Protocol of the Session on December 9, 2005

(Beifall bei der NPD)

Wird dazu das Wort gewünscht? – Herr Dr. Hahn, bitte.

Herr Präsident! Die Thematik, um die es in dem Antrag geht, ist in der Tat wichtig. Wir diskutieren jetzt aber über die Ausnahme von der Geschäftsordnung. Dafür sehen wir keine Notwendigkeit. Das Thema muss behandelt werden. Aufklärung tut Not, dies allerdings dort, wo es hingehört, nämlich in den Deutschen Bundestag. Es wird in der kommenden Woche auf Antrag der Linksfraktion.PDS dazu eine Aktuelle Stunde im Deutschen Bundestag stattfinden. Deshalb gibt es keinen Grund, das Thema heute zusätzlich auf die Tagesordnung zu setzen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Herr Lehmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Amerika-Phobie der NPD ist uns ja bekannt.

(Unruhe bei den Fraktionen)

Ich darf um Aufmerksamkeit bitten.

Dass sie jede Chance nutzen, um in diese Richtung aktiv zu werden, wissen wir auch. Der

Terrorismus ist aber kein Thema, dem mit Aktionismus geeignet begegnet werden kann.

Wir wissen, dass in Berlin unser Innenminister Schäuble das Nötige tun wird,

(Uwe Leichsenring, NPD: Gerade Schäuble!)

um dem Thema zu entsprechen. Ich gehe davon aus, dass die zuständigen Gremien, die bekannt und vorhanden sind, auch unterrichtet werden. Deswegen ist eine Behandlung dieses Themas auf dem Wege eines Dringlichen Antrages über § 111 entbehrlich. Wir werden dieser Dringlichkeit nicht zustimmen.

Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bringe ich den Antrag auf Fristverkürzung nach § 111 der Geschäftsordnung zur Abstimmung. Wer der Anwendung des § 111 Geschäftsordnung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür ist die Ausnahme nach § 111 der Geschäftsordnung mehrheitlich abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Wir kommen, wenn es keine weiteren Anträge zur Tagesordnung gibt – das ist nicht der Fall –, zur Tagesordnung selbst mit den Ihnen vorgetragenen Veränderungen. Ich rufe deshalb auf

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: Grundzüge einer zukunftsorientierten Verwaltungs- und Kreisreform im Freistaat Sachsen

Antrag der Fraktion der FDP

2. Aktuelle Debatte: Kyoto II: Aktuelle Weichenstellungen in der sächsischen Energie- und Klimapolitik

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Fraktionen haben folgende Redezeiten: CDU 36 Minuten, Linksfraktion.PDS 26 Minuten, SPD 12 Minuten, NPD 12 Minuten, FDP 17 Minuten, GRÜNE 17 Minuten und Staatsregierung 20 Minuten.

Wir kommen zu

1. Aktuelle Debatte

Grundzüge einer zukunftsorientierten Verwaltungs- und Kreisreform im Freistaat Sachsen

Antrag der Fraktion der FDP

Es beginnt die Fraktion der FDP, danach folgen CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, NPD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte, dass die Fraktion der FDP das Wort nimmt. Herr Dr. Martens, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Funktional- und Verwaltungsreform in Sachsen ist von ganz erheblicher Bedeutung für jeden Bürger im Lande. Es ist sicherlich an der Zeit, dass auch in diesem Hohen Hause über die Grundzüge einer zukünftigen Verwaltungsreform gespro

chen wird. Der Bericht der Kommission ist am 18.10.2005 veröffentlicht worden. Eine Stellungnahme der Staatsregierung zu einzelnen Punkten steht bisher noch aus.

Meine Damen und Herren! Worum geht es bei den Verwaltungsaufgaben? Zunächst um die hoheitlichen Aufgaben, die klassischen Arbeitsfelder staatlichen Handelns. Es geht aber auch um Dienstleistungen staatlichen Handelns für den Bürger in seinem Interesse wie auch um die Gewährleistung der staatlichen Aufgaben unter geänderten Bedingungen. Hier müssen wir die Verwaltung in Sachsen zukunftsfähig machen und sie an die modernen Anforderungen anpassen. Das bedeutet, in vielen Bereichen Abschied von den Strukturen des alten Obrigkeitsstaates zu nehmen. Das wird uns nur gelingen, wenn eine Verwaltung transparent ist, wenn sie bürgernah ist und effizient arbeitet, das heißt, mit einem vernünftigen Aufwand einen größtmöglichen Nutzen für alle Bürger im Lande schafft, wenn sie sich gleichzeitig an Prinzipien hält wie die der Subsidiarität, der Verlagerung von Aufgaben auf kommunale Ebenen.

