2. Welche Haltung bezieht die Staatsregierung zum Vorschlag der Domowina, des Sorbischen Schulvereins und des Rates für sorbische Angelegenheiten hinsichtlich einer so genannten Tangentenlösung des Netzes sorbischer Schulen?
Frau Präsidentin! Verehrter Herr Abg. Kosel, ich darf Ihnen sagen, dass Frau Landrätin Kockert sich in einem sehr konstruktiv geführten Gespräch der Problematik der sorbischen Mittelschule Panschwitz-Kuckau angenommen und für eine sachgerechte Lösung geworben hat. Dies konnte ich ihr zusagen, ohne jetzt bereits zu wissen, wie diese Lösung aussehen wird. Konkrete Ergebnisse werden erst nach Abschluss des Anhörungsverfahrens am 27. Mai vorliegen. Bei der Frage, welche Haltung die Staatsregierung zum Vorschlag der Domowina, des Sorbischen Schulvereins und des Rates für sorbische Angelegenheiten hinsichtlich einer so genannten Tangentenlösung des Netzes sorbischer Schulen einnimmt, kann ich hier nur nochmals betonen, dass alle Organisationsvarianten, die dem Sächsischen Schulgesetz gerecht werden, auch die Zustimmung des Staatsministeriums für Kultus finden können. – So viel zur heute möglichen Antwort.
Gestatten Sie eine Nachfrage? – Herr Staatsminister, wenn dem so ist, warum hat man dann diese Tangentenlösung bisher nicht berücksichtigt, sondern eben der Mittelschule Panschwitz-Kuckau den Anhörungsbogen geschickt?
Herr Abgeordneter, ich bitte um Verständnis dafür, dass ich zu verschiedenen Lösungsmöglichkeiten in dieser Phase der Schlussabwägung nicht Stellung nehmen kann. Ich will nur darauf verweisen, dass es Gespräche – ich habe davon berichtet – auch mit Landrätin Kockert gegeben hat. In der nächsten Woche wird es weitere Gespräche geben und erst am 27. Mai kann ich zu solchen Fragen weiter Stellung nehmen. Dafür bitte ich ganz einfach um Verständnis.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Es geht um den Russischkurs am Gustav-Hertz-Gymnasium Leipzig. Am oben genannten Gymnasium soll nach Auskunft des zuständigen Regionalschulamtes der abschlussorientierte Grundkurs im Fach Russisch nach vierjährigem Unterricht nicht weitergeführt werden. Die betroffenen Schülerinnen und Schüler müssten im Abiturjahr einen neuen Kurs wählen bzw. die Schule wechseln. Für die Betroffenen stellt das eine zusätzliche Belastung dar. Nun meine Fragen:
1. Warum kann der Grundkurs Russisch im Schuljahr 2005/2006 von den Schülerinnen und Schülern nicht belegt werden?
2. Wenn der Grundkurs Russisch nicht mehr belegt werden kann, wo können die Schülerinnen und Schüler einen solchen Kurs belegen, um den Abschluss zu machen, und wie lässt sich das stundenplantechnisch realisieren?
Frau Präsidentin! Werte Frau Abg. Falken, zur ersten Frage: In der Jahrgangsstufe 11 besuchten im Schuljahr 2004/2005 elf Schüler den Grundkurs Russisch am Gustav-Hertz-Gymnasium in Leipzig. Zum Schuljahr 2005/2006 wählen fünf Schüler diesen Kurs ab, so dass sechs Schüler verbleiben würden. Die Mindestanzahl von zwölf Schülern ist damit erheblich unterschritten. Der Grundkurs Russisch kann demzufolge im Schuljahr 2005/2006 nicht eingerichtet werden. In der gymnasialen Oberstufe ist eine Fremdsprache verbindlich zu belegen. Grundkurse der Jahrgangsstufen 11 und 12 werden von den Schülern jeweils für ein Schuljahr gewählt. Die am Grundkurs Russisch der Jahrgangsstufe 12 interessierten sechs Schüler haben neben Russisch eine weitere Fremdsprache belegt. Damit sind die Voraussetzungen hinsichtlich der Gesamtqualifikation für die allgemeine Hochschulreife trotz Nichteinrichtung des Russischkurses gegeben.
