Protocol of the Session on November 11, 2005

(Beifall bei der CDU, des Abg. Martin Dulig, SPD, und der Staatsregierung)

Ich erteile das Wort der Fraktion der SPD. Frau Dr. Deicke, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es vorauszuschicken: Wir sind nicht der Meinung, dass wir beim Verbraucherschutz so schlecht dastehen, wie das hier von der Linksfraktion.PDS dargestellt wurde.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Wir haben zitiert!)

Obwohl wir auf dem letzten Platz gelandet sind, zeigt Sachsen in Teilbereichen durchaus einige Stärken. Kollegin Schmidt ist darauf bereits eingegangen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, jetzt bitte nicht. – Im Koalitionsvertrag ist außerdem die Handschrift der SPD zum Punkt Verbraucherzentrale deutlich erkennbar. Beim Verbraucherschutzindex wurde unter anderem bemängelt, dass dem Verbraucherschutz seitens der Landesregierung nur ein geringer Stellenwert beigemessen wird. Natürlich muss man hinterfragen, wie diese Bewertung überhaupt zustande gekommen ist. Einen ganz entscheidenden Einfluss hat die Methodik, nach der vorgegangen wurde. Wir haben deutliche Zweifel an der Objektivität; denn einige der Bewertungskriterien sowie auch deren Gewichtung sind aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar. Ziel einer Wiederholungsstudie, die bereits in Arbeit ist, muss daher nicht nur ein besseres Abschneiden Sachsens sein, sondern es muss auch an der Methodik weiter gefeilt werden.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Die Landesregierungen, die Fehler festgestellt haben, welche die Auswertbarkeit und Zuverlässigkeit der Ergebnisse der Studie infrage stellen, sind dabei einzubeziehen.

Ich möchte diese Problematik an einem Beispiel erläutern. Es ist zu bezweifeln, dass der Stellenwert, den der Verbraucherschutz in der Exekutive einnimmt, daran gemessen werden kann, ob es eine namentliche Zuordnung zu einem Ministerium gibt. Dies ist nur eine Formalie und besagt eigentlich nichts weiter.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Diesem Kriterium wird im Index höchstmögliche Priorität eingeräumt. Verbraucherschutzpolitik ist doch vielmehr eine Querschnittsaufgabe. Fragen des Verbraucherschutzes sind in einer Vielzahl von Politikfeldern zu beachten, zum Beispiel in der Verkehrspolitik, in der Gesundheitspolitik, in der Bildungspolitik oder in der Umweltpolitik. Frau Lay hat bereits im Januar dieses Jahres unter anderem nachgefragt, aus welchen Gründen sich die Staatsregierung dagegen entschieden hat, die Verantwortlichkeit für den Verbraucherschutz in einem Ministerium zu bündeln und auch nominell in der Bezeichnung des Ministeriums zu verankern. Sie hat – aus unserer Sicht – eine plausible Antwort erhalten. Es ist doch plausibel und hat sich in Sachsen grundsätzlich bewährt, die Verantwortlichkeit für den Verbraucherschutz fachbezogen zu regeln, zumal dies auch auf Bundesebene teilweise so

gehandhabt wird. Darum ist zum Beispiel der technische Verbraucherschutz klar dem Wirtschaftsministerium zugeordnet.

Was den Bereich des ernährungsbezogenen Verbraucherschutzes anbelangt, so ist in diesem Jahr bereits eine Bündelung vom Umweltministerium in Richtung SMS erfolgt. Diese aktuelle Entwicklung kann der Verbraucherschutzindex selbstverständlich nicht berücksichtigen, da er sich im Allgemeinen auf Daten aus dem Jahre 2002 bezieht. Er kann daher nur eine dem aktuellen Stand um mehrere Jahre hinterherhinkende Einschätzung sein und sollte deshalb auch nicht überbewertet werden.

Insgesamt erübrigt sich unseres Erachtens durch die Beantwortung der Kleinen Anfragen von Frau Lay zum Stellenwert des Verbraucherschutzes in den Ministerien des Freistaates Sachsen die im Punkt 1 des vorliegenden Antrages der Linksfraktion geforderte Berichterstattung, zumal diese wesentlicher Bestandteil eines Verbraucherschutzberichtes sein dürfte, den auch die Koalitionsfraktionen in ihrem Änderungsantrag als einen wichtigen Schwerpunkt zur Verbesserung der Verbraucherpolitik zukünftig von der Staatsregierung fordern.