Wenn wir uns den gegenwärtigen Zustand der Verwaltung in Sachsen anschauen, ist er sehr unbefriedigend. Ein Drittel der Staatsausgaben im Freistaat Sachsen wird für die eigene Verwaltung des Freistaates ausgegeben. Im Plan „A“ sind für 2005 93 000 Stellen in der Landesverwaltung eingestellt. Wir haben 312 Behörden im Freistaat Sachsen, die oftmals die gleichen Arbeitsfelder bearbeiten, also hier Doppelarbeit erledigen, und die räumlich oft ungünstig aufgestellt sind.

Die absehbare Entwicklung, meine Damen und Herren, macht die Sache nicht weniger dringlich. Die absehbare Bevölkerungsentwicklung führt dazu, dass im Jahr 2020 voraussichtlich 3,8 Millionen Menschen in Sachsen leben. 1990 waren es noch knapp fünf Millionen.

Die Reduzierung der Staatseinnahmen durch das Auslaufen des Solidarpaktes II führt zum Wegfall von 17,5 % der gegenwärtigen Einnahmen des Freistaates. Die Verwaltungsreform ist daher dringend notwendig, meine Damen und Herren, sie ist überfällig.

Wenn wir uns der Verwaltungsreform selbst zuwenden, lassen Sie mich einige Arbeitsschritte nennen, die aus unserer Sicht wichtig sind. Wichtig ist vor allen Dingen ihre Reihenfolge, denn nur so kann ein vernünftiges Ergebnis für eine Verwaltungsreform erreicht werden.

Da muss an erster Stelle die Aufgabenkritik stehen, das heißt, die Überprüfung der Aufgaben, die mit Steuergeldern erledigt werden, die eine Staatsverwaltung durchführt. Hier ist nicht alles zwingend notwendig. Wir haben es bereits mehrfach gesagt: Es gibt Aufgaben, die entfallen können, die materiell oder funktional privatisiert werden können. Es gibt auch Aufgaben, auf die man schlicht verzichten kann. In diesem Zusammenhang ist uns der Aufgabenverzicht wichtiger als die Aufgabenverlagerung. Das heißt, wenn Aufgaben privat erledigt werden können, dann sollen sie das auch, anstelle sie in Staatsbetrieben einer Scheinprivatisierung zuzuführen,

(Beifall bei der FDP)

ohne dort wirklich Aufgabenverzicht zu üben.

Meine Damen und Herren! Unsere Ansätze sind an erster Stelle die Aufgabenkritik, die bisher nicht konsequent genug durchgeführt worden ist, eine nachhaltige Zusammenführung der Behördenstruktur, das heißt, die Zusammenlegung von Sonderbehörden, und die räumliche Konzentration von Spezialaufgaben. Der Wegfall von Mittelbehörden, meine Damen und Herren, ist einer der zentralen Punkte. Wir sind der Auffassung, wir brauchen die Regierungspräsidien nicht.

(Beifall bei der FDP)

Das ist auch möglich bei einer Struktur mit zehn bis zwölf Landkreisen. Warum, wie die Kommission hier sagt, fünf Monsterkreise entstehen sollen, ist im Bericht nicht dargestellt worden.

Übrigens, eine Denkschrift des Ministeriums von 1991 sagt, man kann auf die Regierungspräsidien verzichten. Das würde aber nur zehn bis zwölf Kreise bedeuten! – So weit das Ministerium 1991.

Meine Damen und Herren! Dem schließen wir uns an. 15 Jahre später gilt das aus unserer Sicht immer noch. Wir brauchen eine zügige Entscheidung, meine Damen und Herren. Wir brauchen eine offene Diskussion und wir brauchen eine Staatsregierung und die sie tragenden Fraktionen, die Gestaltungskraft und Gestaltungswillen beweisen. Ansonsten haben wir Minimallösungen, halbherzige Kompromisse und Dauerbaustellen. Damit wäre den Bürgern in diesem Lande sicherlich nicht gedient.