Zur zweiten Frage: Die Weiterführung des Grundkurses Russisch ist am Abendgymnasium Leipzig möglich. Alle erforderlichen Absprachen wurden in der vergangenen Woche zwischen beiden Schulen und mit den Schülern getroffen. Zwei der verbliebenen sechs Schüler haben bereits ihr Einverständnis erklärt, den Grundkurs Russisch im Schuljahr 2005/2006 am Abendgymnasium zu besuchen. Den verbleibenden vier Schülern steht diese Möglichkeit ebenfalls offen. Seitens der Schule wird aber darauf hingewiesen, dass zwei der vier verbleibenden Schüler eine so hohe Wochenstundenzahl belegen, dass im Interesse der individuellen Belastung empfohlen wird, den Grundkurs abzuwählen. – So weit zur Antwort.
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, SPD, PDS, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht.
Ich erteile den Fraktionen der CDU und der SPD als Einreicherinnen das Wort. Herr Abg. Petzold, bitte.
Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Große Bauschilder mit dem Europaemblem oder Förderbescheide mit dem Vermerk, dass die Maßnahmen durch die Europäische Union gefördert wurden, sind heute selbstverständlich. Zwar wächst – zum großen Teil auch berechtigt – die Kritik über bürokratische Vorgaben der EU, insgesamt hat sich jedoch die europäische Förderung für den Freistaat Sachsen als durchaus segensreich erwiesen. Über fünf Milliarden Euro an europäischen Mitteln fließen allein in der laufenden Förderperiode in den Aufbau des Freistaates Sachsen. Allein der Doppelhaushalt 2005/2006 enthält rund zwei Milliarden Euro Einnahmen aus europäischen Mitteln. Meine Damen und Herren! Wir alle kennen die degressive Kurve des Solidarpakts und wissen, dass dem Freistaat mit jedem Einwohner auch 2 350 Euro im Jahr aus dem Länderfinanzausgleich verloren gehen. Hochrechnungen der Realeinnahmenentwicklung in Sachsen gehen daher von einem Rückgang des Haushaltsvolumens in Höhe von zirka 3,5 Milliarden Euro bis 2020 aus, was fast einem Viertel der realen Einnahmen des Jahres 2002 entspricht.
Daran wird deutlich, welch elementares Interesse wir an einer Fortführung der EU-Förderung in den kommenden Jahren haben. Wir sind uns bewusst, dass Sachsen und die neuen Bundesländer vermutlich letztmalig die Chance haben, von der Europäischen Union deutlich unterstützt zu werden. Laufen die Fördermechanismen in den neuen europäischen Beitrittsländern erst einmal richtig an, dann fließen die EU-Gelder nicht mehr so reichlich. Machen wir uns da nichts vor, auch wenn wir natürlich maximal darum kämpfen müssen und auch kämpfen werden!
Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir alle in Parlament und Regierung bei den anstehenden Entscheidungen mit einer Stimme sprechen und das Beste für Sachsen erreichen. Was sind die Kernfragen, die in den kommenden Monaten entschieden werden müssen? Ich nenne drei:
Erstens. Wie groß ist das Gesamtbudget der EU und damit verbunden der Anteil an den Strukturfonds? Darüber wird in Brüssel zwischen den Nettozahlern und der Kommission heftig gestritten. Natürlich verstehen wir die Position des Bundes, den Nettozahleranteil Deutschlands senken zu wollen. Aber, meine Damen und Herren, wir als Sachsen und auch die anderen neuen Bundesländer können das nur mittragen, wenn
der Bund zuvor ein eindeutiges Bekenntnis abgibt, etwaige Ausfälle von europäischen Mitteln durch nationale Zuschüsse für den Aufbau Ost zu kompensieren. Jedoch sollten wir zuerst auf eine maximale Ausstattung mit EU-Mitteln drängen.
