Ich möchte einmal etwas zu den Grenzwerten sagen. Grenzwerte sind eigentlich Unsicherheitsfaktoren, die den Grad des Unwissens widerspiegeln. Für krebserregende, gen- und fruchtschädigende Stoffe kann keine Dosis angegeben werden, unter der eine schädliche Wirkung ausgeschlossen werden kann. Hier muss ein gesellschaftlicher Konsens über Vor- und Nachteile der Nutzung bzw. des Verzichts gefunden werden. Letztlich wird über Grenzwerte politisch entschieden, und es fließen unterschiedliche Interessenlagen in ihre Festsetzung ein.
Es gibt viele Emissionsquellen, die Dioxin ausstoßen. Aus Hausbrandfeuerstätten gelangt in Deutschland laut Umweltbundesamt etwa genauso viel Dioxin in die Luft wie aus industriellen Verbrennungsanlagen, zum Beispiel von Großfeuerungsanlagen. Das kann aber noch kein Grund sein, diese Anlagen bei der Einhaltung von Dioxingrenzwerten gleich unter den Generalverdacht der Überschreitung zu stellen.
Das suggeriert eine Gefahr, die von sächsischen Großfeuerungsanlagen nicht ausgeht. Hier kann ich Sie beruhigen, Herr Lichdi. Auch die sächsische Bevölkerung kann ich an dieser Stelle beruhigen. Es gibt keine Überschreitung von Dioxingrenzwerten bei sächsischen Großfeuerungsanlagen. Erfreulicherweise werden diese Grenzwerte meist sogar unterschritten. Zur Erinnerung: 0,1 Nanogramm war der Grenzwert beim Stahlwerk Riesa.
Ein Zehntel davon, nämlich 0,01 Nanogramm pro Kubikmeter, muss zum Beispiel beim Kraftwerk Boxberg III eingehalten werden. Ich habe mich einmal nach den letzten Messwerten erkundigt. Es wurden folgende Werte erreicht: Im Jahr 2003 0,0029 Nanogramm pro Kubikmeter, und im Jahr 2004 haben wir einen Messwert von 0,00207 Nanogramm pro Kubikmeter und bei der nächsten Messung 0,00071 Nanogramm pro Kubikmeter. Hier haben wir eindeutig kein Dioxinproblem. Auch das Dioxinproblem in Riesa wird in absehbarer Zeit gelöst sein. Wenn dort, wie geplant, im August dieses Jahres die neue Entstaubungsanlage in Betrieb genommen wird, werden die Grenzwerte aller Voraussicht nach eingehalten.
Zum Schluss bleibt allerdings kritisch zu bemerken, dass diese Investition vielleicht auch ein paar Jahre früher hätte erfolgen können. Dann wäre die Debatte heute nicht nötig gewesen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns mit dem Thema Dioxinbelastung nicht zum ersten Mal in der Geschichte des Freistaates seit 1990. In den zurückliegenden Jahren war dies von Zeit zu Zeit immer wieder der Fall, zumeist im Zusammenhang mit außersächsischen Dioxinverursachern, aber auch mit alarmierenden Dioxinfunden aus dem Freistaat Sachsen selbst. Ich denke bei der Erörterung dieser Thematik an den Zusammenhang mit der Sondermüllverwertung Schwarze Pumpe im sächsisch-brandenburgischen Grenzgebiet im Jahr 1994 oder auch an den Dioxinskandal in Thüringen vor drei Jahren, wo Tausende von Tonnen Futtermitteln verseucht waren.
Schließlich erinnern wir uns an die Dioxinfunde im letzten Jahr in Eiern von Freilandhühnern im Landkreis Löbau-Zittau. Dort wurden in zwei Hirschfelder Hühnerfarmen mit Dioxin verseuchte Hühnereier gefunden. Diese Betriebe liegen im Umkreis von früheren Hirschfelder Industriebetrieben. Da in dem daraufhin untersuch
ten Hühnerfutter kein Dioxin nachgewiesen werden konnte, muss davon ausgegangen werden, dass der Boden dort mit Dioxin verseucht ist.
Und nun die Meldungen über die Überschreitung von Dioxinemissionswerten im Elbestahlwerk in Riesa. Dass es Überschreitungen gegeben hat und dass diese seit Jahren bekannt sind, kann in diesem Haus nicht bestritten werden. Es wundert mich persönlich, dass erst vor Kurzem dieses Thema seitens der Medien aufgegriffen wurde. Das hätte normalerweise schon viel eher passieren können.
