Protocol of the Session on May 10, 2006

(Beifall bei der NPD)

Ich frage die Staatsregierung. – Kein Redebedarf.

Meine Herren von der NPD, Sie haben bereits das Schlusswort. – Das war es jetzt schon; gut.

Meine Damen und Herren! Damit kommen wir zu den beiden Abstimmungen; wir haben über zwei Anträge gesprochen. Ich rufe zuerst den Antrag in Drucksache 4/5117 auf. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe! – Die Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und wenigen Pro-Stimmen mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe auf die Drucksache 4/0794. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Die Enthaltungen? – Gleiches Stimmverhalten und damit mit großer Mehrheit abgelehnt.

Damit ist der Tagesordnungspunkt 11 abgearbeitet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 12

Abschöpfung der Zusatzgewinne bei den Energieversorgern

Drucksache 4/5101, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Traditionell beginnt die einreichende Fraktion, die GRÜNEN; Herr Kollege Weichert.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion hat mit Freude zur Kenntnis genommen, dass unsere energiepoli

tischen Initiativen an der Koalition nicht folgenlos vorbeigehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die CDU-Fraktion hat sich auf ihrer Klausur im März in Zinnwald für ein Verbot der Einrechnung kostenlos

erteilter Emissionszertifikate in die Kostenkalkulation der Stromerzeuger ausgesprochen. Das ist dann auch so in den beschlossenen Antrag der Koalition in der Drucksache Nr. 4/4331 eingeflossen.

In der Tat stimmen wir CDU und SPD darin zu, denn diese Zusatzgewinne sind nicht nur ein großes Ärgernis, sondern auch ein volkswirtschaftlicher Schaden.

Meine Damen und Herren! Gerade einmal ein Drittel der deutschen und weniger als 10 % der sächsischen Stromproduktion werden auf der Basis von Energieträgern erzeugt, deren Preise auf dem Weltmarkt in letzter Zeit gestiegen sind. Dennoch sind in den letzten drei Jahren die Strompreise überproportional in die Höhe gegangen. Die Ursachen dafür liegen ausschließlich in fiktiven Kosten, die die Energieversorger in ihre Kalkulation einfließen lassen.

Wenn sich die Koalition, wie geschehen, für ein Verbot ausspricht, erkennen CDU und SPD damit an, dass diese Opportunitätskosten unrechtmäßig den Verbrauchern und der Wirtschaft aufgelastet werden und – geht man nach dem Entwurf des nationalen Allokationsplanes – auch in Zukunft anfallen werden.

Sehr geehrte Kollegen, wenn hier von der Stromwirtschaft unrechtmäßig Gewinne eingefahren werden, dann sollten wir das von Ihnen angestrebte Verbot ergänzen und – wie es unser Antrag vorsieht – abschöpfen. Welche Gewinne angefallen sind, lässt sich den Konzernbilanzen entnehmen. Unser heimischer Versorger Vattenfall weist aktuell einen Gewinn von 1,3 Milliarden Euro aus.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Hört, hört!)

1,3 Milliarden Euro – nicht als Jahres-, sondern als Quartalsgewinn von Januar bis März 2006. Im letzten Jahr – das konnten wir gerade den Zeitungen entnehmen – hat sich das ausgewiesene Ergebnis gegenüber dem Jahr 2004 in Deutschland fast verdoppelt.

Meine Damen und Herren! Geradezu dreist ist das Verhalten dieser Konzerne, die damit argumentieren, ihre Gewinnmaximierung sei politisch gewollt. So können wir auf der Internetseite des RWE-Konzerns lesen – ich zitiere: „Dass die CO2-Zertifikate zunächst einmal kostenlos zugeteilt wurden, ist zwar richtig; doch nur dann, wenn die Zertifikatpreise in die Bildung des Stromgroßhandelspreises einfließen, kann ein marktwirtschaftlicher Lenkungseffekt erzielt werden – unabhängig von der Art der Zuteilung. Das war politisch gewollt, um Anreize für eine CO2-Reduzierung zu geben.“

Die vier großen Konzerne E.on, RWE, EnBW und Vattenfall fahren über die Zertifikate Zusatzprofite ein, die sich im ersten Allokationszeitraum 2005 bis 2007 auf eine jährliche Summe zwischen sechs und acht Milliarden Euro belaufen dürften. Das ist ziemlich genau die Größenordnung, die einem Prozentpunkt bei der Mehrwertsteuer entspricht. Immer wieder hören wir aus Berlin, dass die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 01.01.2007 um drei Prozentpunkte beschlossene Sache sei. Mit einer

Abschöpfung der Sondergewinne aus diesem CO2Zertikatehandel könnte die Erhöhung vorerst zumindest auf zwei Punkte begrenzt werden. Das fiele noch leichter, wenn die Bundesregierung nicht, wie geplant, die Zertifikate verschenkt, sondern einen Anteil von 10 % versteigert. Das brächte bei einer Menge von 50 Millionen Tonnen CO2 noch einmal eine Milliarde Euro in die Bundeskasse.