Zweitens – dieser Knackpunkt hängt mit dem ersten teilweise zusammen –: Wie groß wird der sächsische Anteil an den EU-Förderprogrammen sein? Dies hängt nun einmal unmittelbar mit der Einordnung als originäres Ziel-1-Gebiet zusammen. Unsere Position ist klar: Wir wollen, dass ganz Sachsen auch in der kommenden Förderperiode als originäres Ziel-1-Gebiet erhalten bleibt.
Wir sind weiterhin eine wirtschaftlich benachteiligte Region, die nur auf dem Papier über Nacht einige Prozentpunkte reicher gerechnet wurde. Die Kapitalstocklücke der ostdeutschen bzw. der sächsischen Industrie ist immer noch gewaltig. Die Vereinigung der sächsischen Wirtschaft spricht von 100 Milliarden Euro, die für eine Ausstattung der fehlenden 600 000 Industriearbeitsplätze erforderlich wären.
Wie fraglich die schematische Grenze von 75 % der durchschnittlichen europäischen Wirtschaftskraft als Ziel-1-Kriterium ist, lässt sich gerade im Regierungsbezirk Leipzig deutlich ablesen. Grund für die statistisch gesehen positive Entwicklung des Regierungsbezirks, der diesen Teil Sachsens über die Marke von 75 % hinauskatapultiert, sind hauptsächlich einige wenige Großunternehmen im Energiesektor, die ein völlig verzerrtes Bild der Gesamtlage abgeben. Dafür soll jetzt ein Mittelständler, der investieren will, schlechtere Förderkonditionen erhalten. Das kann man doch niemandem im Ernst vermitteln.
Schauen wir uns doch einmal die Arbeitslosenzahlen auch im Regierungsbezirk Leipzig an, dann wissen wir, dass noch viel zu tun ist und dass Gesamtsachsen einheitliche Förderkonditionen benötigt, so schwer das aufgrund der angesetzten Kriterien auch durchzusetzen sein wird. Deswegen sind wir als Koalition fest entschlossen, alles zu unternehmen, damit der gesamte Freistaat auch weiterhin als originäres Ziel-1-Gebiet eingestuft wird und damit die höchste Förderpriorität erhalten bleibt.
Mit Sorge betrachten wir allerdings einige Vorschläge der Europäischen Union, die nunmehr auch innerhalb der Ziel-1-Regionen differenzieren wollen. Es ist nicht hinnehmbar, dass es zu einem drastischen Fördergefälle an den Grenzen zu Tschechien und Polen kommt.
Damit komme ich zum dritten Knackpunkt, nämlich den Vorgaben, die uns die EU zu Förderhöchstgrenzen in
Einzelfällen macht, dem so genannten Beihilfestatus. Bisher war mit der Einordnung als Ziel-1-Gebiet automatisch der höchst zulässige Fördersatz genehmigt. Wir sind zwingend auf den Erhalt des bisherigen Beihilfestatus in der kommenden Förderperiode angewiesen, damit wir auch künftig Anreize für strategische Firmenansiedlungen setzen können – sowohl für kleine, für mittlere als auch für größere Unternehmen, und zwar unabhängig von dem zur Verfügung stehenden Gesamtbudget. Dieses Anliegen der neuen Länder lege ich der Bundesregierung, aber auch den Europaparlamentariern in den laufenden Verhandlungen besonders ans Herz.
Meine Damen und Herren! Ich werbe dafür, den Antrag der Koalition einhellig zu unterstützen. Diese Einigkeit über alle Parteigrenzen hinweg wäre ein deutliches Zeichen, dass es uns ernst ist, diesen zentralen Finanzbaustein für die Entwicklung unseres Freistaates zu erhalten.
