Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Also, Herr Dr. Friedrich, eines kann ich Ihnen durchaus versichern, ohne dass ich jetzt noch einmal eine interne Abstimmung vorgenommen habe: Die Mannhaftigkeit von Herrn Brangs hängt ausschließlich von ihm selbst ab. Damit habe ich nichts zu tun. Ich denke, er hat bisher an der Stelle gezeigt, dass er in seiner Entscheidung völlig frei ist, und die würde ich ihm auch nicht einschränken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hatte ein bisschen den Eindruck, als ob die Linksfraktion.PDS jetzt so eine große Glaskugel hat, aus verschiedenen Richtungen hineinschaut und einige Spekulationen anstellt. Herr Dr. Friedrich, dazu habe ich Sie bisher eigentlich nie gerechnet, dass Sie in den Bereich derer gehören, die ein düsteres Zelt betreten, um in diese Kugel zu sehen. Aber um Ihnen einfach diese Illusion zu nehmen: Wir lehnen diesen Ihren Antrag ab, und zwar als Koalition.
Ich glaube, das wird Sie auch nicht sonderlich überraschen, meine Damen und Herren von der Linksfraktion.PDS. Aber ich meine, es gibt sehr gute Gründe dafür. Sie haben in einem Punkt Recht: Der Landtag als Ganzes muss sich mit der Funktional- und Verwaltungsreform ernsthaft und intensiv befassen. Die Reihenfolge lautet aber nicht Funktional- und Verwaltungsreform, sondern Verwaltungs- und Funktionalreform. Erst muss klar sein, was zu übertragen ist. Dann kommt die Frage der Neugliederung. Aber auch diese Frage ist nicht neu. Wir haben uns nämlich schon mehrfach hier in diesem Hohen Hause alle miteinander genau zu diesem Sachverhalt ausgetauscht.
Wir haben ein klares und sinnvolles Verfahren für die Verwaltungs- und Funktionalreform vorgesehen, die wir in dieser Wahlperiode durchführen und erfolgreich abschließen werden.
Die Staatsregierung erarbeitet derzeit ihre Vorschläge unter Einbeziehung der kommunalen Landesverbände im Lenkungsausschuss, die dem Landtag danach vorgelegt werden. Aus meiner Sicht ist es weder eine „hilflose Kreisbereisung“, wie die PDS dies wahrzunehmen glaubt, noch sind der Innenminister oder das Kabinett an dieser Stelle ratlos. – Nein, sie sind, so kann ich feststellen,
einigermaßen entschlossen. Man muss nicht einmal sagen: einigermaßen, sondern sie sind entschlossen. Das „einigermaßen“, da haben Sie Recht, sollte man streichen. Dies bringt bei Ihnen auch die Unsicherheit hervor. Wir werden auf dieser Basis noch genügend Zeit haben und auch benötigen, um die Reformvorschläge in den Gesetzgebungsberatungen intensiv und ausführlich zu diskutieren und zu beraten. Dies ist dann auch der richtige Zeitpunkt für eine Befassung des Landtags als Ganzes. Wir wollen und wir werden uns in diesem Hause mit der Reform befassen; aber erst dann, wenn wir tatsächlich wissen, worüber wir reden, das heißt, wenn die konkreten Vorschläge in Bälde auf dem Tisch liegen.
Aus meiner Sicht ergibt es keinen Sinn, wenn sich der Landtag bereits vor diesem Zeitpunkt in einer Parallelveranstaltung mit diesem Thema befasst und in der Form, wie Sie es in der Begründung in Ihrem Antrag schreiben, sagen wir einmal, einen großen runden Tisch bildet und sich nett darüber unterhält. Dazu werden alle eingeladen und allen soll das Gefühl vermittelt werden – insbesondere der Gesamtbevölkerung und allen Verbänden –, sie hätten alle etwas mitzuentscheiden und einzubringen, um dann zu sagen: Jetzt, liebe Staatsregierung, machen wir alles noch einmal ganz neu und ganz anders.
