Protocol of the Session on December 8, 2005

Zum einen haben Sie in Ihrem Gesetzentwurf beispielsweise Förderschulen und Berufsschulen gleich ganz unter den Tisch fallen lassen. Dort haben wir, wie Sie wissen, auch eine erhebliche Anzahl von Problemen. Die feste Lehrer-Schüler-Relation ist Ihr Ansatz, um am Ende mehr Lehrer zuzuteilen. Nur, wenn wir in die Praxis schauen und ein Stück weit vielleicht auch in die nächsten anderthalb, zwei Jahre, was die Entwicklung angeht, stellen wir fest, dass durch Ihre fixe Bindung am Ende die Relation ungünstiger ist, als sie teilweise dann in der Realität anzutreffen sein wird. – Also, das funktioniert schon einmal nicht.

(Beifall der Abg. Dr. Jürgen Martens, FDP, und Thomas Colditz, CDU)

Dass sich fast alle Experten in der Anhörung dahin gehend geäußert haben, dass diese Art der fixen Bindung nicht funktioniert, sollte auch Ihnen zu denken geben.

Interessant ist auch Ihr Personalanreizsystem – so will ich es mal nennen –, das man an eine Abschlussquote bindet. Auch darauf wurde schon eingegangen. Wenn man das einmal konsequent zu Ende denkt, bestraft man diejenigen Schulen, die sich verbessern, weil man dort wieder Lehrer abzieht. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein. Ob der entscheidende Index, ob die Stellschraube wirklich die Abschlussquote ist, ich glaube, das müssten wir alle zusammen infrage stellen.

Wenn es Probleme an Schulen gibt, muss man doch zuerst einmal analysieren, wo die Probleme herrühren. Können beispielsweise mehr Lehrer helfen oder ist es eine andere Schulorganisation oder brauche ich vielleicht Sozialpädagogen anstelle von mehr Lehrern? Das muss doch an erster Stelle stehen, bevor man automatisch irgendetwas zuweist.

Was den Hauptschulabschluss betrifft: Mit der einfachen Abschaffung ist es sicherlich nicht getan. Die FDP ist kein Fan der Kultusministerkonferenz, aber eines könnte ich mir schon vorstellen: Wenn wir das in Sachsen machen, werden wir ein erhebliches Problem mit unseren Abschlüssen bekommen – ob diese dann in der Form noch bundesweit anerkannt werden. Da muss man schon einen Schritt weiter denken und kann nicht nur so kurz springen.

Der Gesetzentwurf ist insgesamt kein Fortschritt auf dem Weg zu einer autonomen Schule, er ist kein Fortschritt auf dem Weg zu einer Schule, die eigentlich ein Stück weit mehr in die Freiheit entlassen werden soll. Wir als FDP sind für mehr Eigenverantwortung an Schulen. Das betrifft sowohl das Thema Lehrereinstellung und Lehrereinsatz als auch das Thema Finanzen. Wenn wir diese Rahmenbedingungen verbessern, dann brauchen wir auch keine fixen staatlichen Vorgaben wie eine feste SchülerLehrer-Relation.

Auch das längere gemeinsame Lernen, das wir uns zumindest in der Opposition gemeinsam auf die Fahnen geschrieben haben, wird so, wie Sie das in diesem Gesetzentwurf behandeln, leider nicht funktionieren: Denn man muss schon ein Stück weiter auf die Rahmenbedingungen schauen. Wie ein innerer Schulbetrieb gestaltet werden kann, das ist eben nicht einfach per Anordnung vernünftig zu realisieren.

Ich kann zusammenfassen: Die Absicht war gut; Sie haben sich bemüht, leider nicht ganz zu Ende gedacht. Die handwerklichen Mängel sind leider so groß, dass wir den Gesetzentwurf ablehnen müssen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Das war die erste Runde der Fraktionen. Ich frage, ob es weiteren Ausspra

chebedarf gibt. – Das ist im Moment nicht der Fall, dann die Staatsregierung. Herr Staatsminister Flath.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es wird Sie jetzt nicht überraschen, wenn Sie die Debatte aufmerksam verfolgt haben, dass die Staatsregierung die Ablehnung dieses Gesetzentwurfes empfiehlt.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Mich schon!)

