Protocol of the Session on July 14, 2005

Bringen Sie nicht ständig Äpfel mit Birnen durcheinander. Das bringt Sie nicht weiter. Deswegen plädiere ich nachdrücklich für unseren Antrag, damit wir endlich einen Schritt weiterkommen. Ich verspreche Ihnen, wenn Sie ihn ablehnen: Ich bleibe Ihnen erhalten, da ich nicht für den Bundestag kandidiere. Sie hacken immer auf unserer Spitzenkandidatin herum, Herr Gerlach. Vielleicht liegt es auch daran, dass Sie neidisch sind, keine Spitzenkandidatin zu haben, das weiß ich nicht. Deswegen kann ich Ihnen versprechen: Wir werden so lange diesen Antrag stellen, bis Sie es begriffen haben und bis wir es gelöst haben.

(Beifall bei der PDS)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Die Staatsregierung – Frau Ministerin Orosz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der jetzt diskutierte Antrag der Fraktion der PDS hat die Forderung nach Rentenerhöhung zum Gegenstand. Das ist nicht neu. Wir haben darüber in diesem Hohen Haus schon mehrfach debattiert, zuletzt im vorigen Jahr. Ich habe in meinem damaligen Redebeitrag in aller Klarheit gesagt – es ist auch heute vom Kollegen Gerlach noch einmal gesagt worden –, dass die Angleichung des aktuellen Rentenwertes Ost an den aktuellen Rentenwert ein Anliegen aller ostdeutschen Sozialpolitiker ist. Frau Kipping, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie mich diesbezüglich zitiert haben. Ich stehe dazu. Die Frage ist nur – und das ist, so glaube

ich, das Konfliktfeld, das wir hier in den Redebeiträgen gespürt haben –, wie wir dieses Ziel erreichen. Obwohl Frau Kollegin Schütz und Frau Kollegin Herrmann schon sehr ausführlich auf das Problem eingegangen sind, was aber bei der PDS wahrscheinlich noch nicht richtig angekommen ist, würde ich es gern noch einmal, ein drittes Mal, versuchen. Vielleicht kommen wir dann langsam auf einen Nenner.

Meine Damen und Herren! Der aktuelle Rentenwert Ost liegt seit dem 1. Juli 2003 bei 87,91 % des aktuellen Rentenwertes. Einige meiner Vorredner haben schon darauf hingewiesen: Für die Angleichung auf 100 % wären erhebliche zusätzliche Finanzmittel nötig, bei einer Anhebung im gleichen Stufenjahr ab 2006 mindestens 1,2 Milliarden Euro. Im Jahr 2010 wären es zirka sechs Milliarden Euro.

Die Fraktion der PDS schlägt in ihrem Antrag vor, diese Mehraufwendungen durch eine Erhöhung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung zu finanzieren. Meine Damen und Herren, bei der gegenwärtig allen bekannten Haushaltslage des Bundes sind solche zusätzlichen Belastungen nicht verkraftbar. Das muss ich nicht näher erläutern. Ich glaube nicht, dass ein verantwortlicher Politiker auf Bundesebene daher gegenwärtig die von der Fraktion der PDS erwartete Entscheidung treffen würde. Wie schlecht es um die Finanzsituation der Rentenversicherung bestellt ist, wurde uns aktuell deutlich, als mit dem in den letzten Wochen im Deutschen Bundestag und Bundesrat beschlossenen Gesetz der Fälligkeitszeitpunkt des gesamten Sozialversicherungsbeitrages vorverlegt worden ist.

(Katja Kipping, PDS, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

– Nein, ich möchte fortfahren. Es wäre ganz gut, wenn Sie zuhörten, Frau Kipping. Dies gilt umso mehr, als der Bund möglicherweise – Herr Prof. Porsch, hören Sie zu! – gegen Jahresende zur Sicherung der Liquidität der Rentenversicherung die Zahlung des Bundeszuschusses vorziehen muss.

