Protocol of the Session on January 26, 2006

Vielen Dank!

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Für die CDUFraktion erhält Frau Abg. Nicolaus das Wort.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Gib’s ihm!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: Wir sind dafür!)

Frau Bonk, Sie wollen mir wohl alles vorwegnehmen?

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: Ich war das! – Beifall der Abg. Julia Bonk, Linksfraktion.PDS)

Wir sollten Frau von der Leyen sehr dankbar sein, dass durch ihre Äußerungen, aber vor allen Dingen durch die Vorhaben, die sie auf Bundesebene angeschoben hat und die sie auch umsetzen möchte, die Familienpolitik in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt ist. Viele, die sich vorher noch nie mit Familienpolitik auseinander gesetzt haben, beschäftigen sich jetzt mit diesem Thema.

Der von Ihnen gestellte Antrag muss genau beleuchtet werden. Vorhin hat Herr Dr. Martens gesagt, es müsse in das Blickfeld geraten, was sich bei den gebeutelten oder finanzschwächeren Kommunen noch als leistungsfähig darstellt. Vor diesem Hintergrund müssen wir verschiedene Aspekte abwägen.

Was das Elterngeld angeht, so kann es uns nur freuen, wenn das Vorhaben umgesetzt wird. Das ist ein Pluspunkt für junge Eltern, damit sie sich für ein Kind entschließen. Wenn das Elterngeld auf den Tisch kommt, werden auch wir darüber diskutieren. Hinsichtlich der steuerlichen Vergünstigungen kann man das eine oder andere artikulieren und vielleicht noch Verbesserungen einflechten.

Grundtenor der heutigen Debatte ist die Elternbeitragsfreiheit beziehungsweise freie Kinderbetreuung. Sehen wir uns die Situation im Freistaat Sachsen genau an. Jeder vierte Platz ist elternbeitragsfrei.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Ich habe gelesen, jeder fünfte!)

Jeder vierte.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: 20 % bedeutet jeder fünfte!)

Die Erhebungen sind klar.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Dann muss sich in den letzten zwei Tagen so viel verändert haben!)

Bei 25 % der Plätze werden die Elternbeiträge von den Kommunen übernommen, meine sehr verehrten Damen und Herren – trotz der angespannten Finanzlage der kommunalen Ebene. Herr Neubert, ich kann Ihnen in Ihrer Einschätzung, Kinder würden von Betreuung, Erziehung und Bildung, die uns ja so wichtig ist, ausgeschlossen, nicht beipflichten. Das Gesetz, das das Hohe Haus im Herbst beschlossen hat, sagt aus, dass kein Kind ausgeschlossen werden darf. Das ist jetzt Gesetz!

Wenn vor dem finanziellen Hintergrund der Eltern der Elternbeitrag nicht erbracht werden kann, dann wird er von den Kommunen übernommen. Ich habe die Situation dargestellt: Die Kosten für jeden vierten Platz werden von der kommunalen Ebene übernommen. Damit ist jeder vierte Platz betreuungsentgeltfrei. Das ist eine wichtige Aussage.

Was erwartet uns im Jahr 2006? Der Freistaat Sachsen hat für dieses Jahr 286,3 Millionen Euro für Betreuung, Bildung und Erziehung unserer Kleinen zu erbringen. Das ist gut angelegtes Geld, keine Frage. Was verbirgt sich weiterhin dahinter? Wir haben das Schulvorbereitungsjahr eingeführt – eine ganz tolle Geschichte. Wir können stolz darauf sein, dass wir insoweit eine führende Position unter den Bundesländern einnehmen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Man muss es aussprechen und kann es nicht oft genug wiederholen: Ein Jahr lang werden Erzieherinnen vom Freistaat Sachsen drei Stunden pro Woche gefördert und bezahlt. Im letzten halben Jahr sind es drei Stunden pro Woche für die Grundschullehrerinnen. Das ist nicht ganz ohne; denn wir wollen die Vorschüler gut vorbereiten und ihnen damit einen nahtlosen Übergang in die Grundschule ermöglichen.

Wir haben noch mehr getan. Ich erinnere an die Umsetzung eines Investprogramms mit einem Volumen von zweimal 15 Millionen Euro für jedes Haushaltsjahr, auch für das aktuelle. Mit dem Geld sollen vor allem Modernisierungen und Instandsetzungen durchgeführt werden. Die Kommunen nehmen das Programm sehr dankbar an. Ich wünsche mir natürlich eine Verstetigung, weil noch viele Dinge dringend notwendig sind.

Ferner haben wir für Erzieherinnen die Qualifizierung festgeschrieben und diese auf ein sehr hohes Niveau gebracht. Das war und ist dringend notwendig, weil wir ja von „Bildung“ sprechen. Der Bildungsplan soll und muss umgesetzt werden. Er ist dementsprechend im Gesetz verankert.

Sehen wir uns die Finanzierung in Bälde noch einmal an. Ursprünglich war vom Gesetzgeber folgende Aufteilung gedacht: ein Drittel Land, ein Drittel Kommune, ein Drittel Eltern. Das Verhältnis hat sich längst verschoben. Ich habe es eingangs dargestellt. Wenn jeder vierte Kindergartenplatz elternbeitragsfrei ist und die Kommunen diese „Lasten“ übernehmen, dann folgt daraus, dass die Kommunen inzwischen bis zu 40 % der Kosten für Betreuung, Bildung und Erziehung unserer Kinder übernehmen. Das ist eine großartige Leistung.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der Abg. Kristin Schütz, FDP, sowie der Staatsministerin Helma Orosz)

Der Betreuungsgrad in unseren Kindertagesstätten ist beispielhaft. Wir dürfen davon sprechen, dass die Drei- bis Sechsjährigen zu fast 100 % gebildet, erzogen und betreut werden.