Dasselbe gilt zum Beispiel für den Eichbericht. Diese Forderung unterstützen wir ebenfalls, da dieser die Transparenz für den Verbraucher erheblich verbessert. Man muss an dieser Stelle hervorheben, worauf das schlechte Abschneiden in diesem Bereich zurückzuführen ist. Sachsen hat nämlich keine Daten zur Verfügung gestellt, da dies in der geforderten Form nicht möglich war. Das Sächsische Landesamt für Mess- und Eichwesen hält die angewandten Auswertungskriterien für ungeeignet und hat dies der beauftragten Firma mitgeteilt. Hier zeigt sich noch einmal deutlich, wie wichtig eine vorherige Abstimmung mit dem Befragten zu den einzelnen Kriterien ist.

Am Ende meiner Rede möchte ich auf die positiven Aspekte des Verbraucherschutzindex eingehen. Externe Studien geben einen Anstoß, um über eine bestmögliche Verbraucherpolitik und verbraucherschutzpolitische Strukturen neu nachzudenken. Natürlich gibt es auch in Sachsen viel zu verbessern. Um mit einem chinesischen Sprichwort zu enden: Nur mit den Augen der anderen kann man seinen Fehler gut sehen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Ich erteile das Wort der Fraktion der NPD. Herr Schön, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So wohlklingend die Formulierungen des vorliegenden Antrages der PDS zu einem verbesserten Verbraucherschutz auch sein mögen, so gehen sie doch in einigen Punkten an der Realität vorbei. Als ob mit einer Bündelung von Zuständigkeiten, mit mehr Transparenz und mit so genannten Krisenmanage

mentkonzepten die Position des heutigen Verbrauchers gestärkt werden könnte! Tatsache ist doch, dass aus dem Kunden, der einmal König war, der so genannte Verbraucher von heute wurde, der auf dem Papier zwar viele Rechte besitzt, in Wirklichkeit aber ohnmächtig in der Zeitung ab und zu lesen kann, was er vielleicht Tage oder Wochen zuvor an verdorbener Nahrung zu sich genommen hat. Daran werden weder mehr Kontrollen noch eine bessere Beratung etwas ändern.

Im aktuellen Fleischskandal, der sich nun auch auf Sachsen ausgedehnt hat, wird deutlich, dass die Kontrollmöglichkeiten nicht einmal im Ansatz dazu ausreichen, den Bürger vor schlechter Nahrung zu schützen und zu verhindern, dass Fertigprodukte sowie Frischfleisch in Umlauf gebracht werden, die nicht mehr genießbar sind.

Wenn jetzt die Kontrolleure der Landesuntersuchungsanstalt die möglicherweise noch vorhandene verdorbene Ware untersuchen, um nachzuvollziehen, an welche Geschäfte und Supermärkte ausgeliefert wurde, mag das vielleicht irgendwann eine juristische Schuldfrage klären, aber es ändert nichts an dem Umstand, dass der Abfall vom so genannten Verbraucher verzehrt wurde.

Die Ursachen dafür, dass man sich auf die bestehenden Kontrollmöglichkeiten ganz und gar nicht verlassen kann, muss man jedoch an anderer Stelle suchen. Viele Beispiele der Vergangenheit und auch der derzeitige Fleischskandal haben gezeigt, dass nicht die Dichte der Kontrollen entscheidend für den Erfolg ist, sondern der richtige Ansatzpunkt. Es kann beispielsweise nicht sein, dass in Bezug auf Lebensmittel bei den Bauern jeder Strohballen dreimal umgedreht und kontrolliert wird, aber bei der Verarbeitung, wo es wirklich erforderlich wäre, stärker die Herkunft und die Qualität der Erzeugnisse zu überprüfen, dies nur stichprobenartig erfolgt.

