Protocol of the Session on June 22, 2005

Das war ein Gesundheitsbewusster! – Es ist ein klarer Gewinn für jeden Einzelnen. Es stärkt die Eigenverantwortung und entlastet die Gemeinschaft und die Kassen.

Diese gesundheitspolitische Aufgabenstellung haben wir umfangreich durch die sächsischen Gesundheitsziele, die heute schon mehrfach genannt worden sind, untersetzt. Die Umsetzung dieser Gesundheitsziele, Herr Wehner, steht erst am Anfang. Insofern möchte ich ein bisschen Ihre geäußerte kritische Erwartungshaltung dämpfen, denn ich glaube, Sie geben mir Recht, dass sich natürlich die erfolgreiche Umsetzung von Gesundheitszielen nicht in einem Zeitraum von einem halben oder einem Jahr als realistisch zeigt, sondern dass hier mit der Mitwirkung

aller sicherlich mehrere Jahre vergehen werden und wir erst am Anfang stehen.

Diese Ziele befinden sich in Übereinkunft darüber, in welchem Bereich gesundheitsförderndes und präventives Handeln besonders notwendig und effektiv ist. Frau Kollegin Schütz, es geht also nicht um eine Reihung und eine Prioritätensetzung, aber um Schwerpunkte.

Ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass sich Ihre Bitte, auch den Bereich von Bewegung, Sport und Stress zu berücksichtigen, im Punkt 4, glaube ich, ganz klar widerspiegelt. Ihre Anmerkung, auch den Ärztemangel in den Reigen der Gesundheitsziele aufzunehmen, glaube ich, hat sich erübrigt. Er gehört nicht direkt in diesen Bereich hinein, denn er wird ja schon seit langem durch die Staatsregierung – fast über zwei Jahre – parallel in einem sehr umfangreichen und auch schon in diesem Hohen Haus bekannt gegebenen Maßnahmenkatalog begleitet. Wir versuchen dort auch, die prognostizierte Entwicklung mit Problemen zu minimieren.

Das Ziel „Gesundes Aufwachsen unserer Kinder“, um es einmal an einem Beispiel festzumachen, wird beispielsweise durch Teilziele wie Ernährung, Bewegung, Impfen, Zahngesundheit, Prävention, aber auch plötzlicher Säuglingstod konkretisiert. Bei diesen Teilzielen sind wir natürlich in der Umsetzung unterschiedlich weit fortgeschritten. Beim Impfen und bei der Zahngesundheit haben wir bereits gemeinsam mit dem Gesundheitsdienst gute Erfolge erreicht. Auch beim Kampf gegen den plötzlichen Säuglingstod haben wir durch umfangreiche Maßnahmen und eine groß angelegte und über Jahre forcierte Informationskampagne bereits nachweislich gute Erfolge erzielt. Wie Sie wissen, hat Sachsen die niedrigste Rate beim plötzlichen Säuglingstod in ganz Deutschland.

Wichtig für uns ist, bei der Umsetzung der genannten Ziele eine große Akzeptanz in der Bevölkerung zu erreichen und natürlich auch das Verständnis aller Bürgerinnen und Bürger, bei der Umsetzung dieser Ziele mitzuwirken; ich bin mir sicher, Ihnen allen ist klar, dass es nicht sein kann, hier mit diktatorischen Anweisungen zu arbeiten, sondern das Verständnis eines jeden Einzelnen muss Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung sein.

Deswegen ist es sinnvoll, dass diese genannten Maßnahmen in den Lebenswelten der Zielgruppen ansetzen werden, um sie auch dort abzuholen. So ist es zum Beispiel bei einem hohen Versorgungsgrad mit Kita-Plätzen in Sachsen sinnvoll, die Thematik „gesunde Ernährung und Bewegung“ systematisch auch in den Kindertagesstätten zu verankern und mit Hilfe von Erzieherinnen und Eltern und des öffentlichen Gesundheitsdienstes die Akzeptanz für neue Lebensgewohnheiten zu wichten.

Auch eine aussagekräftige Gesundheitsberichterstattung, meine Damen und Herren, ist zur Definition der Ausgangslage ebenso wichtig, wie es fundierte wissenschaftliche Analysen zur Wirksamkeit von gesundheitsfördernden Maßnahmen sind.

Prävention – ich hatte es schon erwähnt – steht natürlich bei unseren Gesundheitszielen fast überall im Vordergrund. Vor diesem Hintergrund – das sei mir an dieser Stelle noch einmal erlaubt hinzuzufügen – bedaure ich es sehr, dass das Präventionsgesetz Ende Mai den Bundesrat nicht passiert hat. Es wurde ohne sächsische Betei

ligung in den Vermittlungsausschuss verwiesen. Mit diesem Gesetz hätten sich sicher einige Steine auf dem Weg zu den genannten Zielen leichter aus dem Weg räumen lassen.