Die NPD-Fraktion hat aus aktuellem Anlass bereits im Laufe des letzten Jahres eine chemische Laboranalyse von Eiern freilaufender Hühner aus dem Stadtgebiet von Riesa in Auftrag gegeben. Meine Damen und Herren – vor allem von der CDU und der SPD –, jetzt hören Sie einmal ganz genau zu, was wir zutage gebracht haben: Der gültige amtliche Grenzwert für den Dioxingehalt von Hühnereigelb beträgt drei Pikogramm Dioxin je Gramm Fett des Eigelbs, das sind drei Billionstel Gramm. Eier mit einer größeren Dioxinkonzentration als diese drei Pikogramm sind nicht mehr für den menschlichen Verzehr geeignet.
Nun raten Sie einmal, welche Konzentration in diesen Riesaer Freilandhühnereiern gefunden wurde: 20 Pikogramm. Der Grenzwert ist also um das Siebenfache überschritten. Dann kann ich es nicht verstehen, dass sich angesichts der Zahlen, die inoffiziell vorliegen, der Vertreter der CDU-Fraktion Prof. Mannsfeld hier hinstellt und sagt, es hätte zu keinem Zeitpunkt eine Gesundheitsgefährdung gegeben. Ich finde es eine absolute Frechheit, so etwas angesichts der vorliegenden Fakten hier in diesem Landtag zu behaupten.
Nach Auffassung der NPD-Fraktion ist es nicht mehr fünf vor zwölf, sondern bereits halb drei. Das Gift lauert wahrscheinlich schon seit sehr vielen Jahren, möglicherweise schon seit Jahrzehnten, auch schon aus DDR-Zeiten heraus, im Boden des Gebietes um dieses Stahlwerk. Die verantwortlichen staatlichen Stellen mussten seit Jahren von dieser Bodenbelastung in und um Riesa wissen. Es liegen die Daten aus dem 3. Bericht der Bund-LänderArbeitsgruppe Dioxine, auf die Herr Lichdi bereits eingegangen ist, vor. Spätestens nach Erscheinen dieses Berichtes hätte dies im sächsischen Umweltministerium bei verantwortungsbewusster Wahrnehmung der Dienstpflichten zumindest Anlass geben müssen, weitere systematische Untersuchungen in der Umgebung dieses Stahlwerkes vorzunehmen. Jetzt müsste sobald wie möglich der Raps auf den Feldern um Riesa auf Dioxingehalt untersucht werden – so wie die Eier freilaufender Hühner, das Fettgewerbe verschiedener Nutztiere aus extensiver Haltung –, und man bekommt einen realen Überblick über die Verteilung der Gefahrenzone.
Dieses Ergebnis wird der eigentliche Parameter sein, der uns Aufschluss über die Größe der Dioxingefahr für die Riesaer Bevölkerung gibt. Darüber hinaus ist es sinnvoll
Wir sind der Meinung, dass dieser Sache nicht mit kurzatmigen Hauruckaktionen beizukommen ist, sondern nur mit einer landesweiten grundlegenden Forschungsarbeit, deren Ergebnis Einfluss auf das staatliche Handeln haben sollte.
Wir sind auch dagegen, dass aus verschiedener Motivation heraus das Stahlwerk Riesa in seiner Existenz und die Arbeitsplätze, die damit verbunden sind, gefährdet werden. Schließlich hat das Unternehmen angekündigt, die Produktion zu erweitern – gleichzeitig mit dem Bau neuer Filteranlagen. Da kann man nicht einfach von heute auf morgen sagen, es gibt eine Überschreitung, machen wir das Werk zu; das geht nicht.
Nach unserer vorläufigen Einschätzung der Situation liegt die eigentliche Gefahr im Sinne einer Altlast seit Jahrzehnten dort im Boden. Dagegen muss etwas unternommen werden. Das Unternehmen hat ja die verbindliche Absicht bekundet, dieses Problem bis zum Sommer in den Griff zu bekommen. Die NPD-Fraktion ist also an einer umfassenden Aufklärung der Situation in und um Riesa interessiert.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der gestrige Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war schon sehr grenzwertig – der heutige steht dem von gestern in nichts nach. Ich würde vorschlagen, wir benennen die Fraktion um in Bündnis 90/Die Verantwortungslosen.