Ich denke, so wird es nicht funktionieren. Sie würden damit bestenfalls erreichen, dass ein erheblicher Koordinierungs- und Abstimmungsbedarf mit der Staatsregierung und dem Lenkungsausschuss entstünde, die ganze Arbeit doppelt gemacht werden müsste und der Reformprozess zeitlich erheblich verzögert würde. Da trifft sich natürlich das Bild. Das ist die eigentliche Absicht der PDS. Ich kann mich an kein Verfahren im Lande und an keine politische Absicht seit 1990 entsinnen, bei denen die Linksfraktion.PDS nicht versucht hat, unter scheinbar wohlmeinenden Argumenten Sand ins Getriebe zu schütten, Demonstranten auf die Straße zu schicken, Krawalle zu organisieren – und das Ganze unter dem Edikt „Wir sind die wahren Demokraten!“
Das ist das Thema, auch wenn es Ihnen außerordentlich unbequem erscheint, wenn es in diesem Hohen Hause öffentlich benannt und zur Sprache gebracht wird. Sie sind genau an dieser Stelle gemeint.
Wahrscheinlich wäre aber – und das ist die Diskussion –, wenn es sich in dem von Ihnen gewünschten Ausschuss verselbstständigen würde, dass völlig unterschiedliche Reformansätze und Ziele erörtert würden und damit das Ganze zerredet würde. Dadurch, meine Damen und Herren, entsteht die Gefahr, dass die Reformbemühungen völlig aus dem Ruder laufen. Dies gilt umso mehr, wenn Sie den Ausschuss als diese Diskussionsplattform instrumentalisieren würden. Ich glaube, für eine Funktional- und Verwaltungsreform ist das der falsche Ansatz. Es geht doch letztlich darum, die sächsische Verwaltung so zu
strukturieren und zu organisieren, dass möglichst leistungsfähige und dabei so schlank, effizient und kostengünstig wie möglich arbeitende Strukturen entstehen. Das ist das politische Ziel. Die Reformüberlegungen müssen diskutiert werden, das steht außer Frage. Hierbei brauchen wir uns nichts vorzumachen. Eine groß angelegte Funktional- und Verwaltungsreform wird naturgemäß immer mit erheblichen Veränderungen einhergehen und deshalb nie bei allen auf ungeteilte Gegenliebe stoßen.
Meine Damen und Herren! Das Beratungsverfahren wird so gestaltet, dass nach meiner Überzeugung der Innenausschuss in diesem Verfahren federführend bleiben wird. Wir werden sehen, ob dies ausreicht, wenn die Dinge auf dem Tisch liegen. Eines wird jedoch nach meiner Überzeugung nicht passieren: die sonderbare Vermehrung des Personals im Sächsischen Landtag. Es sind dieselben Personen, die am Ende auch jeweils nur maximal 24 Stunden Zeit zur Verfügung haben. Deshalb, denke ich, ist es logisch, dass wir heute diesen Antrag als Koalition – auch mit dem mannhaften Herrn Brangs – ablehnen werden.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schön, dass wir miteinander ein bisschen Spaß haben, dann wird es hier nicht ganz so trist.
Ich hätte nicht gedacht, dass eine solche verhältnismäßig trockene Materie so viel Heiterkeit hervorruft. Aber nachdem ich Kollegen Dr. Friedrich gehört habe, ist mir klar geworden, dass die PDS anscheinend Probleme hat, eigene Themen zu besetzen. Wenn Sie am Anfang Ihrer Rede davon sprachen, dass es hier einen Reformstau gebe, die ganze Verhandlung eine Farce gewesen sei, der Lenkungsausschuss nicht mit den richtigen Vertretern zusammengesetzt sei etc. und dass von allen Seiten Kritik kommen würde, dass diese Reform scheitern müsse, wenn es so weitergehe, muss ich Ihnen ehrlich sagen: In Ihrer Fraktion gibt es zu diesem Prozess noch andere Meinungen.
