Nun können wir uns also die Novelle anschauen, inwieweit sie diesen Anforderungen tatsächlich gerecht wird. Die Linksfraktion sieht hier großen Handlungsbedarf. Die Hauptkritikpunkte lassen sich bei der Qualitätsentwicklung, Mobilität, der Akkreditierung und Modularisierung und der akademischen Bildung für alle zusammenfassen. Zu all diesen Punkten gibt es Änderungsvorschläge sowohl von der Linksfraktion als auch von der GRÜNEFraktion. Sie haben dann immer noch die Möglichkeit, sich hierzu zu beraten und unseren Anträgen zuzustimmen.
Zum Ersten, der Qualitätsentwicklung und -sicherung: Das bezieht sich unter anderem auf die neuen Prüfungs- und Studienordnungen, aus deren Prüfung sich die Staatsregierung nun vollständig zurückziehen will. Zu diesem Thema wurden verschiedene Kleine Anfragen gestellt und es zeigte sich eine hohe Fehlerquote in den beim Ministerium eingereichten Ordnungen. Ich nehme an, dass Herr Gerstenberg darauf noch eingehen wird. Nur so viel: Zum Teil werden die Studierenden bewusst ins Chaos geschickt. Es werden wild Magister- und Diplomstudiengänge in Bachelor- und Masterstudiengänge hineingequetscht, ohne diese zu überdenken oder gar zu reformieren. In Hochschulleitungen – die Aussagen gibt es – ist zum Teil klar, dass sich spätestens mit der Akkreditierung der Studiengänge einiges ändern muss. Bis dahin schicken Sie die neu zu immatrikulierenden Studierenden bewusst
Zum Zweiten, zur Mobilität: Das soll durch „Bologna“ leichter gemacht werden. Allerdings wird dies durch das neue Hochschulgesetz für die Studierenden in Sachsen kaum leichter. Einer der Sachverständigen meinte, dass der bürokratische Aufwand an der Heimathochschule für ein Auslandssemester mehr Zeit benötigen wird als der Aufenthalt im Zielland selbst. Nun haben wir doch ein Lissabonner Abkommen zur Anerkennung von akademischen Qualifikationen. Warum wird es dann nicht umgesetzt? „Bologna“ bedeutet doch auch eine gemeinsame übernationale Qualitätssicherung. Überall existieren Akkreditierungsfirmen. Warum dann noch einmal Anerkennung durch die Hochschulen mit dem gerade genannten hohen bürokratischen Aufwand?
Meine Fraktion will die Anerkennungspraxis tatsächlich noch großzügiger fassen. Ein Aufenthalt im Ausland unter kulturellen und sprachlichen neuen Bedingungen und mit anderen Studiensystemen ist doch ein Bildungswert an sich. Neue Sprachen, neue Kultur und Kommunikation – das sind doch die so genannten Schlüsselkompetenzen, die, denke ich, einen möglichen Qualitätsunterschied im Studium aufwiegen würden.
Zum letzten und schwierigsten Punkt, der akademischen Bildung für alle: Das erste Problem scheint etwas leichter zu lösen zu sein. Wir fordern, dass alle Studiengänge tatsächlich als Teilzeitstudiengänge konzipiert werden. Immer öfter werden Menschen während des Studiums arbeiten gehen müssen, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Andere haben Kinder oder pflegebedürftige Angehörige. Wieder andere arbeiten und brauchen diese Zusatzqualifikation. Lebensbedingungen haben sich geändert. Dem müssen unsere Studiengänge Rechnung tragen. Sie können nicht einfach Ihre alten Erfahrungen zugrunde legen.
Für das andere Problem muss ich etwas weiter ausholen. Eine große Befürchtung bei der Umstellung der Studiengänge – im Übrigen nicht nur von Studierenden, sondern besonders von Lehrenden – war der Qualitätsverlust durch die Zweistufigkeit. Der Vorteil, dass ein Wechsel zwischen Berufstätigkeit und Studienphasen möglich ist bzw. dass verschiedene Bildungsabschnitte neu kombinierbar sind, also abhängig von der Neigung, den Interessen und Arbeitsanforderungen, ist nur dann gegeben, wenn – jetzt bitte ich aufzumerken – zum Bachelor tatsächlich passende Masterstudiengänge angeboten werden und wenn diese Bildungsabschnitte tatsächlich auch allgemein zugänglich und durchlässig sind.
