Die NPD-Fraktion begrüßt es deshalb, dass Kultusminister Flath, wenn auch erst auf massiven Druck hin, von seinem Referentenentwurf Abstand genommen hat. Dieser wäre unserer Auffassung nach nicht tragbar gewesen, weil er das bisherige Netz freier Schulen finanziell hätte ausbluten lassen. Die angedachten Einsparungen hätten in der Endkonsequenz zur Schließung von vielen gut besuchten freien berufsorientierten Schulen geführt.
Wie immer werden die Einsparmaßnahmen im Bildungsbereich – nun auch im Privatschulbereich – mit der demografischen Entwicklung begründet, die zum billigen Allzweckargument für Sparkommissare unterschiedlichster Fachrichtungen geworden ist. Wo aber bleiben die Initiativen der Regierenden, um der demografischen Katastrophe entgegenzusteuern? Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung warnt in seiner neuesten Studie vor einer regelrechten Entvölkerung Mitteldeutschlands. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ veröffentlicht eine Reportage unter dem alarmierenden Titel „Verlassenes Land – verlorenes Land“.
In Sachsen könnte aber, wie anderswo auch, natürlich noch gegengesteuert werden. Es wird von den Altparteien aber nicht gemacht; es wird nicht gewollt. „Deutsches
Geld für Deutsche, das ist das Schlimmste!“ – das war vor nicht allzu langer Zeit der entsetzte Ausruf der CDUAbgeordneten Pfeiffer, die jetzt – passend zu dem Redebeitrag – das Plenum verlässt.
Wir als NPD-Fraktion wollten damals mit der Initiative für ein Müttergehalt ein deutliches Zeichen für die finanzielle Besserstellung von Müttern setzen, um diesem von Medien und Bevölkerungsexperten angezeigten Entvölkerungstrend entgegenzuwirken. Dem Antrag der NPD auf Einführung eines Müttergehaltes wurde von den Altparteien als bloßen Moderatoren der Krise aber nicht zugestimmt.
Dieser Logik einer demografischen Gleichgültigkeit folgt natürlich auch die Schulpolitik. Die NPD-Fraktion steht trotz gewisser Bedenken zu den Privatschulen und will für diese in Sachsen eine Zukunft, gerade auch angesichts des kaputtgesparten öffentlichen Schulwesens.
Dem Ansinnen der Staatsregierung, wenn es denn als Gesetzentwurf in das Plenum eingebracht worden wäre, hätten wir die Zustimmung versagt, so wie wir generell die Schließungs- und Kürzungspolitik der Sächsischen Staatsregierung ablehnen, weil sie in unseren Augen kurzschlüssig und damit verantwortungslos ist.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sollte der große Wurf werden – es wurde die größte Blamage der schwarz-roten Koalition.
Der Referentenentwurf zur Novellierung des Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft war inhaltlich katastrophal, miserabel vorbereitet und noch schlechter kommuniziert. Ich möchte daher allen danken, die durch ihre Stellungnahmen, durch ihre Argumente dazu beigetragen haben, dass dieser Referentenentwurf – Gott sei Dank! – kein Gesetzentwurf wurde.
Kultusminister Flath hat gesagt: „Besser kein Gesetz als ein vermurkstes Gesetz!“ Ich weiß, Sie haben das anders gemeint. Dennoch kann ich diesen Ausspruch nur unterstreichen. Ich habe selten einen Referentenentwurf gesehen, bei dem die Zielstellung, die offiziell proklamiert wurde, und die Auswirkungen für die Betroffenen so weit auseinander lagen.
Was war denn das offizielle Ziel? Laut Kultusministerium: mehr Handlungsfreiheit für freie Schulen, gleiche Wettbewerbschancen für freie und staatliche Schulen, Qualitätsentwicklung. Nichts von diesen Zielen hätte der Referentenentwurf oder der Gesetzentwurf auch nur annähernd erreicht. So, wie er gestrickt war – Herr Hähle, Sie hätten ihn vielleicht durchlesen müssen –, hätte es eine Gleichschaltung der freien Träger im Bereich staatlicher Bildungsbürokratie gegeben. Das ist genau das Gegenteil von dem, was wir übrigens auch für die staatlichen Schulen wollen. Wir wollen mehr Autonomie, keine Einschränkung und nicht mehr Bildungsbürokratie.
Pädagogische Konzepte der freien Träger wären durch Vorschriften zu Mindestschülerzahlen und zur Zügigkeit torpediert worden. Was für öffentliche Schulen vielleicht noch Sinn macht, macht für private Schulen keinen Sinn, weil niemand eine Schule mit einer Klasse von drei Leuten betreiben wird. Das rechnet sich nicht, weil es einen Pro-Kopf-Zuschuss im Bereich der freien Träger gibt.