Meine Damen und Herren! Die Umsetzung der genannten Gesundheitsziele wird nur gelingen, wenn wir auch alle über den Tellerrand hinausschauen. Prävention und Gesundheitsförderung betreffen nicht nur den Gesundheitsbereich an sich, sondern die gesamte Gesellschaft. Dieses Umdenken als Mentalitätswechsel ist ein langfristiger Prozess, für den ich Sie, meine Damen und Herren, auch gern um Ihre Unterstützung bitten möchte. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wir kommen jetzt zum Schlusswort. Für die Koalition Herr Gerlach, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Keine Angst, ich mache es nicht lange. Wir haben mit diesem Antrag in Sachsen einen Prozess begonnen, der in einzelnen Bereichen natürlich schon in verschiedenen Etappen begonnen hatte, aber nicht als Gesundheitsziele und nicht als konzertierte Aktion in Sachsen gelaufen ist. In diesem Sinne haben wir damit begonnen. Das war die Kritik von Herrn Wehner. Sie haben sich sogar versteift zu sagen, wir seien hinter dem Koalitionsvertrag zurückgeblieben. Man muss ja mit irgendetwas einmal anfangen, wenn man ein Ergebnis haben will. Ich denke, dass die Problematik Gesundheitsziele zu umfangreich ist und man fairerweise in einem ersten Abschnitt nicht viel mehr erwarten sollte, als dass ein Prozess begonnen wurde, der in Deutschland in anderen Bundesländern vielleicht schon ein Stück weiter ist, was ja durchaus so war.

Sie haben einen Satz gesagt, Herr Wehner, den würde mein Vater, der auch im Rollstuhl sitzt, so nicht unterschreiben: Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts. Die Frage ist, was ich in dem Fall unter Gesundheit verstehe. Ich hatte in meinem Redebeitrag versucht, in einer vielleicht zu anspruchsvollen Form ein Stück weit anzudeuten, dass wir uns, wenn wir über Gesundheitsziele reden, darüber klar werden müssen, was wir unter Gesundheit verstehen. Im Regelfall nehmen wir die WHO-Definition und sagen, das ist maßgebend, und die Leute haben sich das gut überlegt und zugestimmt. Aber ich habe versucht darauf hinzuweisen, dass auch diese Definition Dinge enthält, die zumindest fehlinterpretiert werden können. Darauf lege ich bei der Definition der Gesundheitsziele Wert, damit wir wissen, wohin wir laufen.

Ich erinnere daran, was Frau Herrmann gesagt hat: Das eigene Leben als sinn- und wertvoll zu empfinden entspricht in etwa dem, wo es hingehen sollte, wenn wir Gesundheitsziele definieren und umsetzen. Wir sind hier in einem Spagat zwischen Selbstbestimmung und der Solidaritätsinanspruchnahme. In einer Demokratie ist es uns nur argumentativ möglich, Leute darauf hinzudrängen, dass sie gesundheitsbewusster leben, dass sie das eine oder andere tun und das eine oder andere lassen. Wir können nicht im Sinne einer Doktrin sagen: Wenn

ihr das und das nicht macht, dann habt ihr das Recht verloren, an unserem solidarischen Gesundheitssystem teilzuhaben. In diesem Spagat müssen wir uns nach vorn bewegen. Die Koalition hat sich das zum Ziel gesetzt, und ich denke, das war heute eine gute Auftaktveranstaltung. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 4/1166 zur Abstimmung. Wer dieser Drucksache zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist diese Drucksache bei 2 Stimmenthaltungen mehrheitlich beschlossen und der Tagesordnungspunkt 11 beendet.