Meine Damen und Herren der PDS-Fraktion! Ich will Ihnen nicht Ihren guten Willen absprechen, keinesfalls, sich für die Belange der ostdeutschen Rentnerinnen und Rentner einzusetzen. Es ist jedoch ein Unterschied, ob ich aus der Rolle der Opposition heraus etwas fordere oder das Wünschenswerte selbst auch realisieren muss. Bereits im März letzten Jahres habe ich ja gesagt, dass derjenige, der die politische Verantwortung trägt, nicht nach dem Motto handeln darf: Augen zu und durch!

Neben dem Finanzierungsproblem haben wir noch das Problem, dass wir nicht so einfach die Entwicklung der Renten von der Entwicklung der Löhne und Gehälter abkoppeln können. Das geht einfach nicht, Herr Dr. Pellmann, das muss hier noch einmal deutlich gesagt werden. Wie wollen Sie es, meine Damen und Herren Abgeordneten der PDS, den Beschäftigten erklären, dass ihre Löhne und Gehälter noch immer nicht das so genannte Westniveau erreicht haben, bei den Rentnerinnen

und Rentnern aber die Angleichung schon vollzogen wird?

Bezeichnend dabei ist, dass sich Deutschland, Frau Kollegin Kipping, nicht mit der Auswirkung einer von der Lohnentwicklung abgekoppelten Rentenanpassung im Osten auf die Umrechnung der Beitragsbemessungsgrundlagen des Beitrittsgebietes auseinander gesetzt hat. Frau Kollegin Kipping, das ist eben nur die halbe Wahrheit. Um es konkret zu machen: Bisher werden die in Ostdeutschland erzielten Löhne und Gehälter mit den Faktoren der Anlage 10 zum VI. Sozialgesetzbuch für die Rentenberechnung auf Westniveau hochgerechnet. Damit wird verhindert, dass sich die im Durchschnitt niedrigen Löhne und Gehälter im Osten Deutschlands in niedrigeren Entgeltpunkten niederschlagen und damit zu niedrigeren Renten führen. Würde die Angleichung des aktuellen Rentenwertes Ost an die aktuellen Renten von der Entwicklung der Bruttolohnund Gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer in Ost und West abgekoppelt, wie Sie das anscheinend möchten, so dürfte in der Konsequenz daraus auch diese Höherbewertung nicht beibehalten werden. Die Beschäftigten jener Branchen, bei denen die Löhne und Gehälter gegenüber dem Westen Deutschlands noch nicht den Verhältniswert der aktuellen Rentenwerte erreicht haben, hätten bei der späteren Rentenberechnung dann das Nachsehen. Darauf ist auch schon mein Kollege Gerlach eingegangen. Auch das müssen wir, meine Damen und Herren, der Ehrlichkeit halber bei solchen Forderungen bedenken, dass das Thema eben doch um einiges komplexer ist, als es hier von der PDS vorgetragen wurde und auf den ersten Blick auch vielleicht scheinen mag.

Trotz aller aufgezeigten Probleme, meine Damen und Herren, wird sich die Sächsische Staatsregierung selbstverständlich auch künftig auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Angleichung des aktuellen Rentenwertes Ost an den aktuellen Rentenwert ein politisches Ziel bleiben muss. Aber wir müssen natürlich in der Aussage bleiben und deutlich feststellen, dass eine Entscheidung dazu nur im Kontext mit der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung, vor allem mit dem Arbeitsmarkt, zu klären ist.

Als Beispiele für die bisherigen Aktivitäten der Staatsregierung darf ich das Rentenversicherungsnachhaltigkeitsgesetz anführen. Die Staatsregierung hat sich, wie Sie wissen, dafür eingesetzt, in die im ersten Durchgang abgegebene Stellungnahme des Bundesrates den Passus aufzunehmen, wonach die Gewährleistung des Angleichungsprozesses des aktuellen Rentenwertes Ost an den aktuellen Rentenwert zu den weiteren flankierenden Maßnahmen der Zukunftssicherung der Rentenversicherung gehört.

Damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der Spielraum der Staatsregierung aber auch schon beschrieben. Wir werden trotzdem den Finger immer wieder in die Wunde legen. Versprechungen jedoch, die nicht eingelöst werden können, so, wie sie von der PDS gefordert werden, werden von uns nicht kommen.

