Grundanliegen des Einigungsvertrages, den Sie hier so bemüht haben, war es, das zu Wohnzwecken aufgrund von Nutzungsrechten gebildete Wohneigentum, das so genannte Eigenheim, in besonderem Maße zu schützen und dieses in der Folge auch so auszugestalten, dass das Eigentum an Grund und Boden dem Eigentum am Gebäude folgt.
Das sind insbesondere die Garagennutzungsrechte gewesen. Dort mussten Sie das Nutzungsrecht übertragen und damit ist auch das Eigentum übertragen worden. Selbst im DDR-Recht war es eine unterschiedliche Ausgestaltung, die sowohl die Nutzungsrechte wie auch das mit ihnen verbundene gesonderte Gebäudeeigentum erfahren haben.
Im Einigungsvertrag, der die Zusammenführung der Rechtsordnungen bewirken sollte und dies gemacht hat – auch wenn es Ihnen nicht gefällt –, werden nach Artikel 232 § 5 zu den Sachenrechten das gesonderte Gebäudeeigentum aufgrund von Nutzungsrechten für Gebäude – für Häuser zu Wohnzwecken – wie auch die Nutzungsrechte für das gesonderte Gebäudeeigentum im Rahmen von Nutzungsverhältnissen nach §§ 312 bis 315 ZGB geschützt. Das ist richtig.
Diese Auslegung übersieht eines, und zwar Artikel 232 § 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB, der übrigens auch mit dem Einigungsvertrag eingefügt worden ist. Er lautet: „Für die Nutzungsrechte abweichende Regelungen bleiben einem besonderen Gesetz vorbehalten.“ Genau das ist der Punkt. Es liegt „mit Nichten und Neffen“ ein Verstoß gegen den Einigungsvertrag vor, den Sie hier aufwändig konstruieren, sondern Sie verschweigen ganz einfach bestimmte Teile, die Ihnen zwar nicht passen, aber gleichwohl geltendes Recht sind. – Jetzt dürfen Sie fragen.
Kollege Dr. Martens, geben Sie mir Recht, dass Artikel 231 EG § 5 in Abs. 2 und 3 definitiv von dem Grundstück nach den §§ 312 bis 315 spricht und dass Artikel 233 von Sachenrecht spricht?
Geben Sie mir Recht, dass Sie jetzt einfach zwei Paragrafen austauschen, weil das besser hineinpasst?
Nein. Das heißt, dass das gesonderte Eigentum aufgrund der Nutzungsrechte nach den §§ 312 bis 315 ZGB weiterhin gewährleistet ist, dass aber dieses Eigentum, das mit dem Nutzungsrecht unmittelbar verbunden ist, dann im Rahmen der Regelungen, die die Nutzungsrechte neu gestalten, ebenfalls neu ausgestaltet werden kann. Das ist vom Bundesverfassungsgericht auch nicht beanstandet worden. Es war bisher nicht Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde, die Sie zweifelsfrei in den letzten 16 Jahren erhoben hätten, wenn sie auch nur so viel Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.
Meine Damen und Herren! Das Schuldrechtsänderungsgesetz, das Sie hier zitiert haben, Herr Kollege Bartl – auch das ist wieder ein Teil dieser Vermischung verschiedener Rechtsmaterien –, gliedert sich in zwei Folgegesetze. Die Begründungen für das Schuldrechtsänderungsgesetz pauschal anzuführen im Hinblick auf das hier in Rede stehende gesonderte Gebäudeeigentum aufgrund von Nutzungsrechten für Garagen und Ähnliches ist nicht redlich. Diese Passagen beziehen sich auf das Schuldrechtsänderungsgesetz insgesamt. Dieses Schuldrechtsänderungsgesetz führt in zwei Artikeln zwei weitere Gesetze ein: einmal das auf Wohneigentum und Eigenheim bezogene – gut hinhören! – Sachenrechtsänderungsgesetz und das auf andere Bauwerke bezogene Schuldrechtsanpassungsgesetz. Das ist es, wovon wir hier reden. Sie müssen schon präzise bei den Gesetzestexten bleiben, Herr Kollege.
Wenn Sie davon sprechen, es drohe eine Enteignung unmittelbar zum 01.01.2007, ist das auch falsch. Das ist falsch! Das Schuldrechtsanpassungsgesetz unterwirft die Nutzungsrechte nach den §§ 312 bis 315 ZGB ab Einführung des Gesetzes ab 01.01.1995 den Regelungen des BGB zu Miet- und Pachtrecht. Das gesonderte Gebäudeeigentum bleibt weiter erhalten. Es erlischt erst bei Beendigung des Pachtverhältnisses – erst dann. Kein Mensch redet davon, dass ab 01.01.2007 sämtliche Miet- und Pachtverhältnisse von Garagengemeinschaften aufhören würden. Das ist einfach nicht wahr! Das ist unredlich!
Meine Damen und Herren! Wir haben 16 Jahre nach dem Einigungsvertrag eine Rechtssituation, in der – auch das haben Sie verschwiegen – immer noch die Nutzer von Garagen, Garagengemeinschaften, erhebliche Privilegierungen haben in der Ausgestaltung dieser Nutzungsverhältnisse gegenüber allen anderen, die seit 1990 irgendwelche Pachtverhältnisse an Grundstücken begründet oder dort Sachen errichtet haben.