Meine Damen und Herren, wir kommen nun zum

Tagesordnungspunkt 12

Bodenpolitik von BVVG und Staatsregierung

Drucksache 4/1855, Antrag der Fraktion der NPD

Sicherung von Arbeitsplätzen in der ostdeutschen Landwirtschaft – Bodenmarkt – und agrarstrukturverträgliche Privatisierung der landwirtschaftlichen Flächen des Bundes in Ostdeutschland

Drucksache 4/2192, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Die Fraktionen können dazu Stellung nehmen. Die Reihenfolge lautet: NPD, CDU, SPD, PDS, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung. Herr Paul, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der politischen Wende im Jahr 1990 ging das so genannte Volkseigentum der ehemaligen DDR in das Staatseigentum der BRD über. Betriebe wurden damals zu symbolischen Kaufpreisen an westdeutsche Investoren verhökert oder gleich platt gemacht. Wesentlich vernünftiger wurde mit den landwirtschaftlichen Nutzflächen der ehemaligen LPGs umgegangen. Endlich hatten die Bauern nach Jahrzehnten der kommunistischen Diktatur und der damit einhergehenden Zwangskollektivierung die Möglichkeit, Flächen mit langfristigen Pachtverträgen zu nutzen und somit leistungs- und wettbewerbsfähige Betriebe aufzubauen. Die bisherige Praxis der langfristigen Verpachtung gab den Landwirten eine sehr hohe Planungssicherheit bei der Tätigung von Investitionen und der notwendigen Anschaffung von Betriebsmitteln, welche auf die jeweilige Betriebsfläche und die dadurch zu erwartenden Erträge ausgelegt waren. Diese Praxis wird nun durch die von Bund und Ländern 2004 verabschiedete Regelung abgelöst, indem die betreffenden Flächen nach Ablauf der Pachtverträge vorrangig zu verkaufen sind. Dadurch ergeben sich eine Reihe von Problemen und Fragen, welche wir durch unseren Antrag beantwortet haben möchten, damit der Landtag die Möglichkeit hat, entsprechend der Lage zu reagieren, und damit sich die Staatsregierung beim Bund für eine Neuregelung stark machen kann.

Wir stehen vor dem Problem, dass zahlreiche Betriebe momentan nicht in der Lage sind, die von ihnen bisher als Pachtland bewirtschafteten Flächen aus eigener Kraft käuflich zu erwerben. Aufgrund der fortschreitenden Liberalisierung und Globalisierung auf dem Agrarsektor haben die einheimischen Landwirte mit immer niedrigeren Erzeugerpreisen zu kämpfen. Ich erinnere hier nur an die Billigmilchdiskussion in den letzten Wochen oder an die bevorstehende Reform der Zuckermarktordnung,

wo weitere Preiseinbußen bevorstehen, obwohl gerade die Preise für Zuckerrüben in den letzten Jahren weitgehend konstant blieben. Auf der anderen Seite müssen die Landwirte immer höhere Betriebskosten aufbringen, zuletzt durch die Einschnitte bei der Agrardieselsubvention.

Betrachtet man die Entwicklung der Liquidität der Unternehmen in den letzten Jahren, so ist eindeutig erkennbar, dass der durchschnittliche Landwirtschaftsbetrieb nicht in der Lage ist, entsprechende Investitionen im Landerwerb zu tätigen. Es bleibt demnach für viele nur noch die Möglichkeit der Aufnahme weiterer Verbindlichkeiten, was bei vielen Betrieben von vornherein auszuschließen ist, wobei man sich hier auch die Frage stellen sollte, inwiefern die Banken aufgrund der wirtschaftlichen Gesamtsituation einzelner Betriebe und der allgemeinen Marktlage dazu überhaupt noch bereit sind.

Der Antrag von CDU- und SPD-Fraktion geht leider völlig an der realen Lage der Landwirte vorbei, da mit keiner Silbe eine weitere langfristige Verlängerung der bestehenden Pachtverträge erwähnt wird. Fakt ist, dass schon jetzt ein Großteil der Unternehmen höhere Kapitaldienste zu leisten hat, als dies langfristig überhaupt tragbar ist. Für die Mehrzahl der Betriebe ist die Liquidität nur noch unter Verzicht auf Ersatzinvestitionen und Konsumeinschränkungen aufrechtzuerhalten. Im Zuge der Anpassungszwänge an die Agrarreform wären für viele Betriebe weitere Investitionen nötig, um die Unternehmensstrukturen an die neuen Markt- bzw. Absatzgegebenheiten anpassen zu können. Die Forderung der Koalition nach Rentenzahlungsmöglichkeiten löst das Problem nur bei einem Teil der Unternehmen, da viele Unternehmen in der momentanen Situation lediglich dazu in der Lage sind, den vergleichsweise niedrigen Pachtzins aufzubringen. Einige Unternehmen sind leider bereits dabei im Verzug und Flächen werden vorzeitig gekündigt.

