(Zuruf der Staatsministerin Helma Orosz) In ganz simplem Sinn heißt das erstens, ich war immer dabei, und nur ich war immer dabei, sonst niemand. Das heißt zweitens, es war ein kumulativer Prozess von Reflexion und neuer Aktion. Jeder neue Tag war auch ein Ergebnis aller vorhergehenden Tage und deshalb eben auch ein neuer. Reflexion und Fortleben waren eine Einheit, und ich denke, sie werden noch bis zum Ende meiner Tage nicht zu trennen sein, jedenfalls solange ich geistig bei Kräften bin. – Nehmen Sie mir ruhig ab, Frau Orosz, dass wir das tun! Wenn Sie dann davon sprechen, dass Aufarbeitung notwendig sei, dann frage ich Sie: Ist das die Form der Aufarbeitung, die Sie wollen? Die Verkürzung auf das Ministerium für Staatssicherheit? (Zuruf von der CDU: Es ist eine der Aufarbeitungen!)
Aus dieser Sicht ist das – es tut mir Leid, das sagen zu müssen –, was Sie auf der Basis einer Aktenhinterlassenschaft über mich behaupten, absurd. Ich werde darüber hier weiter nicht reden, weil die erste Dimension der Absurdität darin besteht, dass Ihr Urteil seit Langem feststeht.
Das ist aber die einzige, die Sie in einem Artikel in die Verfassung geschrieben haben. Die einzige!
Können Sie wirklich begründen, dass Sie eine Aufarbeitung am Fall Peter Porsch hier in diesem Parlament den Opfern gegenüber vertreten können? Ist das Ihr Verständnis von Auseinandersetzungskultur?
(Zurufe von der CDU und der FDP: Nein! Das stimmt doch überhaupt nicht! – Heinz Eggert, CDU: Das ist eine Schutzbehauptung!)
Heute geht es hier doch um Folgendes: Jeder Einzelne von Ihnen soll sagen, es sei für ihn unzumutbar, mit Peter Porsch in diesem Raum zu sitzen. Können Sie sich eigentlich vorstellen, was das bedeutet, wie beleidigend und erniedrigend das für einen Oppositionspolitiker ist, der über 16 Jahre Demokratiekultur und politische Auseinandersetzung mit Ihnen gesucht hat, ohne unter diese Gürtellinie zu gehen? Ist dieser einzelne Verfassungsartikel wirklich ausreichend, um diese Aufarbeitungskultur herzustellen?
Die zweite Absurdität besteht darin, dass offensichtlich die Hauptfrage ist, ob ich mit jemandem von der Kripo oder von der Stasi gesprochen habe. Das ist so absurd, dass ich Ihnen versichern kann, dass ich nie auf die Idee gekommen wäre, hätte sich der Mann als Stasi vorgestellt, heute zu behaupten, es war die Kripo. Die Sache hat eine andere Dimension. Die Frage ist doch: Worum ging es und wie ist der Prozess ins Rollen gekommen? Das ist die nächste Dimension der Absurdität. Dann werde ich langsam aufhören. Hat jemand, der die Akten gelesen hat und in der DDR gelebt hat,
Herr Bandmann, ich sage für mich: Das ist es nicht. Ich hatte in der heutigen Debatte teilweise leider das Gefühl, dass wir genau das sind, was von der FDP vorhin kam: Kleinkinder – – Ich weiß nicht, ob es hilfreich ist, dieses Beispiel zu bringen. Es ist ein sehr schwieriger Prozess, den wir hier durchmachen müssen. Das ist nicht gerade eine Sternstunde des Parlamentarismus, zumindest für mich nicht.
sich einmal gefragt, wo der ganze Verlauf begonnen hat? Hat der sich mal selbst gefragt: Wie war denn das in der DDR, wenn zu einer privaten Veranstaltung, die durchaus sensibel und diffizil war, uneingeladen und die Gast
Hätte ich müssen. Hätte ich müssen, lieber Herr Eggert. Dazu war ich verpflichtet durch Arbeitsvertrag. Sehen Sie! Aber die Stasi wusste schon, dass die kommen. So, dann denken Sie weiter und lesen Sie die Akte weiter und hören Sie auf, absurde Behauptungen aufzustellen. Es ist doch absurd, Herr Hähle: Sie sagen natürlich richtig, es war wirklich schlimm, denn die Stasi hat versucht, Familien zu zerstören, und sie hat Familien zerstört. Der erste Schritt in dieser Causa war aber auch der Versuch, meine Familie zu zerstören. Durch ein Telefonat einer Journalistin mit meiner Frau! Dann stand es auch drin im „Magazin“.