Den einen Satz noch. – Die Pächter, die seit 1990 auf gemieteten Grundstücken Sachen gebaut haben, sind nicht privilegiert. Ich erkläre Ihnen auch, in welcher Weise. Die Garagengemeinschaften, die Nutzer von Garagen mit derartigen Nutzungsrechten bekommen eine Entschädigung bei Beendigung des Pachtverhältnisses, wenn der Eigentümer kündigt. Das ist richtig. Welcher Pächter eines Grundstückes, auf dem er
irgendetwas nach 1990 gebaut hat, bekommt eine Entschädigung, wenn ihm das Verhältnis vom Eigentümer gekündigt wird?
Keiner, gar keiner! Er unterliegt einer Beseitigungspflicht. Er muss sogar das, was er daraufgestellt hat, abreißen, und zwar auf eigene Kosten. Kein Mensch kommt und sagt, jetzt muss ich die Hälfte der Kosten zahlen, und beschwert sich. Überhaupt nicht! Es ist eine ganz erhebliche Privilegierung in der Rechtssituation, die hier eintritt. Das verschweigen Sie natürlich auch. Jetzt komme ich zu der realen Situation.
Danke schön. – Herr Kollege, würden Sie mir Recht geben, dass wir jetzt nicht über irgendwelche Privilegien derjenigen reden, die vor 1990 gebaut haben, sondern dass wir darüber reden, welche Verpflichtungen die Bundesrepublik Deutschland mit dem Abschluss eines Vertrages mit der DDR – erstreckt auf deren Bürger – eingegangen ist und wie weit die dort eingegangenen Verpflichtungen die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolger beider Länder binden?
Geben Sie mir darin Recht, dass es Sie unter Umständen betrüben würde, wenn Sie 1988 auf Ihre Kosten ein Eigenheim oder eine Garage gebaut hätten, Sie haben sie finanziert, Sie haben sie auf Rest- und Splitterflächen, im Sinne von Pachtland, gebaut. Wenn Ihnen dann, nachdem Sie Geld und Aufwand hineingesteckt haben, am 31.12.2006 gesagt wird: „Passen Sie auf, Herr Kollege Dr. Martens, ab morgen Früh sind Sie vielleicht noch Pächter zu den Preisen, die ich dann im Änderungsvertrag bestimme, aber Sie sind nicht mehr Eigentümer.“ Geben Sie mir Recht, dass es zwischen Eigentums- und Pachtverhältnissen einen Unterschied gibt, Herr Jurist?
Herr Kollege Bartl, in all den Fragen kann ich Ihnen insofern Recht geben, als es betrüblich wäre, wenn es sich so verhielte. Das wird es aber nicht.
Ich halte Sie für befähigt genug, Eigentum und Pacht auseinander zu halten. Auch der Garageneigentümer hat nur ein Pachtverhältnis an Grund und Boden. Er ist nicht Eigentümer von Grund und Boden. Das wird aber durch das Schuldrechtsänderungsgesetz zusammengeführt. Ich merke es schon. Herr Kollege Bartl, ich habe am Anfang gedacht, Sie wollten es nicht einsehen. Inzwischen glaube ich, Sie können es nicht.
Nochmals: Mit dem Schuldrechtsänderungsgesetz ist ein Ausgleich zwischen den verschiedenen Rechtspositionen geschaffen worden. Kein Mensch spricht davon – auch im
Gesetz ist es so nicht enthalten –, dass diese Nutzungsverhältnisse zum 01.01.2007 aufhören. Das stimmt einfach nicht.
Nein, das ist bei Beendigung des Pachtverhältnisses der Fall. Das steht zum 01.01.2007 überhaupt nicht zur Diskussion. Sie verweigern beharrlich, die Realitäten zur Kenntnis zu nehmen.
Meine Damen und Herren, zur Frage der tatsächlichen Preissituation von Garagen: Wenn es um die ortsübliche Bodenpacht geht, die verlangt werden kann, muss man fragen, was in den neuen Ländern ortsüblich ist. Ortsüblich ist das, was alle Garagengemeinschaften schon zahlen.
Das ist es, was Ortsüblichkeit vorgibt. Es ist nicht Marktgängigkeit, sondern Ortsüblichkeit. Es geht auch nicht um den Pachtpreis der Garage als solches, sondern um den Pachtpreis für die Landfläche darunter. Das unterschlagen Sie geflissentlich. Nein, die Situation ist bei Weitem nicht so dramatisch, wie Sie es meinen. Es ist so, dass die Pächter die Möglichkeit haben, weiter zu nutzen. Die Eigentümer haben, wenn sie kündigen, natürlich Kostenfolgen zu tragen. Ein wirtschaftlich denkender Eigentümer – sofern er es nicht unbedingt muss – wird nicht kündigen. Dies betrifft schon gar nicht die großen Komplexstandorte von Garagengemeinschaften. Da können Sie noch so viele Horrorszenarien an die Wand malen, Herr Kollege Bartl.