Verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Fraktion begrüßt die relativ zeitnahe landesrechtliche Umsetzung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch gerade auch im Hinblick auf die lange geführte Diskussion mit dem Sächsischen Landkreistag und dem Sächsischen Städte- und Gemeindetag.
Die notwendigen Regelungen der Zuständigkeiten von kommunalen und Landesbehörden erfolgen auf der Grundlage der Hartz-IV-Regelungen von der Bundesebene her. Gleiches gilt für den Umgang mit den SoBEZs und für die Weitergabe des Bundesanteils der Unterhaltskosten an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Die angestrebte Optimierung der bestehenden Zuständigkeitsregelungen der Sozialhilfe muss sich aber erst noch bewähren, ebenso wie die Straffung der Rechtsaufsicht über den überörtlichen Träger der Sozialhilfe.
Im Punkt des Sonderlastenausgleichs ist es der CDU/ SPD-Koalition nach heftiger Diskussion auch bei uns im Sozialausschuss doch notwendig erschienen, die Erklärung, die vorhin schon einmal angesprochen wurde, als Anlage 2 der Beschlussempfehlung beizufügen. In dieser Erklärung wird noch einmal ausdrücklich versichert, dass es das Ziel der gesetzlichen Bestimmung ist, die Weiterleitung der eintretenden Wohngeldentlastung an die Kommunen sicherzustellen, und dass es sich bei § 18 um einen dynamischen Gesetzesverweis handelt.
Nun zu Artikel 2 des Gesetzentwurfs, zur Umbenennung des Landeswohlfahrtsverbandes: Die Koalition ist nicht in der Lage, diese Namensänderung zu begründen. Es wird von häufigen Missverständnissen im Zusammenhang mit dem Namen gesprochen. Allerdings konnte nirgendwo gesagt werden, wo es diese gab, geschweige denn in welcher Anzahl sie eventuell aufgetreten sind. Von keinem Sachverständigen, weder von der Geschäftsführung des Landeswohlfahrtsverbandes noch von dem Interessenvertreter der Mitglieder des Landeswohlfahrtsverbandes, also des Sächsischen Landkreistages und des Sächsischen Städte- und Gemeindetages, wurde diese Verwechselungsgefahr benannt.
Sie, Herr Prof. Dr. Schneider, haben gesagt, die Sachverständigen hätten nichts einzuwenden gehabt. In diesem Zusammenhang empfehle ich Ihnen, nochmals das Protokoll der Anhörung zu lesen. Der Geschäftsführer des Sächsischen Landkreistages, Herr Jacob, sagte dazu ganz deutlich, dass er diese Umbenennung ablehne. Er warnte uns auch davor, die Umbenennung vorzunehmen, und verwies dabei auf die Gefahr, ähnlich wie im Falle des Arbeitsamtslogos durch die „Bild“-Zeitung gezerrt zu werden wegen einer Namensänderung, die an dieser Stelle nicht notwendig ist.
Wir halten, wie gesagt, eine Verwechslungsgefahr für nicht gegeben. Die veranschlagten Kosten wurden uns in einer Größenordnung benannt, die uns als zu niedrig erscheint, aber trotzdem immer noch als zu hoch für eine nicht notwendige und begründbare Namensänderung. Die Bezeichnung „LWV“ hat sich eingebürgert.
Die Tatsache, dass die Beteiligung sozial erfahrener Dritter im Widerspruchsverfahren jetzt ausgesetzt oder als nicht mehr notwendig empfunden wird, halten wir auch für eine gewisse Ignoranz dessen, was an Wissen im Lande vorhanden ist.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf, der die Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch zum Ziel hat, setzt Bundesrecht in Landesrecht um. Es ist schon gesagt worden, dass er zwei große Bereiche umfasst: auf der einen Seite das Sozialgesetzbuch II mit der Grundsicherung für Arbeitssuchende und auf der anderen Seite das Sozialgesetzbuch XII und damit die Neuordnung des LWV. Ich werde in meinem Beitrag lediglich auf den zweiten Bereich eingehen. Der im Gesetzentwurf vorgeschlagenen teilweisen Dezentralisierung der Zuständigkeiten im Bereich der Sozialhilfe stehen wir positiv gegenüber. Das ist ein weiterer konsequenter Schritt, denn in seiner bisherigen Form war und ist der Landeswohlfahrtsverband bereits ein höherer Kommunalverband, der von den Landkreisen und Kreisfreien Städten getragen wird. Unsere Kritik möchte ich in einigen Punkten zusammenfassen.