Unabhängig von den vorhin genannten drei Knackpunkten, die auf europäischer und auf Bundesebene gelöst werden müssen, bleiben auch Hausaufgaben für uns übrig:
Der Freistaat muss ein Konzept aufstellen, wie er die künftigen europäischen Mittel einsetzen will, welche Schwerpunkte besonders gefördert werden müssen. Ich spreche vom Operationellen Programm für die neue Förderperiode. Uns als CDU ist es wichtig, dass bei der Programmaufstellung vor allem auf die Nachhaltigkeit des Mitteleinsatzes Wert gelegt wird. Wir haben nur noch diese eine Chance. Wir müssen sicherstellen, dass auch nach dem Auslaufen der EU-Förderung positive und nachhaltige Wirkungen für den wirtschaftlichen Aufbau des Freistaates weiterwirken.
Mit dem derzeit in Brüssel vorliegenden Änderungsantrag zum laufenden Programm und der Zuweisung der leistungsgebundenen Reserve allein für den Bereich EFRE – und dort für die einzelbetriebliche Investitionsförderung – hat der Freistaat deutlich gemacht, wie eine nachhaltige und sinnvolle Prioritätensetzung aussehen muss. Wir unterstreichen diese Richtungsänderung und Richtungssetzung und erwarten, dass dem das künftige Operationelle Programm Rechnung trägt.
Im ESF muss die arbeitsmarktpolitische Ausrichtung oberstes Ziel sein. Vorläufig gilt allerdings noch der Spruch: Erst muss der Bär erlegt werden, ehe das Fell verteilt wird.
Deshalb: Verwenden wir alle Kraft darauf, für den Freistaat Sachsen auch künftig eine angemessene EU-Förderung sicherzustellen! Stimmen Sie unserem Antrag zu!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren der demokratischen Fraktionen! Gegenwärtig gehören alle ostdeutschen Flächenländer zum so genannten Ziel-1-Gebiet, neuerdings auch „Zielkonvergenzregion“ genannt, da deren Durchschnitts-BIP weniger als 75 % des EU-Durchschnitts ausmacht. So flossen bzw. fließen in der Programmperiode 2000 bis 2006
über 20 Milliarden Euro in die neuen Bundesländer, knapp 5 Milliarden davon allein nach Sachsen. Für den Förderzeitraum 2007 bis 2013 plant die EU-Kommission nun eine umfassende Neustrukturierung der EU-Regionalpolitik. Neben einer Neuaufteilung der Fördermittel ist bedauerlicherweise auch eine Neugestaltung der nationalen Beihilferegelungen zu erwarten, was besonders für die Höhe der anzuwendenden Fördersätze für uns von Bedeutung ist.
Für die Zeit nach 2007 kommt es darauf an, jenen Regionen, die infolge der Erweiterung und des damit einhergehenden stärkeren Entwicklungsgefälles innerhalb der EU aus statistischen Gründen 2007 nicht mehr zu den Zielkonvergenzgebieten gehören, die maximalen Fördersätze zu erhalten. In Sachsen betrifft dies voraussichtlich nur den Regierungsbezirk Leipzig, dessen DurchschnittsBIP, bezogen auf eine 25er EU-Regelung, von Eurostad für das Jahr 2002 mit 76 % berechnet wurde. Für den Regierungsbezirk Dresden wurden 75,1 % ermittelt, während der Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2002 bei 74,95 % lag.
Im übrigen Bundesgebiet verlieren voraussichtlich der Regierungsbezirk Halle und die Regionen Brandenburg, Südwest und Lüneburg ihren Höchstförderstatus. Hier müssen Bund und Länder gemeinsam gegenüber der EU-Kommission einen Weg durchsetzen, der den Interessen der betroffenen Gebiete gerecht wird.
Meine Damen und Herren! Es geht in der Sache nicht um eine Verbesserung der Finanzausstattung gegenüber dem Status quo, sondern schlichtweg darum, den betroffenen Gebieten auch nach 2006 genügend Beihilfen als Nachteilsausgleich gewähren zu dürfen. Diese Gebiete sind in ihrer Entwicklung nicht dadurch besser und auch nicht leistungsfähiger geworden, dass der EU noch ärmere Staaten beigetreten sind.