Protocol of the Session on December 7, 2005

Herr Bandmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

– Nein. Sie haben im Rahmen des Schlusswortes noch genügend Möglichkeiten, auf meine Äußerungen einzugehen.

Wir lehnen diesen Antrag ab. Er ist politisch nicht vertretbar und rechtlich problematisch.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Warum?)

Das werde ich Ihnen gleich erläutern.

Die Koalition hat heute einen Antrag eingebracht, der den Interessen sachgerecht Rechnung trägt. Sie wollen mit Ihrem Antrag eine bundeseinheitliche Bleiberechtsregelung für Iraker erreichen. Das haben Sie soeben noch einmal deutlich ausgeführt. Eine solche Regelung soll es den Innenministern der Länder ermöglichen, ein Aufenthaltsrecht nach § 23 des Aufenthaltsgesetzes zu erlauben.

Wissen Sie eigentlich, was Sie damit beantragen?

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Ja!)

Ich kann es Ihnen sagen: Sie beantragen damit eine völlig undifferenzierte Aufenthaltsgewährung für jeden irakischen Staatsangehörigen, unabhängig davon, ob es sich um einen Straftäter, einen Terrorismusverdächtigen oder einen unbescholtenen Familienvater handelt. Genau diese Undifferenziertheit wollen wir aus Verantwortung für die Menschen in Sachsen und im übrigen Deutschland nicht. Darin unterscheiden wir uns in der Tat fundamental.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS, meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Herr Präsident, ich gestatte keine Zwischenfrage.

Im Übrigen bleiben die Religionszugehörigkeit und die geografische Herkunft des Betroffenen völlig unberücksichtigt. Die Umstände des Einzelfalls bleiben schlicht außer Betracht. In Ihren Redebeiträgen ist eingeräumt worden, dass zum Beispiel der Nordirak durchaus ein Gebiet ist, in dem andere Bedingungen herrschen. Deswegen sage ich, eine derart undifferenzierte Regelung wird es mit uns, mit der Koalition so nicht geben. Wir wollen Straftäter und Terrorismusverdächtige hier nicht im Lande haben. Wir wissen, welche Problemlage unter diesem Thema in der Europäischen Union vorhanden ist. Wir haben eine Verantwortung für die Menschen im

Lande, genau dieses Problem möglichst zu minimieren. Wir werden daher wie bisher für eine differenzierte Regelung, die die Umstände des Einzelfalles berücksichtigt, eintreten.

Es ist ganz klar: Wer an Leib und Leben bedroht ist, wird schon heute aufgrund der Abschiebehindernisse nicht abgeschoben. Aber es wird der Einzelfall geprüft. Wer aber vollziehbar ausreisepflichtig ist und ohne Gefahr für Leib und Leben in den Irak zurückkehren kann und bei dem auch sonstige Abschiebehindernisse nicht vorliegen, der sollte zurückkehren und sich vor allem am demokratischen Neuaufbau des Landes beteiligen.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: Schönen Dank!)

Frau Dr. Ernst, mit Ihrem Redebeitrag haben Sie doch letztlich den Innenministern von Bund und Ländern unterstellt, dass Sie unverantwortlich ohne Situationsbericht die Lage entscheiden. Wir als Sächsischer Landtag haben keine Möglichkeit, differenziert die Dinge der Nachrichtendienste und der zuständigen Dienste unserer befreundeten Staaten auszuwerten. Das heißt, es ist auch an dieser Stelle ein Antrag, der mit heißer Nadel gestrickt wurde. Er entspricht nicht der Linie der Innenministerkonferenz. Sie hat im Juni dieses Jahres einvernehmlich beschlossen, schwere Straftäter und sonstige Personen, die die innere Sicherheit gefährden, frühestmöglich in den Irak zurückzuführen. Das halten wir für richtig. Im Übrigen steht ihnen in Deutschland jederzeit der Rechtsweg offen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPDFraktion spricht der Abg. Bräunig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die jüngsten Ereignisse im Irak geben zweifelsohne Anlass zu größter Sorge. Der Sturz des Regimes von Saddam Hussein und die Beseitigung der autoritären Zentralgewalt haben im Irak einen erbitterten Machtkampf verschiedener Gruppierungen ausgelöst, die gleich einem Bürgerkrieg die gegenwärtige Lage im Irak bestimmen. Eine effektive Herrschaftsgewalt wird weder von der irakischen Übergangsregierung noch von den dort stationierten Truppen der USA und ihren Verbündeten ausgeübt und wir wissen, dass gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen militanten Gruppierungen und den Sicherheitskräften sowie verheerende terroristische Anschläge, insbesondere gegen unbeteiligte Zivilisten, landesweit an der Tagesordnung sind. Nicht zuletzt hat der Zusammenbruch jeglicher staatlicher Autorität zu einem explosionsartigen Anstieg der Kriminalität geführt, der ein geordnetes Zivilleben im Irak nicht mehr möglich macht. Eben wegen dieser beschriebenen Situation ist es für die Mehrzahl der Iraker ohne inländische Fluchtalternative unmöglich, in den Irak zurückzukehren. Aber auch in Anbetracht der schlechten

Versorgungslage dürfte gegenwärtig von einer erheblichen Gefährdung für potenzielle Rückkehrer auszugehen sein.