Ist Ihnen denn entgangen, dass Ihre Abg. Frau Bonk auch die Ablehnung angekündigt hat?

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion.PDS: Das hat nichts zu sagen! – Weitere Zurufe von der Linksfraktion.PDS)

Ich hatte halt auch schon Entzugserscheinungen; wir mussten wieder einmal über Schule hier im Hohen Haus diskutieren. Das haben wir jetzt getan. Es ist eben ein typisches Oppositionsgesetz oder ein -entwurf, der uns vorgeschlagen wird.

Sie erkennen ja an, dass es ein Problem mit der Demografie in Sachsen gibt, dass die Schülerzahlen zurückgehen. Deshalb haben Sie versucht, die Schülerzahlen natürlich tiefer anzusetzen als im gültigen Schulgesetz. Das hätte ich sicher in der Opposition auch getan. Nur will ich Ihnen, Frau Günther-Schmidt, sagen: Auch mit Ihren Zahlen würde es Schulschließungen geben. Machen wir uns nichts vor! Die Zahlen, die Sie vorschlagen, liegen bei den Grundschulen ja gar nicht so viel anders als im gültigen Schulgesetz. Es würde auch damit Schulschließungen geben; natürlich.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Bitte, Frau GüntherSchmidt.

Herr Flath, haben Sie zur Kenntnis genommen, dass ich auch gesagt habe, dass wir als GRÜNE kein überdimensioniertes Schulnetz gestalten wollen, dass wir sehr wohl die demografische Entwicklung zur Kenntnis nehmen und dass wir natürlich keinen hundertprozentigen Bestandsschutz für alle Schulen haben wollen?

Frau Abgeordnete, das habe ich ja eben auch anerkannt. Sie haben – und das ist nicht ungewöhnlich für eine Opposition – den Personalschlüssel hier und da etwas verbessern wollen, um dann der Regierung vorzuwerfen, dass wir zu wenig Mittel im Bildungshaushalt zu stehen haben. Nun gut, ich verweise darauf, wir haben jetzt keine Haushaltsdebatte. Die werden wir im nächsten Jahr wieder führen. Es ist im Großen und Ganzen keine Kunst, etwas zu erfinden, um den Personalbedarf im öffentlichen Dienst zu erhöhen.

Wenn wir daran gemeinsam arbeiten könnten, würde mich das freuen. Aber Ihr Gesetzentwurf würde uns hier nicht voranbringen, eher zurückwerfen.

Das ist wahrlich keine Kunst. Umgekehrt ist es eher eine Kunst, eine gute Qualität mit weniger Personal hinzubekommen. Das wird uns nämlich zukünftig als Aufgabe bevorstehen; ganz gleich, welche Parteien die Regierung stellen.

Ich will aber auf einen Punkt näher eingehen, nämlich darauf, dass Sie vorschlagen, den Hauptschulbildungsgang einfach zu streichen. Ich denke, wir haben ein Ziel, dass wir sagen, gemeinsam arbeiten wir daran, dass wir die Schüler der Mittelschule zu besseren Abschlüssen führen wollen. Wir wollen insbesondere auch die Quote der Schulabgänger ohne Abschluss verringern. Die ist uns zu hoch. Ich denke, in dem Ziel sind wir uns einig.

Nur muss man jetzt wirklich einmal überlegen. Natürlich hätten wir, Herr Herbst, ein Problem mit der Kultusministerkonferenz. Aber lassen wir das ruhig zunächst einmal beiseite, sondern diskutieren wir, ob Ihr Vorschlag tatsächlich hilft, dem Ziel näher zu kommen. Überlegen Sie sich einmal: Was bliebe denen, die jetzt den Hauptschulabschluss machen, übrig, wenn Sie den gesamten Abschluss streichen?

Diese Schüler müssten zum Realschulabschluss gebracht werden. Dann ist doch wohl zu vermuten, dass sie diesen entweder nicht oder nur mit sehr schlechten Noten schaffen. Was würde dann die Chancen anbetreffen? Wahrscheinlich würden sich die Chancen weiter verringern, tatsächlich auf dem Lehrstellenmarkt Fuß zu fassen.