Als ich mich auf dieses Thema vorbereitet habe, bin ich auf den Wortbeitrag der Kollegin Werner gestoßen. Und zwar hat sie in der 41. Sitzung des Landtags zum Hochschulgesetz ein positives Beispiel, wie man miteinander umgehen müsse, ausgeführt – ich zitiere –: „Wir haben hier aber auch einen anderen Ablauf miterleben können. Ich erinnere an die Diskussion zur Verwaltungs- und Funktionalreform.
Da wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Es gab einen Bericht. Dieser wurde allen Abgeordneten zugänglich gemacht. Man konnte also darüber diskutieren, und aus der Diskussion heraus wird dann ein Gesetzentwurf entstehen.“
Ruhe, Kollege Lichdi; ganz ruhig, Brauner! – „So stelle ich mir tatsächlich ein Gesetzgebungsverfahren vor und ich hoffe, dass die Zukunft dieser Entwicklung das auch für die Hochschullandschaft hergibt.“ – Vielen Dank, liebe Kollegin. Ich kann Sie darin nur unterstützen. Was mich allerdings dabei überrascht, ist die Tatsache, dass es einige Monate darauf ein vollkommen anderes Bild Ihres Fraktionskollegen gibt. Aber das müssen Sie intern noch einmal klären.
Mir scheint also – ich habe es bereits gesagt –, bei der Debatte geht es darum, dass die Linksfraktion wiederholt versucht, auf Themen aufzuspringen, die seit Monaten in der Debatte sind. Die SPD-Fraktion hat sich bereits Ende letzten Jahres mit dem Koalitionspartner darüber auseinander gesetzt, ob wir einen Sonderausschuss einsetzen oder nicht. An dieser Haltung hat sich nichts geändert. Aber wenn ich mir die Tagesordnung, auch die der morgigen Debatte, ansehe, muss ich feststellen, dass es anscheinend so weitergeht; denn morgen haben wir das Thema Mindestlohn, das haben wir hier auch noch nie miteinander diskutiert – ein vollkommen neues Thema. Scheinbar gehen hier die Themen und Argumente aus.
Noch einmal: Ein Sonderausschuss ist durchaus sinnvoll. Dort können wir genau diese hoch komplexen Detailfragen, die wir miteinander im Rahmen der Verwaltungs- und Funktionalreform zu erörtern haben, mit der gebotenen Fachlichkeit diskutieren. Ob wir dies tun und wie wir es tun und ob wir diesen Ausschuss tatsächlich einberufen werden und die Anträge dafür stellen, darüber müssen wir natürlich noch mit unserem Koalitionspartner reden. Aber – das möchte ich auch schon sagen – ich habe dafür durchaus positive Hinweise und Signale erfahren; denn – und das ist ein entscheidender Punkt – es gibt bereits in anderen Bundesländern sinnhafte Erfahrungen mit einem solchen Ausschuss. Das heißt, die Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern haben, als es dort um die Verwaltungs- und Funktionalreform ging, einen solchen Sonderausschuss eingesetzt.
Ich bin fest davon überzeugt – und das ist auch die Meinung unserer Fraktion –, dass sich der Innenausschuss allein bei der Umsetzung eines solch komplexen Themas überheben würde.
Insofern ist eine Konzentration der Bearbeitung dieses Themas im Rahmen eines Ausschusses, eines Sonderausschusses – oder wie auch immer man ihn bezeichnet – durchaus sinnhaft, wenn man die beteiligten Fachausschüsse hinzuzieht.
Ich möchte dabei – das will ich von dieser Stelle aus noch einmal sagen – ein zeitliches Argument anführen, denn auch dies ist von entscheidender Bedeutung. Wenn wir alle miteinander – was ich hoffe – wollen, dass in dieser Legislatur eine Verwaltungs- und Funktionalreform auch in Sachsen stattfindet, die diesen Namen tatsächlich verdient hat, müssen wir natürlich auch das Zeitfenster beachten und über den Zeithorizont dieser Umsetzung sprechen. Insofern hat natürlich ein solcher Sonderausschuss den Charme, dass man dieses ambitionierte Vorhaben in einem solchen verkürzten Verfahren unter Beteiligung eines Sonderausschusses mit Beteiligung der Vertreter aus den Fachausschüssen sicher zeitlich vernünftig über die Bühne bringen kann.