Bevor ich meine Meinung kundtue, möchte ich eine Pressemitteilung des Dresdner Regierungspräsidiums zitieren nach dem MDR-Beitrag: „Dem MDRKorrespondenten sind alle Sachverhalte im Zuge seiner Recherche für die Berichterstattung zum Feralpiwerk mitgeteilt worden. Das Regierungspräsidium Dresden bedauert, dass nun durch eine nur selektive Darstellung der Fakten und einen reißerischen Zuschnitt der Meldungen des MDR ein falscher Eindruck über die tatsächliche Lage bei Feralpi und Beunruhigung unter den Anwohnern des Werkes entstanden sein kann. Das Regierungspräsidium hofft, bei allen MDR-Mitarbeitern künftig wieder auf Fairness und journalistische Sorgfalt bei der Berichterstattung rechnen zu dürfen.“
Mit einer solchen destruktiven Berichterstattung kann man Wirtschaftsunternehmen so richtig schön kaputtmachen und Arbeitsplätze vernichten.
Die ESF ging seit 1994 mit dem Stahlwerk nach dem neuesten Stand der damaligen Technik in Betrieb und war nachweislich mit seinen Anlagen anderen Stahlwerken überlegen. Zu diesem Zeitpunkt lag der Dioxingrenzwert bei 0,3 Nanogramm pro Kubikmeter. Durch technische Optimierungen hat speziell dieses Werk versucht, die Werte zu sichern und zu verbessern. Für die Senkung des Grenzwertes auf 0,1 Nanogramm pro Kubikmeter wurden nochmals zwölf Millionen Euro nur für Umweltmaßnahmen bis 2004 investiert. Nach Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Betriebsgenehmigung 1997 wurden Grenzwertüberschreitungen ermittelt, die zu einer Stilllegungsverfügung gegen das Werk und nachfolgend zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen dem Freistaat Sachsen und den Feralpi-Stahlwerken über die Durchführung emissionsmindernder Maßnahmen geführt haben. Diese wurden 1998 und 1999 mit dem Ergebnis einer deutlichen Emissionsminderung realisiert. Seither sind beim Feralpi-Stahlwerk hinsichtlich der Dioxinemissionen in ihrer Höhe nur noch geringfügige und zudem auch nur zeitweilige Überschreitungen der Grenzwerte zu verzeichnen.
In einem Kapazitätserweiterungsantrag wurden 2005 weitere umwelttechnische Investitionen festgelegt, terminiert und werden bis zum Ende des Jahres 2006 zu 100 % realisiert. Diese Kapazitätserweiterung bedarf wieder einer neuen emissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Mit der Einrichtung einer neuen Rauchgasreinigungsanlage mit inzwischen weiter verbessertem Stand der Technik wird wieder ein Stück Umweltschutz umgesetzt. Zeitgleich werden wieder für die Region wichtige Arbeitsplätze geschaffen. Überschreitungen zulässiger Grenzwerte wie die im Fall des Feralpi-Werkes sind allein in Hinsicht auf Dioxinemissionen aufgetreten, also bei den Werten der Dioxinkonzentration direkt an der Quelle des Werkes. Für eventuell vom Werk ausgehende gesundheitliche Gefahren sind jedoch die Schadstoffemissionen, also die Konzentrationen des Eintrags von Schadstoffen in die Umgebung des Werkes, relevant.
Schadstoffemissionen erfahren bei ihrem Austrag in die Umgebung eine sehr starke Verdünnung und weiträumige Verteilung. So haben mehrfache Ermittlungen der Dioxinemissionen in der Umgebung des Feralpi-Werkes stets eine Unterschreitung der dafür einschlägigen Emissionsgrenzwerte ergeben. Es hat daher zu keinem Zeitpunkt – darin stimme ich Herrn Prof. Mannsfeld zu – eine gesundheitliche Gefährdung der Anwohner des FeralpiStahlwerkes durch die Überschreitung – –
von Dioxingrenzwerten durch das Stahlwerk gegeben. Dies wird durch das Regierungspräsidium ebenfalls bestätigt.
Wie die Fraktion der GRÜNEN hier mit der Angst der Bürger spielt und daraus politisches Kapital schlagen will, dass ist schon sehr hart. Uns liegt eine Studie der Medizinischen Akademie „Carl Gustav Carus“ der TU Dresden vor, in der nachgewiesen wird, dass die allgemeine Krebsrate – –
genauso wie im sächsischen Durchschnitt liegt. Die Leberkrebsfälle in Riesa mit diesem Werk in Verbindung zu bringen, ist schon extrem leichtsinnig und nicht begründet. Sie agieren nach dem Motto: Besser eine starke Behauptung anstatt eines schwachen Beweises.