Höchst erstaunlich finde ich den Zeitdruck, mit dem dieses Gesetz auf einmal durchgepeitscht werden sollte. Im letzten Jahr wurde uns immer wieder angekündigt, es würde kommen. Der Zeitplan sah vor, dass das Gesetz jetzt, vor der Sommerpause, verabschiedet wird und zum 1. August in Kraft tritt. Nun frage ich Sie, Herr Flath: Wenn es zur Einschränkung von bis zu 50 % der Einnahmen geführt hätte, wie würden Sie als Kultusminister innerhalb von zwei Monaten Ihre Behörde so umstellen, dass Sie die Hälfte Ihrer Kosten reduzieren? Ich kann mir das nicht vorstellen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das als Referentenentwurf zur Diskussion gestellte Privatschulgesetz war tatsächlich ein Gesetz zur Verhinderung von Schulen in freier Trägerschaft. Herr Flath, mit dem Zurückziehen Ihrer Vorlage haben Sie die bislang schmerzlichste politische Niederlage als Kultusminister erlitten – ich finde, zu Recht.
Am 20. Dezember vergangenen Jahres wurde Ihr Papier zur öffentlichen Anhörung und Diskussion freigegeben. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt und glaubt, Sie hätten nicht tatsächlich gehofft, niemand würde merken, welches Paket Sie dort geschnürt hatten. Ich bin mir sicher, Sie waren sehr überrascht, wie massiv die Kritik, die öffentlich laut wurde, dann tatsächlich war. Ich möchte hier gern einige Punkte benennen.
Erstens. Hätten Sie die Streichung des Schulgeldersatzes aus sozialen Gründen durchbekommen, wäre in Zukunft eine Schule in freier Trägerschaft nur noch für Kinder reicher Eltern zugänglich gewesen.
Wir haben in Sachsen den Vorteil, dass wir natürlich eine soziale Durchmischung an den Privatschulen haben, die beispielgebend ist. Wenn Sie den Schulgeldersatz aus sozialen Gründen streichen, ist diese Schule für bestimmte soziale Gruppen nicht mehr zugänglich. Sie hätten damit natürlich ein Ziel erreicht, das Ihnen ungeheuer wichtig ist, nämlich weniger Eltern melden ihre Kinder in freien Schulen an. Diese sinkenden Zahlen an Schülern bei Privatschulen würden im Bereich der Schulnetzplanung Ihre Politik unterstützen.
Zweitens. Mit dem Quasiverbot, kommunale Zuschüsse an freie Schulen zu gewähren, schränken Sie nicht nur die Rechte der Bürgermeister unzulässig ein; Sie wollten auch die finanzielle Verantwortung des Freistaates zurückschrauben, wiederum zur Rettung Ihrer Schulnetzplanung.
Drittens. Ihr Referentenentwurf hätte durch die vorgesehene Absenkung von Zuschüssen für Förderschulen für Erziehungshilfe und Lernbehinderte sowie berufliche Förderschulen für Sinnesbehinderte, die bei den Berufsbildungswerken angesiedelt sind, deren Existenz gefährdet.
Viertens. Darüber hinaus enthielt die vorgesehene Novelle eine Vielzahl von Einschränkungen der verfassungsrechtlich garantierten Freiheitsrechte für freie Schulen, dass Sie einer Klagewelle nicht mehr hätten ausweichen können.
Fünftens. Ihre geplante Kahlschlagpolitik im berufsbildenden Bereich hätte ganz fatale Folgen. Die Sachkostenzuschüsse wären je nach Schulart und Ausbildungszweig um 40 bis 80 % gesunken. Damit stünde ein großer Teil der privaten Schulen vor wirtschaftlichem Ruin.
Sie und Ihre Kollegen von der CDU-Fraktion haben Ihre Absicht so harmlos klingend umschrieben, indem Sie sagen, Sie wollen das Verhältnis von Schulen in freier und öffentlicher Trägerschaft erhalten. Das heißt tatsächlich nichts anderes, als dass private Schulen im berufsbildenden Bereich in gleichem Maße geschlossen werden sollen wie die öffentlichen BSZ. Ich denke, damit wollten Sie wiedergutmachen, was Sie an Wut und Enttäuschung im vergangenen Jahr mit Ihren massiven Schulschließungen ausgelöst hatten. Hier wollen Sie öffentliche Schulen erhalten. Sie opfern damit die privaten Träger.
