Protocol of the Session on April 5, 2006

Allerdings, um Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen: Das Landesamt für Verfassungsschutz bleibt für solche Teilbereiche der Organisierten Kriminalität zuständig, die zugleich einen Bezug zu den herkömmlichen Aufgaben des Verfassungsschutzes haben. Dies hat das Verfassungsgericht ausdrücklich zugelassen. Diese Aufgabe wird aber auch schon von den klassischen Aufgabenbestimmungen des Verfassungsschutzes erfasst, sodass weitergehende Bezüge zur Organisierten Kriminalität im Gesetz entfallen konnten. Fahrlässigkeit ist hier nicht zu erkennen, sondern die Aufgaben sind klar und eindeutig geregelt.

Meine Damen und Herren! Die Novellierung des Verfassungsschutzgesetzes hat in der Gesetzesberatung nicht nur die ausdrückliche Anerkennung der Opposition und des Sächsischen Datenschutzbeauftragten gefunden. Neben der Streichung der Organisierten Kriminalität sind dabei insbesondere die Regelungen zum Abbruch einer Überwachungsmaßnahme und zur Übermittlung von Daten an eine andere Stelle auf viel Zuspruch gestoßen.

Mir ist durchaus bewusst – die bisherigen Diskussionen im Ausschuss und auch jetzt bereits im Plenum haben es deutlich gemacht –, dass es unterschiedliche Auffassungen zur eindeutigen Definition des Kernbereiches privater Lebensgestaltung gibt, in dem keine akustische Wohnraumüberwachungsmaßnahmen zulässig sind. Aus meiner Sicht ist jedoch eine umfassende juristische Definition, die jeden Einzelfall abdeckt, nicht möglich. Genau deshalb haben wir uns auch im Ausschuss darauf verständigt, dass die Rechtsprechung so, wie in der „Neuen juristischen Wochenschrift“ Heft 14 die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes veröffentlicht ist, eine Grundlage ist, um den Kernbereich einzugrenzen. Der Kernbereich privater Lebensgestaltung ergibt sich immer im Kontext mit der jeweiligen Verfassungsrechtsprechung, die sich aber selbst außerstande gesehen hat, den Kernbereich abschließend zu umreißen.

Meine Damen und Herren! In diesem höchst sensiblen Bereich sind auch Menschen tätig. Wenn ich diesen Menschen richtigerweise klare Richtlinien in die Hand geben muss, so sind sie doch in der tatsächlichen Situation Menschen, die handeln müssen, mit ihrem Wissen und Gewissen die Handlung einschätzen und durchführen müssen. Wir haben dort keine Roboter. Es gibt dort nicht die endgültige Festlegung von bestimmten Regelungen. Das ist ein Bereich, der von den jeweiligen Beamten eingeschätzt werden muss.

Ich glaube, gerade in unserem Gesetz haben wir auch Möglichkeiten geschaffen, um konkret zu überprüfen, ob die Handlungsweise des Beamten vor Ort korrekt war.

Für meine Fraktion möchte ich feststellen, dass insgesamt ein Gesetzentwurf vorliegt, der auch im Vergleich mit den ebenfalls zur Abstimmung stehenden Entwürfen aus den Reihen der Opposition die Vorgaben der Verfassungsrichter bestmöglich umsetzt.

Selbstverständlich ist es dann nötig, entsprechend auch das Polizeigesetz zu ändern; aber step by step, wie es so schön heißt. Auch das werden wir dann tun.

Meine Damen und Herren, ich werbe für unseren gemeinsam eingebrachten Gesetzentwurf mit den redaktionellen Änderungen, auf die Herr Bandmann bereits hingewiesen hat.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Georg Hamburger, CDU)

Die Linksfraktion.PDS kann sich in die Diskussion einbringen. Herr Abg. Bartl.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Bandmann, die Schlichtheit Ihres Weltbildes beeindruckt immer wieder.

(Lachen bei der NPD)

Ich sage: Wenn es in der Koalition so schwer ist, miteinander zu hantieren, dann machen Sie doch das Beste daraus und nutzen die letzten dreieinhalb Jahre, um etwas zu lernen, zum Beispiel von Frau Weihnert. Dann ist es wenigstens Bildungsarbeit, wenn sonst schon nichts herauskommt.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Ich erlaube mir zu den vorliegenden Gesetzentwürfen zwei Vorbemerkungen. Erstens. Dass wir uns heute mit den drei vorliegenden Entwürfen auseinander setzen können,

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

die maßgebliche Fragen der Wahrung elementarer Grundrechte für Bürgerinnen und Bürger im Freistaat betreffen, ist auf einen erfreulichen Umstand zurückzuführen,

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Herzlichen Dank!)

nämlich auf die Weisheit der sächsischen Wählerinnen und Wähler.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Ach so!)