Doch leider passiert in Sachsen etwas anderes bzw. lässt die Hochschulnovelle Beschränkungen zu. Ein Beispiel: An einer Hochschule wird gerade ein Studiengang neu geplant. In diesem wurden bisher 550 bis 600 Studierende pro Jahr im ersten Hauptfach immatrikuliert. Die derzeiti
gen Planungen sehen immer noch 510 Aufnahmen vor, doch diese werden mit 330 auf den Bachelor und 180 auf den Master verteilt. Sie hören ganz recht. Mitnichten wird es für alle Bachelor-Studierenden einen Masterstudiengang geben. Es wird in besagter Fakultät beispielsweise ein weiterer NC eingeführt, nämlich der für den Master, und hier wird dann nach der Note ausgewählt.
In Teilen des SMWK scheint es auch so gewollt zu sein – ich zitiere aus einem Brief. Den Hochschulen wird nämlich ans Herz gelegt, „die Übergangsquoten durch entsprechende Zugangsvoraussetzungen zum Masterstudium verantwortungsvoll zu steuern“. Es wird auch darauf hingewiesen, „dass nicht unbedingt an jeder Hochschule für jeden vorhandenen Bachelor-Studiengang ein nachgeordneter Masterstudiengang angeboten werden soll“. So viel aus einem Brief vom September 2005. Das bedeutet zum einen eine Abnahme von Studienplätzen. Gestern sprachen wir noch davon, dass man mehr junge Menschen fürs Studium gewinnen muss. Das wirklich Schlimme ist, dass nun tatsächlich eine zusätzliche Auslese und hierarchische Bildung umgesetzt wird. Der Master ist nur noch für wenige, damit auch beschränkte Qualifikation für viele, die so genannte Masse. Das ist gesellschaftlich kurz gedacht.
Das Ganze wird eine weitere soziale Auslese nach sich ziehen, denn klar ist: Je besser meine Lebensbedingungen sind, zum Beispiel wenn ich reiche Eltern habe, desto mehr Zeit habe ich für das Studium. Das schlägt sich oft in den Noten nieder. Es ist im Übrigen auch elternfeindlich. Sie wissen, dass Kinder auch krank werden können, dass es schwerer ist, sich auf ein Studium zu konzentrieren. Die Elternschaft macht sich nicht unbedingt in besseren Noten bei Prüfungen aus, aber in anderen Kompetenzen, die wir doch wirklich nötig haben. Hier hätten Sie immer noch die Möglichkeit, unseren Änderungsanträgen zuzustimmen. Anderenfalls verstärken Sie die von mir genannte soziale Auslese und die Hierarchisierung der Gesellschaft.
Ich möchte noch einmal betonen, dass ich auch sehr viele positive Möglichkeiten im Bologna-Prozess entdecken kann. Lebens- und Bildungsbiografien haben sich geändert. Menschen gehen vielleicht nach der ersten Phase ins Ausland, sie probieren sich in verschiedenen Gewerken aus, um sich später dazu einen Master auszusuchen. Andere gründen eine Familie, entscheiden sich für Kinder – Pflege nannte ich vorhin schon – oder nutzen die Möglichkeit einer Pause. Allen eröffnet die Modularisierung und die Zweistufigkeit die Chance, einen Studiengang zu gestalten, der ihren, aber auch den gesellschaftlichen Interessen entspricht, wenn es denn gut gemacht ist. Darauf habe ich immer in Gesprächen, Diskussionsrunden und Seminaren hingewiesen. Ich habe Studierende und Lehrende ermuntert, sich in den Prozess der Umgestaltung an den Hochschulen einzubringen. Dort, wo die Hochschulen aufgeschlossen waren, wo ein kooperatives
Miteinander gelebt wurde, sind viele neue gute Studiengänge entstanden. Dieses universitäre Klima, das von Kooperation, kollektivem Miteinander und Identifikation mit der Hochschule getragen ist, gilt es – und da schaue ich auf unser zukünftiges Hochschulgesetz – zu befördern.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Meine Vorredner haben schon dargelegt, dass es mit dieser kleinen Hochschulnovelle hauptsächlich um die Umsetzung des Bologna-Prozesses geht. Ziel ist es, eine Qualitätssicherung und -steigerung durch die Modularisierung aller Studienangebote und die Einführung eines Leistungspunktesystems herbeizuführen. Dabei geht es um eine ganz neue Studienstruktur. All jene, die an Universitäten studiert haben, werden es vielleicht bedauern, dass es das Diplom kaum noch gibt, sondern nur die Abschlüsse Bachelor und Master. Nicht jedem ist es geläufig, was sich dahinter verbirgt.