Der erste Kritikpunkt betrifft ebenfalls die Namensänderung. In diesem Punkt sind wir uns mit der FDP und der PDS einig und werden auch die Änderungsanträge der FDP, die heute vorliegen, unterstützen. Wir sind uns darüber einig, dass die Umbenennung des Landeswohlfahrtsverbandes in Kommunaler Sozialverband nicht erfolgen sollte. Auch nach der neuen Gesetzeslage bleibt der Landeswohlfahrtsverband ein überörtlicher Träger der Sozialhilfe, und damit können die mit einer Namensänderung verbundenen Kosten eingespart werden. Die CDU hat uns im Sozialausschuss die Auskunft gegeben, dass die Umbenennung des LWV intern 11 000 Euro kosten würde. Ich frage Sie: Ist das ein zu vernachlässigender Betrag?
Der zweite Kritikpunkt betrifft die Informationspflicht der örtlichen Träger gegenüber dem überörtlichen Träger. Wir wollen trotz Dezentralisierung ein landesweites Vergleichssystem aufrechterhalten. Dabei ist wesentlich, dass sich diese Informationspflicht nicht nur auf die Vergütungsgrößen, sondern auch auf die entsprechenden Leistungsvereinbarungen erstreckt, denn nur dann sind Vergütungen und Leistungen vergleichbar und nur dann ist eine örtliche Ausdifferenzierung steuerbar.
Dies ist auch eine Empfehlung in der von der Staatsregierung in Auftrag gegebenen Con-Sens-Studie zum
Landeswohlfahrtsverband aus dem Jahre 2004. Dort steht: „Unabhängig von der Finanzierung wird auch künftig eine Steuerung auf Landesebene erforderlich sein, denn nur so lassen sich landeseinheitliche Standards und eine Gleichmäßigkeit in der Versorgung der Hilfen und in den besonderen Lebenslagen sicherstellen.“
Ein wichtiges Mittel, um diese ziel- und ergebnisorientierte Steuerung zu erreichen und zu unterstützen, ist die so genannte AKV-Regel, die das Ziel hat, Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung durch eine Stelle durchführen zu lassen. Diese grundsätzliche Regel ist auf viele Bereiche anzuwenden. Trennt man zum Beispiel Aufgabe und Kompetenz von Verantwortung, ergibt sich das Problem, dass Informationslücken auftreten, wenn keine oder nur ungenügende Berichtswege vorhanden sind. An diesem Punkt setzt unsere Kritik an. Natürlich ist für eine strategische Steuerung eine solide Datenbasis wesentlich.
Der dritte Kritikpunkt ist die Be- und Entlastung für den örtlichen Träger der Sozialhilfe, die auf diese Zuständigkeitsänderung zurückzuführen sind. Laut Gesetzentwurf werden die entsprechenden Belastungen über einen Zeitraum von vier Jahren abgepuffert. Die Frage, die sich stellt und die ich auch in der Anhörung gestellt habe, ist, ob die Landkreise ihre Aufgaben nicht nur nach Kassenlage erfüllen. Genau hier wird die so genannte AKVRegel durchbrochen, meinen wir. Am Beispiel der Kita kann das bedeuten, dass es in der Kita unterschiedliche Angebote für Kinder mit Behinderung oder für von Behinderung bedrohte Kinder gibt.
Wir haben integrierte Kindertagesstätten und Kindertagesstätten mit sonderpädagogischer Ausrichtung. Die Entgeltvereinbarungen werden auch in Zukunft vom Landeswohlfahrtsverband verantwortet, der Amtsarzt wird aber entscheiden, in welche Kindertagesstätte das Kind geht. Die Frage ist, ob die Kommunen in solch einem Fall aufgrund ihrer Finanzlage dann unbedingt zum Wohl des Kindes entscheiden. Aufgabenkompetenz und Verantwortung liegen hier nicht in einer Hand. Dies muss man jedenfalls beobachten und gegebenenfalls evaluieren.