Meine Damen und Herren! Mit der Abschöpfung würden die Sondergewinne auch über den Erlass der Mehrwertsteuer denen zugute kommen, die sie bezahlt haben: den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Frühjahrsgutachten haben uns die Wirtschaftsinstitute noch einmal bescheinigt, wie giftig die Mehrwertsteuererhöhung für die Konjunktur sein wird. Die Prognose sieht für dieses Jahr ein Wachstum der Wirtschaft von 1,8 % voraus, im nächsten Jahr einen Rückgang auf 1,2 %. Konjunkturdämpfend wirken sich schon jetzt die hohen Energiepreise aus. Steigende Preise für Strom, Heizöl, Gas und Benzin, vereint mit der Mehrwertsteuererhöhung – das könnte auch eine Vollbremsung werden.

Unser Antrag greift Ihre Anregung eines Verbotes der Einrechnung kostenlos zugeteilter Zertifikate auf und denkt das Argument konsequent zu Ende. Wenn im Bundeshaushalt Geld fehlt, sollten Sie es von denen nehmen, die es sich zu Unrecht angeeignet haben, und nicht von denen, die schon belastet wurden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Regina Schulz, Linksfraktion.PDS)

Wenn wir den vorliegenden Antrag heute beschließen und daraus eine Bundesratsinitiative machen, können wir auf elegantem Weg zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, nämlich erstens Herrn Steinbrück die Arbeit erleichtern und zweitens die Argumente der Wirtschaftsforschungsinstitute ernst nehmen.

Es wäre übrigens nicht das erste Mal in der Geschichte, dass unrechtmäßige Gewinne eingezogen werden. 1997 hat das die Labour-Regierung in Großbritannien bereits durch die Windfall-Tax praktiziert.

Die Abschöpfung von Gewinnen muss im Ordnungsgefüge der sozialen Marktwirtschaft absolute Ausnahme sein und bleiben. Im vorliegenden Fall ist die Handhabung der Ausnahmen aber ein gebotener Beitrag, ein nicht vorhandenes Marktgeschehen und damit Wettbewerbsverzerrung sowie die unrechtmäßige Belastung der Allgemeinheit auszugleichen. Politisch gewollt war ursprünglich, dass über den CO2-Zertifikatehandel eine nennenswerte Entlastung bei den CO2-Emissionen erreicht wird.

Wir müssen nun feststellen, dass wir keinen Zentimeter weitergekommen sind, dieses umweltpolitische Ziel zu erreichen, im Gegenteil. Zu den großen Gewinnern im Spiel gehören die Unternehmer, die Braunkohlenkraftwerke betreiben. Ausgerechnet die Energieform, die für die höchste CO2-Belastung sorgt, wird durch kostenlose Zertifikate und das Geschehen auf den internationalen

Rohstoffmärkten bevorteilt. Von der beabsichtigten Lenkungswirkung des CO2-Handels sind wir weit entfernt, weil die Rahmenbedingungen offensichtlich falsch gesetzt wurden.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, dass Vattenfall in dieser Woche bekannt gab, dass im Aufsichtsrat die Entscheidung gefallen sei, ein neues Braunkohlenkraftwerk in Boxberg zu bauen,

(Beifall bei der Staatsregierung)

ist ein sicheres Indiz für diese fehlerhafte Rahmensetzung. – Der Beifall war ein bisschen zu früh. – Für das Klima ist diese Entscheidung eine Katastrophe. Wirtschaftlich bringt sie uns keinen Deut weiter, denn es entstehen nur wenige Arbeitsplätze, und die Strompreise in Sachsen sind deutschlandweit die höchsten und werden es wohl auch bleiben. Jetzt wäre es in einem ersten Schritt richtig, diesem Spiel der Energieversorger ein Ende zu setzen und der Volkswirtschaft das zurückzugeben, was ihr gehört. Deshalb rechne ich mit Ihrer breiten Zustimmung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die CDUFraktion Herr Abg. Lehmann, bitte.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

– Ich sage es noch einmal, Herr Kollege Porsch: Ihre Zwischenrufe waren schon einmal origineller.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Ich habe es unlängst im Radio gehört!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die GRÜNEN sind für mich gelegentlich eine Wundertüte.

(Heiterkeit bei der Staatsregierung)

In Ihren Beiträgen kommen durchaus vernünftige Ansätze, aber am Ende kommt immer wieder der ideologische Schlenker,

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Alles, was Sie nicht verstehen!)

dem man auch beim besten Willen, Herr Lichdi, nicht zustimmen kann.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Nicht nur, dass Ihre Politikansätze zunehmend weltfremd daherkommen – es mangelt Ihnen auch manchmal an der notwendigen Konsistenz. – Das geht nicht gegen Sie, Herr Weichert, sondern ich ziele da mehr auf die Bundesebene, auf der Sie ja einige Jahre aktiv waren.