(Beifall bei der CDU)

Das bedeutet auch, dass eine zeitliche Vorgabe, so wie Sie sie in Ihrem Antrag verlangt haben, ganz einfach

nicht möglich, unrealistisch und populistisch ist. Deshalb, meine Damen und Herren, lautet unsere Forderung, wie schon oft zitiert – ich denke, Frau Schütz hat es am Ende ihres Redebeitrages auch noch einmal deutlich gemacht: Was ist zu tun? Was müssen wir fordern? Den Einsatz aller Kräfte und Möglichkeiten, um den wirtschaftlichen Aufschwung zu erreichen. Dann werden auch die Probleme, wie sie bezüglich der Rentenangleichung noch anstehen, leichter lösbar sein. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt noch ein Schlusswort. Herr Dr. Pellmann, PDS-Fraktion, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, die Positionen sind ausgetauscht. Frau Staatsministerin hatte zu Recht formuliert, dass das politische Ziel besteht, die Angleichung der Rentenwerte zu erreichen. Nur, was nützt es den Bestandsrentnern und denen, die in Ostdeutschland in die Rente gehen werden, wenn es zwar ein Ziel gibt, aber nach der Devise: Das Ziel ist nichts und die Bewegung ist alles? Das kennen wir ja, nicht wahr? Deswegen erwarte ich eine Aussage und deswegen ist unser Antrag so wichtig: Die Menschen, die es betrifft, möchten bitte wissen, ob sie Zeit ihres Lebens die Angleichung noch erleben oder nicht. Ansonsten geht es in die weite Ferne.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Selbst wenn wir heute als einzige Fraktion vielleicht für diesen Antrag stimmen sollten – andere haben es auch

signalisiert, aber darauf lege ich keinen Wert –, dann sage ich Ihnen, dass an unserer Seite Gewerkschaften stehen, die sogar bis 2007 die Angleichung fordern. An unserer Seite stehen Sozial- und Wohlfahrtsverbände, selbst wenn Sie uns hier vielleicht als isoliert betrachten. In dieser Gesellschaft sind wir da noch lange nicht isoliert. Eines will ich auch noch deutlich machen: Der politische Wille müsste da sein, die finanziellen Mittel sind da. Ich bin gerne bereit, für das Sozialministerium ein Privatissimum zu machen, wie die Dinge alle bezahlbar wären, wenn wir es nur wollten. Ein letztes Wort an die SPD, weil ich auch vorhin mit der SPD begonnen habe. Herr Gerlach und andere Mitglieder der SPD, ich habe früher bestimmte Sympathien gehabt, das will ich gerne zugeben. Aber dass Sie in Ihrem Wahlmanifest nicht einmal die Belange von Seniorinnen und Senioren überhaupt einer einigermaßen vernünftigen Erwähnung für wert befunden haben, das enttäuscht mich schon. Also haben wir nur eine Chance: Wir werden das, was Sie vergessen haben, mit erledigen. Demnächst werden Sie dafür auch die Quittung bekommen.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 4/1683 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt worden. Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 5

Förderung des Kleingartenwesens im Freistaat Sachsen

Drucksache 4/2457, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die CDU beginnt. Es folgen die SPD, PDS, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile nun der CDU-Fraktion das Wort. Herr Abg. Heinz, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unseren Antrag kann man ja nun nicht ganz losgelöst vom gestern behandelten Gesetzentwurf der PDS betrachten. Deshalb gestatten Sie mir kurz einen Rückblick auf die Historie zu diesem Gesetzentwurf.

Nur selten werden Anfragen von Vereinen und Verbänden an die entsprechenden Gruppierungen im Parlament gleich mit einem Gesetzentwurf beantwortet, so wie wir das hier Anfang 2004 erleben durften. Allerdings erweckt der genannte Gesetzentwurf den Eindruck, als hätte sich die PDS eine Supersonderwunschliste beim Verband besorgt und diese dann als Gesetzentwurf im Januar 2004 eingebracht.

Ich kann Ihnen hier nur bestätigen: Das Timing und das Thema sind sehr geschickt gewählt; man kümmert sich

um das Anliegen einer in der Gesellschaft anerkannten Gruppe, die viel für die Allgemeinheit leistet. Und die böse Regierung und die CDU wollen sich dem Anliegen natürlich nicht stellen; der weitere Weg wird geschickt vermarktet – das haben wir gestern wieder erlebt.