Sie geben vor, durch die Schließung privater Berufsschulen die duale Ausbildung stärken zu wollen. Ich würde gern wissen, woher so plötzlich die vielen dualen Partner im betrieblichen Bereich kommen sollen, und selbst wenn dem so wäre, hätten Sie doch mit Ihren öffentlichen Berufsschulen die besten Chancen, in diesem Wettbewerb zu bestehen; denn ein Lehrling in der dualen Ausbildung bekommt eine Ausbildungsvergütung, ein Schüler, der eine vollzeitschulische Maßnahme bei einem privaten
Träger anfängt, muss ein Schulgeld zahlen. Das würden die Privaten nicht lange überstehen. Gerade aufseiten der CDU sollte man ansatzweise ein Verständnis von marktwirtschaftlichen Prinzipien erwarten. Das hätten Sie selbst sehen können.
Die Konsequenz wäre gewollt, dass private Schulen im berufsbildenden Bereich massiv schließen müssen.
Sechstens. Gemeinschaftsschulen, Ihr Lieblingsfeindbild: Sie wollen keine Gemeinschaftsschulen, und da sind Sie nur konsequent. Sie lassen sie dann auch im privaten Bereich nicht zu und sagen, das wäre aus dem Koalitionsvertrag ableitbar. Der Koalitionsvertrag sieht explizit keine Einschränkung bei den Gemeinschaftsschulen vor.
Meine Fraktion begrüßt es sehr, dass der Referentenentwurf zurückgezogen wurde. Dass Sie diesen auf Eis gelegt haben, lässt mich natürlich frösteln. Das klingt wie eine Drohung. Ich würde in meinem zweiten Redebeitrag die Punkte nennen, die ich jetzt nicht geschafft habe.
Herr Colditz, es ist doch notwendig, dass wir darüber diskutieren, weil ein neuer Gesetzentwurf kommen wird, und es steht zu befürchten, dass der Kultusminister einfach die Schulen weiter kaputtsparen will.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Umgang mit freien Schulen muss man differenzieren. Die Problemlagen und der Entstehungshintergrund der beruflichen und allgemein bildenden Schulen sind sehr unterschiedlich. Als Schulpolitische Sprecherin will ich mich im Moment besonders auf die allgemein bildenden Schulen konzentrieren und deutlich machen, Kollege Dulig, dass wir uns natürlich mit dem Schulwesen in freier Trägerschaft beschäftigen. Etwas wird nicht wahrer, wenn man es mit vielen Zahlen unterlegt und lange behauptet. Nein, ich will auch einmal grundlegend auf unser Verhältnis dazu eingehen.
Erinnern Sie sich noch an einen Kultusminister Rößler? Während der ersten Schulschließungswelle im Jahr 2000, als viele Schulen um ihren Erhalt kämpften, war einer seiner markigen Sprüche, dann sollen die Schulen eben in freie Trägerschaft überführt werden.
Viele Initiativen, so zum Beispiel auch die Niederpoyritzer hier, nahmen sich das zu Herzen, schmiedeten Pläne, taten sich zusammen, wollten sich auf den Weg machen, und die Reaktion der Staatsregierung war, dass die Wartefrist von zwei auf vier Jahre hochgesetzt wurde – ein Schlag ins Gesicht derer, die sich auf den Weg machen wollten, und ein deutliches Zeichen dafür, wie die Staats
Tatsächlich ist die Gründung von Schulen in freier Trägerschaft auch ein Strohhalm für diejenigen gewesen, die ihre Schule nicht verlieren wollten, aber auch bereit waren, etwas dafür zu tun. In diesen Initiativen lag die Chance eines gemeinsamen Aufbruchs von Lehrern, Eltern und Schülern.
Meine Damen und Herren! Haben Sie sich darüber hinaus einmal gefragt, warum die freien Schulen so einen Zulauf haben? Ein öffentliches Bedürfnis ist durchaus, eine wohnortnahe Schule, kurze Schulwege und kulturelle Zentren in den Orten zu haben. Aber es ist auch das Bedürfnis nach anderem Unterricht, weg von der Einheitspädagogik vieler öffentlicher Schulen, und das Bedürfnis nach mehr Beteiligung und Einflussmöglichkeiten von Lehrern, Eltern und Schülern. Diese Möglichkeit an freien Schulen vor Ort haben freie Schulen und ich halte das für eine große Chance, die ich im Übrigen auch allen öffentlichen Schulen eröffnen möchte, organisatorisch und pädagogisch frei ihren eigenen Weg gehen zu können.