Wie gesagt, ich kann es nicht anders nennen als absurd und ich kann es auch nicht anders sehen. Viele im Hohen Haus sehen es anders. Viele andere sehen es so wie ich. Wenn Sie meinen, mich vor den Landesverfassungsgerichtshof stellen zu müssen, so sei Ihr Wille durchaus auch Ihr demokratisches Himmelreich. Ich werde damit und darüber nicht hadern. Es ist für mich damit sogar wieder ein gutes Stück Hoffnung des Ausweges aus der Absurdität verbunden. Übrigens, ich bin – und ich habe in meiner Partei immer diese Meinung vertreten – für Aufarbeitung, ich bin für Einbeziehung von Historie, ich bin für Differenzierung. Für all das bin ich. Ich denke, im Rechtsstaat sollten Historiker aber nicht Recht sprechen, sondern andere, die dazu bestellt und befugt sind, und es tut mir Leid: Das Vorschreiben von Geständnissen, die Sie schon vorformuliert haben für mich, und der selektive Ausschluss des Rechtsweges, den die einen begehen dürfen und die anderen nicht, bringt keine Wahrheitsfindung. Ich bin an ihr interessiert. Ich akzeptiere für heute, wenn Sie tun, was Sie nicht lassen können, und ich denke damit auch ruhig und mit demokratischem Sinn umgehen zu können.
Lassen Sie mich noch die letzte Bemerkung machen. Angst, sehr große Angst macht mir allerdings, was heute hier von rechts außen kam.
Ja, Sie bagatellisieren. Ihre Reaktion ist hochinteressant. Das macht mir noch mehr Angst, muss ich sagen.
Das wird mich nämlich beschäftigen und nicht zur Ruhe kommen lassen. Dass solches in einem deutschen Parlament heute möglich ist, hätte ich nicht gedacht. Jetzt sage ich noch einmal: Ihre Reaktion gerade erhöht meine Unruhe und meine Angst beträchtlich. Ich bedauere auch, dass dieses Verhalten, das heute von rechts außen an den Tag gelegt wurde, durch den Artikel 118 der Verfassung
gedeckt ist; denn dort steht, nur wer vor der Wahl usw., nicht mehr während der Innehabung des Mandats.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit ist die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt beendet.
Gemäß Artikel 118 Abs. 2 der Sächsischen Verfassung erfordert der Beschluss auf Erhebung der Anklage die Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages. Diese Zweidrittelmehrheit ist gegeben, wenn 83 Abgeordnete anwesend sind. Ich stelle fest, dass mindestens 83 Abgeordnete anwesend sind. Erhebt sich dagegen Widerspruch? –
Meine Damen und Herren! Der Antrag ist dann angenommen, wenn er eine Zweidrittelmehrheit erhält, die jedoch mehr als die Hälfte der Mitglieder des Landtages betragen muss. Es gilt bei der Feststellung der Mehrheit § 100 Abs. 3 der Geschäftsordnung, das heißt, Enthaltungen werden nicht berücksichtigt.
Meine Damen und Herren! Wir kommen damit zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten in der Drucksache 4/5073. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei 5 Stimmenthaltungen – –
Ich stelle jetzt fest, dass die Mehrheit des Landtages der Beschlussempfehlung zugestimmt hat, und frage, ob sich dagegen Widerspruch erhebt. – Es muss festgestellt werden, ob es sich um die Zweidrittelmehrheit des Landtages handelte. Wir müssen jetzt bitte auszählen. Ich schlage vor, dass die beiden Schriftführer ins Plenum gehen und auszählen. Ich bitte, dass der Schriftführer zu meiner Rechten Block 5 bis 7 auszählt und die Schriftführerin zu meiner Linken Block 1 bis 4. Wenn Sie unten sind, stelle ich noch einmal die Abstimmungsfrage. Ich bitte, dass die Schriftführer die Anzahl der Stimmen feststellen.