Die SPD-Fraktion teilt die Auffassung der Antragsteller, dass die aktuelle Sicherheitslage im Irak Auswirkungen auf die aufenthaltsrechtlichen Regelungen für in Deutschland befindliche Iraker haben muss. In diesem Zusammenhang haben die Koalitionsfraktionen am heutigen Tag einen Antrag in den Geschäftsgang eingebracht – Drucksache 4/3669 –, mit dem die Staatsregierung gebeten wird, die gebotenen aufenthaltsrechtlichen Regelungen in enger Abstimmung mit den übrigen Bundesländern im Hinblick auf die verschärfte Sicherheitslage im Irak eingehend zu prüfen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Im Moment nicht. Ich will meine Argumente weiterführen.

Dabei bedarf es nicht zwingend einer gruppenspezifischen Aufenthaltsgewährung nach § 23 Abs. 1, so wie Sie es vorschlagen. Es ist lediglich eine Option, die aus unserer Sicht einen gangbaren Weg darstellt, ohne Zweifel.

Gleichwohl sehen wir keinen Automatismus für eine solche Bleiberechtsregelung. Ich darf darauf hinweisen, dass die derzeit gültige Erlasslage, die im Übrigen auf einem Beschluss der Innenministerkonferenz vom 7. und 8. Juli 2004 beruht, vorsieht, dass infolge der instabilen Sicherheitslage eine zwangsweise Rückführung von vollziehbar ausreisepflichtigen Irakern derzeit unmöglich ist und entsprechende Duldungen zu erteilen sind.

Selbst ohne diese Erlasslage wären irakische Staatsangehörige in Deutschland keinesfalls schutzlos, da das Aufenthaltsgesetz mehrere Möglichkeiten vorsieht. In verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Aufenthaltsgesetz wäre beispielsweise individueller Abschiebeschutz zu gewähren. In diesem Zusammenhang möchte ich zudem auf § 25 Abs. 5 desselben Gesetzes hinweisen, der hier ebenfalls einschlägig ist. Es geht dabei um Aufenthaltserlaubnisgewährung aus humanitären Gründen. Im Hinblick auf die Vermeidung von Kettenduldungen ist dieser Paragraf eingeführt worden. Es bedarf daher nicht zwangsläufig einer von Ihnen beabsichtigten Bleiberechtsregelung, sodass es der Staatsregierung im Rahmen ihrer Verantwortung überlassen bleiben kann und soll, welche aufenthaltsrechtlichen Regelungen sie für sachgerecht hält. Insofern werden wir dem hier vorliegenden Antrag unsere Zustimmung verweigern.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Für die NPDFraktion ist der Abg. Apfel angekündigt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der gemeinsame Vorstoß von PDS

und GRÜNEN, sich für eine Bleiberechtsregelung für irakische Staatsangehörige stark zu machen, ist wieder einmal der durchsichtige Versuch, der Masseneinwanderung nach Deutschland weitere Türen zu öffnen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Sie können nicht mal zählen, Herr Apfel!)

Dies wird deutlich, wenn man bedenkt, wer außer PDS und GRÜNEN die Kampagne für eine großzügige Bleiberechtsregelung unterstützt. Neben Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden, Menschenrechtsorganisationen und Flüchtlingsinitiativen gehört diesem Bündnis ungebremster Einwanderung so ziemlich jeder an, der die BRD unter dem Banner der Gutmenschentümelei in den Abgrund stürzen möchte.

Worum geht es? Die Einwanderungsorganisation „Pro Asyl“ sagt es selbst: In letzter Konsequenz seien es 217 000 Personen, für die ein Bleiberecht erwirkt werden soll. Davon stammen 83 000 Personen aus dem früheren Jugoslawien, 14 000 aus der Türkei, 8 000 aus Afghanistan und Vietnam, 6 300 aus Syrien und etwa 6 000 aus dem Irak.

Nun wird der vorliegende Antrag im Hinblick auf die Iraker damit begründet, dass auch nach Ende der Hauptkampfhandlungen durch Tausende terroristische Anschläge die Lage im Irak so unsicher sei, dass für die Menschen eine Rückkehr in ihre Heimat unzumutbar sei. Diese Erkenntnis verwundert schon. Hieß es nicht, dass der Irak zur vermeintlichen Befriedung der Region von einem terroristischen Regime befreit werden müsse? Dank des „beherzten“ Eingreifens der Weltpolizei USA sollten doch angeblich Freiheit und Demokratie in den Irak Einzug halten!