(Beifall bei der FDP)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort. Herr Bandmann, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute eine Aktuelle Debatte, beantragt von der FDP-Fraktion, zu Grundzügen einer zukunftsorientierten Verwaltungs- und Kreisreform im Freistaat Sachsen. Zunächst muss man deutlich sagen, dass die Staatsregierung die Beurteilung dieses Prozesses in Auftrag gegeben hat. Wenn Herr Dr. Martens einen transparenten und öffentlichen Diskurs einfordert, kann man sagen, dass die Staatsregierung das begonnen hat. Sie hat eine Expertenkommission zur Verwaltungsreform, nämlich vor allem der staatlichen Verwaltung, angestoßen. Herr Wolfgang Kleine, Herr Dr. Thomas Giesen, Herr Wolfgang Riotte und Herr Prof. Dr. Wolf-Uwe Sponer sind die Mitglieder dieser Expertenkommission. Auf Bitten des Landtages ist uns am 18. Oktober dieses Papier übergeben worden.

In diesem Vorschlag sind drei Grundmodelle enthalten. Ich sage ganz deutlich für die CDU-Fraktion, dass das Überlegungsansätze sind. Von verschiedenen Elementen kann man Anregungen mitnehmen. Wichtig ist aber für die CDU-Fraktion: Wir wollen, dass im Ergebnis der Reform die Verwaltungsabläufe für den Bürger und die

Unternehmen im Freistaat Sachsen überschaubar werden, damit es für den Bürger einfacher wird. Es ist völlig richtig: Die Bevölkerung geht zurück, der Solidarpakt läuft aus, die Fördertatbestände der Europäischen Union werden sich bis 2020 verändern. Zu diesen Veränderungen müssen wir heute klare Positionsbeschreibungen anstoßen. Ich denke, der Beginn ist gemacht. Es ist auch völlig unstrittig, dass die Chancen moderner Kommunikationsmöglichkeiten in der Reform genutzt werden.

Fazit: Wir wollen eine bürgernahe, leistungsfähige und effizient arbeitende sächsische Verwaltung. Es ist aber auch völlig unstrittig, dass wir heute nicht bei der Stunde null sind. Wir haben leistungsfähige Landkreise. Die kommunale Ebene hat in den letzten Jahren eine hervorragende Arbeit geleistet. Ich will nur daran erinnern. Wer spricht heute in Sachsen noch als fundamentale Bedrohung von den Hochwasserfolgen? Es werden an der einen oder anderen Stelle noch Reparaturarbeiten und Vorsorgemaßnahmen gemacht, aber der grundsätzliche Konflikt, dass zur Stunde des Hochwassers die Haushalte des Freistaates Sachsen für die nächsten zehn Jahre als Makulatur erschienen, ist als Bedrohung von der Bevölkerung weggenommen worden. Deswegen ist es wichtig, daran zu erinnern, dass wir uns in den vergangenen Jahren Gedanken gemacht haben, aber das Hochwasser hat auch manches an Veränderungsprozessen weggespült.

Eines ist für mich als CDU-Politiker auch klar. Wir dürfen diese Reform nicht in einer Weise thematisieren, dass Unruhe in die Bevölkerung gebracht wird, vor allem Unruhe in die zwei großen Personalkörper. Die zwei großen Personalkörper im Freistaat Sachsen sind die Polizei, die für hervorragende Arbeit in der inneren Sicherheit steht, und die Lehrer. Ich sage ganz deutlich: Eine Kommunalisierung der Polizei steht für mich außerhalb jeder Betrachtungsweise, auch wenn der eine oder andere dies in öffentlichen Versammlungen thematisiert hat. Ich sage, innere Sicherheit ist für den Freistaat Sachsen als Grenzland als Standortfaktor für die Infrastruktur zu wichtig, als dass diese Frage gestellt wird. Die Lehrerschaft betrifft das in gleicher Weise. Wir haben die Reform gerade umgesetzt. Hier muss Stabilität im Lande bleiben.

Eins ist auch klar: Das Thema liegt als Arbeitsauftrag zunächst bei der Staatsregierung. Die Staatsregierung hat das Gutachten beantragt und sie ist jetzt gefordert, daraus Vorschläge zu erarbeiten. Der Landtag hat außer dieser Stellungnahme der Expertenkommission im Moment das Verfahren noch nicht am Fuß. Das muss man ganz deutlich sehen. Deswegen ist es völlig unstrittig, dass wir im Verfahren genauso vorgehen werden wie in den vergangenen Jahren bei den damaligen Kreisreformen bzw. der Gemeindegebietsreform.