Prinzipiell aber, und ich freue mich, dass Frau Werner das hier dargelegt hat, geht es um eine bessere Vergleichbarkeit der Studienleistungen innerhalb der europäischen Länder. Es geht um einen leichteren europaweiten Studienplatzwechsel und um eine leichtere Anerkennung von Auslandssemestern und dadurch vielleicht um eine Verkürzung der Studienzeit. Aber, da gebe ich Frau Werner Recht, das Gesetz muss entsprechend gut gemacht sein, wenn wir diese Ziele erreichen wollen. Wenn man sich in der internationalen Literatur umschaut, stellt man fest, dass es bisher nicht in jedem Land gelungen ist, dies auch gut zu machen. Man hat zwar als Ziel die Internationalisierung, aber – Frau Werner sprach es kurz an – aufgrund der Bürokratie ist es für manche Studenten nicht leichter geworden, ein Auslandssemester an einer anderen Universität durchzuführen. Unser Augenmerk muss bei dem zu verabschiedenden Gesetz darauf liegen, dass wir den Studenten das Auslandssemester erleichtern. Dazu ist ein intensiver Begleitprozess notwendig.
Die neue Struktur soll dazu beitragen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der sächsischen Hochschulen im europäischen Raum zu stärken. Das klingt erst einmal gut. Die gestuften Studienangebote stellen innerhalb des Bologna-Prozesses einen Formelkompromiss zwischen zwei gegensätzlichen Bildungsauffassungen in Bezug auf Hochschulbildung dar. So wurde es auch in der Anhörung im Ausschuss dargelegt. Auf der einen Seite stehen universale Bildungsziele und auf der anderen die direkte Nützlichkeitsorientierung darauf, was man studiert. Daher ist es nicht einfach, kritische Stimmen, die einen Rückgang des Bildungsniveaus befürchten, zur Seite zu wischen. Ich wiederhole noch einmal,
In der Umstellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse liegt unter anderem die Chance für eine inhaltliche Modernisierung der Studienangebote. Hört man sich etwas bei den Studenten um, gerade bei denen, die schon als „Versuchsobjekte“ verwendet werden und Bachelor- oder Mastersysteme kennen lernen, kann man feststellen, dass gesagt wird, der alte Diplomstudiengang ist nur jahresweise eingeteilt worden, um dadurch Bachelor- und Masterabschlüsse zu gewährleisten. Ich denke, es geht nicht darum, die alten Diplomstudiengänge mit neuen Etiketten zu versehen. Es geht um etwas Neues, vor allem um eine bessere Betreuung in den wirklich kürzeren Bachelor-Studiengängen und auf jeden Fall um die Sicherung eines hohen Niveaus bei den Abschlüssen. Das erfordert vergleichbare Standards bei den Bachelor-, Master- und Promotionsabschlüssen. Dort gibt es noch nicht allzu viel Neues. Seit Kurzem liegt eine erste, sehr allgemein gehaltene Beschreibung der nötigen Anforderungen bzw. Standards vor und die Akkreditierung der Studiengänge wird jetzt zunehmend diskutiert und auch durchgeführt. Mit den Ergebnissen werden wir uns hier noch beschäftigen.
Die Bewertung der Studienabschlüsse ist im Endeffekt ein wichtiges Kriterium für die Auswahl der Studieneinrichtungen durch die Studenten. Wir in Sachsen wollen, dass sich viele Studenten für unsere Universitäten entscheiden. Schon bald soll es eine Positivliste der Akkreditierungsagenturen für solche Studiengänge geben. Wir werden sehen, wie diese ausgestaltet ist.
Ein weiteres Ziel der Bachelor-Master-Umstellung ist es, die Chancen der Absolventen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Darin liegt die Crux, und es ist eine Frage, die wir uns stellen müssen. Ein Vergleich mit Großbritannien zeigt, dass die Einführung des Bachelor-Abschlusses das Qualifikationsniveau der Hochschulabsolventen verringert. Daraus ergibt sich die Frage, ob der Bachelor wirklich ein erster berufsqualifizierender Abschluss sein kann. Diese Frage wurde auch in der Anhörung intensiv diskutiert und von den meisten Lehrbeauftragten, die in der Anhörung waren, verneint. Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen wir auch an den Hochschulen. Das war ganz interessant. Wenn man die geisteswissenschaftlichen, naturwissenschaftlichen oder technischen Professoren hört, wurde gesagt: In unserer Richtung, bei den Naturwissenschaftlern und Technikern, braucht man auf jeden Fall den Master-Abschluss, bei den Geisteswissenschaftlern reicht der Bachelor. Redet man mit den Geisteswissenschaftlern, sagen die, bei den Ingenieuren reicht der Bachelor, und bei uns braucht man natürlich den Master. Es ist immer eine sehr interessante Diskussion, aus welchem Blickwinkel man das betrachtet. Im Endeffekt sind wir im Ausschuss zu der Meinung gelangt, dass der Master-Abschluss der Regelabschluss sein sollte.
