sie, meine Herrschaften von der CDU, schon klare Positionen beziehen. Das haben Sie, wie der vorliegende Änderungsantrag zeigt, ja auch getan. Ich muss sagen, Sie haben politisch und historisch, was die Strategien der radikalen Linken angeht, nichts, aber auch gar nichts verstanden. Ohne rot zu werden, lassen Sie sich hier vor den politischen Karren der Roten spannen. So viel politische Dummheit macht wirklich sprachlos.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Dann sei doch ruhig!)

Wir von der NPD-Fraktion halten es für vollkommen unverantwortlich, in Zeiten grassierender sozialer Not Hunderttausende von Euro in einen antifaschistischen Kampfund Volksverdummungsapparat zu pumpen, der einzig und allein der Pflege antideutscher Ressentiments und der Ausgrenzung politisch Andersdenkender dient. Als ob es in diesem Land nicht schon genügend ähnliche linke Selbstbefriedigungsprojekte gäbe.

Außerdem, meine Herren und Damen von der PDS, lassen doch gerade Sie die Jugend aus dem Spiel. Die ist sowieso auf dem besten Wege zu uns. Die werden Sie mit Ihrer dämlichen Antifa-Arbeit sowieso nicht mehr in Ihren Stall zurücklocken können.