Ich frage noch einmal: Wer der Beschlussempfehlung die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. –
Ich darf folgendes Ergebnis bekannt geben. Für die Beschlussempfehlung haben 87 Abgeordnete gestimmt. Gegen die Beschlussempfehlung haben 31 Abgeordnete gestimmt, und 5 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Damit ist die Zweidrittelmehrheit gegeben und
(Anhaltende Unruhe im Plenarsaal) die Beschlussempfehlung durch das Parlament beschlossen. – Ich verstehe Ihre Unruhe nicht. (Beifall bei der CDU) – gänzlich anders bewertet als die Mehrheit. Unterlagen und Sachverhalte werden aber nicht dadurch zur Wahrheit, weil das ein Parlament mit politischen Mehrheiten so beschließt.
Meine Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt ist damit beendet. – Es gibt jetzt noch Erklärungen zum Abstimmungsverhalten. Frau Dr. Ernst, bitte.
Das Vorgehen, das die Mehrheit des Landtages heute gewählt hat, ist einer wirklichen Aufarbeitung und Wiedergutmachung von individuellem und strukturellem Versagen zu Zeiten der DDR nicht dienlich. Eine ehrliche und sachbezogene Debatte über Geschichte der DDR und verfehlten Einsatz staatlicher Gewalt kann es so nicht geben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte eine Erklärung meiner Fraktion zum Abstimmungsverhalten abgeben.
Wir haben die Entscheidung der Mehrheit dieses Hauses zur Kenntnis nehmen müssen, gegen den langjährigen Vorsitzenden unserer Fraktion, Prof. Peter Porsch, Anklage mit dem Ziel zu erheben, ihm das Abgeordnetenmandat zu entziehen. (Zuruf von der CDU: Es interessiert nicht!)
Das finde ich schon sehr bedenklich, wenn eine Erklärung einer Fraktion Sie in dieser Frage nicht interessiert.
Wir haben ebenso mit Abscheu erlebt, dass dabei die Stimmen der NPD-Fraktion willkommen waren, die ja sonst nicht zu den respektablen Demokraten gezählt wird. (Zurufe von der CDU)
(Zuruf der Abg. Rita Henke, CDU) Ich will Ihnen sagen, Sie können hier tun und lassen, was Sie wollen, für uns heißt das dennoch, dass wir auf die Rechtsprechung, auf die besonnene Rechtsprechung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes hoffen. Wir werden daher auch Prof. Porsch darin unterstützen. Wir sehen darin – es tut mir Leid, das sagen zu müssen – ein alarmierendes Zeichen politischer Skrupellosigkeit. (Widerspruch bei der NPD – Alexander Delle, NPD: Die Kommunisten spielen sich auf!)
Die Linksfraktion.PDS hält es nicht für statthaft, dass sich eine Mehrheit des Parlaments, über dessen personelle Zusammensetzung allein in demokratischen Wahlen entschieden werden darf, das Recht anmaßt, selbstgefällig über Jahrzehnte zurückliegende Lebensumstände eines Abgeordneten zu richten, ihn in würdeloser Weise an den Pranger zu stellen und ihm die Parlamentswürdigkeit abzusprechen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist, unabhängig vom Geschäftsordnungsantrag – ich habe ihn gesehen, Herr Kollege Bartl –, den Auszählenden offensichtlich eine Panne unterlaufen. Die Addition aller drei Ergebnisse stimmt nicht mit der Zahl der Anwesenden überein.
(Zuruf von der Linksfraktion.PDS: Richtig! – Holger Apfel, NPD: Nicht mal das könnt ihr! – Bewegung bei allen Fraktionen)
Dabei haben Sie sich trotz ausdrücklicher Untersagung der Betroffenen jener Daten bedient, die das Ministerium für Staatssicherheit bei heimlicher Ausspähung der Ehefrau gesammelt hat. Wir können daher in dem, was geschehen ist, nur einen rücksichtslosen Akt der politischen Instrumentalisierung des ohnehin fragwürdigen Instituts der Abgeordnetenanklage sehen, einen klaren Gesetzesbruch selbst nach dem Maßstab des so genannten Stasi-Unterlagen-Gesetzes. Mit Aufarbeitung, Wiedergutmachung und Erneuerung,