Wir als Parlament sind derartig populistische Aktionen von Oppositionsparteien gewöhnt; ich finde es nur schade, dass hier bei einem ganzen Verband Hoffnungen geweckt wurden und dieser für die eigenen populistischen Ziele missbraucht worden ist.

(Beifall des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Ich möchte dies kurz am Beispiel der Verfassungsänderung begründen. Die Verfassung ist ein hohes Gut. Sicher gibt es gelegentliche Änderungen und Anpassungen, aber deren Zahl ist äußerst gering. In Sachsen war dies innerhalb der letzten 15 Jahre bisher noch nicht nötig. Wenn denn eine Änderung vorgenommen werden soll, so ist es das übliche Prozedere, dass sich die Partner, welche am Ende zur Erreichung einer Zweidrittel

mehrheit notwendig sind, im Vorfeld über Sinn, Zweck und Umsetzbarkeit verständigen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Wir haben Sie angeschrieben!)

Erst dann, wenn man sich im Vorfeld einigt und die parlamentarische Mehrheit gesichert ist, wird ein entsprechender Gesetzentwurf eingebracht. Meist geschieht das als gemeinsamer Entwurf der Parteien, welche die Zweidrittelmehrheit sicherstellen.

Auf keinen Fall ist es aber üblich – so wie hier geschehen –, ein Dreivierteljahr vor der Wahl einen Gesetzentwurf mit Verfassungsänderung einzureichen, ohne dass der Einreicher eine reelle Chance hat, für das angestrebte Ziel die politischen Mehrheiten zu erlangen. Insofern wurden mit diesem Vorgehen nur Hoffnungen geweckt bei Leuten, welche die parlamentarischen Gepflogenheiten nicht kennen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Sprechen Sie zum Antrag!)

Warten Sie die Zeit nur ab.

Diese werden sich verständlicherweise – vom Ergebnis sehr enttäuscht – von den demokratischen Parteien abwenden und sich möglicherweise – hoffentlich nicht! – den extremen Randparteien zuwenden.

Im Übrigen lassen Sie mich kurz auf das Beispiel Nordrhein-Westfalen eingehen. Es ist das einzige Bundesland in Deutschland, in dem das Kleingartenwesen in der Verfassung erwähnt ist; allerdings fehlt auch hier ein genereller zinsloser Stundungsanspruch von Erschließungsund Ausbaubeiträgen, wie von der PDS gefordert. Dies wurde 2002 in einem Antrag der nordrhein-westfälischen CDU auch so gefordert, welcher natürlich durch die rotgrüne Regierungsfraktion abgelehnt wurde. Ein Dreivierteljahr später gab es einen entsprechenden Antrag von der Regierungsfraktion zum gleichen Thema, der sich dann wie folgt formuliert wiederfand: „Der Landtag fordert die Kommunen auf, im Hinblick auf die wichtigen Funktionen und gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Kleingartenstraßenausbaubeiträge wie bisher Erschließungsbeiträge zinslos zu stunden, solange die Grundstücke als Kleingärten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes genutzt werden.“ – Trotz Verfassungsrang also kein grundsätzlicher Anspruch, sondern die Festlegung der Abgaben und Gebühren bleibt kommunale Hoheit.

Seriöse Forderungen der Opposition sollten sich meines Erachtens in einem Rahmen bewegen, der, wenn man morgen selbst in Regierungsverantwortung sein sollte, auch umsetzbar wäre. Sie, meine Damen und Herren von der PDS, praktizieren ja derzeit mit großem Genuss das Gegenüberstellen von Äußerungen unseres Koalitionspartners aus Zeiten, als für ihn eine Regierungsbeteiligung nicht absehbar war, mit jetzigem Handeln in Regierungsverantwortung. Nun hoffe ich ja, dass uns derartige Gegenüberstellungen von Äußerungen Ihrerseits erspart bleiben.

Resultat Ihrer populistischen Forderung ist: Sie wecken Hoffnung bei Betroffenen, die nicht erfüllbar sind, und

Sie diskreditieren gleichzeitig erfolgreiche und seriöse Regierungsarbeit.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Der Antrag ist doch nicht von uns, der ist von Ihnen!)