Deshalb, denke ich, ist es der richtige Weg, dass wir bei dem, was im Schulgesetz vorgesehen ist, bleiben. Aber wir sollten uns vielleicht eines gemeinsam fragen: ob wir nicht dem Hauptschulabschluss zu mehr Ansehen verhelfen sollten.

(Beifall bei der CDU)

Das müssen wir gemeinsam mit der Wirtschaft beraten. Eine Streichung löst das Problem nicht. Wir müssen einfach anerkennen, dass es Schüler gibt, die außerordentliche Probleme im theoretischen Bereich haben, dafür aber sehr oft sehr gute handwerkliche Fähigkeiten haben können. Denen eine Perspektive zu erarbeiten, das ist, denke ich, ein lohnendes Ziel. Wir müssen die Schüler zumindest so weit führen, dass sie einen Hauptschulabschluss machen können, dass sie die Schule nicht ohne Abschluss verlassen und dass sie anschließend auch eine Chance bekommen. Das scheint mir ein lohnendes Ziel zu sein.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Dulig, SPD)

Meine Damen und Herren! Das war die allgemeine Aussprache. Bevor wir in die Einzelberatung und Abstimmung eintreten, frage ich zunächst den Berichterstatter des Ausschusses, Herrn Rohwer, ob er sprechen möchte. – Nein.

Dann, meine Damen und Herren, schlage ich Ihnen entsprechend § 44 Abs. 5 Satz 3 der Geschäftsordnung vor, über den Gesetzentwurf artikelweise zu beraten und abzustimmen. – Ich sehe dagegen keinen Widerspruch.

Wir stimmen also ab über den Gesetzentwurf der GRÜNE-Fraktion in der Drucksache 4/1242: Gesetz zur Änderung des Sächsischen Schulgesetzes. Wir stimmen zunächst ab über die Überschrift. Wer der Überschrift seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Ich frage nach den Gegenstimmen. – Danke. Und Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen, einige Stimmen dafür; mehrheitlich ist die Überschrift abgelehnt worden.

Ich rufe auf den Artikel 1. Wer ihm zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmen dafür und einer Stimmenthaltung ist der Artikel 1 mit übergroßer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe auf Artikel 2, In-Kraft-Treten. Wer dem zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Gleiches Stimmverhalten wie soeben. Damit ist Artikel 2 mehrheitlich abgelehnt worden.

Nachdem somit sämtliche Bestimmungen des Gesetzentwurfes abgelehnt worden sind, findet über den Entwurf gemäß § 44 Abs. 7 der Geschäftsordnung keine weitere Beratung oder Abstimmung mehr statt. Damit ist die 2. Beratung abgeschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 5

1. Lesung des Entwurfs Zweites Gesetz zur Änderung des Sächsischen Verfassungsschutzgesetzes

Drucksache 4/3609, Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD

Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Es sprechen daher nur die Einreicherinnen, die CDU-Fraktion und die SPDFraktion. Wer spricht? – Herr Abg. Bandmann spricht für die CDU-Fraktion. Oder für beide?

Ich will zuerst Ihren Wachwechsel abwarten.

(Die Vizepräsidentin Andrea Dombois übernimmt die Leitung der Sitzung.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf setzen wir das Urteil des Verfassungsgerichtshofes für den Freistaat Sachsen vom 21. Juli dieses Jahres um. Der Verfassungsgerichtshof hatte uns als Gesetzgeber verpflichtet, einige Vorschriften bis spätestens 30. Juni 2006 anzupassen.

Ich stelle fest, dass wir bereits viereinhalb Monate nach dem Urteil einen soliden – ich betone: soliden – Gesetzentwurf vorlegen können. Wir wissen uns dabei als Koalitionsfraktionen mit der Staatsregierung einig.

Wir Koalitionsfraktionen SPD und CDU haben dies sehr bewusst so schnell getan. Dadurch können wir diesen Gesetzentwurf bereits am 12. Januar 2006 gemeinsam mit den konkurrierenden Gesetzentwürfen der FDP- und der GRÜNE-Fraktion einer öffentlichen Anhörung unterziehen.