Bei den bis Dreijährigen sind es fast 40 %. Danach sehnen sich die alten Bundesländer. Hier haben wir eine Beispielfunktion in den neuen Bundesländern. Es ist sicherlich so, dass wir den Verantwortlichen in den Altbundesländern hier ein Beispiel geben können, wie so etwas funktioniert und wie es vom Land, den Kommunen und den Eltern geschultert wird. Das müssten wir vermitteln. Hier sollten wir die Fahnen hoch halten, weil wir darauf stolz sein können.

Für uns dürfen wir in Bezug auf Ihren Antrag sagen: Wir sind auf dem richtigen Weg. Wir haben eine Stärkung der Qualität erbracht und erbringen sie weiter. Wir haben kostenfreie Leistungen für das Schulvorbereitungsjahr erreicht und behalten sie weiter bei. Wir haben stabile und niedrige Elternbeiträge in Sachsen. Darauf können wir stolz sein.

Wir haben einen tragfähigen Kompromiss mit den Kommunen erzielt. Das war auch nicht so einfach, weil wir das nicht überstülpen wollten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diesen Weg, den wir beschritten haben, wollen wir mit Ihnen allen gemeinsam gehen. Deswegen wollen wir Ihren Antrag erst einmal nicht annehmen, werden aber die Dinge, die ich vorgetragen habe, natürlich weiter schärfen und weiter vorantreiben.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Für die SPD-Fraktion Frau Dr. Schwarz, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass Familienpolitik wirklich in das Zentrum der Diskussionen und Debatten gelangt ist.

(Beifall bei der SPD)

Wir hatten viele Jahre – das muss man sagen – die Situation, dass insbesondere in den alten Bundesländern

Familienpolitik Privatsache war. Man darf auch sagen, dass mit der rot-grünen Bundesregierung und insbesondere dann auch mit der Familienministerin Renate Schmidt ein richtiger Schwerpunkt auf das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie gelegt und ein Paradigmenwechsel herbeigeführt wurde. Ich hoffe, dass wir gemeinsam in der jetzigen Koalition auch in Berlin an diesem Thema dranbleiben, denn wir in Sachsen wissen, wie wichtig es ist. Im Grunde genommen wissen Sie ja auch genau, dass wir eigentlich Vorbild für die alten Bundesländer sind.

(Beifall bei der SPD)

Es ärgert mich, dass auch Sie, Herr Neubert, so tun, als sei dies keine Leistung. Es ist eine enorme Leistung. Ich möchte das auch noch einmal wiederholen – sowohl für das Land als auch für die Kommunen –, dass wir in diesem Bereich viel Geld ausgeben. Da sind gerade die Länder, die das vielleicht viel besser könnten, wie Bayern und Baden-Württemberg, wirklich Schlusslicht in dieser Republik.

Für uns als Koalition in Sachsen und für die SPD insbesondere ist dies ein politischer Schwerpunkt. Wir haben auch bewiesen, dass es ein politischer Schwerpunkt ist. Sehen Sie in den Koalitionsvertrag, sehen Sie in den Doppelhaushalt mit der Erhöhung der Landespauschale, sehen Sie auf die Entwicklung im Kita-Gesetz! Es wird auch weiter ein gemeinsamer Schwerpunkt sein.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das haben wir gar nicht kritisiert!)

Schauen Sie ins Protokoll, wie das auch hier wieder ignoriert wurde.

Es ist doch nun einmal Realität.

(Zurufe von der Linksfraktion.PDS)

Es ärgert Sie doch, dass wir hier ein Stück weitergekommen sind und Sie nicht diese volle Fundamentalkritik äußern können.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Bei uns gibt es Ganztagsbetreuung, in den alten Bundesländern ist Halbtagsbetreuung Realität. Zu Ihrem Beispiel, Kollege Neubert, von Rheinland-Pfalz: Ich kenne die Bedingungen in Rheinland-Pfalz ziemlich gut durch verwandtschaftliche Beziehungen. Da sieht es noch relativ gut aus im Bereich der Kindertagesbetreuung, weil es nämlich dort seit Längerem eine SPD/FDP-Koalition gibt. Dort ist man wesentlich weiter als in Bayern und Baden-Württemberg. Aber auch da geht es nicht um eine ganztägige Betreuung, so wie sie bei uns an der Tagesordnung ist. Da ist es auch nur Halbtagsbetreuung. Nur in den Zentren wird Ganztagsbetreuung angeboten.

Zur Betreuungsquote hat meine Kollegin Nicolaus schon etwas gebracht. Ich kann den Landtagen in den alten Bundesländern nur empfehlen, sich einmal mit unserem Kita-Gesetz zu beschäftigen und es sich anzutun, in ihren Ländern ein solches Gesetz umzusetzen. Was glauben Sie,

wie groß das Geschrei bei den Finanzpolitikern und Haushältern auch in den Kommunen wäre?