Ein Blick nach England zeigt, dass die verkürzte Bachelor-Ausbildung zu einer Verlagerung der Hochschulaus
bildung in die Betriebe geführt hat. Die Absolventen steigen auf niedrigeren Hierarchiestufen und mit niedrigerem Gehalt in die Unternehmen ein. Außerdem steht das dreijährige Bachelor-Studium in direkter Konkurrenz zur Ausbildung im dualen System und deckt daher nicht den Qualifikationsbedarf der Wirtschaft, auch wenn die Wirtschaft so tut und sagt: Da können wir die Absolventen vielleicht noch besser nach unserem Bild formen. – Aber im Endeffekt ist es so, dass die Studenten, die mit einem Bachelor-Abschluss die Universität verlassen, mit niedrigeren Gehältern einsteigen müssen und bei weitem nicht so gut ausgebildet sind wie vergleichbare Studenten mit dem Master-Abschluss.
Das britische Hochschulsystem hat darauf reagiert und den Master-Abschluss erweitert. Derzeit erreichen dort nun etwa genau so viele Studenten einen MasterAbschluss wie deutsche Studenten ihr Diplom an Universitäten und Fachhochschulen zusammen.
Das zeigt, dass wir auch in Sachsen darauf vorbereitet sein müssen, dass die Mehrheit der Studenten die ersten zwei Stufen des Systems, nämlich Bachelor und Master, komplett durchlaufen werden. Der Master soll und wird nach unserer Meinung wirklich der Regelabschluss sein. Im Gesetz ist auch eine Quotierung sinnvollerweise nicht vorgesehen, sodass ich denke, dass wir hier einen verantwortungsvollen Übergang, wie er auch von der Linksfraktion.PDS eingefordert wurde, haben werden und dass wir – ich habe das Vertrauen in die Hochschulen – wirklich einen ordentlichen Übergang hinbekommen.
Der vereinfachte Übergang der Studenten von den Fachhochschulen an die Universitäten ist erst einmal auch ein positiver Fakt. Die Fachhochschulen erhalten eine größere Bedeutung. Wie sie damit umgehen oder wie sich das im Gesamtsystem darstellen wird, das wird die Zeit zeigen.
Der Gesetzentwurf enthält ebenso ein erweitertes Promotionsrecht. Als maßgebliche Veränderung hat der Wissenschaftsausschuss den Zugang zur Promotion einheitlich geregelt. Damit setzen wir die guten Erfahrungen mit dem kooperativen Promotionsrecht fort. Statt zwischen den Hochschulen zu unterscheiden, wird nun bei der Zulassung eines Bachelors zur Promotion einzig die Eignungsfeststellung herangezogen. Ich denke, es wird noch etlichen Diskussionsbedarf darüber geben, was Inhalt dieser Eignungsfeststellung sein soll.
Auch wenn mit der gestern schon diskutierten großen Hochschulnovelle die Eigenverantwortung der Hochschulen nachhaltig gestärkt wird, haben wir die kleine Novelle schon genutzt, um zu deregulieren. So haben wir die Verantwortung der Hochschulen für die Studienordnung gestärkt und Bürokratie abgebaut. Wir nahmen damit auch die Befürchtungen der Hochschulen auf.
So sind nach dem heute zur Abstimmung stehenden Entwurf die Modulbeschreibungen nicht mehr Teil der Studienordnung. Darauf ist mein Kollege Herr Dr. Wöller schon eingegangen. Sie können so flexibler aktuellen
Bedürfnissen angepasst werden. Ich denke, das ist nicht nur in der Umstellungsphase auf Bachelor und Master sinnvoll, sondern trägt auch der Dynamik in vielen Fachrichtungen Rechnung.