Aber genau dort sind wir noch nicht. Das heißt, die Entscheidung über die Einsetzung eines solchen Ausschusses käme jetzt viel zu früh. Das Zitat von mir, das der Kollege Friedrich wiedergegeben hat, ist richtig. Ich bin der Auffassung, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt diesen Ausschuss nicht einsetzen sollten; denn – das ist der entscheidende Punkt – weder der Lenkungsausschuss noch das Kabinett haben sich abschließend auf eine Verfahrensweise für ein notwendiges Leitbild und vor allem auch für eine umfassende Verwaltungsreform verständigt. Insofern werden wir innerhalb der Koalition das Thema dieses Sonderausschusses dann wieder aufrufen, wenn es an der Zeit ist. Im Moment ist es noch zu früh.
Kollege Friedrich hat auch etwas zum Zeitplan gesagt. Nach seiner Auffassung ist er sehr weit im Verzug. Auch da muss ich ihm widersprechen. Ich glaube, dass wir den Zeitplan, den wir uns im Lenkungsausschuss gegeben haben, einhalten werden und dass wir das, was wir uns vorgenommen haben, auch umsetzen können. Mir ist schon klar, dass Sie als Vertreter der Opposition – da spreche ich natürlich besonders den Kollegen Friedrich, aber auch den grünen Vorkämpfer Johannes Lichdi an – gern mit uns gemeinsam im Lenkungsausschuss sitzen würden. Aber ich denke, es ist opportun, dass sich eine Koalition das Recht vorbehält, Grundsatzfragen zunächst selbst zu klären, ohne dass man die Opposition mit am Tisch hat.
Wenn ich aber schon die Möglichkeit habe – und diese Möglichkeit hat mir die Linksfraktion jetzt eingeräumt –, noch einmal die Position zu benennen – es ist sicherlich auch die spannende Frage, was denn die SPD aus ihrer Sicht zum Thema Verwaltungs- und Funktionalreform nach wie vor für wichtig hält –, dann will ich diese Möglichkeit gern nutzen.
Wir sind nach wie vor für eine umfassende Aufgabenkommunalisierung und für die Herstellung einer möglichst großen Bürgernähe. Das ist für uns nach wie vor der
wichtigste Ansatz für eine solche Verwaltungs- und Funktionalreform. Deshalb sind wir dafür, möglichst viele Aufgaben auf die Kreise und auf die Gemeindeebene zu verlagern und damit zur Stärkung des kreisangehörigen Raumes beizutragen.
Dabei, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, und das sage ich auch deutlich, sind die vorhandenen Kreisgrenzen aus unserer Sicht überhaupt kein Dogma.
Aber eines ist nach wie vor für uns wichtig – und das hat nichts damit zu tun, dass wir glauben, dass Regierungspräsidien per se eine schlechte Einheit sind und per se die Arbeit der Beschäftigten dort schlecht gemacht wird; das ist nicht der Punkt –: Wir sind der Auffassung, dass wir durch eine Bündelung der Mittelbehörden oder durch die Neugestaltung einer Mittelbehörde mit Übertragung einer Vielzahl von Aufgaben der Regierungspräsidien an die Landkreise und die Kommunen, also dorthin, wohin sie gehören, dazu kommen können, die Regierungspräsidien in ihrer jetzigen Form aufzulösen. Dabei meinen wir nicht einen bloßen Namenswechsel, sondern tatsächlich einen inhaltlich neuen Ansatz im Verwaltungsaufbau.
Über dem Ganzen steht aus der Sicht der SPDLandtagsfraktion, dass bei dem Umbau und bei der Verwaltungs- und Funktionalreform eines von entscheidender Bedeutung ist: Diese Verwaltungs- und Funktionalreform muss sozialverträglich laufen. Die SPD wird keine Verwaltungs- und Funktionalreform mittragen, bei der betriebsbedingte Beendigungskündigungen zur Debatte stehen.