Wäre es vor dem Hintergrund nicht näherliegend, die derzeit mit einem vorübergehenden Bleiberecht ausgestatteten Flüchtlinge endlich wieder in ihre Heimat zu entlassen, damit diese tatkräftig am Wiederaufbau ihres Landes mitwirken können? Sind es nicht oft Menschen aus der Oberschicht, die sich eine Flucht überhaupt leisten können? Ist es nicht grotesk, dass in den betroffenen Regionen Kinder und Babys sterben müssen, während unter anderem Ärzte und Krankenpfleger ins westeuropäische Schlaraffenland geflüchtet sind?

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: So ein Quatsch!)

Doch bevor sich daran etwas ändert, meine Damen und Herren, wird es wohl nur noch eine Frage der Zeit sein, bis deutsche Soldaten und deutsche Arbeitslose in den Irak entsandt werden sollen, um das wieder aufzubauen, was die Amerikaner zerbombt haben.

Was die noch stattfindenden Kampfhandlungen und Attentate betrifft, die auch bei uns jederzeit traurige Realität werden können, so liegt es auf der Hand, dass diese von den Multikulti-Fanatikern instrumentalisiert werden sollen, um mit Tränendrüsen im Zuge eines

vorweihnachtlichen Mitleideffekts Fakten zu schaffen, die uns teuer zu stehen kommen würden.

Natürlich würden die zirka 6.000 Iraker, für die ein Bleiberecht erwirkt werden soll, nur den Anfang einer schier unendlichen Kette bilden. Würde hier nachgegeben, folgten in absehbarer Zeit auch die anderen 211 000 Personen, deren Bleiberecht ähnlich begründet werden könnte.

Betrachtet man die Herkunftsländer, um die es geht, fällt sobald ins Auge, dass es sich hierbei im Wesentlichen um Regionen handelt, die zuvor von der Führungsmacht der westlichen Wertlosigkeitsgemeinschaft, den USA, zwangsdemokratisiert, auf gut Deutsch in Schutt und Asche gebombt wurden. Angesichts dieser Tatsache schlagen wir vor, dass man die Folgen der kriegerischen Handlungen nach dem Verursacherprinzip regelt und die Vereinigten Staaten zur Rechenschaft zieht. Es ist aber nicht einzusehen, dass die finanziellen und bevölkerungspolitischen Folgen auf jene Länder abgeladen werden, die sich in der Vergangenheit zumindest formal gegen die Weltherrschaftskriege und einen Missbrauch angeblicher Freiheit und Demokratie ausgesprochen haben.

In diesem Zusammenhang sei im Übrigen darauf hingewiesen, dass auch ohne die Flüchtlinge, für die ein Bleiberecht erwirkt werden soll, Deutschland jährlich immer noch 700 000 bis 800 000 Fremde aufnimmt. Mehr Menschen also, als jährlich im eigenen Land geboren werden! So schlimm es für die Menschen, die vom USImperialismus getroffen sind, im Einzelnen auch sein mag, das Boot ist voll! Es ist nicht einzusehen, warum ausgerechnet unser Land immer und immer wieder neue Asylbewerber aufnehmen sollte, obwohl doch Deutschland ein Vielfaches an Asylanten gegenüber unseren europäischen Nachbarstaaten aufnimmt. Das Boot, meine Damen und Herren, ist so voll, dass es nicht mehr nur darum gehen kann, weitere 100 000 ungebetene Gäste dauerhaft aufzunehmen, sondern sie im Gegenteil unverzüglich wieder in ihre angestammte Heimat zurückzuführen.

Fakt ist, meine Damen und Herren, und es ist menschlich durchaus nachvollziehbar, dass diejenigen, die erst einmal in vollem Umfang in den Genuss von Sozialleistungen gekommen sind, nur allzu ungern wieder fortgehen.

(Astrid Günther-Schmidt, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Herr Apfel, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.

Gutmenschlich begründet, meine Damen und Herren, wird die dauerhafte Einwanderung in unser Sozialsystem damit, dass man Personen, die ein paar Jahre hier sind, nicht ein zweites Mal vertreiben dürfe, da sie inzwischen integriert seien, auch wenn es eventuell nur die Integration durch das Sozialamt ist. Was das kostet, meine Damen

Um wirklichen Bürgerkriegsflüchtlingen, Frau Dr. Ernst, helfen zu können, muss endlich eine Abkehr von der Wahnidee einer multikulturellen Gesellschaft erfolgen und der ungebremsten Zuwanderung von Sozialschmarotzern nach Deutschland endlich Einhalt geboten werden.