Sehr geehrte Abgeordnete! Sachsen holt nun also mit der vorliegenden Novelle seinen Rückstand in der Umsetzung des Bologna-Prozesses auf. Das ist ein weiterer kleiner Schritt zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen und ein Schritt, der keine weitere Verzögerung erlaubt; denn es geht im Bologna-Prozess nicht nur um die Umstellung und die Modernisierung, sondern um die Harmonisierung des europäischen Hochschulraumes – ich hatte es am Anfang gesagt –, und es geht dabei insbesondere um die Förderung von Mobilität, von internationaler Wettbewerbsfähigkeit und von Beschäftigungsfähigkeit. Dies ist eine vernünftige Zielsetzung und ich denke, dass wir dem Gesetzentwurf zustimmen können.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der geplanten Hochschulreform beschäftigt sich dieses Haus auf Druck der Eurokraten und der Hochschul-Globalisierer nun schon eine ganze Zeit. Meine Fraktion hat dabei in den zurückliegenden Monaten nie einen Hehl daraus gemacht, wo wir in dieser Frage stehen und dass wir die geplante Reform aus grundsätzlichen Erwägungen heraus ablehnen und für nicht zielführend halten.
Wir Nationaldemokraten lehnen die Hochschulreform in der hier von den anderen Fraktionen vorgegebenen Richtung ab, weil wir sie im Grundsatz für verfehlt und in keiner Weise geeignet halten, die Qualität des Hochschulstudiums, die Perspektiven des Bildungsstandortes Sachsen und die Berufsperspektiven der Studierenden zu verbessern.
Sie alle, meine Damen und Herren, wissen – oder könnten wissen –, dass wir mit dieser Einschätzung nicht allein dastehen, sondern dass es eine Menge prominenter Stimmen gibt, die unsere Bedenken gegen den „BolognaProzess“ teilen und über die beabsichtigte Reform alles andere als begeistert sind. Diese Kritik wird nicht etwa im akademischen Elfenbeinturm geäußert, sondern zum Beispiel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
So beklagte die „FAZ“ erst vor wenigen Wochen, nämlich am 23. September, dass durch die geplante Einführung des dreijährigen Bachelor-Studiums massiv die Ausbildungsqualität leide. Für den Bereich der Rechtswissenschaften sehen das zum Beispiel auch der Deutsche
Anwaltsverein, der Deutsche Juristen-Fakultätentag und der Deutsche Hochschulverband so. Sie alle vertreten übereinstimmend die Auffassung, dass der künftige Bachelor-Studiengang Jura schlicht und ergreifend nicht zum Beruf des Richters oder Rechtsanwalts qualifiziert.
Die „Frankfurter Allgemeine“ stellte am 23. September fest – ich zitiere –: „Der Bachelor ist nicht in jedem Fall berufsqualifizierend, er ist es meistens nicht, schon gar nicht in den staatstragenden und besonders verantwortlichen Berufen. Gleichzeitig feiert die Hochschulrektorenkonferenz die Ausbreitung des Bachelor- und MasterStudiums, als sei damit ein Fortschritt für die Universitäten erzielt. Die ‚Bolognisierung’ der Hochschulen führt zu einer Fixierung auf Zahlen und Statistiken, während die Qualität nur eine untergeordnete Rolle spielt. Es ist ein vordergründiger Wettlauf um internationale Konkurrenz, die zum Selbstzweck wird.“
So geschrieben in der „Frankfurter Allgemeinen“, der man nun wirklich nicht vorwerfen kann, dem Globalisierungsprozess übermäßig kritisch gegenüberzustehen oder etwa wirtschaftsfeindliche Positionen zu vertreten. Umso mehr sollte diese Kritik der „FAZ“ zur Nachdenklichkeit anregen.
Stichwort „Bologna-Prozess“. Man spricht hier zu Recht von einer „Bolognisierung“ der europäischen Hochschullandschaft, weil auf der Grundlage der Erklärung der europäischen Bildungsminister 1999 in Bologna ein einheitlicher europäischer – und das heißt nichts anderes als gleichgeschalteter – Hochschulraum geschaffen werden soll. Im Zuge dieser Nivellierung sollen dann auch die schon erwähnten minderqualifizierenden und der deutschen Hochschultradition fremden Bachelor- und Masterstudiengänge eingeführt werden.
Dieser ganze Reformzinnober ist von der Sache her schlicht überflüssig, weil die bisherige deutsche Universitätslandschaft auch ohne „Bologna-Prozess“ qualifiziert sein könnte, um im internationalen Vergleich mithalten und Jungakademikern hinreichende Zukunftsperspektiven bieten zu können. Wenn das in der Praxis häufig nicht so ist und das bundesdeutsche Bildungswesen – sowohl die Schule als auch die Hochschule – immer mehr Mittelmaß produziert, dann hat das andere Ursachen, die in der etablierten Politik begründet liegen. Aber deswegen muss man nicht gleich das bisherige Hochschulwesen zu Tode reformieren.