Der letzte Kritikpunkt: In dem Gesetzentwurf ist eine Beteiligung der so genannten Sozial erfahrenen Dritten nicht mehr vorgesehen. Das sind Vertreterinnen und Vertreter von Vereinigungen, die Bedürftige oder Sozialleistungsempfänger betreuen. Sie sollen nicht mehr gehört oder beratend beteiligt werden, und zwar sowohl beim Erlass von Verwaltungsvorschriften als auch bei Widerspruchsverfahren. Deren Beteiligung schafft und gewährleistet aber gerade Transparenz im Bewilligungsund Widerspruchsverfahren.
In der Anhörung im Sozialausschuss hat Frau Mannel vom Paritätischen Wohlfahrtsverband diesen Punkt ebenfalls kritisch bewertet. Zwar ist es zutreffend, dass die Beteiligung „Sozial erfahrener Dritter“ das Verwaltungsverfahren verzögern kann, aber als eine überflüssige „Förmelei“, wie es in der Begründung für deren Nichtbeteiligung heißt, ist sie nicht anzusehen. Beteiligt man „Sozial erfahrene Dritte“, gibt man der Verwaltung die Möglichkeit, von ihr beabsichtigte Entscheidungen im Hinblick auf die Betroffenen noch einmal zu überprüfen
Die Beteiligung „Sozial erfahrener Dritter“ führt also zu einer verbesserten Qualität von Verwaltungsentscheidungen und kann gleichzeitig die Gerichte entlasten, die zur Überprüfung dieser Entscheidungen angerufen werden. Diese Beteiligung schafft Transparenz und gerade diese werden wir in Anbetracht der Regelungen und veränderten Zuständigkeiten, die das neue Gesetz mit sich bringt, im Sinne der Betroffenen unbedingt brauchen.
Meine Damen und Herren! Wir machen unsere Entscheidung von der Zustimmung zu den Änderungsanträgen abhängig.
Gibt es aus den Fraktionen im Rahmen der allgemeinen Aussprache noch Diskussionsbedarf? – Die SPD-Fraktion. Frau Weihnert.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Äußerungen von Dr. Pellmann entgegentreten, dass nur rein zufällig, weil die PDS-Fraktion eine Anhörung anberaumt habe, die kommunalen Spitzenverbände die Gelegenheit gehabt hätten, zu diesem für sie immens wichtigen Gesetzentwurf Stellung zu nehmen. Dem ist nicht so. Herr Dr. Pellmann, vielleicht wurden Sie von den Innenpolitikern in Ihrer Fraktion nicht informiert. Grundsätzlich werden alle Gesetze mit kommunalpolitischem Belang den kommunalen Spitzenverbänden zur schriftlichen oder auch mündlichen Anhörung gegeben. Mir ist es ganz besonders wichtig, dass das hier klargestellt wird, denn gerade – das hatten Sie in Ihrer weiteren Diskussion auch gesagt – dieses Gesetz hat immense Auswirkungen auf die kommunale Ebene. Da ist es besonders wichtig gewesen, die Spitzenverbände einzubeziehen. Ich danke auch Prof. Schneider, der deutlich herausgestellt hat, dass gerade bei diesem Gesetz ein Fairplay notwendig ist: auf der einen Seite, dass gemeinsam in den Stellungnahmen gegenüber dem Bund klar und deutlich gesagt wird, dass es keine Absenkung geben darf, was die dringenden Entlastungen vor Ort angeht, und dass dort auch die Verhandlungen weitergeführt werden, unterstützt von den Zahlen und den Materialen der kommunalen Spitzenverbände. Auf der anderen Seite – –
Ich würde gern zuerst meinen Gedanken zu Ende bringen. – Auf der anderen Seite muss Fairplay heißen, dass wir vonseiten des Landes die Gelder, die zur Verfügung gestellt werden, an die kommunalen Ebenen weiterleiten. Dazu gehört selbstverständlich die Evaluierung zum Doppelhaushalt 2007/2008. Dazu gehört diese Protokollnotiz und ich weiß, dass mein Kollege Gerlach als Berichterstatter uns allen diese Protokollnotiz noch einmal vor Augen halten wird; denn sie ist wichtig für die Spitzenverbände und sie ist auch mit diesen abgestimmt.
sofort, Herr Dr. Pellmann –, dass dieses Gesetz sofort umgesetzt werden kann und die Kommunen es dringend benötigen,
einen Tag vor der Sozialausschusssitzung noch einmal mit den kommunalen Spitzenverbänden und mit unseren Kollegen aus dem Sozialausschuss gesprochen und festgestellt: Jetzt ist die Zustimmung vorhanden. Wir sind uns einig, die Protokollnotiz ist notwendig. Deshalb können wir dem Verfahren, wie es gelaufen ist, auch zustimmen.