Ja. Die haben im September 1999 Abgeordnete der PDS in so großer Zahl in den damals 3. Sächsischen Landtag gewählt, dass diese über das erforderliche Quorum von 25 % verfügten, um offensichtlich als verfassungswidrig erkannte, jedoch von der Mehrheit des Parlaments nicht selten aus stoischer Unbelehrbarkeit dennoch beschlossene Gesetze via Normenkontrollklage oder Organstreitverfahren zum Sächsischen Verfassungsgerichtshof oder zum Bundesverfassungsgericht zu tragen.

(Beifall der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS)

Das ist ein Wert an sich. Nachdem nämlich die damals noch allein regierende CDU, deren Abgeordnete seinerzeit die absolute Mehrheit im Landtag stellten

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

und auslebten, am 20. April 2004 jenes Änderungsgesetz zum Sächsischen Verfassungsschutzgesetz von 1992 beschlossen hatte, mit welchem dem Verfassungsschutz zum vermeintlichen Schutz vor der Organisierten Kriminalität auch entsprechende Kompetenzen und Befugnisse zur Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel übertragen wurden, fanden sich trotz in der Debatte artikulierter Vorbehalte – auch seitens der Vertreter der SPD-Fraktion

ganz prägnant zum Ausdruck gebracht, überhaupt kein Dissens, Frau Kollegin Weihnert, durch Kollegen Adler – aber leider nur die Abgeordneten der damaligen PDSFraktion und eine aus der selbigen vorher ausgetretene fraktionslose Abgeordnete – das waren die notwendigen 30 –, die dann letzten Endes das Normenkontrollverfahren ermöglicht haben.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Bartl?

Den Satz möchte ich gern noch zu Ende bringen, dann sofort.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Wir danken euch!)

Sie haben es doch bloß verpasst, Kollege Lichdi;

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

ein klein wenig Ehre, wem Ehre gebührt. – Frau Kollegin Weihnert.

Bitte.

Herr Bartl, können wir uns beide richtig erinnern, dass die Fraktion PDS – damals hieß sie ja noch so – ganz stolz war, dass sie die 30 Unterschriften allein hatte und niemand anderen fragen musste, um zum Verfassungsgericht zu gehen?

Sie haben sicherlich die Klage eingereicht. Das ist korrekt. Es wäre ja Quatsch gewesen, wenn das zwei oder mehr Fraktionen gemacht hätten. Sie hätten ja fragen können. Das haben Sie nicht gemacht.

Aber jetzt.

Ich habe auch hier noch einmal deutlich gemacht, Sie haben das nicht getan.

Ich habe hier noch einmal ganz deutlich gemacht, dass wir von unserem Grundsatz –

(Zuruf von der NPD: Die Frage!)

Trennung von Verfassungsschutz und OK – nie abgewichen sind.

Frau Weihnert, schließen Sie noch eine Frage an?

Das hatte ich bereits am Anfang gesagt: „Stimmen Sie mir zu...?“ Ich nehme das an, er nickt doch fast schon mit dem Kopf.

Nein, er kann nicht nicken. Mancher nickt ja nur einmal. Mein Problem ist, Frau Kollegin Weihnert, das stimmt so nicht. Wir sind werbenderweise durch Ihre Fraktion gezogen, weil es nämlich auch dem Vertreter der Normenkontrollklage, einem – das sage ich mal – hoch ausgewiesenen westdeutschen Verfassungsrechtler, wesentlich lieber gewesen wäre, wenn zwei Oppositionsfraktionen wegen der

Durchschlagskraft das Ding zum Verfassungsgerichtshof getragen hätten.

Da gab es mehrere Gespräche, wenn ich mich nicht sehr täusche, sogar auf der Spitzenebene. Erst als diese gescheitert sind, war ich der Emissär, der dann auf die ausgetretene fraktionslose, inzwischen FDP-Mitgliedschaft innehabende Abgeordnete Margit Werner zugegangen ist und werbenderweise darum bat, die Fraktion der SPD zu ersetzen.

(Lachen des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

So war das Leben und da verwette ich – – Bitte.

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Er wollte erst wetten!)

– Nein, erst höre ich mal, was Herr Prof. Weiss dazu beiträgt.