Ein zweiter Ansatzpunkt ist die Art und Weise der Bestrafung bei festgestellten Verstößen gegen die gesetzlichen Vorschriften. Ein Unternehmen mit vielen Millionen Euro Umsatz pro Jahr wird es sicherlich wenig interessieren, wenn es einmal 10 000 oder 20 000 Euro Strafe zu zahlen hat.

Angesichts dieses Umstandes ist es im Übrigen völlig unerheblich, nach welchen Kriterien der Verbraucherschutzindex der Bundesverbraucherzentrale zustande gekommen ist oder was die Auswertung und Bewertung der Ergebnisse des Ländervergleiches erbracht hat.

Wenn man in diesem Verbraucherschutzindex Sachsen die Note „mangelhaft“ gibt und insbesondere die Bereiche der Exekutive und der Arbeit der nachgeordneten Kontrollbehörden eine schlechte Beurteilung erhalten, so sind das sicher Schönheitsfehler, die abgestellt werden müssen. Aber diese Bewertung nicht wirklich wichtiger Dinge sollte nicht davon ablenken, dass der Verbraucherschutz insgesamt mangelhaft ist. Dem Verbraucher ist recht wenig damit geholfen, wenn der eine oder andere Skandal mehr aufgedeckt wird. Es ist aus unserer Sicht notwendig, mit härteren strafrechtlichen Maßnahmen die Ursachen dafür zu bekämpfen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Alle einsperren!)

In der DDR war es so. Ich war 22 Jahre im Großhandel, ich könnte dazu einiges erzählen. Ich war Gütekontrolleur für Lebensmittel.

Der Verordnungsmaschine in Brüssel, deren Vorgaben hierzulande nur noch umgesetzt werden dürfen, geht es in Wirklichkeit um die Durchsetzung ganz anderer Interessen, nämlich derer des Kapitals. Dies läuft durch Länderbehörden und Beratungsstellen unbeeinflussbar oftmals einem durchaus notwendigen Verbraucherschutz zuwider.

Für unsere Fraktion steht fest, dass es keiner weiteren kosmetischen Korrektur des Kontrollsystems bedarf. Vielmehr müssen Verstöße mit einer strengeren strafrechtlichen Verfolgung in Zukunft verhindert werden.

Da es sich bei dem Antrag der Linksfraktion.PDS auch um ein Auskunftsbegehren handelt, werden wir ihm dennoch zustimmen.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile das Wort der Fraktion der FDP. Herr Günther, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Beim Verbraucherschutz ist Sachsen das schlechteste Land. Das müssen wir hier festhalten. Das ist sehr unangenehm.

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion.PDS)

Ich möchte die Fakten noch einmal verdeutlichen. Wir sind nicht nur insgesamt die Schlechtesten. Wir sind auch beim Unterindex Exekutive die Schlechtesten. Wir haben selbst bei unserem eigenen Verantwortungsbereich, beim Unterindex Legislative, nur den 9. Platz. Wir sind schlecht bei den Kontrollbehörden. Dort haben wir Platz 14. Bei den Verbraucherzentralen ist es der Platz 11, beim Querindex Innovation der Platz 15 und bei der Transparenz auch Platz 15.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Seien Sie nicht so pessimistisch! Nehmen Sie die Pisa-Studie!)

Wir sind immer stolz darauf, dass wir in Sachsen die Besten sind. Dessen sollten wir uns auch beim Verbraucherschutz erinnern. Wir sollten uns als Ziel setzen, dass wir auch beim Verbraucherschutz die Besten sein wollen.

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion.PDS – Staatsminister Thomas Jurk: Richtig! – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Wir haben auch einige Stärken. Wir sind bei der geografischen Erreichbarkeit der Verbraucherzentralen nicht schlecht. Auch das Internetangebot soll nicht schlecht sein. Das hilft aber am Ende nicht weiter.

Am meisten stört mich, dass ich nicht weiß, welchen Minister ich verantwortlich mache.

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion.PDS – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Ja, genau!)

Ich habe niemanden, von dem ich sagen kann, dass er verantwortlich ist. Es gibt keine Zuständigkeit.

(Andreas Lämmel, CDU: Jeder!)

Ja, Herr Lämmel, wir machen jeden verantwortlich.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)