Der Grund meiner Frage liegt zeitlich schon ein bisschen zurück. Trotzdem eine ganz kurze Frage, verehrte Frau Weihnert: Stimmen Sie mir zu – weil Sie das etwas anders dargestellt zu haben scheinen –, dass die in Rede stehende öffentliche Anhörung von der PDS-Fraktion beantragt worden ist?
Natürlich haben Sie die Anhörung beantragt. Sie haben aber im gleichen Zusammenhang gesagt, nur weil Sie sie beantragt hätten, hätten die kommunalen Spitzenverbände tätig werden können. Das, habe ich gesagt, ist nicht der Fall.
Hätten Sie es nicht getan, hätten selbstverständlich andere Fraktionen, zumindest aber der Innenausschuss, diese Anhörung eingefordert. Nur in diesem Zusammenhang habe ich das gesagt, weil es wichtig ist klarzustellen, dass es für uns keine Frage ist, sicherlich auch keine Frage für die Abgeordneten in diesem Hohen Haus, dass die kommunalen Spitzenverbände bei einer solch wichtigen Frage angehört werden. Sie sind nicht nur angehört worden, sondern sie wurden bis zum Abend vorher in die Verhandlungen einbezogen und – ich weiß es definitiv – sie waren auch in der Anhörung und beim Besprechen dieser Protokollnotiz dabei, die selbstverständlich für unsere Kommunen vor Ort sehr wichtig ist.
Lassen Sie mich auf einen Eckpunkt noch kurz eingehen, weil es auch für die kommunale Seite sehr wichtig ist. Die Evaluierung und die weitere Fortschreibung des Gesetzes für den Doppelhaushalt 2007/2008 sind erforderlich, damit die Gelder zielgenau dort ankommen, wo die Entlastungen notwendig sind. Wenn wir fair sind, dann wissen wir, dass insbesondere die Städte Dresden und Leipzig momentan die Entlastungen nicht in der Gesamtheit bekommen, wie das in der Breite der Fall ist.
Deshalb finde ich es nur fair, dass die Spitzenverbände einschließlich der Staatsregierung im Benehmen mit dem Parlament und unter dessen Einbeziehung eine Spitzabrechnung durchführen werden, damit die Entlastungen auch dort hinkommen, wo sie notwendig sind, und damit der dann in unserem Freistaat mögliche Effekt
Ich glaube, aufgrund dieses guten Zusammenwirkens zwischen Freistaat und Kommunen – wie es bisher auch war – können sich unsere kommunalen Spitzenverbände auch für die Zukunft darauf verlassen.
Wir werden gemeinsam sehr genau darauf achten, dass die Staatsregierung dann entsprechende gesetzliche Regelungen vorlegt, damit das, was heute in der Protokollnotiz betont wird, umgesetzt wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich bin froh und dankbar, dass wir heute die Möglichkeit haben, den Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf zu beschließen, denn – es ist von meiner Vorrednerin schon angesprochen worden – die örtlichen Träger warten dringend darauf. Mit diesen gesetzlichen Regelungen zur Verteilung der Hartz IV-Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisungen, kurz SoBEZs genannt, und der Wohngeldeinsparung des Freistaates erhalten die Kommunen endlich die notwendige finanzielle Sicherheit. Mehrfach, meine Damen und Herren, wurden die an die Kommunen weiterzuleitende Einsparungen des Freistaates beim Wohngeld in der heutigen Debatte thematisiert. Ein paar Klarstellungen dazu:
Der Gesetzentwurf sieht für die Jahre 2005 und 2006 Abschlagszahlungen von jeweils 50 Millionen Euro vor. Dieser Betrag resultiert aus den nach bestem Wissen aufgestellten Wohngeldansätzen im Haushaltsplan. Er kann nach der Feststellung der tatsächlichen Wohngeldentlastung angepasst werden. Es ist heute schon formuliert worden, dass eine Spitzabrechnung vorgesehen ist.