Durch die Vermarktungspraxis der BVVG werden viele Betriebe gezwungen, betriebswirtschaftlich schädliche Investitionen zu tätigen. Das heißt, die Unternehmen gehen

weitere Verbindlichkeiten ein, um Land kaufen zu können, werden dadurch immer instabiler und die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit steigt. Ein großer Teil der Betriebe wird mit dem Ablauf von Pachtverträgen mit der BVVG bei der derzeitigen Privatisierungspraxis vor eine Wahl zwischen Pest und Cholera gestellt. Drohender Flächenverlust auf der einen Seite und hohe Zins- und Tilgungslasten auf der anderen Seite führen letztendlich zur weiteren Schwächung sächsischer Agrarbetriebe und damit langfristig zum Arbeitsplatzabbau im ländlichen Raum. Die vielfältige Struktur der Landwirtschaftsbetriebe ist die Voraussetzung für eine stabile Unternehmenslandschaft und die nachhaltige Sicherung der Beschäftigung in der Agrarwirtschaft.

Die Aufgabe von Bund und Ländern sollte es eigentlich sein, die vielfältige Struktur der Agrarbetriebe zu erhalten, was letztlich bedeutet, dass die derzeitige Bodenpolitik völlig neu überdacht werden muss, um größere Schäden von der Landwirtschaft in den neuen Ländern abzuwenden. Aufgrund des Antrages der Koalition und der aktuellen politischen Entwicklung wird die NPDFraktion noch im Verlauf der heutigen Debatte einen Änderungsantrag einbringen, in dem wir dem Landtag Vorschläge für eine vernünftige Regelung in der Bodenpolitik unterbreiten werden.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort. Herr Heinz, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf der heutigen Tagesordnung stehen die Ihnen vorliegenden beiden Anträge zur Bodenpolitik. Die Notwendigkeit, heute über diese Problematik zu sprechen, ergibt sich aus einer Epoche, die bereits mehr als 70 Jahre zurückliegt. Auch damals liefen Demagogen mit solchen klassischen Parolen wie der, „Lebensraum im Osten“ zu erobern, durch die Lande und verfolgten eine unsägliche Blut- und Bodenideologie. Diese Auswüchse gipfelten im Zweiten Weltkrieg, dessen Ergebnisse uns allen hinlänglich bekannt sind.

Das, meine Damen und Herren, ist mit ein Grund, warum wir heute die Bodenpolitik auf der Tagesordnung haben, weil neu geschaffene Existenzen bedroht sein könnten, Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum verloren gehen könnten. Mögen alle demokratischen Kräfte dazu beitragen, dass Demagogen nie wieder in Deutschland Fuß fassen!

(Beifall bei der CDU und der SPD sowie des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Der Boden ist das Hauptproduktionsmittel der landwirtschaftlichen Unternehmen und deshalb von höchster Bedeutung. Er ist nicht vermehrbar, auf der anderen Seite ist durch eine gute Bewirtschaftung seine Fruchtbarkeit sogar noch steigerbar. Daraus resultiert eine gesonderte Behandlung des Bodens bei der Aufstellung der Bilanzen der landwirtschaftlichen Unternehmen. Das heißt, der Boden darf nicht wie andere bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter abgeschrieben werden.

Ich möchte an dieser Stelle nicht bewerten, wie der Staat in den Besitz des zu verteilenden Bodens gekommen ist und ob man bei den Verteilungskriterien das eine oder andere hätte anders machen sollen. Ich beginne bewusst bei den Anfängen im Jahre 1990, als der Staat plötzlich für fast 2,4 Millionen Hektar Acker- und Grünland und zirka zwei Millionen Hektar Wald die Bewirtschaftung zu sichern und die Privatisierung zu organisieren hatte.

Die BVVG nahm im Sommer 1992 ihre Geschäftstätigkeit auf. In der ersten Phase wurden die Flächen in der Regel kurzfristig, das heißt für zwei bis drei Jahre, an die seinerzeitigen Bewirtschafter verpachtet. Nach Auslaufen dieser vorgeschalteten kurzfristigen Pachtvertragsphase wurden die Flächen längerfristig verpachtet. In dieser zweiten Phase war es vonseiten des Freistaates erstmals möglich, bei Verpachtungsentscheidungen der BVVG durch die Einrichtung von Landpachtausschüssen bei den Landwirtschaftsämtern gezielt Einfluss zu nehmen. Ziel war dabei, insbesondere flächenarme Tierproduktionsbetriebe und Existenzgründer mit Flächen auszustatten. Dort, wo entsprechende Bewerber und Konzepte vorlagen, wurde dieses Ziel auch erreicht und manche landwirtschaftliche Existenz ermöglicht bzw. gefestigt.

Im Rahmen dieser zweiten Verpachtungswelle kam es in Sachsen zu umfangreichen Flächenumverteilungen an den oben genannten Personenkreis. Zwischenzeitlich musste aber aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes die Vergabepraxis mehrfach geändert werden. So müssen neuerdings europaweite Ausschreibungen eingeführt werden und es gibt keine Bevorzugung ortsansässiger Landwirte mehr. Damit ist es auch kaum noch möglich, auf Landesebene Einfluss auf die Verpachtungsentscheidungen der BVVG zu nehmen. Sächsische Landwirte müssen sich nun europaweiter Konkurrenz bei der Kaufbewerbung stellen.

Verschärft durch die notorische Finanzknappheit des Bundes, musste die BVVG zunehmend gewinnbringend arbeiten, ohne Rücksicht auf regionale Befindlichkeiten zu nehmen, so dass bei anstehenden Veräußerungen mehr auf den gebotenen Kaufpreis als auf agrarpolitische Ziele geachtet wird.

In Sachsen wurde mit bisher zirka 36 000 Hektar ungefähr ein Drittel der zu privatisierenden Fläche verkauft. Der Rest von zirka 67 000 Hektar Acker- und Grünland ist verpachtet, davon über 50 % langfristig bis zu 18 Jahren. Insgesamt wurden im Jahre 2003 in Sachsen zirka 50 % der Landesfläche landwirtschaftlich genutzt. Das sind zirka 910 000 Hektar. Nach Angaben der BVVG laufen in den Jahren 2005 bis 2008 jeweils Pachtverträge im Umfang von 5 bis 10 % der Pachtflächen aus. Diese sollen nach dem Prinzip „Verkauf hat Vorrang“ auf den Bodenmarkt kommen.

Wir müssen nun dafür sorgen, dass unsere Landwirte im europaweiten Ausschreibungswettbewerb bestehen können. Sie haben es doppelt schwer: Zum einen müssen noch Kredite von Neuinvestitionen nach der Betriebsgründung bedient werden, zum anderen ist die wirtschaftliche Lage aufgrund der rot-grünen Politik in der Landwirtschaft äußerst angespannt. Es werden kaum Gewinne erzielt.

Besonders beim Bodenkauf ist aber, wie eingangs erwähnt, zu beachten, dass der Boden nicht abgeschrieben

werden darf. Deshalb gehen die Aufwendungen für Bodenkäufe nicht als Kosten in die Bilanz ein, sondern müssen aus dem Gewinn nach Steuern getätigt werden. Streng betriebswirtschaftlich betrachtet, macht Bodenkauf für Landwirtschaftsbetriebe keinen Sinn, denn der Kauf entzieht deutlich mehr Liquidität als die jährliche Pachtzahlung bei langfristigen Pachtverträgen. Allerdings ist das Handeln von Verpächtern auch nur schwer kalkulierbar, so dass die Gefahr von Flächenabgängen infolge nicht verlängerter Pachtverträge ständig gegeben ist. Deshalb ist es aus der Sicht der längerfristigen Betriebsentwicklungen durchaus sinnvoll, Boden zu kaufen. Da sich dies viele Betriebe im Moment nicht leisten können, sind die Betriebe dringend darauf angewiesen, über den bisher genutzten Boden weiter verfügen zu können.

Einen Wettbewerbsnachteil haben viele Betriebe gegenüber anderen Landwirtschaftsbetrieben, die Grund und Boden für Infrastrukturmaßnahmen verkaufen müssen. § 6b des Einkommensteuergesetzes gestattet es, Einnahmen aus Bodenverkäufen steuerfrei innerhalb von vier Jahren in den Bodenmarkt zu investieren. Ein Beispiel: Wer im Umland von München oder Frankfurt einen Hektar für 30 000 Euro verkaufen muss, weil dort der Flughafen erweitert wird, kann bei einem durchschnittlichen Bodenpreis von 4 500 Euro in Sachsen schon zirka sieben Hektar kaufen und spart dabei noch die entsprechenden Steuern. Da können unsere Landwirte bei den entsprechenden Ausschreibungsverfahren nicht mithalten.

Um diesen Nachteil zu beheben, bietet sich an, die Reinvestitionsmöglichkeit in einen territorialen Zusammenhang zum Bodenverkauf zu stellen, was aber im Bundesrecht geregelt werden müsste. Wir setzen uns mit unserem Antrag dafür ein, dass die BVVG bei der Veräußerung solcher Flächen, deren langfristige Pachtverträge in den nächsten zehn Jahren auslaufen, die bisherigen Nutzer der Flächen berücksichtigt. Auch sollten flächenarme viehstarke und arbeitsintensive Betriebe eine faire Chance beim Landerwerb bekommen.